Paula von Preradović
Südlicher Sommer
Paula von Preradović

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Liebe

                Die Hirtin

Ich wünsche mir ein weißes Schloß, –
Sternschnuppe, hörst du mich? –
Und einen stolzen Dienertroß
Und Kleider königlich.

Ich wünsch' mir einen samtnen Thron, –
Sternschnuppe, gib wohl acht! –
Und eine schmale Königskron',
Aus rotem Gold gemacht.

Und einen König möchte ich, –
Sternschnuppe, kennst du ihn? –
Du siehst ihn ja allabendlich
Vor seiner Herde ziehn.

Und kannst du alles geben nicht,
Thron, Krone, Kleider, Schloß,
Verschaffe mir, ich bitte dich,
Dann meinen König bloß. 24

 

                    Erwartung

Sieh, ich warte! Viele blasse Rosen
Träumen welkend in geschwungnen Schalen
Von des frühen Sterbens bittren Qualen
Und vom Leben, dem verlornen, großen.

Und das Zimmer ist voll Dämmerungen,
Und die Stunde ist so traut wie keine,
Ist wie eine alte, süße, reine
Melodie, von Muttermund gesungen.

Kommst du nicht? Die Viertelstunden schwinden. –
Auf verschlungnen, ungebahnten Wegen
Irrten unsre Seelen sich entgegen.
Heute aber müßten sie sich finden. 25

 

              Altmodisches Lied

Ich möcht' auf deinen Weg mich streun,
Damit du weicher schrittest.
Ich möchte Gottes Manna sein,
Daß du nicht Hunger littest.
Ich wollt', ich wäre neuer Wein,
Daran du dich berauschtest,
Und vieler Möwen wildes Schrei'n,
Daß du zur Nacht mir lauschtest.

Ach, wär' ich eine Königin,
Um Huld dir zu erweisen,
Und warmer Worte süßer Sinn,
Um klingend dich zu preisen!
Ach, wär' ich Stern seit Anbeginn,
Um alle deine Nächte hin
Dich leuchtend zu umkreisen! 26

 

            Frauenlied

Mit blasser Seide flick' ich
Ins Linnen kleine Blüten. –
Ach, deine wilde Seele,
Die wolle Gott behüten!

Wie sich die Seidenranken
Verzweigen und verstreuen! –
Auf deinen dunklen Wegen,
Da soll dich Gott betreuen.

Die Blüten blühen selig
Und wachsen ohne Ende. –
Ob unsrer Liebe halte
Der Herrgott seine Hände! 27

 

            Isolde Weißhand

Ob du auch sorgtest Tag und Nacht,
Und ob dein Blick voll Güte war,
Was wog es nach der schweren Pracht
Von jener andern blondem Haar!

Du warst die ewig Zweite nur,
Du warst bloß Bild und warst Vergleich
Und warst am Weg die blasse Spur
Nach dem versunknen Königreich.

Du Liebende von Anbeginn,
Die des Vertriebnen wartend stand,
Beladene und Trösterin,
Isolde mit der weißen Hand! 28

 

                  Die Zweite

    Er:
Sei nicht so mild! Sei wie ein Fluß,
Der schäumend meerwärts sich ergießt.

    Sie:
So will ich ringen um die Kraft,
Die in den starken Strömen ist.

    Er:
Sei nicht so wild! Sei wie die Flut,
Die sanft sich ans Gestade schmiegt.

    Sie:
So geb' mir Gott die zarte Hand,
Mit der das Meer die Inseln wiegt.

    Er:
Sei nicht so leicht! Sei nicht so schwer!

    Sie:
Wie willst du, daß ich sei, o Herr?

    Er:
Sei anders! Ach, sei nicht wie du!
Sei wie die Eine, die entschwand,
Von der ich träume immerzu.

    Sie:
—   —   —   —   —   —   —   —   —
Dann – töte – mich – mit – deiner – Hand! 29

 

        Herbstliches Lied

Die Vögel, die bereiten sich,
Die Wälder welken rot,
Die späten Rosen breiten sich,
Doch morgen sind sie tot.

Die Menschen, die entgleiten sich,
Wer geht, den hält kein Gott,
Drum füge du beizeiten dich,
Daß Abschied dich umdroht.

Noch lächelst du, noch lächle ich,
Und unsre Liebe loht
So stolz und unabänderlich.
Doch morgen ist sie tot. 30

 

                Zwei kleine Lieder

                              I.

Daß du mir Briefe schreibest, will ich nicht,
Denn deine Seele ist in keinem Briefe.
Es sind nur Zeilen ohne Angesicht
Und Worte ohne jegliches Gewicht
Und kahle Sätze ohne Glanz und Tiefe.

Doch du, du gehst mit mir im Abendwind,
Mein ferner Freund, wie in den alten Tagen.
Und unsre Seelen, die Geschwister sind,
Die schreiten Hand in Hand im Abendwind
Und seh'n sich an und haben viel zu fragen. 31

 
                              II.

Daß meine helle Lieb' verrinnt,
Als wie der Quell im Wüstensand,
Ganz ungenützt und ungekannt,
Das zähl' dir Gott für eine Sünd'.

Und strafe dich am Jüngsten Tag,
Weil du um Freude und um Schmerz
Betrogen eines Weibes Herz,
Das heiß in deinen Händen lag. 32

 

  In Purpur thronst du

In Purpur thronst du,
In goldner Glut.
Unsterblich wohnst du
In meinem Blut.

Oft lange schweigst du,
Dein Thron scheint leer,
Und nirgends zeigst du,
Daß du der Herr.

Doch nur ein leiser,
Ein Geigenlauf,
Und du, mein Kaiser,
Stehst wieder auf.

Und wieder thronst du
In goldner Glut.
Unsterblich wohnst du
In meinem Blut. 33

 

            Dunkle Stunde

—   —   —   —   —   —   —
Ach, jetzt müßte jemand spielen!
Müßte spielen eine leise,
Kühle, sanfte, alte Weise,
Wehend wie ein ferner Wind.
Möglich, daß dann meine Seele,
Die sich ganz an dich verloren,
Wiederfände zu den Toren,
Wo das Leben neu beginnt!
—   —   —   —   —   —   — 34


 


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