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Auf Reisen und im Restaurant

Wer eine Reise machen will, wird sich selbstverständlich rechtzeitig überlegen, wohin er reist und die Frage der jeweiligen Unterkunft regeln.

Ist man im Zweifel darüber, wohin man fahren soll, so empfehle ich dringend entsprechende Anfragen bei einem Reisebüro. Dort erhält jeder kostenlos die beste Auskunft über sämtliche Fragen, die in Betracht kommen. Denken Sie daran, sich rechtzeitig bei größeren Reisen einen Paß und, wenn nötig, auch das Auslandsvisum zu besorgen; denn besonders letzteres nimmt oft mehrere Tage in Anspruch.

Vergessen Sie nicht vor der Abreise der Post Ihre Adressenveränderung mitzuteilen!

Was man auf die Reise mitnimmt, richtet sich naturgemäß nach den jeweiligen Bedürfnissen, ferner nach der Dauer und dem Ort des Reiseaufenthaltes. Es ist ganz klar, daß ich ein wesentlich anderes Gepäck brauche, wenn ich in ein einfaches Gebirgsdorf, als wenn ich in einen mondänen Badeort fahre. Auch brauche ich in einem einfachen Gasthaus nicht so viel Kleider wie in einem eleganten Hotel.

Die Frage, ob man mit großem Gepäck oder nur mit Handgepäck reisen soll, bedarf ebenfalls sehr der Überlegung. Freier ist man in gewisser Beziehung mit Handgepäck; denn dann kann man aussteigen, wann und wo es einem beliebt, während man bei aufgegebenem Gepäck immer mehr oder weniger an dieses gebunden ist. Dafür bietet es aber entschieden den großen Vorteil, daß man beim Umsteigen gar keine Scherereien mit der Verbringung des Gepäcks von einem Zug auf den anderen hat; denn zumal auf kleinen Stationen ist es immerhin zweifelhaft, ob ein Gepäckträger da ist. Man muß dagegen aber auch stets damit rechnen, daß – besonders bei kurzem Aufenthalt zum Umsteigen – das große Gepäck nicht rechtzeitig umgeladen wird, und man dann ohne Koffer dasitzt. Kurzum, Vorteile und Nachteile hat beides.

Jedenfalls würde ich unbedingt empfehlen, beim Aufgeben des Koffers auch noch wenigstens eine Handtasche mit den nötigsten Sachen zum Übernachten ins Abteil mitzunehmen, falls das große Gepäck nicht rechtzeitig eintrifft.

Bei Reisen über die Grenze wird Handgepäck meistens im Zuge revidiert, während man für aufgegebenes Gepäck aussteigen muß, um den Koffer bei der Zollrevision zu öffnen. Es wird an den einzelnen Grenzstationen verschieden gehandhabt, und ich empfehle jedem, sich sofort einen Gepäckträger zu sichern, der einem behilflich ist. Auch ein gutes Trinkgeld kann einem da oft die Sache wesentlich erleichtern.

Bei Auslandsreisen ist es ratsam, sich im Heimatsort bei seiner Bank genügend Geld in der entsprechenden Währung zu besorgen; denn beim Wechseln im Ausland muß man häufig sehr viel mehr dafür zahlen. Dringend empfehle ich auch so viel Kleingeld mitzunehmen, daß man gleich den Gepäckträger, die Droschke usw. bezahlen kann ohne wechseln zu lassen.

Will man nicht zu viel Geld auf einmal bei sich führen, so läßt man sich am besten bei seiner Bank einen Kreditbrief ausstellen auf eine Bank in dem Ort seines Reiseziels, oder auf die diesem Ort zunächst gelegne Bank. Ich empfehle dann möglichst am ersten Tage nach der Ankunft auf der betreffenden Bank vorzusprechen, sich gleich auszuweisen (durch Paß) und zu fragen, ob der Kreditbrief eingetroffen ist, damit man andernfalls gleich nachforschen kann und keine Scherereien hat, wenn man das Geld plötzlich braucht.

Auf Reisen habe ich auch immer die Erfahrung gemacht, daß man bei den Banken, bei denen man akkreditiert ist, stets aufs bereitwilligste Auskunft über alle den Reisenden interessierenden Fragen, empfehlenswerte Läden, Restaurants usw. erhielt, während die Reisebüros selbst an Ort und Stelle aus begreiflichen Gründen oft versagen.

Wenn einer will, so kann er sich heutzutage sogar von einem Reisebüro in der Heimat seine ganze Reise festsetzen, Fahrkarten und Hotels bestellen lassen und alles einschließlich des Trinkgeldes voraus bezahlen. Das hat natürlich den großen Vorteil, daß man nur noch Geld für Getränke, Droschken, Autos und sonstigen kleineren Bedarf mitzunehmen braucht, aber es ist doch nicht jedermanns Sache; denn es bedingt immer eine gewisse Bindung und Komplikationen, wenn einem das vorausbestellte Hotel bezw. die Pension nicht zusagt und man die Unterkunft oder den Ort wechseln will.

Es gibt leider so viele Menschen, die sich einbilden, auf Reisen könnten sie sich alles erlauben, und sich vollständig gehen lassen, weil sie keiner kennt.

Diese Auffassung ist gänzlich falsch. Einerseits weiß man nie, ob nicht doch zufällig ein Bekannter einen beobachtet, andererseits soll man nie vergessen, daß man auf Reisen gewissermaßen der Vertreter seines Landes, bezw. seiner engeren Heimat ist, und es kann Ihnen doch sicherlich nicht gleichgültig sein, wenn man von Ihrer Heimat sagt, die Leute dort könnten sich nicht richtig benehmen. Ferner denke man stets an das Sprichwort: »Wie es in den Wald hineinschreit, so schreit es auch heraus.« Wer sich unvornehm benimmt, darf sich nicht wundern, wenn ihm mit gleicher Münze begegnet wird. Abgesehen von allem andern muß es der Dame gänzlich gleichgültig sein, ob sie sich unter Bekannten oder Unbekannten befindet, ihr Benehmen wird immer tadellos sein.

Also seien Sie auf Reisen höflich gegen Ihre Mitmenschen! Wenn der Platz etwas eng ist, rücken Sie bereitwilligst zur Seite; helfen Sie älteren Damen, die nur schwer ihr Gepäck allein ins Netz heben können, und was dergleichen kleine Gefälligkeiten mehr sind. Dies gilt natürlich ebenso bei Fahrten in der Straßenbahn oder in einem Auto-Omnibus. Manch dankbarer Blick für kleine Mühen wird Ihr Lohn sein.

Wenn im überfüllten Abteil ein Herr Ihnen seinen Platz anbietet, so ist das eine Gefälligkeit, wofür Sie verpflichtet sind ihm höflich zu danken. Ich habe es so häufig erlebt, daß Damen dies einfach als Selbstverständlichkeit aufgefaßt und sich ohne ein Wort des Dankes hingesetzt haben. Wundern Sie sich dann nicht, meine Damen, wenn man Ihnen eines Tages solche Höflichkeit nicht mehr erweist.

Vermeiden Sie es sich gleich mit jedem auf vertrauten Fuß zu stellen, Unterhaltung mit ihm anzuknüpfen, ihm womöglich Ihre ganze Lebensgeschichte zu erzählen!

Gerade eine alleinstehende Dame kann auf Reisen gar nicht vorsichtig genug sein, will sie nicht zu falschen Deutungen Anlaß geben. Es läßt sich ja vielleicht manchmal nicht vermeiden, daß Sie mit einem einzelnen Herrn ins Gespräch kommen; aber ich rate Ihnen dringend: seien Sie wohl höflich, aber kühl zurückhaltend, und wenn die Unterhaltung eine Wendung annimmt, die Ihnen nicht paßt, so müssen Sie es verstehen durch einen Blick den Herrn in die richtigen Schranken zu verweisen. Gerade hierin sind die Damen ja Meisterinnen. Ein verwunderter Augenaufschlag, ein plötzliches Aufwerfen des Kopfes oder ein nur in den Blicken gezeigter Ausdruck der Mißbilligung dürften wohl in den meisten Fällen genügen, um einem Herrn zu zeigen, wie weit er gehen darf.

Besonders jungen Damen empfehle ich dringend, auf Reisen nie ein Abteil aufzusuchen, in dem nur ein einzelner Herr sitzt. Glauben Sie nicht, da vielleicht ein interessantes Reiseabenteuer erleben zu können! Sie wissen gar nicht, ob sich nicht hinter dem scheinbar eleganten Herrn ein Hochstapler verbirgt.

Sind Sie an Ihrem Bestimmungsort angekommen und ist die bestellte Unterkunft nicht nach Ihrem Wunsch, so versuchen Sie erst auf höfliche Weise das zu erreichen, was Sie verlangen können. Am besten verhandelt man auch gleich darüber mit dem Wirt selbst und nicht mit dem Unterpersonal, das doch nur ausführendes Organ des Wirtes ist. Erst wenn Höflichkeit nichts hilft, dann ist unter Umständen auch einmal ein schärferer Ton am Platz, der oft Wunder wirkt.

In einem Restaurationsraum wird man seine Kleidung der dortigen Umgebung anpassen. In einem Lodenkleide geht man nicht in ein Restaurant, in dem alle Herren und Damen in ausgesuchtester Toilette sitzen, ebensowenig wie man im Abendkleid in eine durchräucherte Bierkneipe gehen wird, in der alles im einfachsten Gewande sitzt. Ist Ihre Kleidung nicht die richtige für das betreffende Lokal, so suchen Sie lieber ein anderes auf oder kleiden sich entsprechend um!

Man suche möglichst an einem unbesetzten Tische Platz zu nehmen, nur wenn dieser nicht mehr vorhanden ist, soll man einen Tisch wählen, wo bereits Leute sitzen. Bevor Sie sich setzen, fragen Sie, ob der Platz auch frei ist.

Denken Sie aber nicht etwa daran sich in die Unterhaltung der Fremden einzumischen.

Auf eine Unsitte, die man jetzt leider häufiger beobachtet, möchte ich mir noch erlauben hinzuweisen.

Glaubt eine Dame, sie sei von Natur aus nicht schön genug und müsse mit Lippenstift, Puderquaste usw. verbessernd nachhelfen, so ist das Geschmackssache, worüber ich mich nicht weiter äußern will, aber, meine verehrten Damen, Sie werden mir recht geben, wenn ich sage: Diese Toilettenkünste gehören ins Schlaf- oder Ankleidezimmer und nicht etwa in ein öffentliches Restaurant, Theater, Konzertsaal oder gar den Salon.

Auch über den Gebrauch von Parfüm sind die Ansichten sehr geteilt. Jede Dame soll das halten, wie es ihr am meisten zusagt. Ein »diskretes« Parfüm kann sicherlich sehr angenehm wirken, während bei zu starker Benutzung gerade das Gegenteil der Fall ist. Man soll nur das Beste und nie etwas Minderwertiges benutzen, sonst lieber gar nichts.

Wenn Sie in einen Pensions-Speisesaal kommen, so setzen Sie sich nicht auf den erstbesten freien Platz, weil Sie sonst Gefahr laufen weggewiesen zu werden; denn jeder Gast pflegt während der Dauer seines Aufenthaltes den gleichen Platz zu haben; fragen Sie also irgend einen dienstbaren Geist, wohin Sie sich setzen sollen.

Man führe eine Unterhaltung nicht so laut, daß man sie auch an den Nebentischen hören kann!

Kommt man am gleichen Ort längere Zeit immer mit den gleichen Leuten zusammen, so ergibt es sich naturgemäß leicht, daß man sich gegenseitig vorstellt. Wann und ob man es tun soll, ist auch hier wiederum eine Frage des Taktes.

Reisebekanntschaften können oft sehr nett sein, ja sogar zur Freundschaft führen. Es kann aber auch eine große Enttäuschung geben. In der heimischen Gesellschaft weiß jeder doch ungefähr, aus welchem Kreise jemand stammt, dem man sich vorstellt; in der Fremde weiß man aber nie genau, was sich hinter den scheinbar vornehmsten Leuten verbirgt. Daher kann ich nur Vorsicht bei Reisebekanntschaften anraten.

Bei längerem Aufenthalt in einem Hotel oder einer Pension wird gewöhnlich wöchentlich die Rechnung gestellt. Es ist dies auch entschieden das praktischste. Einerseits hat man eine bessere Übersicht über seinen Geldverbrauch, andererseits kann man etwaige Unstimmigkeiten nach Verlauf einer Woche leichter richtig stellen als in längeren Zwischenräumen.

Schwierig ist oft die Trinkgeldfrage. Im Restaurant ist es wohl im allgemeinen üblich, daß man 10 Prozent der Rechnung gibt und nach oben abrundet. In Hotels und Pensionen wird einem jetzt häufig gleich das Trinkgeld zu der Rechnung aufgeschlagen; es schwankt da meist zwischen 10 und 15 Prozent. Letztere Summe halte ich entschieden für vollkommen ausreichend, um alle Ansprüche der Bediensteten auszugleichen, während es bei 10 Prozent unter Umständen angebracht sein kann, dem einen oder anderen, der besonders viele Dienste leistete, noch ein kleines Sondertrinkgeld zu geben, vorausgesetzt natürlich, daß er einen gut bedient hat. Jedenfalls überzeuge man sich stets bei Überreichung der Rechnung, ob das Trinkgeld eingerechnet ist oder nicht.

Ist keine Trinkgeldablösung in dem Hause üblich, so wird es einem auf besonderen Wunsch doch meist auf die Rechnung gesetzt. Ich empfehle aber in diesem Falle, es allen in Frage kommenden Bediensteten mitzuteilen, daß man das Trinkgeld gleich bei der Rechnung mitbezahlt habe; ich habe da schon persönlich mehrmals erlebt, daß es sonst in die falschen Hände geriet, bis mich das Personal selbst darauf aufmerksam machte. Schließlich gibt man sein Trinkgeld nicht, damit es ausgerechnet der bekommt, der so gut wie nichts für einen getan hat.

Zum Schlusse möchte ich noch einen kurzen Wink geben für alle die, welche eine Seereise machen.

Seine Kajüte wird man ja schon rechtzeitig bestellt haben, und es besteht keine Gefahr, daß sie anderweitig besetzt wird; trotzdem rate ich jedem, so früh wie möglich aufs Schiff zu kommen, um sich bei dem betreffenden Steward (Kellner) einen guten Platz im Speisesaal und für seinen Bordstuhl zu sichern; denn den Platz, der einem da fürs erstemal zugewiesen ist, behält man für die ganze Reise, und es ist natürlich wenig angenehm, wenn man bei jeder Mahlzeit mit Leuten zusammensitzen muß, die einem gar nicht sympathisch sind. An Hand des Passagierverzeichnisses kann man aber den Steward schon um Zuweisung eines Platzes bitten, der einem zuzusagen scheint.

Bei allen Seereisen empfehle ich dringend, – auch im Hochsommer – warme Kleidung und Decken mitzunehmen. Man kann nie wissen, wie sich der Seewind auswirkt.


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