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Das Ende der Eifersucht

I

»Gib uns die Güter des Lebens, ob wir sie nun verlangen oder nicht, halte von uns die bösen Dinge fern, auch wenn wir sie von dir verlangen.« – »Diese Bitte scheint mir schön und sicher zugleich. Hast du etwas daran auszusetzen, verhehle es mir nicht.«

Plato

»Mein kleines Bäumchen, mein Eselchen, mein Mütterchen, mein Brüderlein, mein Heimatland, mein kleines Göttelein, mein kleiner Fremdling, mein kleiner Lotos, meine kleine Muschel, mein Schatz, meine kleine Pflanze, geh nun, laß mich mich anziehen, und ich werde dich Rue de la Baume um acht Uhr treffen. Ich bitte dich, komme nicht später als ein Viertel neun, denn ich habe großen Hunger.«

Sie wollte hinter Honoré die Tür ihres Zimmers schließen, aber er sagte ihr noch: »Hälschen!« Und sie streckte ihm ihren Hals alsogleich mit solch einer Gelehrigkeit und mit so übertriebenem Eifer entgegen, daß er in helles Lachen ausbrechen mußte.

»Selbst wenn du es nicht wolltest«, sagte er, »so gibt es doch zwischen deinem Halse und meinem Munde, zwischen deinen Öhrchen und meinem Schnurrbart, zwischen deinen Händen und den meinen einen besonderen geheimen Freundschaftsbund. Ich bin überzeugt, daß er nicht zu Ende wäre, wenn wir uns nicht mehr liebten, ebensowenig wie ich, seit ich mit meiner Kusine Paula gebrochen habe, meinen Kammerdiener hindern kann, Abend für Abend zu ihr zu gehen und mit ihrer Kammerfrau zu sprechen. Es kommt ganz von selbst und ohne mein ausdrückliches Einverständnis, daß mein Mund zu deinem Hälschen hinstrebt.«

Sie standen nun auf einen Schritt einander gegenüber. Plötzlich begegneten sich ihre Blicke, und ein jeder versuchte im Auge des andern den Gedanken der Liebe zu finden und festzuhalten. Sie blieb eine Sekunde stehen, aufrecht, dann fiel sie in einen Lehnstuhl und atmete schwer, als sei sie gelaufen, und dann sagten sie einander fast gleichzeitig in einer ernsthaften Ekstase, während sie jedes Wort mit den Lippen fest formten, als wollten sie es noch einmal umfangen:

»Mein Lieb!«

Sie wiederholte in trübselig traurigem Ton:

»Ja, mein Lieb«, und schüttelte den Kopf.

Sie wußte, daß er dieser kleinen Bewegung ihres Kopfes nicht widerstehen konnte, und schon warf er sich über sie, umarmte sie und sagte ihr langsam: »Du Böses!« so zärtlich, daß ihre Augen sich mit Tränen füllten. Es war halb acht. Er ging.

Als Honoré heimkam, wiederholte er für sich: »Mein Mütterchen, mein Brüderchen, mein Heimatland«, da hielt er inne, »ja, mein Heimatland, mein kleines Muschelchen, mein kleines Bäumchen«, und er konnte sich nicht enthalten, bei diesen Worten zu lachen, die sie so schnell in ihren Sprachschatz aufgenommen hatten; es waren kleine Worte, sie konnten sinnlos und leer scheinen, und doch füllten sie sich ihnen mit einer unendlichen Bedeutung. Sie hatten sich beide ohne Plan und Absicht dem erfinderischen, fruchtbaren Genius ihrer Liebe anvertraut, und nach und nach sahen sie sich von ihm mit einer eigenen Sprache beschenkt, nicht anders als ein Volk seine Waffen, seine Spiele und seine Gesetze empfängt.

Während er sich zum Diner ankleidete, umfing mühelos sein Gedenken den Augenblick des Wiedersehens, so wie ein Trapezkünstler bereits das weit entfernte Trapez erfühlt, gegen das er hinschwebt, oder wie eine musikalische Folge den Akkord zu erwarten scheint, der sie auflöst und der mit ihr zusammenschwingt ungeachtet aller Distanz, die sie scheidet, kraft der Gewalt einer Sehnsucht, die Versprechen und Ruf in einem ist. So kam es, daß Honoré das letzte Jahr seines Lebens stürmisch überflog, immer in Eile vom Morgen bis zur Nachmittagsstunde, in der er sie wiedersah. Das Leben seines Tages bestand in Wirklichkeit nicht in zwölf oder vierzehn verschiedenen Stunden, sondern in vier oder fünf Halbstunden, in der Erwartung vorher – und in der Erinnerung nachher.

Honoré war seit einigen Minuten bei der Prinzessin von Alériouvre, da trat Frau Seaune ein. Sie begrüßte die Herrin des Hauses und verschiedene Gäste, sagte Honoré nicht eigentlich »guten Abend«, sondern nahm nur seine Hand, als sei sie mit ihm mitten in einem Gespräch. Hätte man von ihrer Verbindung etwas gewußt, dann hätte man glauben können, sie seien gemeinsam gekommen und die Dame habe einige Minuten draußen gewartet, um nicht gleichzeitig mit ihm einzutreten. Aber sie hätten nie zwei Tage ausgehalten, ohne einander zu sehen (das war ihnen im letzten Jahr auch nicht einmal widerfahren), noch auch hätten sie diese freudige Überraschung des Wiedersehens empfinden können, wie sie auf dem Grunde jedes freundschaftlichen Grußes liegt, denn sie konnten nicht fünf Minuten leben, ohne aneinander zu denken, sie konnten einander niemals überraschend begegnen, denn sie verließen einander nie.

Während des Diners ging ihr Gespräch und ihr Benehmen durch seine Lebhaftigkeit und seine sanfte Milde über den Rahmen eines Gespräches einer Freundin mit einem Freunde hinaus, gleichzeitig aber war es mit einer adeligen und doch natürlichen Achtung durchtränkt, wie sie unter Liebenden nie vorkommt. Sie schienen vergleichbar den Göttern, die nach der Sage verkleidet unter den Menschen lebten, oder wie zwei Engel, deren geschwisterliche Vertrautheit wohl die Freude ins Unermeßliche steigert, aber keineswegs der Achtung Abbruch tut, zu der ihr edler Ursprung und der Adel ihres geheimnisvollen Blutes sie verpflichten.

Während er den machtvollen Duft der Iris und der Rosen einatmete, die in ihrer matten Herrlichkeit auf dem Tische thronten, ward die Luft von dem Duft einer Zärtlichkeit mehr und mehr durchdrungen, die Honoré und Frau Seaune aus ihrem eigenen Wesen ausatmeten. In manchen Augenblicken schien eine köstlichere Gewalt als sonst diesen Duft auszustrahlen, eine Gewalt, die zu mäßigen die Natur ihnen beiden ebensowenig gestattet hatte wie dem Heliotrop in der Sonne oder unter dem Regen den blühenden Lilien.

So kam es, daß ihre Zärtlichkeit nicht verborgen blieb, aber dadurch wurde sie nur geheimnisvoller. Jeder konnte nahe kommen, wie man einem Armband nahe kommt, das eine verliebte Frau, unverwehrt und undurchdringlich, zugleich am Handgelenk trägt, das in unbekannten, wenn auch äußerlich sichtbaren Charakteren den Namen dessen eingeschrieben enthält, der Leben und Tod bedeutet, und das sie unaufhörlich den neugierigen, hinters Licht geführten Blicken darbietet, die das Geheimnis doch nicht fassen können.

»Wie lange werde ich sie noch lieben?« sagte Honoré zu sich, als er vom Tisch aufstand. Er dachte an so viele Leidenschaften, die er beim Beginn für ewig gehalten hatte und die doch nicht gedauert hatten. Sicher war es, daß auch diese eines Tages zu Ende gehen würde, und dies warf einen Schatten auf seine Zärtlichkeit.

Er erinnerte sich noch: an diesem Morgen war er in der Messe gewesen, und der Priester hatte aus dem Evangelium vorgelesen: »Jesus streckte seine Hand aus und sagte ihnen: ›Dies Geschöpf da ist mein Bruder und zugleich auch meine Mutter und meine ganze Familie‹.« In diesem Augenblick hatte er Gott seine ganze Seele hingebreitet und hatte gezittert, wie eine Palme zittert mit allen ihren Zweigen, und hatte gebetet: »Mein Gott! Mein Gott! Gib mir die Gnade, sie immer zu lieben, mein Gott, das ist die einzige Gnade, die ich von dir verlange, bewirke du, der du alles kannst, daß ich sie immer liebe!«

Aber jetzt war es eine ganz körperliche Stunde, in der der volle Magen die Seele erdrückt, in der bloß die Haut regiert, die, noch frisch vom letzten Bade, sich unter feiner Wäsche wohl fühlt, und in der der Gaumen regiert, der den Zigarrenrauch schmeckt, und das Auge, in dem sich die nackten Schultern und das Wendende Licht spiegeln – – selbst in dieser Stunde wiederholte er seine Bitte, nur sanfter und inniger als beim ersten Male. Zweifelnd dachte er an ein Wunder, welches das psychologische Gesetz seiner Unbeständigkeit außer Kraft setzen sollte und das doch im Grunde ebensowenig zu brechen war wie die physischen Gesetze der Schwere und des Todes.

Sie sah in seine gedankenvollen Augen, erhob sich, kam an ihm vorbei; er hatte sie nicht gesehen, und nun sagte sie zu ihm, als seien sie noch weit voneinander entfernt, in ihrem langgezogenen, weinerlichen Ton, der ihn stets zum Lachen brachte, sagte ihm, als sei es die Antwort auf eine Frage: »Nun, was?«

Er lachte auf und sagte: »Kein Wort mehr, oder ich umarme dich, höre nur, ich umarme dich vor all diesen Leuten.«

Sie begann zu lachen, dann nahm sie wieder ihr trauriges, niedliches, mißvergnügtes Wesen an, um ihn zu erheitern, und sagte: »Ja ja, es ist wunderbar, du hast gar nicht an mich gedacht!«

Er sah ihr lächelnd ins Auge und sagte: »Kannst du aber gut lügen!« Und sanfter fügte er hinzu: »Du Böses, Böses!« Sie verließ ihn, um mit den andern zu plaudern. Honoré dachte: »Ich will versuchen, mein Herz im Augenblick, da es sich von ihr löst, so innig zurückzuhalten, daß sie es gar nicht fühlen soll. Ich werde immer gleich zärtlich bleiben, gleich achtungsvoll. Ich werde ihr meine neue Liebe verbergen, wenn eine solche in meinem Herzen die Liebe zu ihr verdrängt hat, wie ich schon jetzt die Vergnügungen verheimliche, die mein Körper (nur er) hier und da außer ihr genießt.« (Dabei sah er die Prinzessin von Alériouvre von der Seite an.) Und was ihr Leben betraf, so wollte er es nach und nach an andere Fäden zu binden versuchen. Er wollte nicht eifersüchtig sein und würde ihr selbst diejenigen bezeichnen, die ihr, heimlicher oder ruhmreicher als er, neue Huldigungen zu Füßen legen sollten. Je mehr er in Françoise eine andere Frau sah, die seinem Herzen schon fern stand, deren geistige Reize er aber noch in reinstem Genuß auskosten konnte, desto mehr schien ihm dieser Weg vornehm und leicht zu begehen. Die Worte von duldsamer und sanfter Freundschaft, von schöner Nächstenliebe, geübt gegen den Würdigsten und geübt mit dem Herrlichsten, was man hat – diese Worte schienen weich seinen gelösten Lippen zuzuströmen.

In diesem Augenblick hatte Françoise bemerkt, daß es zehn Uhr war, sie sagte guten Abend und schied. Honoré begleitete sie bis zum Wagen, im Dunkeln küßte er sie unklugerweise und ging zurück.

Drei Stunden später kehrte Honoré zu Fuß mit Herrn von Buivres heim, dessen Wiederkunft von Tonking man an diesem Abend gefeiert hatte. Honoré fragte ihn über die Prinzessin von Alériouvre aus, die zur selben Zeit Witwe geworden war und die schöner war als Françoise. Ohne daß Honoré gerade Verliebtheit für sie empfand, hätte es ihm doch viel Spaß gemacht, sie zu besitzen, wenn er nur sicher gewesen wäre, daß dies möglich sei, ohne daß es Françoise erfuhr und darunter Kummer litt.

»Man weiß gar nicht viel von ihr«, sagte Herr von Buivres, »oder wenigstens wußte man nichts vor meiner Abreise, denn seit meiner Rückkunft habe ich noch niemanden gesehen.«

»Alles in allem gab es heute abend keine leichten Eroberungen hier«, schloß Honoré.

»Nein, eigentlich nicht«, antwortete Herr von Buivres. Bei diesem Punkt der Unterhaltung war Honoré zu seinem Hause gekommen, die Unterhaltung mußte ihr Ende finden, da fügte Herr von Buivres noch hinzu:

»Ausgenommen Frau Seaune, der Sie eigentlich auch vorgestellt worden sind, nachdem Sie doch an dem Diner teilgenommen haben. Wenn Sie auf diese Frau Lust haben, so läßt sich's leicht machen; was mich betrifft, ich danke!«

»Aber was Sie mir sagen, ist mir neu«, sagte Honoré.

»Sie sind jung«, sagte de Buivres, »sehen Sie mal, heute abend war jemand da, der sich in dieser Sache schon sehr stark engagiert hat, ich glaube, das ist über jeden Zweifel erhaben, und zwar ist es niemand anders als der kleine François von Gouvres. Er sagt, sie hat ein Teufelstemperament, aber es scheint, daß sie nicht gut gewachsen ist. Er wollte nicht zu Ende erzählen. Ich wette tausend zu eins, daß sie nicht später als in diesem Augenblick irgendwo ihre Feste feiert. Haben Sie bemerkt, daß sie die Gesellschaft immer so früh verläßt?«

»Indessen wohnt sie, seitdem sie Witwe ist, in demselben Hause wie ihr Bruder, und das könnte sie sich doch nicht erlauben, daß der Pförtner erzählt, sie käme spät nachts heim.«

»Aber, mein lieber kleiner Junge, von zehn Uhr abends bis ein Uhr morgens hat man Zeit zu so viel Dingen. Und dann, weiß man alles? Aber es ist jetzt ein Uhr und Zeit, daß ich Sie schlafen lasse.«

Er zog selbst die Klingel, sofort öffnete sich das Tor, Buivres streckte Honoré die Hand hin, der ihm mechanisch Adieu sagte. In demselben Augenblick wurde er von dem unwiderstehlichen Wunsch getrieben, wieder fortzugehen, aber das Tor hatte sich schon hinter ihm geschlossen, und außer einer Kerze, die ihn ungeduldig brennend erwartete, gab es kein Licht. Er wagte nicht, den Pförtner noch einmal zu belästigen und sich das Tor öffnen zu lassen, und so stieg er denn in seine Wohnung hinauf.

II

»Unsere Handlungen sind unsere guten und unsere bösen Engel, die Schicksalsschatten, die an unserer Seite schreiten.«

Das Leben hatte sich für Honore sehr verändert seit der Unterhaltung, die Herr von Buivres mit ihm geführt hatte. (Wie viele ähnliche Unterhaltungen hatte Honoré selbst angehört, wohl auch geführt, ohne daß sich das geringste in ihm rührte.) Aber diese Unterhaltung hörte er nun den ganzen Tag, wenn er allein war, und die ganze Nacht ohne Unterlaß. Er hatte sofort einige Fragen an Françoise gerichtet, die ihn zu sehr liebte und zu sehr unter seinem Kummer litt, als daß sie sich hätte beleidigt fühlen sollen. Sie hatte ihm geschworen, sie habe ihn niemals betrogen und würde ihn niemals betrügen.

Solange er bei ihr war, solange er ihre kleinen Hände vor Augen sah, solange er diesen Händen den Vers von Verlaine noch einmal wiederholte: »Ihr schönen, kleinen Hände, einst werdet meine Augen ihr schließen«, wenn er die geliebte Frau sagen hörte: »Mein Heimatland, mein sehr Geliebter«, und wenn ihre Stimme unendlich lange in seinem Herzen nachhallte, so wie die Glocken in seiner Heimat sanft verklangen, da glaubte er ihr. Wohl fühlte er sich nicht mehr so glücklich wie einst, aber es schien ihm nicht unmöglich, daß sein genesendes Herz einmal das Glück wiederfände. Aber wenn er von Françoise fern war und manchmal auch in ihrer Nähe, dann sah er ihre Augen feurig glänzen. Und sofort dachte er: »Jemand anderes hat sie angezündet, wer weiß, vielleicht war es gestern, wer weiß, morgen wird es wieder so sein.«

Hatte er einst dem körperlichen Bedürfnis nach einer anderen Frau nachgegeben und gedachte er dessen, wie oft er bereits nachgegeben hatte und wie er Françoise immer hatte belügen können, ohne jedoch aufzuhören, sie zu lieben, da erschien ihm die Annahme nicht mehr absurd, daß auch sie ihn belog, denn es war gar nicht notwendig, daß sich Lüge mit Lieblosigkeit verband. Hatte sie sich doch vor ihm auf andere Männer gestürzt mit derselben Glut, die ihn versengte. Und diese alte, erloschene Glut erschien ihm viel schrecklicher als die neue, die er ihr jetzt einhauchte. Es war nichts Sanftes an ihr, denn er sah sie mit den Augen der Phantasie, die alles ins maßlos Große verzerrt. Nun versuchte er, ihr zu sagen, daß er sie betrogen hatte. Er wollte den Versuch nicht aus Rache wagen, nicht, um ihr Leiden zuzufügen, so wie er selbst litt, sondern er erwartete, sie würde ihm als Dank auch ihre Wahrheit sagen. Vor allem aber wollte er es tun, um nicht mehr die Lügen in seiner Seele zu Hause zu wissen und um alle Fehler seiner Sinnlichkeit zu büßen, und dann, um einen äußeren Gegenstand für seine Eifersucht zu finden, denn es schien ihm manchmal, daß es seine eigenen Lügen und seine eigene Sinnlichkeit seien, die er in Françoise hineindichtete.

Als sie an einem Abend in der Avenue des Champs-Elysées spazierengingen, versuchte er, ihr zu sagen, daß er sie betrogen habe.

Es erschreckte ihn tief, zu sehen, daß sie blaß wurde und kraftlos auf eine Bank niedersank. Aber es berührte ihn noch tiefer, daß sie ohne Zorn, mit Milde vielmehr, in einem klaren und verzweifelten Gefühl völliger Vernichtung seine Hand zurückstieß, mit der er sie berühren wollte. Während zweier Tage glaubte er sie verloren oder vielmehr sie wiedergefunden zu haben. Und doch konnte diese unfreiwillige Liebesprobe in ihrem ganzen traurigen Strahlenschimmer Honoré nicht genügen. Hätte er auch die nicht mögliche Gewißheit erlangt, daß diese Frau niemals jemand anderem als ihm gehört habe, so hätte doch dieses unbekannte Leid, das sein Herz am Abend durch die Worte des Herrn von Buivres kennengelernt hatte, oder ein anderes Leid derselben Art, oder die Erinnerung an dieses Leid, ihm auch weiterhin denselben Schmerz bereitet, selbst angesichts aller Beweise, daß der Schmerz sinnlos und unbegründet war. So zittern wir noch beim Erwachen in der Erinnerung an den Mörder, wenn wir auch klar wissen: er war die Illusion eines Traumes, und so leiden die Amputierten Schmerzen ihr ganzes Leben lang an dem Bein, das sie nicht mehr besitzen.

Vergeblich machte er am Tage lange Spaziergänge, suchte sich zu Pferde, auf dem Zweirad, beim Fechten Ermüdung zu verschaffen. Vergeblich hatte er Françoise wiedergesehen, hatte sie nach Hause begleitet, hatte an diesem Abend von ihren Händen, von ihrer Stirn, von ihren Augen das Vertrauen, den Frieden und eine honigsüße Milde wiedergewonnen. Er kam in sein Heim zurück, tief beruhigt und reich an duftendem Vorrat. Aber kaum war er daheim, als die Unruhe wieder begann. Er warf sich schnell in sein Bett, um einzuschlafen, bevor sein Glück getrübt wurde, denn dieses Glück hatte er mit aller Vorsicht, mit dem ganzen Weihrauch seiner frischen, erst eine Stunde alten Zärtlichkeit eingehüllt, nun sollte es die Nacht durchdauern bis zum nächsten Morgen, unberührt und ruhmreich wie ein Prinz von Ägypten. Aber er fühlte, daß die Worte von Buivres, oder eines dieser unzähligen Bilder, die er seitdem in seiner Phantasie geformt hatte, nun klar vor dem Angesicht seines Geistes erscheinen mußten, und dann war es mit dem Schlaf zu Ende. Noch war dieses Bild nicht wiedererschienen, aber er fühlte es ganz nahe, er bäumte sich dagegen auf, er zündete eine Kerze an, las, mühte sich mit dem Sinn von gelesenen Sätzen ab. Er wollte mit ihnen sein Hirn füllen, wollte es ja nicht leer lassen, damit dieses schreckliche Bild nicht einen Augenblick Zeit oder die kleinste Spalte Raum vorfände, um hindurchzuschlüpfen.

Aber plötzlich war es doch eingetreten, er konnte es nicht mehr verjagen. Die Pforte seiner Aufmerksamkeit hatte er mit übermenschlicher Anspannung geschlossen gehalten, aber sie war doch unvermutet geöffnet worden, und nun war sie von neuem versiegelt, und er mußte die ganze Nacht mit diesem schrecklichen Gast verbringen. Es war sicher, es blieb dabei, er konnte in dieser Nacht ebensowenig schlafen wie in den anderen. Er ergriff die Flasche mit Brom, nahm drei Löffel voll und war sicher, daß er schlafen würde. Es erschreckte ihn sogar der Gedanke der Unentrinnbarkeit des Schlafes, es mochte kommen, was wollte. Er begann wieder an Françoise mit Schaudern zu denken, mit Verzweiflung und mit Haß. Er nahm sich vor, Vorteil daraus zu ziehen, daß man von ihrer Verbindung nichts wußte; er würde mit Männern Wetten auf Françoisens Tugend eingehen, diese Männer auf Françoise hetzen, sehen, ob sie nachgab, er würde sich bemühen, etwas zu enthüllen, alles zu erfahren, er würde sich in einem Zimmer verstecken (als er jung war, hatte er es getan, um sich zu belustigen) und alles mit ansehen. Dann würde er sich nicht rühren, erstens um der anderen willen, da er diese wie im Scherz darum gebeten hatte (denn, schlug er Lärm, welche Skandale, welche Wutausbrüche mußte er erwarten!), aber besonders um ihretwillen, um zu sehen, ob sie am folgenden Tage auf seine Frage: »Hast du mich nie betrogen?« mit demselben liebenden Blick antworten konnte: »Niemals.« Vielleicht beichtete sie alles und war nur seinen Ränken zum Opfer gefallen. Dies wäre dann die rettende Operation gewesen; seine Liebe wäre von der Krankheit geheilt, die ihn tötete, wie die Krankheit der Schlingpflanze den Baum zerstört, von dem sie lebt. (Es genügte ihm, sein Bild in dem von der Kerze schwach erleuchteten Spiegel zu betrachten, um dieses bestätigt zu wissen.) Doch nein, das Bild würde immer wiederkehren, viel stärker als die Bilder seiner Phantasie, und mit einer solchen Wucht auf seinen armen Schädel einstürmen, daß er gar nicht versuchen wollte, es zu begreifen.

Dann plötzlich gedachte er ihrer Milde, ihrer Zärtlichkeit, ihrer Reinheit und wollte weinen über die Schmach, die er ihr gerade eine Sekunde zuvor angetan mit seinen Plänen. Schon der Gedanke, seinen Kameraden so etwas vorzuschlagen!

Bald fühlte er ein Schaudern: das Ohnmachtsgefühl, das dem Schlaf durch Brom stets um einige Minuten vorausgeht. Plötzlich fühlte er zwischen seinem letzten Gedanken und diesem das reine Nichts, keinen Traum, keine Wahrnehmung, und sagte sich: »Aber ich habe ja noch gar nicht geschlafen?« Aber da bemerkte er, daß es hellichter Tag war, und er begriff, er hatte mehr als sechs Stunden geschlafen, überwältigt vom Schlafe des Broms, der ihn überfallen, den er aber nicht genossen hatte.

Er wartete, bis das Hämmern in seinem Kopfe nachließ, dann stand er auf und versuchte vergebens, seinem blassen Gesicht, seinen umränderten Augen durch kaltes Wasser und einen Spaziergang etwas aufzuhelfen, damit ihn Françoise nicht zu häßlich fände. Von zu Hause ging er in die Kirche und betete zu Gott; müde und gebeugt betete er da, mit den letzten verzweifelten Kräften seines geknickten Körpers, der sich wiedererheben wollte und verjüngen, mit seinem kranken, alternden Herzen, das sich nach Heilung sehnte, mit seinem Geiste, ohne Unterlaß gequält und atemlos, der nach Frieden dürstete; mit der alten Kraft, mit der Kraft einer Liebe, die früher, des Sterbens gewiß, um Leben gebeten hatte und jetzt aus Lebensangst um den Tod bettelte, flehte er Gott an, um die Gnade betete er, Françoise nicht mehr zu lieben, sie wenigstens nicht mehr lange zu lieben, sie wenigstens nicht immer lieben zu müssen, es doch zu bewirken, daß er sie ohne Leid in den Armen eines andern sehen könne, denn nun konnte er sie nur so noch sehen, in den Armen eines andern. Vielleicht würde er sie aber dann nicht mehr so sehen, wenn ihm der Anblick schmerzlos geworden war.

Nun erinnerte er sich, wie sehr er einst gefürchtet hatte, seine Liebe werde nicht dauern; wie tief waren in seiner Erinnerung ihre Wangen, immer seinen Lippen hingegeben, ihre Augen, so ernst, ihre Stirn, ihre kleine Hand, ihr gehaltener Blick, ihre angebeteten Züge, alles war so tief eingegraben in seine Erinnerung, daß nichts die Züge verwischen konnte, nichts sie zerstören. Aber plötzlich sah er dies alles aus seiner Ruhe aufgestört durch die Sehnsucht nach dem anderen, er wollte daran nicht denken, aber nur um so hartnäckiger erschienen ihm die hingehaltenen Wangen, ihre Stirn, ihre winzigen Hände, ach, auch sie, ihre ernsten Augen und ihre zum Fluch gewordenen Züge.

Von diesem Tage an verließ er Françoise nicht mehr, trotzdem es ihm anfangs schrecklich war, solch einen Weg zu beschreiten, er spionierte ihr Leben aus, begleitete sie bei ihren Besuchen, lief neben ihr her bei ihren Besorgungen und wartete stundenlang vor den Türen der Warenhäuser. Wäre ihm der Gedanke gekommen, das sei nur ein mechanisches Verhindern ihrer Untreue, dann hätte er darauf verzichtet, aus Angst, daß sie ihn unter solchen Umständen verabscheuen müßte. Aber sie ließ ihn gewähren, mit so viel Freude an seiner steten Gegenwart, daß ihre Freude ihn allmählich wiedergewann, ihm nach und nach mehr Vertrauen zurückgab, als ein Tatsachenbeweis ihm je hätte verschaffen können, wie es manchmal gelingt, einen Wahnsinnigen zur Heilung zu bringen, indem man ihn mit der Hand den Lehnstuhl oder den lebenden Menschen anfassen läßt, die dort stehen, wo der Wahnsinnige in seiner Halluzination ein Phantom zu sehen glaubt, denn so verjagt man das Phantom der realen Welt durch die reale Welt selbst, die in ihm keinen Platz mehr läßt.

Nun erhellte Honoré in seinem Geist alle Stunden in Françoises Tag, er stattete sie alle mit den entsprechenden Beschäftigungen aus, und so mühte er sich, das Vakuum auszufüllen, die Schatten zu verjagen, wo sich die Quälgeister der Eifersucht und des Zweifels verborgen gehalten hatten, um Nacht für Nacht über ihn herzufallen. Er begann wieder zu schlafen, seine Leidensstunden wurden kürzer, seltener, und konnte er Françoise zu Hilfe rufen, dann gaben ihm wenige Augenblicke ihrer Gegenwart den Frieden einer ganzen Nacht.

III

»Der Seele sollten wir uns hingeben bis ins letzte, sollten ihr vertrauen; denn Beziehungen, so schön, so magisch anziehend wie Liebesbande, können verdrängt und ersetzt werden nur durch noch schönere, die auf einer höheren Ebene wirken.«

Emerson

Der Salon der Frau Seaune, geborenen Prinzessin von Calaise-Orlandes, die wir im ersten Teil unserer Erzählung unter dem Namen Françoise erwähnt haben, ist noch heute einer der besuchtesten von Paris.

Der Titel Herzogin hätte sie in ihrer Gesellschaftsschicht unter sehr vielen andern nicht hervorgehoben, aber ihr bürgerlicher Name tat es, wie ein Schönheitsfleck ein Gesicht hebt; sie hatte ihren Titel durch die Ehe mit Herrn Seaune verloren, dafür tauschte sie das Prestige ein, freiwillig auf eine Ehre verzichtet zu haben, welche in der Phantasie hochgeborener Herren die weißen Pfauen, die schwarzen Schwäne, die weißen Veilchen und die Königinnen im Exil turmhoch unter ihresgleichen auszeichnet.

Frau Seaune hat in diesem Jahr und im vorigen viele Gäste empfangen, aber in den drei vorangegangenen Jahren war ihr Haus geschlossen, es waren die Jahre, die dem Tode des Honoré de Tenvres folgten.

Die Freunde Honorés hatten sich schon sehr gefreut, zu sehen, wie er nach und nach sein heiteres Gesicht wiederbekam und seine Lustigkeit von einst, sie begegneten ihm immer in der Gesellschaft von Frau Seaune und schrieben seine Erholung und Wiederherstellung dieser Liaison zu, die sie für sehr jungen Datums hielten.

Es waren nicht ganz zwei Monate seit der völligen Wiederherstellung Honorés vergangen, als der Unglücksfall in der Avenue du Bois de Boulogne passierte, bei dem ihm beide Beine von einem scheugewordenen Pferde zermalmt wurden.

Die Katastrophe widerfuhr ihm am ersten Dienstag im Mai, die Bauchfellentzündung zeigte sich am Sonntag deutlich. Aber vom Dienstag, dem Unglückstag, bis Sonntag abend wußte nur er allein, daß er verloren war.

Als am Dienstag die ersten Verbände angelegt waren, bat er, man solle ihn allein lassen; er wolle nur die Visitenkarten der Personen sehen, die gekommen waren, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen.

An diesem Morgen war er, es war höchstens acht Uhr, zu Fuß die Avenue du Bois de Boulogne herabgekommen, er hatte Zug um Zug diese wind- und sonnengetränkte Luft ein- und ausgeatmet, die Frauen folgten seiner rasch vorbeieilenden schönen Gestalt mit bewundernden Augen, auf deren Grunde für eine Sekunde die launische Lustigkeit dem Staunen Platz macht, um bald wieder ohne besondere Anstrengung den alten Ausdruck anzunehmen. Er kam schnell vorbei an galoppierenden, dampfenden Pferden, nun empfand er in seinem lebensgierigen Munde die frische, feuchte Berührung der milden Luft als tiefe Freude, wie sie an diesem Tage das ganze Leben, die Sonne, die Steine, den Westwind und die Bäume zu beseelen schien, die majestätisch aufgerichteten, menschengleich stolzen Bäume, die, gehüllt in ihre strahlend blinkende Starre, träumten wie schlummernde Frauen.

In diesem Augenblick hatte er nach der Uhr gesehen, hatte sich umgewendet, und da ... war es geschehen. In einer Sekunde hatte das Pferd, das er nicht bemerkt hatte, ihm beide Beine gebrochen. Das Zwangsläufige dieser Sekunde konnte er sich durchaus nicht erklären. Er hätte doch in eben derselben Minute ein wenig weiter fort sein können oder ein wenig näher, oder das Pferd hätte sich etwas wegwenden können, oder er wäre bei Regen etwas früher heimgekehrt, oder er hätte nicht auf die Uhr sehen und umkehren, sondern weitergehen sollen bis zum Wasserfall. Wohl waren alle diese Möglichkeiten da und daher auch die Möglichkeit, daß alles nur ein Traum war, aber es war reine Wirklichkeit, es hatte nun teil an seinem Dasein, sein Wille war wehrlos dagegen, konnte nicht das geringste ändern. Beide Beine gebrochen, der Unterleib verletzt. An sich war an dem Unglücksfall nichts so Außerordentliches. Er gedachte dessen, daß vor nicht mehr als acht Tagen beim Diner bei dem Doktor S. man sich über C. unterhalten hatte, der auf ähnliche Weise durch ein scheugewordenes Pferd zu Schaden gekommen war. Man fragte den Arzt, wie es ginge, und er antwortete: »Schlecht genug.« Honoré war weiter in ihn gedrungen, hatte sich nach der Wunde erkundigt, und der Arzt hatte mit wichtiger, pedantischer, trauriger Miene gesagt: »Es ist gar nicht die Verwundung allein, es ist alles zusammen. Die Kinder machen ihm Kummer, er ist nicht mehr in den Verhältnissen wie früher, die Angriffe in den Zeitungen haben ihm einen Stoß gegeben. Wollte Gott, daß ich mich irre, aber sein Zustand ist hoffnungslos.« Und das wird gesagt, während der Arzt sich persönlich in ausgezeichneter Verfassung befindet, bei besserer Gesundheit, im Genusse höherer Achtung und klüger als je, während Honoré sich in dem Bewußtsein sonnt, Françoise liebe ihn mehr und mehr, die Gesellschaft nehme seine Liaison zur Kenntnis und beuge sich ebensosehr vor ihrem Glück wie vor der Seelengröße Françoisens, während ferner die Gattin des Arztes S. sich einerseits ergriffen das elende Ende und den Jammer des C. vor Augen hält, andererseits aber aus hygienischen Gründen für sich und ihre Kinder dafür eintritt, man müsse sich ebenso an traurige Dinge seelisch gewöhnen, wie man sich daran gewöhne, Beerdigungen beizuwohnen. Jeder wiederholt sich jetzt zum letzten Male: »Armer C., Zustand hoffnungslos«, stürzt das letzte Glas Sekt hinab und merkt an dem Genuß beim Trinken, wie sehr sein eigener Zustand sich von diesem »hoffnungslos« unterscheidet.

Aber jetzt war es nicht mehr das gleiche. Honoré fühlt sich jetzt durch den Gedanken an sein Unglück zu Boden geschmettert, wie er's oft auch beim Gedanken an das Unglück anderer gewesen, aber er kann nicht wieder festen Fuß in sich fassen. Unter ihm bricht der Boden der guten Gesundheit ein, auf dem unsere stolzesten Entschließungen wachsen, unsere anmutigsten Freuden; sie haben wie die Eichen und die Veilchen ihre Wurzeln in feuchter schwarzer Erde ... Er wankte bei jedem Schritt in seiner Seele. Über C. hatte der Arzt bei jenem Diner, dessen er sich erinnerte, gesagt: »Schon vor der Katastrophe, seit den Zeitungsangriffen habe ich C. nie gesehen, ohne an ihm ein gelbes Gesicht, eingefallene Augen, und ein hinfälliges Aussehen zu konstatieren«, und dabei hatte der Doktor seine außerordentlich geschickte und schöne Hand an seine rosigen vollen Wangen gelegt und strich sich seinen seidigen, wohlgepflegten Bart, und jeder hatte bei sich seine eigene gute Lage mit Vergnügen festgestellt, so wie ein Hauswirt gern stehenbleibt, um seinen Mieter anzusehen, wenn er noch jung ist, liebenswürdig, freundlich und reich. Wenn sich Honoré jetzt im Spiegel erblickte, mußte er erschrecken vor »seinem gelben Gesicht, seinem hinfälligen Aussehen«. Mehr noch erschreckte ihn der Gedanke, der Arzt würde über ihn das gleiche sagen wie über C. und mit derselben Gleichgültigkeit. Selbst die mitleidvollen Herzen, die zu ihm gekommen waren, würden sich bald abwenden wie von einem gefährlichen Gegenstande. Sie mußten schließlich den Protesten ihrer eigenen guten Gesundheit Folge leisten, ihrem Wunsche nach Glücklichsein und Leben. Nun landete sein Denken bei Françoise, und jetzt krümmte er die Schultern, beugte sein Haupt, gegen seinen Willen, als laste Gottes Befehl auf ihm, als sei Gottes Hand auf ihn gelegt, und er erkannte mit unendlicher Trauer und Ergebenheit, daß er auf Françoise verzichten müsse. Er hatte die Empfindung der Demut in seinem niedergebeugten Körper, in seiner kindlichen Schwäche, mit dem Verzicht eines Kranken, unter der Wolke eines ungeheuren Kummers, er empfand wie so oft Mitleid mit sich, er nahm den Abstand seines ganzen Lebens, da sah er sich wie einen kleinen Jungen, und er sehnte sich nach Tränen.

Da hörte er Pochen an der Tür. Man brachte die Karten, die er verlangt hatte. Er wußte wohl, es würden Leute kommen, um sich nach ihm zu erkundigen, er verbarg sich ja nicht den Ernst der Katastrophe, aber er hatte doch nie geglaubt, daß es so viel Karten geben würde, daß so viel Menschen kamen, die er kaum kannte und die sonst nur seine Beerdigung oder seine Heirat in Bewegung gesetzt hätte. Es war ein Berg von Karten, der Concierge trug ihn mit Vorsicht, damit nichts von dem großen Tablett herabfalle, über dessen Rand sie hinausragten. Aber dann, als er sie neben sich hatte, erschien ihm der Berg winzig, lächerlich klein, viel kleiner als der Stuhl oder der Kamin. Daß es so wenig war, erschreckte ihn am meisten, er fühlte sich so allein, daß er, um sich zu zerstreuen, fieberhaft die Namen zu lesen begann. Eine Karte, zwei, drei, dann ... er zitterte und sah noch einmal hin: »Graf François von Gouvres.« Er hätte sich indessen doch denken können, daß Herr von Gouvres sich nach ihm erkundigen würde, aber es war so lange her, daß er an ihn gedacht hatte, und plötzlich kam ihm das Gespräch ins Gedächtnis zurück: »Heute abend war jemand da, der sich in dieser Sache schon sehr stark engagiert hat, es ist François von Gouvres; er sagt, sie hätte ein Teufelstemperament; aber es scheint, sie ist nicht gut gewachsen, denn er hat nicht zu Ende erzählen wollen.« Er fühlte, wie aus dem Grunde seines Bewußtseins alles alte Leid an die Oberfläche stieg, und er sagte sich: »Der Tod jetzt wird mir eine Freude sein. Nicht sterben können, hier festgenagelt bleiben, jahrelang, und immer, wenn sie nicht bei mir ist, während eines Teils des Tages und die ganze Nacht daran denken müssen, daß sie bei einem anderen weilt! Und wenn sie jetzt zu mir kommt, so kommt sie, das ist sicher, nur meines Leidens wegen, denn wie sollte sie mich noch lieben? Einen Amputierten?« Plötzlich stockte er: »Und wenn ich sterbe, wer dann nach mir?«

Sie war dreißig Jahre alt, mit einem Satz übersprang er die Zeit, mehr oder weniger lang, die sie ihm nach dem Tode treu bleiben würde. Aber dann kommt ein Augenblick, er sagt: »Sie hat ein Teufelstemperament. Ich will leben, leben will ich, ich will gehen, ihr überallhin folgen können, schön will ich sein, ich will, daß sie mich liebt!«

Jetzt bekam er Angst, als er seinen röchelnden Atem hörte, er hatte Seitenstechen, seine Brust schien gegen den Rücken hin verengt, er konnte nicht atmen, wie er wollte, er wollte tief Atem schöpfen, und es gelang ihm nicht. Der Arzt kam. Honoré hatte nur einen leichten Anfall von nervösem Asthma. Als der Arzt fort war, wurde er noch trauriger. Lieber wäre es ihm gewesen, wenn sein Leiden schwerer gewesen wäre, wenn man ihn bemitleidet hätte. Denn er fühlte wohl: wenn dies nicht ernst war, das andere war es, und er war verloren. Nun gedachte er aller körperlichen Leiden seines Lebens und war in Verzweiflung. Nie hatten ihn die Menschen beklagt, auch die nicht, die ihn am meisten liebten, sondern hatten alles auf seine »Nervosität« geschoben. In den furchtbaren Monaten, die seiner Unterredung mit Buivres gefolgt waren, hatte er sich um sieben Uhr morgens angekleidet, nachdem er die ganze Nacht hin und her gegangen war; sein Bruder, dessen Schlaf durch allzu üppige Diners oft stark gestört war, hatte damals zu ihm gesagt: »Du achtest zuviel auf dich! Auch ich schlafe manchmal nicht! Und dann, man bildet sich ein, daß man nicht schläft, aber ein wenig schläft man immer.«

Richtig war es, daß er zuviel auf sich achtete; auf dem Grunde seines Lebens ahnte er stets den Tod, der ihn nie ganz aus den Augen gelassen hatte und der sein Leben bedrohte, ohne es ganz zu zerstören. Nun stieg sein Asthma, er konnte kaum Atem schöpfen, seine Brust machte die furchtbarsten Anstrengungen, die schmerzlichsten, um Luft zu bekommen. Er fühlte klar den Schleier, der uns das Dasein verhüllt, den Tod, der uns innewohnt, wie er sich davonmachte, und er ahnte, was für eine erschütternde Sache es ist, zu atmen, zu leben. Dann fühlte er sich wieder dort, wo er getröstet war, und jetzt, was wurde aus ihm? Seine Eifersucht wurde zur Raserei in der Ungewißheit der künftigen Ereignisse und ihrer Notwendigkeiten. Er hätte SIE bei Lebzeiten hindern können, nun konnte er nicht leben, was dann? Sie sagte, sie würde ins Kloster gehen; war er erst tot, dann besann sie sich anders. Nein, nicht zweimal sich betrügen lassen, wissen! – Wer? Gouvres, Alériouvre, Breives, Buivres? Alle sah er vor sich, er preßte die Zähne aufeinander, er fühlte in sich die wütende Revolte, die in diesem Augenblick sein Gesicht häßlich verzerren mußte. Er beruhigte sich selbst. Nein, kein Lebemann; es muß ein Mensch sein, der wahrhaft lieben kann. Aber weshalb will ich nicht, daß es ein Lebemann sei? Schon die Frage ist Wahnsinn, es ist so natürlich. Denn ich liebe sie um ihretwillen, ich will, sie solle glücklich sein. – Nein, es ist nicht deshalb, es ist, weil ich nicht will, daß man ihre Sinne aufpeitscht, daß man ihr mehr Freude schenkt, als ich ihr geben konnte, daß man ihr überhaupt Freude gibt. Ich will, man soll ihr Glück geben, Liebe, aber kein Vergnügen. Ich bin eifersüchtig auf das Vergnügen des andern, auf das Vergnügen an sich. Nicht eifersüchtig auf ihre Liebe. Es muß sein, daß sie heiratet ... und doch, wie traurig das alles!

Nun kam einer seiner Kinderwünsche wieder, damals war er sieben Jahre alt und begab sich jeden Abend um acht Uhr zu Bett. Gewöhnlich blieb seine Mutter bis Mitternacht in ihrem Zimmer, welches dem von Honoré benachbart war, um dann schlafen zu gehen; wenn sie aber statt dessen gegen elf Uhr fortgehen wollte und bis dahin die Zeit zu ihrer Toilette verwandte, dann flehte er sie an, sich schon vor dem Abendessen anzukleiden und fortzugehen, gleichviel wohin, denn er konnte nicht den Gedanken ertragen, daß man, während er einzuschlafen versuchte, sich im Hause vorbereitet für eine Abendgesellschaft, für ein Fortgehen. Und um ihm das Vergnügen zu machen und ihn zu beruhigen, erschien seine Mutter um acht Uhr in großer Toilette und dekolletiert, um ihm gute Nacht zu sagen, und begab sich zu einer Freundin, um dort den Beginn des Balles abzuwarten. Nur so konnte er an den traurigen Tagen, wenn seine Mutter auf einen Ball ging, einschlafen, kummervoll zwar, aber beruhigt.

Jetzt kam ihm dieselbe Bitte, die er einst an die Mutter gerichtet, auf die Lippen – um sie an Françoise zu richten. Er wollte sie anflehen, sich sofort zu verheiraten, sie sollte sich fertig machen, damit er schlafen könne auf immer, verzweifelt, aber ruhig, in vollem Wissen dessen, was kommen mußte, wenn er entschlafen war.

An den folgenden Tagen versuchte er dies mit Françoise zu besprechen, die ebensowenig wie der Arzt glauben wollte, daß er verloren sei. Mit sanfter, aber unbeugsamer Energie sagte sie zu dem Vorschlag Honorés nein.

Sie hatten in so hohem Grade die Gewohnheit völliger Offenheit einander gegenüber, daß keiner eine Wahrheit verschwieg, auch wenn sie schmerzlich war für den andern. Es war nicht anders, wie wenn sie auf dem Grunde ihrer nervösen, sensiblen Seelen die Herrschaft eines Gottes gefühlt hätten, dieser Gott war ihnen überlegen, er war erhaben über alle Vorsicht, die nur bei Kindern angebracht war, er forderte gebieterisch die Wahrheit. Diesem Gotte in des anderen Brust hatten sich Honoré und Françoise immer gebeugt, vor dieser Pflicht verschwand der Wunsch, einer den andern nicht verdüstern zu müssen, ihn nicht zu verletzen, diese Pflicht war alles – und nichts war die aufrichtigste Lüge aus Zärtlichkeit und Pietät.

So kam es, daß Honoré seiner Françoise glaubte, wenn sie sagte: »Ich weiß, du wirst gesund«, und ein wenig glaubte er es auch selbst ... »Soll ich sterben, dann bin ich im Tode nicht mehr eifersüchtig. Aber bis dahin? Solange mein Körper lebt – ja! Da ich aber eifersüchtig bin nur auf das Vergnügen, da nur mein leiblicher Teil eifersüchtig ist – so bin ich es nicht auf dein Herz, auf dein wahres Glück, das ich dir wünsche, durch den Besten dir gespendet. Wenn mein Körper schwindet, wenn die Seele siegt, wenn ich dem Kreise der irdischen Dinge nach und nach entgleite, wie an jenem Abend einst, als ich krank war, dann werde ich nicht mehr so wahnsinnig mich nach deinem Körper sehnen, ich werde vielmehr deine Seele lieben und frei sein von Eifersucht. Dann werde ich wirklich lieben.

Noch kann ich nicht deutlich sehen, wann das sein wird, jetzt, wo mein Leib noch ganz Leben und revoltierender Widerstand ist, aber ich kann es mir schon vorstellen, nach den Stunden, da meine Hand in ihrer Hand lag, als ich eine unermeßliche Zärtlichkeit ohne sinnliches Begehren empfand, die Linderung meines Leidens und meiner Eifersucht. Wohl werde ich beim Abschied Kummer haben. Aber dieser Kummer hat mich einst zu mir selbst geführt, bis ein Engel mich zu trösten kam, in mir selbst. – Dieser Kummer hat mir den geheimnisvollen Freund entdeckt, den Freund in den Tagen des Unglücks: meine Seele. Es ist Friede um diesen Kummer, er wird mir helfen, reiner vor Gottes Angesicht zu treten, er und nicht die schreckliche Krankheit, die mich nur endlos quält, ohne mein Herz zu erheben, einem rein physischen Übel gleich, das stichelt, schändet und erniedrigt. Mit meinem Körper, mit der Begierde ihres Körpers endet meine Fessel. – Ja, aber bis dahin, was wird aus mir? Schwächer von Tag zu Tag, immer weniger fähig, Widerstand zu leisten, umgeworfen durch meine zwei gebrochenen Beine, ich will zu ihr eilen, um zu sehen, ob sie noch so ist, wie sie in meinen Träumen lebt, aber ich kann mich nicht rühren, muß hier festgenagelt bleiben, gefoppt von allen, die sie ›sich leisten wollen‹ nach Belieben, auf Kosten des Gelähmten, den sie nicht mehr zu fürchten brauchen.«

In der Nacht von Sonntag auf Montag träumte er, er ersticke, so fürchterlich lastete ein unermeßliches Gewicht auf seiner Brust. Er flehte um Gnade. Das Gewicht fortzurücken, hatte er nicht mehr die Kraft, er konnte sich nicht erklären, warum er die endlose, unausdenkbar lange Dauer dieser Qual bis jetzt so stark empfand, aber nicht eine einzige Sekunde länger konnte er es ertragen, oder er erstickte. Mit einem Schlag nahm man ihm die Last fort, ein Wunder war geschehen, er war auf immer frei. »Ich bin tot«, dachte er.

Über seinem Haupt sah er die Last aufsteigen, die ihn so lang erdrückt hatte, anfangs dachte er, es sei das Bild Gouvres', später, es sei bloß sein Verdacht, später, es seien seine Begierden, dann die Wartestunden, einst, vom Morgen an, die Sehnsuchtsschreie nach dem Augenblick des Wiedersehens, und dann, der Gedanke an Françoise. Das nahm mit jeder Minute eine andere Form an, wie eine Wolke, ward größer, größer, er konnte sich durchaus nicht erklären, wie diese als unmeßbar und ungeheuer erkannte Masse auf seinem schwachen Körper, dem Körper eines zarten Menschen, auf dem armseligen Herzen eines Mannes ohne Energie hatte lasten können, ohne es zu erdrücken. Da verstand er, daß er zermalmt worden war und daß es das Leben eines Zermalmten war, das er geführt. Was aber so ungeheuer auf ihm gelastet hatte mit dem Gewicht der ganzen Welt, war seine Liebe!

Dann sagte er sich wieder: »Leben eines Zermalmten« und erinnerte sich des Augenblicks, da das Pferd ihn hingeschleudert hatte; da hatte er sich gesagt: »Ich werde zermalmt.« Er gedachte seines Spaziergangs und daß er an diesem Vormittag zu Françoise gehen wollte, um mit ihr zu frühstücken, und auf diesem Umweg kam er zu seiner Liebe zurück. »Es war also meine Liebe, die auf mir gelastet hat? Was sonst, wenn nicht meine Liebe? Vielleicht mein Charakter? Ich – oder gar das Leben?!« Dann dachte er: »Wenn ich sterbe, selbst dann bin ich nicht befreit von meiner Liebe, nur von meinen fleischlichen Begierden, von meiner Eifersucht.« Und nun sagte er: »Mein Gott, laß diese Stunde kommen, bald kommen, du mein Gott, damit ich die Vollendung der Liebe erkenne!«

Sonntag abend hatte die Peritonitis sich deutlich gezeigt, Montag gegen zehn Uhr morgens kam Fieber, er wollte Françoise, er rief sie, und seine Augen brannten: »Ich will, daß auch deine Augen leuchten, ich will dir Wonne geben wie noch nie ... ich will ... ich werde dir ... wehe tun!« Plötzlich wurde er blaß vor Wut: »Ich sehe genau, warum du nicht willst, ich weiß genau, was du heute morgen hinter dir hast und wo und mit wem, ich weiß, wer mich hat rufen wollen: er wollte mich hinter die Tür placieren, damit ich euch sehe und mich nicht auf euch stürzen kann, denn ich habe keine Beine mehr, ich kann euch nicht hindern, denn ihr habt noch mehr Spaß daran, wenn ihr mich da habt, während ... er weiß so gut, was dir Freude macht, aber vorher töte ich ihn, vorher dich, und noch weiter vorher mich! Sieh, ich habe mich getötet!« Und kraftlos sank er aufs Kissen zurück.

Allmählich beruhigte er sich und suchte immer einen, mit dem sie sich verheiraten sollte, wenn er tot war; aber es waren die gleichen Bilder, die er fortschob, das von François de Gouvres, von Buivres; sie marterten ihn und kamen immer wieder.

Mittags empfing er die Sakramente. Der Arzt sagte, den Nachmittag werde der Kranke nicht überleben. Außerordentlich schnell verlor er alle Kraft, konnte keine Nahrung nehmen, verstand fast nichts mehr. Sein Kopf blieb frei. Er sprach es nicht zu Françoise aus, die vom Kummer erdrückt war, er dachte nur daran, daß er später das Bewußtsein verlieren würde, das Bewußtsein von ihr, und dann konnte sie ihn auch nicht mehr lieben!

Die Namen, die er sich noch am Morgen mechanisch aufgezählt hatte, die Namen derer, die sie vielleicht besitzen würden, begannen in seinem Kopfe zu kreisen, während seine Augen einer Fliege folgten, die sich seinem Finger näherte, als wollte sie ihn berühren. Dann flog sie weg, kam wieder, berührte ihn aber nicht mehr. Seine Aufmerksamkeit war schon erloschen, da weckte sie der Name François de Gouvres; er sagte sich: »Vielleicht wird er sie wirklich besitzen.« Und zu gleicher Zeit dachte er: »Vielleicht will die Fliege das Leinentuch berühren? Nein, nicht, noch ...« Dann riß er sich gewaltsam aus seiner Träumerei. »Wie kann das sein? Keins von beiden scheint mir wichtiger? Wird Gouvres Françoise besitzen? Wird die Fliege das Tuch berühren? Ach, der Besitz Françoisens ist wichtiger!« Aber er sah zu klar die Distanz, die diese beiden Ereignisse trennte, und das bewies ihm, daß er sie beide nicht sehr ernst nahm. Er sagte sich: »Wie ist mir das alles gleich! Wie ist das traurig!« Dann merkte er, er hatte nur aus Gewohnheit gesagt: »Wie ist das traurig!« Er hatte eine Wandlung durchgemacht und war nicht mehr traurig über diese Wandlung. Ein leichtes Lächeln löste seinen Mund. »Jetzt ist sie da, die reine Liebe für Françoise. Ich bin nicht mehr eifersüchtig, denn ich bin dem Tode nah, aber einerlei – es mußte sein, damit ich endlich die echte Liebe für Françoise empfinde!«

Nun hob er die Augen und sah Françoise inmitten der Dienerschaft, des Arztes, zweier alter Verwandten, und alle beteten neben ihm. Und nun erkannte er: die reine Liebe, frei von jedem Egoismus, von jeder Sinnlichkeit, so wie er sie für sich ersehnte in ihrer ganzen Süße und Göttlichkeit, sie hatte jetzt die alten Anverwandten umfangen, die Dienstboten, den Arzt, selbst ihn, ebenso wie Françoise; er empfand für sie nur die Liebe für alle beseelten Kreaturen, die mit ihm in einem treuen Bunde standen, da sie eine Seele hatten ähnlich der seinen, und er empfand nur diese Liebe noch für sie. Er konnte die ausschließliche Liebe für sie nicht mehr fassen mit ihrer ganzen Mühe und Schwere, ja der bloße Gedanke, sie sei ihm mehr als die andern, war ausgelöscht in ihm.

Tränenerstickt murmelte sie am Fuße des Bettes die schönsten Worte von einst: »Mein Heimatland, mein Brüderchen!« Aber er hatte weder die Kraft noch den Willen, sie aufzuklären, er lächelte und dachte, sein »Heimatland« sei nicht mehr sie, sondern über aller Erde und im Himmel. Er wiederholte in seinem Herzen: »Meine Brüder«, und wenn er Françoise tiefer ansah als die andern, geschah dies nur aus Mitleid allein, aus Mitleid mit ihren Tränen, die in Strömen aus ihren Augen rannen, aber diese Augen würden bald sich schließen, und die Tränen würden versiegen. Er liebte sie jetzt nicht tiefer, nicht mit anderm Herzen als den Arzt, die alten Anverwandten, die Dienstboten, und das war das Ende seiner Eifersucht.


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