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Vorwort.

In verschiedenen Ländern und in verschiedenen Lagern habe ich Äußerungen jener »intellektuellen Unruhe des denkenden Teiles der Nachkriegsgeneration« angetroffen, die kürzlich von einem englischen Schriftsteller besprochen wurde. Aber ich habe auch Stimmen jener Sehnsucht wahrgenommen, die ein amerikanischer Redner neulich als »die Sehnsucht der heutigen Jugend nach dem Erlebnis wahrer Religion« kennzeichnete.

Es ist meine Überzeugung, daß jene Unruhe nur dadurch beseitigt und jene Sehnsucht nur dadurch befriedigt werden kann, daß von der Religion, wie sie jetzt meistens gepredigt wird, das Veraltete und Lebensunfähige ausgeschieden wird, während zur gleichen Zeit positive Werte, die allzusehr vernachlässigt wurden, zu ihrer wahren Geltung kommen sollten. »Machet meinen Altar größer!« sagte der Orakelspruch, der die Delier veranlaßte, sich hilfeflehend an Platon zu wenden. Diese Mahnung sollte auch heute ausgesprochen werden.

Die Wirkungen der Bewegung, zu deren Entwicklung dieses Buch beitragen möchte, werde ich selbst kaum mehr erleben; aber ich bin fest überzeugt, daß diese Bewegung kommen und weiter wachsen wird, und ich glaube, daß Deutschland dabei eine bedeutende Rolle spielen wird.

Durch tiefe Leiden werden starke Kräfte erweckt.

Der große Dichter, dessen Erinnerung Deutschland dieses Jahr feiert, hat es ahnungsvoll angedeutet:

»In drängenden Nöten, in großer Gefahr,
Auf einmal ist's lichter geworden –«

Vielleicht wird diese Morgendämmerung erst dann anbrechen, wenn sich Deutschland wieder einmal einer welthistorischen Mission bewußt wird.

Suna, Lago Maggiore, März 1932.
Anna Maria Roos.


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