Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Pump und Pleite

Aber das gibt's ja gar nicht: »Ohne Kredit arbeiten und handeln.« Welcher Kaufmann könnte das? Also gibt's auch Pump. Und wo gepumpt wird, kommen auch Pleiten vor. Sie sind ja nicht immer vergnüglich. Aber der Humor der Kaufleute hat sich auch mit ihnen abgefunden. Aus einer Unzahl von Pumpgeschichten – auch Scheffel hat in einem Gedicht »Pumpus von Perusia« eine Legende von der Herkunft des Pumps gegeben; da sie aber eine sehr simple bierehrliche Art hat, gehört sie nicht hierher – aus dieser Unzahl sind nur einige Anekdoten und vergnügliche Witze ausgelesen worden – nur das lustigste über Pump und Pleite.

.

»Ist der Stoff bei Sonne durchsichtig?«
»Absolut nicht, gnädige Frau!«
»Dann nehme ich lieber einen anderen Stoff!«
(Paul Simmel)

 

Der fällige Wechsel.

In Verona, in Italien, kaufte ein schlauer Landmann bei einem Produktenhändler allerlei Samen. Statt mit barem Geld bezahlte er aber mit einem Wechsel. Nun herrscht bei den italienischen Bauern auch heute noch vielfach der Gebrauch, den Zahlungstag eines Wechsels nicht durch das sonst angegebene Datum, sondern durch die Angabe eines im Kalender verzeichneten Heiligen festzusetzen. Der schlaue Sandmann verfiel nun auf die Idee, als Zahlungstag den Tag eines Heiligen zu nehmen, den es gar nicht gab, nämlich den des St. Pacifico.

Der Kaufmann hatte im Augenblick des Geschäftsabschlusses das Verzeichnis sämtlicher Heiligen nicht im Kopf und dachte auch nicht daran, rechtzeitig im Kalender nachzuschlagen. Dieses sollte ihm später arge Verlegenheiten bereiten, denn so fromm der Name Pacifico klang, das Glück, heilig gesprochen zu werden, war eben noch keinem dieses Namens zuteil geworden. Der Kaufmann wartete und wartete, der Tag des St. Pacifico wollte niemals kommen. Es half kein Mahnen und Drohen, der Bauer machte immer die gleiche Einwendung: »Heute ist nicht der Tag des heiligen Pacifico.«

Schon wollte nun der betrogene Kaufmann die Sache dem Gericht übergeben, da fiel ihm ein, daß der erste November nicht mehr fern sei. Er wartete bis dahin und ging dann zu seinem Schuldner.

»Mein lieber,« sagte er zu dem Bauer, »wir haben heute den Allerheiligentag, also auch den des heiligen Pacifico. Heute ist also der Verfalltag des von Ihnen ausgestellten Wechsels.«

Da half dem Bauern keine Einwendung mehr, und er mußte seine Schuld entrichten.

 

Der geprellte Kaufmann.

Einem Kaufmann in New York war seine goldene Schnupftabaksdose abhanden gekommen, ohne daß er sich erinnerte, wo und in welcher Weise das geschehen war. Der Verlust schmerzte ihn um so mehr, weil die Dose ein altes, ihm teures Familienstück gewesen war, und so strebte er natürlich danach, sie wieder in seinen Besitz zu bekommen. Er ließ daher eine Annonce in die Zeitungen einrücken und versprach demjenigen, der ihm wieder zu der Dose verhelfen würde, eine Belohnung von fünfzig Dollars, eine Summe, womit die Dose gut bezahlt war. Gleichzeitig sicherte er dem Überbringer die Verschweigung seines Namens zu. Er beschrieb die Dose aufs genaueste und erbat Mitteilungen durch die Expedition der Zeitung unter einer bestimmten Chiffre.

Schon am nächsten Tage ging dem Kaufmann ein Schreiben zu, in welchem ihm ein Unbekannter mitteilte, er möchte doch bitte an dem folgenden Tage Nachmittags pünktlich um vier Uhr nach einem genau bezeichneten Platz in einer städtischen Anlage kommen, um sein Kleinod in Empfang zu nehmen.

Der Kaufmann freute sich sehr über das Schreiben, und er traf pünktlich zur angegebenen Zeit an dem festgesetzten Platze ein. Hier gesellte sich alsbald ein feingekleideter junger Mann zu ihm, der ihn fragte, ob eine gewisse Tabaksdose die Ursache seines Hierseins sei. Die bejahende Antwort brachte bald eine Verständigung zwischen ihnen herbei, der Kaufmann erhielt seine Tabaksdose, der Fremde seine fünfzig Dollars, worauf beide sich trennten.

Der Kaufmann war ganz glücklich, als er das wiedererworbene Kleinod betrachtete, und er war schon ein paar Schritt weitergegangen, als er plötzlich stehen blieb, sich nach dem Unbekannten umwandte und ihm zurief: »Ach, hören Sie bitte, ich wollte Sie noch was fragen!«

»Ich stehe Ihnen gern zu Diensten!« versetzte der Fremde, indem er wieder zu dem Kaufmann zurückkam.

»Sie können es mir glauben,« fuhr der Kaufmann fort, »es macht mich unendlich glücklich, die Dose wieder in meiner Tasche zu wissen. Sie müssen mir aber noch einen Gefallen tun. Zunächst versichere ich Ihnen nochmals, daß Sie von mir nichts zu befürchten haben. Wollen Sie mir nun nicht einmal erzählen, wie Sie zu der Dose gekommen sind? Die ganze Geschichte ist mir so unbegreiflich, daß Sie mir meine Neugierde schon verzeihen werden.«

»Aber mit Vergnügen will ich Ihnen das erzählen«, sagte der Fremde mit einer freundlichen Verbeugung. »Da Sie mir Diskretion versprochen haben, habe ich ja nichts zu befürchten, und kann ohne Rückhalt mit Ihnen sprechen. Sie werden sich ohne Zweifel noch erinnern, daß Sie am vorigen Freitag auf der Börse waren. Dort unterhielten Sie sich mit einigen Herren – wissen Sie noch?«

»Ganz richtig! Ich entsinne mich ganz genau.«

»Die Unterhaltung wurde immer lebhafter, und in der Hitze des Gesprächs trat noch ein anderer Herr dazu, der sich mit Eifer in die Unterhaltung einmischte, nicht wahr?«

»So ist es, ich erinnere mich dessen ganz genau.«

»Nun, so erinnern Sie sich wohl auch, daß die Unterhaltung dann noch immer mehr an Erregtheit zunahm, und daß der zuletztgekommene Herr in seiner Heftigkeit lebhaft gestikulierte und Sie ein paarmal hier in die Seite stieß?«

Der Fremde zeigte hierbei genau, wie er die Bewegungen gemacht hatte. »Sehen Sie, mein Bester,« sagte er dann. »Dieser lebhafte Mensch war ich, und bei diesem Anstoßen nahm ich Ihnen Ihre Dose weg!«

Aufs neue machte jetzt der Gauner eine höfliche Verbeugung und ging dann schnell seiner Wege.

Der Kaufmann aber eilte zufrieden über den Handel und die Erklärung nach Hause. Eilig betrat er das Zimmer seiner Frau und sagte zu ihr: »Gott sei Dank! Ich habe die Dose wieder!«

Aber, als er sie ihr zeigen wollte, da war sie fort, und es wurde ihm zu seinem Entsetzen klar, daß der verschmitzte Taschendieb sie ihm während seiner Erklärung zum zweiten Male gestohlen hatte.

 

Der betrogene Juwelenhändler.

In einen Juwelenladen trat eine elegant gekleidete Dame, um sich Brillantnadeln anzusehen. Es gefielen ihr auch einzelne Sachen, aber der Preis war ihr gerade bei den ihr passenden Nadeln zu teuer, und sie wurde mit dem Juwelenhändler nicht handelseins. Einmal trat sie auch an das Fenster, um die Steine besser betrachten zu können, aber, obgleich man ihr ansah, daß sie gerne gekauft hätte, erklärte sie schließlich, sie wolle sich die ganze Sache erst noch einmal überlegen.

Als nun der Besitzer seine Steine wieder in ihre Kasten legen wollte, entdeckte er, daß ihm gerade seine schönste Nadel fehlte. Bestürzt und sehr verlegen, sah er sich doch genötigt, seiner eleganten Kundin den Verlust kund zu tun. Diese war sehr entrüstet über den Verdacht und bestand darauf, daß man sie sofort polizeilich untersuche. Sie fuhr mit einem Vertreter des Kaufmanns zur Polizeiwache, eine Beamtin nahm die Untersuchung vor, es wurde aber nichts gefunden, und der Kaufmann mußte sich mit vielen Entschuldigungen entfernen, während die elegante Dame in einen Wagen stieg und davonfuhr.

Am nächsten Morgen stürzte in großer Eile ein junger Herr in den Laden und fragte den Inhaber, ob ihm nicht Kamelien, die am Fenster standen, feil seien. Eine Dame habe sie bei einer Betrachtung des Fensters sehr bewundert, und er möchte sie ihr gerne als Geburtstagsgeschenk verehren; auf den Preis komme es ihm nicht an. Jedenfalls würde er dem Geschäftsinhaber sehr verpflichtet bleiben.

Der Juwelier lächelte über den Eifer des offenbar verliebten jungen Mannes und überließ ihm gerne den Blumenstock um einen billigen Preis. Aber schon nach Mittag erhielt er ein duftendes Brieflein, das ihn höhnisch warnte, nicht wieder Blumen zu verkaufen, bevor er nicht die Erde darauf untersucht habe, ob sich nicht Brillantnadeln darin befänden. In diesem Kamelientopf wenigstens habe sich eine sehr kostbare Brillantnadel befunden.

Jetzt wußte der Juwelenhändler, wo die Dame die teure Brillantnadel versteckt hatte. Aber das nutzte ihm leider nichts mehr, denn er sah weder die Nadel, noch die Dame und ihren Komplizen jemals wieder.

 

Die Masse muß es bringen.

Ein insolventer Kaufmann, der aus seiner Konkursmasse eine recht anständige Unterstützung bezog und noch außerdem unbekannte Zuschüsse erhielt, wurde gefragt, wie es komme, daß er ohne jetzt Geschäfte zu machen, so gut und anständig leben könne. »Die Masse muß es bringen«, war die Antwort.

 

Das neue Geschäft.

»Ah, Herr Lindenberg, lange nicht gesehen. Wie geht's, was machen Sie?«

»Ich verkaufe jetzt Möbel!«

»So, haben Sie schon viel verkauft?«

»Bis jetzt nur meine eigenen!«

 

Schlechte Zeiten.

Ein Galanteriehändler und ein Kammacher standen auf der Leipziger Messe nebeneinander.

Na, das muß man schon sagen,« meinte der Galanteriehändler, »das ist eine recht lausige Messe gewesen!«

»Ich bin nicht Ihrer Meinung,« versicherte der andere, »denn sonst würden meine Kämme besser gegangen sein.«

 

Verkehrte Welt.

In Hamburg stellte das Handelshaus Michaelis & Co. kurz nach Ostern seine Zahlungen ein.

Ein Geschäftsmann, der das erfuhr, rief aus: »In diesem Jahr ist doch alles verdreht! Selbst der Kalender ist nicht mehr richtig; Michaelis fällt schon eine Woche nach Ostern.

 

Auf den Beinen.

»Tag, Herr Müller, wie geht's? Sie hatten ja Verluste im Geschäft?«

»Danke, ich bin jetzt wieder auf den Beinen!«

»So, das freut mich!«

»Ja, ich habe bankrott gemacht. Mein Auto ist mir verkauft worden, und ich geh' jetzt wieder zu Fuß!«

 

Er glaubt nicht dran.

Kaufmann: »So bezahlen Sie mir doch die Kleinigkeit, sehr geehrter Herr. Sie wissen doch, wer seine Schulden bezahlt, verbessert seiner Güter!«

Student: »Ach, glauben Sie doch den Schwindel nicht! Das ist nur so ein Gerücht, das die Gläubiger ausgesprengt haben.«

 

Ein eigenartiger Exekutor.

Ein Kaufmann hatte einen Wechsel auf eine Modewarenhändlerin in Zahlung erhalten, der am Verfalltage nicht eingelöst wurde. Die Dame war überhaupt als schlechte Zahlerin bekannt, und es konnte auch im Wege des Prozesses nichts von ihr erlangt werden. Endlich verfiel der Kaufmann auf folgende List: er girierte den Wechsel zum Schein auf seinen Hausdiener, und dieser machte nun täglich zu verschiedenen Malen in ihrem Laden seine Besuche, wobei er sich stets von seiner, ganze besondere Wohlgerüche verbreitenden Tabakspfeife begleiten ließ. Dabei verstand er es so geschickt, die im Laden anwesenden Kundinnen in seine angenehmen Rauchwolken einzuhüllen, daß die Geschäftsinhaberin, um nicht ihr Geschäft buchstäblich in einen übelen Geruch kommen zu lassen, nicht umhin konnte, den rauchenden Kannibalen durch Zahlung des Wechsels zu entfernen.

 

Das große Geschäft.

»Heute habe ich ein großes Geschäft abgeschlossen!«

»So, was war es denn?«

»Eine bankrotte Firma, ich bin nämlich Gerichtsvollzieher.«

 

Zu fleißig.

Da fällt mir ein armer Teufel ein, der neulich bankrott geworden ist, obwohl er immer sehr fleißig war und des Morgens sehr früh aufstand. Als das ein Jude hörte, rief er aus:

»Das hat er nun davon! warum is er immer aufgestanden so früh!«

»Nun, daran kann's doch nicht gelegen haben!« bemerkte ihm jemand.

»Doch! wenn er nich wäre täglich gewesen so früh bei der Arbeit, müßt er doch sein gegangen ein Paar Jahre später bankrott!«


 << zurück weiter >>