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Schriftverkehr

Im geschäftlichen Leben werden beim Schriftverkehr heutzutage häufig alle Höflichkeitsformeln weggelassen; im gesellschaftlichen Leben haben sie sich aber noch so ziemlich erhalten, und es wird Wert darauf gelegt, daß sie richtig angewandt werden.

Bei der Dame wird man zwar nicht so streng auf die Form achten wie bei dem Herrn, aber an gewisse Regeln ist sie doch gebunden.

Wie Sie einer guten Freundin schreiben, bleibt Ihnen ganz überlassen. Bei fremden Persönlichkeiten der guten Gesellschaft wählt die Dame aber stets ein elegantes Briefformat und nicht etwa einen Briefblock.

Man fängt nicht unmittelbar am Kopf des Bogens zu schreiben an, sondern läßt oben und unten etwa zwei Finger breit frei.

Oben rechts wird Ort und Datum geschrieben, etwa zwei Finger breit darunter in der Mitte die Anrede; wiederum etwa ein bis zwei Finger breit unter dieser beginnt der Text. Die erste Zeile rückt man links ungefähr zwei Finger breit, die anderen einen Finger breit ein, ebenso läßt man an der rechten Seite einen etwa fingerbreiten Rand.

Nach Schluß des Textes folgt etwa zwei Finger breit darunter die sogenannte Schlußformel und in gleichem Abstand unter dieser der Name mit oder ohne Titel.

Die Anrede ist im allgemeinen an einen Herrn: »Sehr geehrter Herr X.« (bezw. Titel des Betreffenden), an eine verheiratete Dame: »Sehr geehrte gnädige Frau«, an eine unverheiratete: »Sehr geehrtes gnädiges Fräulein«. Einem Grafen oder Baron, einer Gräfin oder Baronin gibt man auch im Briefverkehr diesen Titel, ebenso einer Exzellenz.

Beim Schreiben an Fürstlichkeiten müssen Sie sich darnach erkundigen, welche Anrede und Höflichkeitsformel ihnen gebühren. Es würde zu weit führen hier näher darauf einzugehen.

Während der Herr den Text eines offiziellen Briefes in den meisten Fällen mit »Euer Hochwohlgboren« beginnt, kann die Dame ruhig die Anrede »Sie« gebrauchen.

Über die Zuständigkeit von »Hochwohlgeboren« sind die Ansichten sehr verschieden. Ursprünglich gab man dieses Prädikat nur dem Adel, später auch Offizieren und höheren Beamten.

In der Praxis wird es jetzt meist so angewandt, daß man es jedem gibt, der etwa auf gleicher Gesellschaftsstufe steht wie die oben genannten Klassen.

Häufig schreibt man auch anstatt »geehrter« bezw. »geehrte« »verehrter« bezw. »verehrte«. Dieses trägt aber einen intimeren Charakter, und es ist Gefühlssache, wann man es anwenden soll, jedenfalls nie einem Vorgesetzten gegenüber.

Die von den Damen gebrauchten Höflichkeitsbeiworte sind »ergebene«, bei jüngeren Damen Respektspersonen gegenüber »ergebenste«.

Es sei hier noch auf das Wort »ersuchen« hingewiesen. Dieses hat in Süd- und Norddeutschland gesellschaftlich eine ganz verschiedene Bedeutung.

Während es für Süddeutschland eine höfliche Form für »bitten« ist, braucht man es in Norddeutschland als höfliche Form des Befehls, also nur der Vorgesetzte dem Untergebenen gegenüber. Wer das nicht weiß, kann leicht Anstoß erregen.

Bei Trauer pflegt man auf Briefpapier mit schwarzem Rand zu schreiben, während dies bei Beileidsbriefen nicht üblich ist.

Am besten dürften sich die wichtigsten Fragen des Briefstils an der Hand einiger Beispiele erläutern. Ich werde solche daher am Schlusse dieses Kapitels folgen lassen, möchte aber nur vorher noch darüber reden, wie man Einladungen schreibt, die vom gewöhnlichen Stil etwas abweichen.

Offizielle Einladungen sind meist auf Einladungskarten geschrieben. Vorgedruckte Formulare dazu bekommt man in den meisten Schreibwarenhandlungen.

Schon aus praktischen Gründen wird man sie stets nehmen, wenn man viele Leute auf einmal einzuladen hat. Bei kleineren Gesellschaften kann man es halten, wie man will.

Der Text einer solchen Einladung wird etwa lauten:

 

Regierungspräsident X und Frau X geben sich die Ehre,
Frau Y zum Abendessen am 20. Januar um 20 Uhr einzuladen.

Anzug: Herren: Smoking.

Damen: Gesellschaftskleid.

U. A. w. g.

 

Die letzten vier Buchstaben bedeuten: »Um Antwort wird gebeten.«

Wenn diese auch nicht auf einer Einladungskarte stehen, muß man natürlich trotzdem antworten.

Am praktischsten antwortet man auf weißem Briefkarton, der sogenannten »Carte correspondance«.

Die Antwort wird lauten:

 

Frau Y sagt ergebensten Dank für die liebenswürdige Einladung zum 20. Januar und wird sich die Ehre geben ihr Folge zu leisten. (Bezw. bedauert sehr, bereits anderweitig eingeladen zu sein und nicht Folge leisten zu können.)

 

Entschieden halte ich es für höflicher den Grund anzugeben, wenn man absagt; unbedingt erforderlich ist es aber nicht.

Vielleicht liegt es dem einen oder anderen auch mehr, anstatt der kurzen, gewissermaßen geschäftsmäßigen Antwort in einem höflichen Brief zu danken. Das bleibt jedem unbenommen. Ich würde es unbedingt empfehlen, wenn jemand z. B. zweimal hintereinander in dem gleichen Hause hat absagen müssen, damit es nicht so aussieht, als ob man dieses Haus absichtlich meiden wollte.

Wenn auf einer Einladungskarte die Telephon-Nummer angegeben ist, so ist es damit erlaubt, auch telephonisch zu antworten, wenn es einem bequemer ist.


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