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Robert Reinick.

Die dreißiger und vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts sind die Hauptzeit des deutschen Kinderliedes.

Durch die Gedankenrichtung der Aufklärung, durch das Wirken Herders, endlich durch die deutsche Romantik war der Sinn für den köstlichen Reichtum des Volksliedes geweckt worden; namentlich hatte »Des Knaben Wunderhorn« einen schier unerschöpflichen Quell herzhaft-klarer Poesie erschlossen.

Von ganz besonderer Bedeutung wurde dieser Jungborn für die wohl am stärksten vernachlässigte Dichtungsart, für das Kinderlied. Es ist kein Wunder, daß gerade ein Germanist – Hoffmann von Fallersleben – und ein Verehrer des »Wunderhorns« – Friedrich Güll – seine Wiedererwecker und hervorragendsten Vertreter wurden. Sie beide, dazu der Pfarrer Wilhelm Hey und endlich unser Robert Reinick stellen die vier Großen im Reiche des Kinderliedes dar.

Betrachten wir an Robert Reinicks Wirken sein Bestes und Bleibendes, dann eröffnet sich unserm wie dem Kinderauge eine sonnige Welt.

War es ein Widerspruch der Natur, oder war es ihre ausgleichende Gerechtigkeit, daß dem dauernd leidenden und kränkelnden, schließlich früh, viel zu früh dahingegangenen Maler-Dichter ein so froher Sinn, ein so sonniges Gemüt beschieden war? Diese seine Art machte es ihm nicht nur möglich, sein Schicksal willig zu ertragen, sie befähigte ihn auch dazu, schöpferisch eine Welt zu bauen, über der ein klarer, heiterer Himmel sich wölbte, und in der fröhliche Menschenkinder mit strahlenden Augen in die Nähe und in die Weite guckten.

Das Sonnige ist die Eigenart unseres Dichters. Wohin er uns führt, was er schildert, wovon er erzählt, was er uns zeichnet – alles atmet Frohsinn, Heiterkeit, über allem liegt Sonne gebreitet. Nicht als ob die dunkleren Farben ganz fehlten; auch über den lachenden Himmel ziehen ja Wolken! Aber sie schwinden wieder, und um so heller leuchtet dann der Glanz des Tagesgestirns.

Welch ein glückliches Naturempfinden eignet dem Dichter! Er beseelt die Natur, und er versteht es, diese Beseelung glaubhaft zu machen. Da webt im Walde ein ganz eigenes Leben; in den Gräsern und im Wurzelwerk der Bäume huscht und wispert es. Vögel, Bienen, Schmetterlinge, Blumen und Menschen – alles möchte vereint hinausjauchzen: »Wie ist doch die Erde so schön, so schön!«

So ist ihm jede Tages- und jede Jahreszeit eine Quelle der Freuden, und es gelingt ihm, sie in allen Stimmungen zu erfassen – doch immer so, daß Sonne darüber strahlt. Mit wie zarten Farben malt er den Sonntagmorgen oder den Abend im Walde! Und wie keck und derb vermag er wieder zu sein, wenn er von dem brummenden Herrn Sommer oder dem pausbäckigen Herbste spricht! Er erzählt nicht vom Abend, vom Morgen, vom Winter, vom Frühling – er dichtet so, daß wir das alles mitfühlen, erleben, selber darinnen sind. So verlangen wir es, so verlangt es vor allem das Kind. Es will in der Landschaft, in der Zeit, in der Sonne sein; das alles darf nicht wie ein fremdes Drittes außerhalb stehen und nur schüchtern an sein Gefühl anpochen. Nein, die Stimmung der Natur und die Stimmung des Kindes müssen zu einem unlöslichen Ganzen verschmelzen – und das gelingt Reinick in hervorragender Weise.

Eine der stärksten Seiten unseres Maler-Dichters ist sein Humor – für den Kinderfreund, den Kinderdichter eine unerläßliche Gabe. Reinicks Humor ist nicht trocken, witzig; nein, er ist heiter, vollsaftig, lustig, alles Drollige mit Liebe erfassend. Ein fröhlicher Schalk steht da und beobachtet die Natur, nimmt das Kind bei der Hand und zeigt ihm: »Sieh' einmal, wie drollig geht's doch in der Welt zu!« Und das Kind jubelt und lacht. Denn was der Dichter es erleben läßt, ist auch gar zu vergnüglich! Wie der Spitz die Gänse belehren will, daß sie ja nicht in die Pfütze gehen sollen! Wie der stolze Herr des Hühnerhofes jämmerlich vor dem Mopse die Flucht ergreift! Wie Gans und Ente im Tanze wackeln! Überhaupt – wie ein Guts- oder Bauernhof es jedem Kinde antut und antun muß, so auch dem Kinderdichter. In dieser Umwelt strömt ihm der Stoff nur so zu, und Reinicks Art ist die rechte, das Kind zu einem herzhaften Lachen zu bringen oder auch, wie im »Schlafenden Apfel«, in ihm eine frohe, warme Sehnsucht zu wecken.

Aber des Kindes Welt ist auch anderswo: im Schoß der Familie, bei Gespielen und Geschwistern, vor allem beim Mütterlein. Die süßesten Wiegenlieder versteht Mütterlein dem Kindchen zu singen, und dieses schläft selig ein. Und wenn es älter geworden ist, dann schmiegt es sich wohlig an die liebe Mutter und denkt, wie es ihr Freude machen kann. Reinicks Wiegenlieder suchen an Zartheit und unverfälschter Innigkeit ihresgleichen – dabei hat dieser Dichter selbst nie das Glück gehabt, Kinder sein eigen zu nennen. Und wie er die Feste des Kindes, zumal das Weihnachtsfest, zu malen weiß! Da schleppen die Jungen den Baum heran, da reitet Herr Ruprecht durch die Nacht, da träumen die Kinder schon vorher von all der Christnachtsherrlichkeit!

Mit den Freunden läßt er das Kind lustig sein und in frohem Spiel sich tummeln; zeigt zugleich, daß man dem Freunde wirklich Freund sein muß, wenn Gefahr droht. Nächstenliebe – auch diesem Worte gibt er einen dem Kinde faßbaren Sinn. Liebe überhaupt, Liebe endlich auch zu dem teuren Vaterlande! Mit einem starken, frohen Deutschtum, einem heiligen Deutschwillen erfüllt er das Kind und prägt ihm das Bewußtsein ein, ein deutsches Kind seine ganz besonderen Pflichten hat.

Ja, das Kind hat Pflichten! An dieser Tatsache darf auch der Kinderdichter nicht vorbeigehen; und da er wie der Künstler überhaupt ein Erzieher zu edlem Menschentum ist, so darf er nicht einzig erfreuen, er muß auch belehren, raten und warnen. Aber auf das »Wie« kommt es an! Ein nacktes, befehlendes: »So sollst du handeln« oder »So sollst du nicht handeln« berührt nur äußerlich und wirkt in der Dichtung allzu trocken. Die Lehre muß sich zwanglos und doch zwingend aus der Lage, der Geschichte ergeben: nicht der Erwachsene darf sie aussprechen – das Kind selbst muß unwillkürlich, aus eigenster Erfahrung darauf kommen. Erst dann hat sie ihren rechten Wert. Und so ist Reinick, auch wo er lehrhaft wird, immer der Kenner des kindlichen Seelenlebens und – der Dichter geblieben.

Denn Dichter ist er, in der vollsten, schönsten Bedeutung des Wortes. Das starke Leben, die klare Anschaulichkeit und die künstlerische Form sichern seinen Schöpfungen, sichern vor allem seinen Kinderliedern die Unvergänglichkeit.

*

In Danzig, der altehrwürdigen, reichen Stadt, wurde Robert Reinick am 22. Februar 1805 geboren. Er entstammte einer angesehenen Familie: sein Vater war ein begüterter Kaufmann, sein Großvater Arzt, sein Großvater mütterlicherseits Pfarrer und geistlicher Liederdichter gewesen. Als bestes Erbteil seines Geschlechts nahm er die Ehrenhaftigkeit und Wahrhaftigkeit seiner Vorfahren mit auf den Lebensweg.

Neben den stolzen Eindrücken, die seine Seele hier empfing, trafen ihn auch Erlebnisse ernstester Art. Er war acht Jahre alt, als die damals von den Franzosen besetzte Stadt (1813) durch Russen und Preußen belagert, mit Brandbomben beschossen wurde und bittere Not ausstehen mußte. Dem Neunjährigen starb die Mutter, und auch der Vater sank schon 1821 ins Grab. Doch fand er bei Verwandten liebevolle Aufnahme; und als er, der bereits als Schüler gezeichnet und gedichtet hatte, nach bestandener Reifeprüfung den Wunsch äußerte, Künstler zu werden, stieß er auf keinen Widerspruch.

So bezog er mit zwanzig Jahren die Berliner Kunstakademie und widmete sich bei Karl Begas der Geschichtsmalerei. Hier gewann ihm seine heitere, liebenswürdige Art viele Freunde; er ward der Mittelpunkt eines froh-geselligen Kreises, und schöne Künstler-Jugendtage waren ihm beschieden. Auf Wanderungen durchstreifte er Thüringen und den Harz. Doch machte ihm ein altes Augenübel zu schaffen und hinderte ihn oft am Malen. Dafür suchte er Ersatz in der Dichtung: poetische Erklärungen zu Dürerschen Holzschnitten, ein 1831 aufgeführtes Puppenspiel, Lieder in Chamissos Musenalmanach waren die ersten Früchte dieses Schaffens.

Nach sechsjährigem Aufenthalt in der Großstadt hielt es ihn hier nicht länger; in Düsseldorf trat er dem Schülerkreise Wilhelm Schadows bei. Glückliche Tage, ausgefüllt mit Malen, Dichten und Wandern, durfte er von neuem erleben. Nachdem er 1833 mit seinem Freunde Franz Kugler zusammen das »Liederbuch für deutsche Künstler« herausgegeben hatte, begann er die Arbeiten an seinem ersten größeren Werke, das 1838 erschien: »Lieder eines Malers und Randzeichnungen seiner Freunde.« (Gedruckt in der Kupferdruckerei der Kgl. Kunstakademie zu Düsseldorf.) Jeder der Freunde hatte zu einem Gedicht Reinicks ein Bild beigesteuert, so daß außer ihm selbst noch 27 Künstler an der Aufgabe beteiligt waren. Weitere Lebensfreude und reines Gottvertrauen sprachen aus den Versen des Dichters und aus den sonnigen Bildern des Düsseldorfer Malerkreises.

In demselben Jahre erfüllte sich ein langgehegter Wunsch Reinicks: seine Sehnsucht nach dem Lande der Kunst, Italien. Am 4. November 1838 langte er, von mehreren Freunden erwartet, in Rom an. Wie ging ihm hier, in all den großen Erinnerungen einer Jahrtausende alten künstlerischen Entwicklung, inmitten soviel landschaftlicher Schönheit, unter der farbenspendenden Sonne des Südens sein Herz auf! Seine Wanderungen führten ihn durch die Sabiner- und Albanerberge, nach Neapel, Capri und Sizilien. Trotz seines Leidens zeichnete und malte er fleißig und empfing von Natur und Menschenwelt, von Kunst- und Geschichtsdenkmälern bleibende, wundervolle Eindrücke. Viel Schönes wissen seine Briefe und Tagebücher zu erzählen; auch ein Abenteuer, einen Überfall durch Räuber, konnte er erleben, wovon er später gern plauderte.

Seine Kränklichkeit war es, die ihn nach drei Jahren den Freunden wieder entriß, zumal dem römischen Künstlerverein, dessen Vorsitzender er geworden war, und dessen übermütige Feste er geleitet und verschönt hatte. So ging es also der Heimat zu. Aber keine Mißstimmung über den Abschied verbitterte ihm die Rückkehr; er war auch in der Fremde ein deutschfühlender Mann geblieben und begrüßte mit einem innigen Liede das liebe Vaterland. Als er gar durch den Gebrauch der Ostseebäder bei Danzig in seiner Gesundheit wiederhergestellt wurde, da strömte seine Seele in Glücksgefühl und Lebensfreude über. Bald war ihm ein noch höheres Glück beschieden; er vermählte sich 1844 mit einer Danzigerin, Marie Berendt, und das Heim, das sie in Dresden gründeten, schenkte dem Dichter das Behagen einer eigenen Häuslichkeit und den Genuß des Umgangs mit zahlreichen edlen Menschen.

Immer lebhafter trat die Dichtkunst in den Vordergrund seines Schaffens. Nachdem er seine »Lieder« (Berlin, Reimarus) herausgegeben hatte, drängte es ihn, der Kinderwelt, die er ganz besonders herzlich liebte, etwas zu bieten. Wieder waren die Freunde, unter ihnen Ludwig Richter, bereit, Bilder beizusteuern. Jeder nahm sich einen Buchstaben aus dem »A-B-C« vor: Reinick schuf ein Gedicht oder eine Erzählung, der Künstler die Zeichnung – so entstand das »A-B-C-Buch für große und kleine Kinder.« (Leipzig 1845, Georg Wigand.) Unter den Beiträgen Reinicks überwog die Prosa; er verstand es, auch als Erzähler drollige, oft komische Dinge zu bieten, über die das Kind lachen muß. Doch nahm hier das Lehrhafte einen allzu breiten Raum ein, und zweifellos hat er als Prosaist nicht die Höhe seiner lieblichen und lustigen, sonnigen Kinderlieder erreicht. Dafür bot er aber schon in diesem Werke ganz entzückende Gedichte, wie er sie schöner auch in späterer Zeit nicht mehr geschaffen hat; so: »Die Nacht vor dem heiligen Abend«, »Mütterlein, sprich«, »Nun sagt einmal, ihr Gänschen« und »In dem Wald steht ein Haus«.

Bald ließ er (1848 im gleichen Verlage) ein Märchen folgen: »Die Wurzelprinzessin«. Es gilt noch heute als die beste Prosaschöpfung des Dichters. Noch heute folgt das Kind gespannt dem geheimnisvollen Treiben der Wurzelmännchen, lauscht begeistert der Schilderung ihres Kampfes gegen die Hampelmänner und freut sich, daß Hochmut doch endlich vor den Fall kommt.

Nachdem Reinick seit 1847 eifrig an dem »Deutschen Jugendkalender« mitgearbeitet hatte, übernahm er 1849 seine Herausgabe (Leipzig, Wigand) und verfaßte bis 1853 sämtliche Beiträge für ihn. Auch machte er sich an eine Übertragung der allemannischen Gedichte von Peter Hebel ins Hochdeutsche, die 1851 mit Bildern von Ludwig Richter bei demselben Verleger herauskam. Vorher hatte er bei E. Kretzschmar, Leipzig, eine Sammlung von »Liedern und Fabeln für die Jugend« erscheinen lassen.

Immer drückender wurde indessen sein Augen- und Nervenleiden. Im Sommer 1850 ging er mit seiner Frau in ein westfälisches Bad und besuchte noch einmal das geliebte Düsseldorf. Genesung fand er nicht. So machte er sich denn, gleich als ob er sein Geschick schon ahnte, an eine Neuausgabe seiner Lieder. Er sichtete, besserte, ordnete; Gattin und Freunde gingen ihm gerne zur Hand, und 1852 erschienen die »Lieder von Robert Reinick, Maler« (Berlin, Ernst und Korn), noch gerade so zeitig, daß der schwerkranke Dichter sich der herzlichen Aufnahme, die das Buch erfuhr, freuen konnte. Auch hier öffnet sich uns eine farbenfrohe, feingestimmte, sonnige Welt, die der Mensch lebensmutig, heiter, gottvertrauend durchwandern kann. Wenige Dichter gibt es, deren Schöpfungen so singbar und daher so oft vertont sind wie diese, und so leben denn noch heute zahlreiche Lieder Reinicks, ernste wie heitere, im Gesange fort Von anderen Werken aus den letzten Lebensjahren Reinicks seien noch erwähnt seine Erklärungen zu Alfred Rethels »Totentanz« (Leipzig, Wigand) und seine Texte für die Opern »Konradin« von Ferdinand Hiller (Leipzig, B. G. Teubner; aufgeführt Dresden 1846/47) und »Genoveva« von Robert Schumann..

Aus zahlreichen Plänen, die der Dichter in sich trug, warf ihn das Schicksal aufs Kranken-, aufs Sterbelager. Wie immer, so erduldete er auch jetzt still und willig seine Qualen, und er äußerte, er sei bereit zu gehen, wenn Gott ihn riefe. Am 7. Februar 1852 ist er verschieden; am 10., einem sonnenhellen Vorfrühlingstage, wurde er auf dem Trinitatiskirchhof zu Dresden bestattet.

»Die Welt«, so schreibt ein Freund von ihm, »war um einen wahrhaft guten, mit unendlicher Liebe begabten und von unendlicher Liebe gesegneten Menschen ärmer geworden.« »Aber,« fährt er fort, »solange im Frühling im nahen Birkenwalde zwischen den weißen Stämmen der Finkenschlag erschallt, solange über dem Grabe hin die Lerchen jubelnd aufsteigen, solange wird das Andenken des Dichters immer wieder auferstehen in den Herzen der Menschen, und seine Lieder werden von ihren Lippen tönen.«

Diese Worte sind Wahrheit geworden. Gar manches Lied Reinicks ist zum Volkslied geworden; es lebt, es wird gesungen, ohne daß der Sänger weiß, wer einst der Dichter gewesen. Am schönsten aber bleibt sein Andenken gewahrt im Herzen des deutschen Kindes. Ihm galt ja Reinicks eigentliches Lebenswerk; denn seine prächtigsten, unvergänglichen Schöpfungen sind seine Kinderlieder. Bald nach seinem Tode entstand denn auch eine große, fast alles, was er an Vers und Prosa geschaffen hatte, zusammenfassende Ausgabe, das »Märchen-, Lieder- und Geschichtenbuch« Die beste Gesamtausgabe ist das nunmehr in 16. Auflage bei Velhagen und Klasing in Bielefeld erschienene Prachtwerk: »Robert Reinicks Märchen-, Lieder- und Geschichtenbuch. Gesammelte Dichtungen Reinicks für die Jugend.«.

Noch heute greift mit freudigem Behagen die deutsche Kinderwelt nach dem, was Reinick ihr geschenkt hat. Noch heute jubeln die Kleinen mit dem Dichter, der sie in Wald und Feld, in Hof und Haus, in Licht und Sonne führt; noch heute lauschen sie den Wundern, die er verkündet, den Märchen, die er erzählt; noch heute lassen sie sich gern von ihm raten und warnen, loben und lohnen. Noch heute, oder besser: gerade heute, ergreift uns alle, Kinder wie Erwachsene, seine warme Liebe zu Vaterland und Volk. So steht Reinick nicht nur mit an erster Stelle unter unsern Kinderdichtern, sondern auch unter unsern Volkserziehern!

Er hat die große Zeit, die Deutschland durch die Einigung beschieden war, nicht mehr erleben dürfen. Viel zu früh mußte ja dieser prächtige Mann die Erde verlassen Vgl. über den Dichter u. a.: den Anhang zu seinen »Liedern«, 1. Auflage; die Einleitung zu ihrer 5. Auflage (von B. Auerbach); den »Jugendkalender für 1853«; das »Deutsche Museum« 1852 (Schilderung Wolfgang Müllers von Königswinter); die »Aufsätze« Gustav Freytags sowie auch das Werk: »Aus Biedermeiertagen. Briefe Robert Reinicks und seiner Freunde.« Herausgegeben von Johannes Höffner. Bielefeld 1910, Velhagen und Klasing.. Aber daß er in einer Zeit, wo es recht viele deutsche Vaterländer, doch kein deutsches Vaterland gab, ein solches ersehnt, es mit heißem Herzen geliebt, davon gesagt und gesungen hat, das wird ihm unvergessen bleiben. Und unvergessen wird er bleiben den deutschen Knaben und Mädchen, denen er in seinen Liedern das Schönste gegeben, was nur ein Dichter zu schenken vermag, das Froheste und Wärmste, was das Kind braucht und wonach es verlangt:

Eine sonnige Welt!

Dr. Franz Lüdtke.


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