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Das Tannenbäumchen

Der kleine Max war das jüngste Kind eines reichen Landmannes, der ein schönes Gut mit weit ausgebreiteten Fluren und Waldungen in einer der lieblichsten Gegenden unseres Vaterlandes besaß. Max hatte ein kluges, helles Köpfchen, und die Eltern wünschten sich's von Herzen, daß ihr Jüngster einmal ein studierter Herr, vielleicht ein Arzt oder Professor werden sollte, statt wie die älteren Brüder daheim, die Landwirtschaft zu erlernen. Da das Gut aber in einem einsamen, wenig bevölkerten Landstrich lag, so mußte der kleine Mann sich schon frühzeitig von der trauten Heimat, von Eltern und Geschwistern trennen, um in einem, viele Meilen entfernten Städtchen eine gute Schule zu besuchen.

Bei einer Lehrerswitwe, die allein mit ihrem kleinen Mädchen ein sauberes Vorstadthäuschen bewohnte, fand Max Unterkunft und Pflege. Seiner Mutter ward ordentlich das Herz leicht, als sie sah, mit welcher sanften, holden Freundlichkeit die Städterin ihr wildes, liebes Landpflänzchen bei sich aufnahm. Bald war denn auch bei Max der erste Heimwehsturm überwunden; die Schule, die neue Umgebung, die lustigen Kameraden – das alles nahm den lebhaften Jungen ganz und gar in Anspruch, und so wurden die Briefe, die er nach Haus schrieb, von Woche zu Woche fröhlicher und zufriedener – richtige fidele Jungenbriefe.

Das einzige, wonach des Knaben Herz sich oft unbändig sehnte, war der Wald, der stolze, schattige, herrliche Wald seiner Heimat mit den rauschenden Buchen, den breit ausgreifenden Tannen, den zartgefiederten Farren, den zierlichen Moosen und nickenden Blumensternen, und er konnte nicht müde werden, den Kameraden oder seinen Hausgenossen von den Wundern und unzähligen Schönheiten dieses Waldes vorzuplaudern. Dabei lauschte niemand andächtiger, schaute niemand sehnsüchtiger darein, als die fünfjährige Toni, das Töchterchen der Lehrersfrau, ein zartes Ding, aus deren schneeweißem Gesichtchen ein Paar fromme Augen, blau und hold wie Frühlingsveilchen, in die Welt schauten.

In den Weihnachtsferien, dreiviertel Jahr nach seinem Einzug in der kleinen Stadt, sollte Max zum erstenmal wieder in die Heimat reisen. Das war ein Jubel vorher, ein Zählen der Tage, ein emsiges Vorbereiten und ein frohes Träumen des Nachts!

»Nun liegt unser Wald wie ein Feengarten im weißen glitzernden Schnee. Alles ganz still, ganz feierlich. Und wenn die Sonne scheint, flammen die Eiszapfen und Schneesternchen an den Zweigen wie Edelsteine auf,« erzählte er Toni. »Das Schönste aber ist die Weihnachtstanne, goldbehangen, mit tausend Lichtlein geschmückt wie der Abendhimmel. O, wenn du dabei sein könntest!«

Toni hatte noch nie einen Christbaum gesehen. Das Städtchen lag viel zu weit von jedem Walde und jeder Eisenbahnverbindung, als daß die traute Sitte dort hätte Eingang finden können. Nur die ganz reichen Leute ließen sich wohl dann und wann für vieles Geld eine Tanne oder Fichte weither kommen. Tonis Mutter aber war arm, und so hatte die Kleine sich noch immer mit einer lichtergeschmückten Pyramide aus buntumwickeltem Holz, die jedes Jahr neu ausgeputzt wurde, begnügen müssen. Früher, als sie es nicht besser wußte, hatte sie auch darüber gejubelt; aber diesmal war ihr das kleine Herz zu voll von Maxens Erzählungen und während ihrer eigenen kleinen Bescherung dachte sie mit leiser Sehnsucht nur immer daran, welchen Märchenglanz ihr kleiner Freund nun daheim vor Augen hätte.

Am Silvesterabend wurde Max im Städtchen zurückerwartet. Toni kniete den ganzen Nachmittag am Fenster, um dem Geläute der Schlittenglocken entgegen zu lauschen. Sie sah, wie langsam die Dämmerung herniedersank, wie endlich am Himmel die goldenen Sterne und auf der Straße die rötlichen Lichter der Öllaternen erglänzten und wie in dem schmutziggrauen Schnee der Straße die Wagengeleise hervorschimmerten.

Von dem Schauen und Warten müde, schlief Toni auf ihrem Platz am Fenster ein. Sie wachte auch nicht auf, als endlich Peitschenknall und Schellenklang vor dem Hause ertönte, und die Mutter, von Maxens heller Stimme herbeigelockt, zum Empfange ihres kleinen Pflegebefohlenen hinauseilte.

Max saß wie ein Warenhändler zwischen Kisten und Schachteln eingebaut, in welche die Eltern seine Christgeschenke nebst Gaben für Toni und deren Mutter eingepackt hatten. Das Schönste aber, was er mitgebracht, war ein Tannenbaum, ein mittelgroßes, zierlich gebautes Bäumchen, welches in einen Topf mit Erde gepflanzt, von dem Boden des Schlittens heraufragte.

»Wo ist Toni? Wo ist Toni?« waren seine ersten Worte. Als er hörte, sie sei eingeschlafen, blitzten seine guten lustigen Augen mit allen Sternen um die Wette.

»Das ist herrlich,« sagte er, indem er leichtfüßig aus dem Schlitten sprang und seinem Pflegemütterchen die Hände küßte. »Friedrich trägt uns den Baum ins gute Zimmer, ich habe Lichter, goldene Äpfel und Zuckerwerk mitgebracht, damit putzen wir ihn schnell aus und, wenn Toni erwacht, so soll sie ihn in seinem schönsten Glanze, sehen!«

Lächelnd gab die Witwe dem stürmischen Knaben nach. Schnell wie der Wind warf er seine durchkälteten Oberkleider ab, rieb die halb erfrorenen Hände und ging ans Werk. Sein Mütterchen hatte ihm ganze Schachteln mit selbstgebackenem, buntglasiertem Weihnachtsgebäck, mit Äpfeln, Rosinen- und Pflaumenketten, mit bunten Sternen und glitzernden Tannenzapfen gefüllt. Die band er nun mit schon vorbereiteten roten Fäden an die Zweige seiner Heimattanne, während die Witwe mit leisem Lächeln und feuchten Augen die Wachslichter in den Haltern befestigte.

Als das Liebeswerk fertig war und alle Kerzlein brannten, weckte Max sein schlafendes Pflegeschwesterchen und führte es in den hell erleuchteten Raum. Da glitt ein lichter, rosiger Freudenschein über das blasse Gesichtchen, da falteten sich zuerst die kleinen Hände und klatschten dann in seliger Lust; – das war wie ein lieblicher Traum, viel, viel schöner, als sie sich's gedacht! Ihr Jauchzen, ihr Lachen, ihr glückseliger Dank wollten kein Ende nehmen. Dem wilden Jungen selbst stieg es feucht in die braunen Schelmenaugen.

Wochenlang ging die kleine Toni noch mit glückstrahlendem Gesichtchen umher. Ihr Tannenbaum war die größte Freude, die sie bisher erlebt hatte. Kaum konnte Max sie bewegen, die herrlichen Zuckerringe und Mandelsterne auch einmal zu kosten: es sollte alles bleiben, wie es war, alles so märchenhaft schön, wie sie es zum erstenmal gesehen hatte. – Das Bäumchen galt ihr als ein ganzer Wald; sie setzte sich unter seine Zweige, sog seinen frischen Nadelduft ein und träumte sich hinaus ins Grüne, hinaus in den rauschenden Forst, von dem Max so schön erzählen konnte.

So sehr aber dem kleinen Mädchen sein Weihnachtsbaum gefiel, so wenig behagte es dem Bäumchen in dem niederen, engen, warmen Zimmer, dessen Decke nun statt des blauen Himmels über ihm lag. Verdrossen warf es die spitzen, graugrünen Nadeln von sich ab. So oft die Witwe das Zimmer fegte, so oft streute es dasselbe wieder voll.

»Höchstens noch drei Tage, Toni,« sagte sie eines Tages, als der Januar zu Ende ging, »dann leeren wir es ab und stellen es in den Hof hinaus, es vertrocknet und verliert dann alle seine Nadeln.«

Unter heimlichem Schluchzen machte Toni sich nun daran, die bunten Schätze von den Ästen loszuschneiden und sorgsam in ein Kästchen zu betten. »Das beste ist's, wir verbrennen den Baum; du sollst sehen, wie die Nadeln so lustig im Feuer knistern und sprühen,« sagte die Mutter.

Aber: »Nein, nein!« schluchzte Toni. »Nur das nicht, Mütterchen, nur das nicht; stell ihn lieber hinaus; vielleicht lernt er noch einmal seine Nadeln festhalten!« –

Als Max aus der Schule kam, lief er, wie es jetzt meist geschah, gleich hinter das Haus, um seinen Schlitten aus dem Schuppen zu ziehen. Dabei sah er den kahlen Baum und auch zugleich Tonis blasses, trauriges Gesicht am Fenster.

»Holla,« rief er hinauf, von Mitleid erfaßt, »nicht geweint, Toni! Luftig, lustig; das Bäumchen soll uns nun erst recht Freude machen. Sieh, ich habe meine halbe Frühstückssemmel heute wieder mit heimgebracht, die brechen wir in Stücke, binden sie an die Zweige und schmücken den Vögeln einen Weihnachtsbaum. Aber auch dafür wollen wir sorgen, daß uns niemand deinen Liebling wegträgt. Ich hole mein neues Werkzeug, grabe eine Vertiefung und setze ihn hier in die Erde. Was meinst du dazu?«

Toni nickte und lachte. – In einer halben Stunde hatte der gute Junge sein Werk vollbracht.

Als er den Baum mit Anstrengung aller seiner Kräfte aus dem Kübel hob, um ihn einzupflanzen, sah Toni, die inzwischen in Tuch und Mantel herbeigekommen war, daß sich am unteren Teile des Stämmchens eine Anzahl Wurzeln befanden.

»Sieh da,« sagte Max, »vielleicht wächst das kleine Ding dir zulieb hier fest, erstarkt und gedeiht und treibt im Frühling neue Sprossen; das wäre herrlich!«

Mit staunenden, glücklichen Augen sah ihn Toni an. »Ach ja, das wäre herrlich!« stimmte sie bei.

Unmöglich schien die Erfüllung von Tonis Wunsch nicht. Die kleine Tanne fühlte sich in der frischen Luft unter stäubendem Schnee und blitzendem Wintersonnenlicht sichtlich wohler, als im engen, warmen Zimmer. Sie warf die Nadeln nicht mehr trotzig von sich, und es schien, als ob oft ein Freudenzittern, wie Heimaterinnerung, sie durchschauere, wenn die Ammern und Spatzen, schwatzend und flügelschlagend, auf ihren Zweigen niederduckten.

Als der Schnee weggetaut war, ging Toni täglich mit ihrem Gießkännchen nach dem Hof und begoß ihr Bäumchen. Nun kam die köstliche Zeit ins Land, wo der Duft der ersten Veilchen und Hyazinthen aus den Gärten wonnig durch die engen Straßen des Städtchens wehte. Der Flieder setzte Knospen an, und an den Stachelbeersträuchern flatterten die winzigen, goldgrünen Blätterfähnchen.

»Toni, es treibt, es ist gerettet,« sagte da Max eines Tages, als er nach einem warmen Regen vom Hof ins Zimmer trat.

Toni wußte gleich, was er meinte. Selig lachend lief sie mit ihm hinaus. Da sah man an den äußersten Enden der kräftigsten Zweige der Tanne wirklich einige winzige, runde, braunglänzende Erhöhungen.

»Das werden Knospen,« erklärte Max. »Sei getrost, in sechs Wochen hat das gute Bäumchen lauter hellgrüne Weihnachtskerzen aufgesteckt.«

Das war ein Jubel! –

Und wirklich. Sechs Wochen später stand die kleine Tanne im wunderbarsten Frühlingsschmuck. Sie hatte sich's überlegt. Was half es, wenn sie den Kopf hing vor Trotz und Schmerz, daß sie jetzt im Maiensonnenschein nicht draußen im geliebten Walde stehen konnte? »Man muß nur mit aller Kraft tüchtig und brav sein, dann vergißt sich das Heimweh,« hatte sie einmal Max sagen hören. Seit der Zeit gab sie sich so viel Mühe, zu grünen und zu sprossen, daß es ordentlich rührend anzusehen war. Jedes Zweigende war mit drei blaßgrünen, kurzen, weichen Trieben gekrönt, die wirklich wie Festkerzchen emporstanden. Würziger, kräftiger Waldduft lag über dem kleinen Hof. Toni hätte ihn mit Entzücken eingeatmet, wenn sie einmal aus dem engen Zimmer ins Freie hinaus gedurft hätte.

Aber Toni war, seit der Lenz im Lande herrschte, nicht einmal vor die Schwelle des Hauses gekommen. »Arme kleine Toni!« sagten die Nachbarn, wenn sie vor den Türen miteinander sprachen.

Ein heftiges, böses Fieber hatte das zarte kleine Mädchen niedergeworfen. Wochenlang hatte es unter heftigen Schmerzen, die es mit rührender Geduld ertrug, zwischen Leben und Tod geschwebt. Nun endlich erklärte es der Arzt für gerettet. Aber das Weh der armen Mutter, die Sorge des kleinen Max waren darum kaum vermindert. Zum Erschrecken bleich und schwach lag Toni in den weißen Kissen, kaum vermochte sie die kleinen abgemagerten Hände zu heben, kaum die Augen aufzuschlagen, deren heller freudiger Glanz ganz erloschen schien.

»Das wird bald vorbei sein. Es ist ja Frühling, da erholt sich ein jedes schnell,« tröstete der Arzt.

Aber Toni schien ihre Kräfte nicht wieder zu gewinnen. Es war auffallend, wie still, wie gleichgültig, wie müde sie immer war. Nur ein einziges Mal, als Max ihr erzählte, daß ihr Bäumchen grüne und daß ein Finkenpaar in seinen Zweigen niste, glitt ein Lächeln, wie ein sanfter Sonnenstrahl, über ihr Gesicht. Aber selbst die Freude schien sie anzugreifen, bald danach schloß sie die Augen und schlief mit einem traurigen Zug um den kleinen, blassen Mund wieder ein.

Wohl eine Stunde lang lag Toni in tiefem Schlaf, während die Mutter, schmerzlich auf Hilfe sinnend, an ihrem Bette saß. Mit einem tiefen Atemzug wachte die Kranke endlich auf. Sie richtete sich ein wenig im Bett empor, erfaßte der Mutter Hand und sagte mit leiser Stimme: »Nun werde ich bald ganz gesund werden. Mein Tannenbäumchen will mir helfen!«

Verwundert blickte die Witwe zu ihr nieder. »Ja, Mütterchen, ich habe so wunderschön geträumt. Mein Bäumchen stand neben meinem Bett und die Vögel in seinen Zweigen zwitscherten mir's zu: ›Das Bäumchen hilft, das Bäumchen hilft!‹«

Soviel hatte Toni während ihrer Krankheit noch nie gesprochen. Glückselig küßte die gute Mutter ihre Stirn. Dann ging sie, von einem plötzlichen Gedanken erfaßt, aus dem Zimmer und nach dem Hof hinaus, um ein paar Tannenzweige zu holen und dem Kinde zur Freude aufs Bett zu legen.

Welch ein wunderbarer, würziger, kräftiger Duft das war! Konnte nicht wirklich eine mächtige Heilkraft in dieser Waldesfrische liegen? Wie eine Eingebung vom Himmel kam es plötzlich über die Witwe. Das war es! Sie wollte die zarten Sprossen vom Baume lösen und dem Bade ihres kranken Mägdleins beifügen! Das mußte es stärken und genesen lassen!

Mit Maxens Hilfe, der eben herbeikam, brach die Frau nun eine ziemlich große Anzahl der jungen Triebe ab, trug sie ins Haus und warf sie in das kochende Wasser, welches für Tonis Bad, das der Arzt ihr für jeden Abend verordnete, bereit stand.

»O, wie köstlich das riecht,« flüsterte das Kind.

»Ja, nach Wald, nach dem lieben Wald,« rief Max fröhlich, ehe er die Türe hinter sich schloß.

Die Hoffnung, die so plötzlich über sie gekommen war, sollte die besorgte Mutter nicht betrügen. Schon dies eine Bad tat dem kranken Mädchen so wohl, daß es danach zum erstenmal mit ein wenig Lust und Appetit sein Abendsüppchen aß. Am zweiten Tage richtete sich Toni mit einem fröhlichen Lächeln in ihrem Bett auf, sobald die Mutter das »Waldbad« brachte, wie sie es nannte, und am dritten und vierten schäkerte sie schon mit den lauwarmen, duftigen Wellchen, die ihre mageren, zarten, weißen Glieder schmeichelnd umspielten.

Als das gute Tannenbäumchen seine letzten Sprossen hergegeben hatte, war Toni so weit genesen, daß sie, von der Mutter und Max geführt, zum erstenmal auf der sonnigen Straße vor dem Hause auf und ab gehen konnte.

»Nun mußt du schon ohne Tannennadelbäder weiter gesund werden, arme, weiße Maus,« sagte die Mutter.

»Nein, nein, ist gar nicht nötig,« lachte Max, indem er mit der Hand die Straße entlang wies, auf der ein leichtes Wägelchen von ferne dahergerollt kam. »Seht doch, was da kommt! Ich schrieb es der Mutter, wir brauchten viel, viel Tannensprossen für Tonis Bäder, und nun wette ich, daß sie selbst kommt und sie uns bringt.«

Ja wirklich, sie kam selbst. Voll Liebe und Erbarmen für das kleine, kranke Mädchen hatte sie sich, gleich nachdem sie Maxens Brief empfangen, aufgemacht. Tannensprossen aber brachte sie nicht mit.

»Ich weiß etwas Besseres,« rief sie gleich nach der ersten Begrüßung. »Das blasse Herzchen kommt mit mir und badet sich in Waldesluft und Waldesduft gesund. Darf ich sie mitnehmen?«

Mit Freuden sagte die Lehrerswitwe Ja, so schwer ihr's auch wurde, den Liebling zu entbehren. Wie selig Toni war, daß sie den Wald, den lieben, schönen Wald nun sehen sollte, ist nicht zu beschreiben.

Dem Tannenbäumchen aber ward es sonderbar zu Mute, als die Kleine vor der Abfahrt kam, ihm Lebewohl zu sagen und es durchs Tor den Schimmel wiehern hörte, der so oft den Waldweg entlang getrabt war, an dem das Bäumchen einst gestanden.

»Könnte ich mit in den Wald, in den Wald!« rauschten seine Zweige.

»Ach was,« hörte es da von weitem Max, unter Tränen lachend, zu seiner Mutter sagen: »Man muß nur ordentlich brav und fleißig sein, da vergißt sich das Heimweh schon.«

Da nahm sich das Bäumchen fest und ernsthaft vor, mit aller Kraft zu wachsen und neue junge Sprossen zu treiben, statt den Kopf hängen zu lassen.

Und es nickte dem kleinen Mädchen zu, und als die Peitsche knallte und der Schimmel zu traben begann, rief es mit Max und Tonis Mutter, laut aufrauschend, dem Wagen nach: »Auf Wiedersehen, auf gesundes, glückliches Wiedersehen!«

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