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S. M. der Kunde

Ein Kaufmann ohne Kunden – welch traurige Gestalt! So gehört denn auch in dies Buch der Kunde hinein.

Auch ihm werden hier einige Wahrheiten gesagt. Und auch der Kaufmann muß einige bittersüße Pillen schlucken. Im Zusammenfluß des Kaufmanns mit der Welt der Käufer kommt eben mancherlei vor, das zum Lachen reizt.

Und schließlich weitet sich die Sehnsucht des Kunden, der gewohnt ist, alles, was sein Herz begehrt, beim Kaufmann zu finden, nach dem »Warenhaus für Kleines Glück« aus – wie das Christian Morgenstern in seinem sinnvollen Gedicht so hübsch ausdrückt, schließlich ist ja jedes Geschäft solch ein Warenhaus zum »Kleinen Glück« – beglückt jeden Käufer.

Aber die Wünsche der Kunden sind ja so komisch – – –

.

Das zugkräftige Schaufenster
Paul Simmel

 

Szene in einer Putzhandlung.

Daß es auch schon in der guten alten Zeit in den Geschäften unter den Kunden mehr »Sehleute« als »Kaufleute« gegeben hat, zeigt die nachfolgende, aus einer Zeitung der Biedermeierjahre entnommene Szene.

Eine elegant gekleidete Dame betritt eilig den Putzladen: »Was kostet die rotsamtene Coiffure im Schaufenster?«

Putzhändlerin: »Fünf Gulden, meine Gnädige!«

Die Dame: »Ach, was fällt Ihnen ein? Ich möchte diesen Kopfputz nur einzig und allein meinem Manne zuliebe kaufen, weil er behauptet, Rot stehe mir am besten und Samt drücke am wenigsten. Also für zwei Gulden nehme ich ihn! – Mehr keinen Heller! Ich empfehle mich.«

Sie stürzt wieder hinaus.

Ein Herr tritt ebenso eilig ein. »Negligeehäubchen, meine Teuerste, süperbe Negligeehäubchen, wenn ich bitten darf! Sechs Stück, ein Dutzend Stück – wie Sie wollen; nur elegant. Oh, sie gehören für ein sehr schönes Fräulein!«

Die Putzhändlerin bringt einen Karton zur Auswahl und sagt: »Befehlen Sie von diesen?«

Der Herr mustert den Karton mit der Lorgnette: »Ach, viel eleganter, dieser Stoff ist nicht weiß genug! Emma hat blonde Haare und alabasterartigen Teint, also viel weißeren Stoff, wenn ich bitten darf!«

Man bringt einen zweiten, einen dritten Karton. »Alles viel, zu wenig weiß! – Oh, ich wußte, es ist schwer, für Emma Negligeehäubchen zu kaufen! Ich werde meine Cousine hersenden! – Emma soll selbst wählen! – Ihr Diener!«

Er eilt schnell hinaus, die Putzhändlerin ordnet seufzend, was er verwüstet.

Eine stark verblühte, sommersprossige Jungfrau tritt schüchtern ein: »Sie besitzen, wie ich hörte, ein Verschönerungsmittel?«

Putzhändlerin: »Zu dienen, mein Fräulein.«

Das Fräulein: »Aber nimmt es auch alles, sowohl Sommersprossen wie Leberflecken, weg?«

Putzhändlerin: »Ich habe viele Abnehmerinnen und hörte noch nie eine Klage!«

Fräulein: »Ich werde mein Dienstmädchen mit einigen leeren Flaschen schicken, was kostet das Maß?«

Putzhändlerin: »Entschuldigen Sie, maßweise gekauft dürfte das Mittel denn doch etwas teuer werden, die Flasche kostet zwei Gulden.«

Das Fräulein, heimlich seufzend: »Ach, ich wußte ja, daß auch dies Mittel mir nicht passen würde, ich wollte es als Bad gebrauchen.«

Sie geht fort; eine alte, dicke Frau kommt herein: »Ist mein Rosahut schon fertig?«

Putzhändlerin: »Wie Sie befohlen haben, gnädige Frau!«

Die alte Dame: »Um Himmelswillen, was haben Sie gemacht? – Einfache Bänder! – Warum wählten Sie keine Rosen?«

Putzhändlerin: »Verzeihung, ich dachte –«

Die alte Dame: »Was heißt denken? Dieser Hut da ist für eine alte Frau, und ich bin noch in den besten Jahren, Also herunter mit den Bändern und Rosen hinauf! Hören Sie, viele Rosen! Sie können auch Vergißmeinnicht wählen, Jelängerjelieber oder sonst eine interessante Blume! – Nur pikant! Das binde ich Ihnen auf die Seele – denn Sie wissen, ich bin Witwe und noch nicht alt genug, um einfache Bänder auf dem Hute zu tragen! – Also Rosen, meine Gute. Ade!«

Damit rauschte sie hinaus, diese Romantikerin, und die Putzhändlerin machte sich daran, aus allen alten Schachteln ein für die hoffnungsvolle Witwe passendes Bukett zusammenzusuchen.

 

Der Apothekerlehrling.

Ein Bauer kam in eine Apotheke und brachte ein Rezept. Während der Apotheker die Medizin fertig machte, betrachtete der Bauer einen Käfig, in dem ein Eichhörnchen ein Rad drehte. Er hatte solch ein Tier noch nie gesehen und fragte daher den Apotheker: »Was habt Ihr denn da droben in dem Kasten?«

»Das seht Ihr nicht?« erwiderte der Apotheker. »Da steckt ein Apothekerlehrling drin!«

»Ach so!« sagte der Bauer erstaunt und ging seiner Wege.

Ein Jahr darauf kam der Bauer wieder in dieselbe Apotheke. Der Käfig stand jetzt leer, da das Eichhörnchen inzwischen eingegangen war, dafür aber stand ein neuer Provisor hinter dem Ladentisch mit feuerrotem Haar.

Der Bauer betrachtete ihn eine Weile aufmerksam und sagte dann, indem er nach dem leeren Käfig wies:

»Ihr seid aber mächtig gewachsen, ich habe Euch noch gekannt, als Ihr Lehrling wart und da oben im Kasten gesteckt habt.«

 

Der falsche Laden.

In einen Laden in Neuyork trat ein Landmann, setzte sich auf einen Stuhl, nahm seinen Kragen ab und fragte: »Sie haben doch warmes Wasser?«

»Wasser?« fragte ein eleganter Herr, der im Laden stand und erstaunt das Benehmen des Fremden angesehen hatte. »Was für Wasser?«

»Nun, ich will doch rasiert werden!«

»Da sind Sie im Irrtum«, sagte der Herr des Ladens. »Hier ist keine Barbierstube, hier ist ein Wechselgeschäft!«

»Das soll doch der Henker holen!« rief jetzt der Landmann. »Ich fragte draußen jemand, wo man hier barbiert werden könnte, und er antwortete mir, wenn ich barbiert werden wollte, dann sollte ich nur ruhig hier hereingehen!«

 

Vergebliche Mahnung.

Ein Gläubiger begegnete seinem Schuldner und bat ihn dringend, ihn nun endlich zu bezahlen.

Der Schuldner aber fuhr zornig auf und schrie den andern an: »Lassen Sie mich in Ruhe, Sie impertinenter Mensch! Meinen Sie, ich wäre Ihnen allein etwas schuldig?«

 

Im Kaufmannsladen.

Verkäufer: »Soll es grüne oder schwarze Schmierseife sein?«

Dienstmädchen: »Oh, das ist ganz gleich, die Gnädige ist kurzsichtig!«

 

Das mißverstandene Fremdwort.

Der Besitzer eines Kaufmannsladens liebte es, möglichst viele Fremdwörter in die Unterhaltung einzuflechten, und wenn ein Kunde etwas gekauft hatte, dann verabschiedete er sich von ihm mit den Worten: »Ihr Serviteur!«

Eines Tages kam ein Bauer zu ihm, kaufte allerlei Waren und wurde mit einer Verbeugung und dem »Serviteur« entlassen. Der Bauer hatte aber diesen Ausdruck noch nie gehört und fragte nach einer Stunde in einer Schenke jemand, was eigentlich Serviteur bedeute. Der Gefragte, ein Spaßvogel, erzählte ihm, dies sei ein aus dem Französischen herstammendes Schimpfwort und bedeute soviel wie »dummer Tropf« oder »grober Schlingel«.

Bier und Wurst vergessend, eilte der Bauer wieder zum Laden, riß in hellem Zorn die Tür auf und rief hinein:

»Von Ihnen brauch ich mich nicht beschimpfen zu lassen! Sie sind selbst ein Serviteur, verstehen Sie mich? Ein ganz gewöhnlicher Serviteur! So, und nun gehen Sie hin und verklagen Sie mich!«

 

Ein süßes Geschäft.

Eine reizende junge Dame tritt in ein Seidenwarengeschäft. Der tadellos frisierte und geschniegelte Verkäufer überschüttet sie mit einer Flut von liebenswürdigen Redensarten, und da die junge Dame keineswegs prüde zu sein scheint, wird er immer verliebter.

»Was kostet dieses seidene Band?« fragt die hübsche Kundin.

»Einen Kuß, der Meter!« antwortet schmachtend der junge Mann.

»Schön, packen Sie mir Zehn Meter ein!«

Als dies geschehen war, sagt die junge Dame lächelnd: »Warten Sie, draußen vor dem Schaufenster steht meine Großmama, die bezahlt für mich!«

 

Beim Drogisten.

»Bitte, für zwanzig Pfennig Insektenpulver!«

»In einer Tüte oder in einer Schachtel?«

Kunde (seinen Kragen zur Seite haltend): »Schütten Sie es nur hier hinein!«

 

Schlechte Zeiten.

Wirt: »Man sieht Sie ja so selten, Herr Buchhalter, schmeckt Ihnen mein Bier nicht?«

Gast: »Mir geht's wie Ihrem Bier: zu wenig Gehalt!«

 

Auskunft.

»Verzeihen Sie, wie komme ich hier zu dem Bankhaus Bamberger?«

»Ganz einfach! Gehen Sie grade aus, biegen Sie in die dritte Straße links, dann in die zweite rechts, gehen Sie über den Platz, und das vierte Haus rechts ist das Bankhaus.«

»Danke sehr! Wissen Sie zufällig die Hausnummer?«

»Nein, aber die steht bestimmt über der Haustüre.«

 

Beim Schneider.

Kunde: »Mein Konto bei Ihnen dürfte danach ausgeglichen sein.«

Meister: »Noch nicht ganz, Ihre Hose steht noch offen.«

 

Eine schwierige Offerte.

»Kann ich vielleicht mal Ihre Frau Gemahlin sprechen?« fragte ein Vertreter in Küchengegenständen den Hausherrn.

»Wenn Sie glauben, daß sie Sie zu Worte kommen läßt – bitte, versuchen Sie es!«

 

Dressierte Kundschaft.

Ein kleiner Junge kommt in einen Laden und ruft: »Bitte bedienen Sie mich ganz schnell, meine Mutter wartet dringend darauf!«

Kaufmann: »Was willst du denn?«

Junge: »Klosettpapier!«

 

Weihnachtsgeschenke.

»Ich wollte nach einem Geschenk für eine Dame sehn.«

»Sehr wohl! Ist es für die Frau Gemahlin, oder darf es was Besseres sein?«

 

Viehhandel.

Ein Viehhändler kommt auf einen Bauernhof, um ein Schwein zu kaufen. Da der Bauer aber gerade nicht zu Hause ist, behält sich die Frau vor, daß ihr Mann erst den Kauf bestätigen müsse. Am nächsten Tag bekommt der Händler von dem Bauer eine Karte:

»Bin mit dem Verkauf meiner Frau einverstanden. Sie können das Schwein morgen abholen!«

 

Mißverstanden.

Kunde: »Kann ich Strümpfe haben?«

Verkäuferin: »Lange?«

Kunde: »Werden denn bei Ihnen auch Strümpfe vermietet?«

 

Beim Drogisten.

»Darf ich Ihnen die Pillen einwickeln, mein Herr?«

»Ist nicht nötig. Ich rolle sie nach Hause.«

 

Zu viel verlangt.

»Insektenpulver wünschen Sie? Für wieviel darf es sein?«

»Ja, meinen Sie, ich hätte die Biester gezählt?«

 

Ein Niggerhandel.

Der das von den Kaffern gehegte Verlangen nach »Kreditgewährung« illustriert, fand sich in einem in der Kapkolonie erscheinenden Blatt. Vor kurzem erschien ein Kaffer in einem der landesüblichen Nahrungsmittelgeschäfte und verlangte den Preis von Mehl zu wissen; man sagte ihm, daß der Sack Mehl bei Barzahlung 17 Schillinge 6 Pence, bei dreimonatigem Kredit 30 Schillinge und bei sechsmonatigem Kredit 50 Schillinge kosten würde.

Nach sorgfältigem Überlegen entschied sich der Kaffer dahin, daß er einen Sack Mehl auf dreimonatigen Kredit nehmen wolle, und nachdem der Geschäftsinhaber dies in seine Bücher eingetragen und dem Schwarzen den Sack Mehl eingehändigt hatte, holte dieser seine Geldtasche aus der Hose und legte als erste Anzahlung 20 Schillinge auf den Ladentisch.

 

Man nich verkopslagen.

von Fritz Reuter.

Tau Kopmann Schulten tau Swerin
Kümmt mal 'ne olle Fru herin,
Witt bomwull'n Halsli'n sall dat sin.
»Ganz woll,« seggt Schult, »un denn wo vel?«
»Oh,« seggt de Ollsch, »man blot 'ne Ehl.«
»Na,« seggt denn Schult, »wil du dat büst;
Ick heww taufällig hir noch jüst
En lütten Rest von annerthalwen,
Den'n will 'ck di für vir Schilling laten.«
»Na,« seggt de Ollsch, »dat is tau vel;
Ick heww för eine ganze Ehl
Bi unsen nigen Kopmann Platen
Fiw Schilling gewen.« – »Je,« seggt denn Schult,
»Wat sei denn grot noch anners wull,
Hei wull de annerthalwen Ehl
Ehr jo gor för vir Schilling laten.«
»Ne,« seggt de Olsch, »dat's oewerdrewen,
Dat's för dat Tüg doch vel tau vel!
Mihr as drei Schilling kann 'ck nich gewen.«

 

Herr Schultze eröffnet seinen neuen Laden.

Schultze (zu seinen Kommis): »Nun, meine Herren, kann's losgehen!«

Erster Kommis: »Sie sollen mal sehen, Herr Schultz«, wir werden heute ganz hübsch zu tun haben.«

Schultze: »Na, wer weiß, wir haben nu schon ne halbe Stunde auf, und noch hat sich keine Katze sehen lassen.«

Zweiter Kommis: »Bedenken Sie, daß die feinen Damen vor elf Uhr nicht ausgehen, und vergessen Sie ferner nicht, daß unsere Annoncen erst heut in den Zeitungen stehen, und die meisten daher noch gar nicht wissen können, daß wir eröffnet haben.«

Schultze: »Sie haben recht. Wenn kein Mensch heute käme, so wäre das auch kein Wunder!«

Dritter Kommis: »Da steigt schon einer aus der Droschke.«

Vierter Kommis: »Und da kommt noch einer direkt auf den Laden losgesteuert.«

Schultze: »Eins und eins macht zwei. Für den Anfang alles mögliche.«

Erster Kommis: »Und Sie haben noch soeben geglaubt, daß kein Mensch kommen würde.«

Schultze: »Nun, ich freue mich, daß ich mich geirrt habe, wenn wir heute ein gutes Geschäft machen, so soll es Ihr Schaden nicht sein, meine Herren. Du, Wilhelm, mach mir doch bei jedem, der in den Laden tritt, einen Strich in deine Brieftasche. Sie sind nächsten Sonntag meine Gäste, meine Herren. Und soviel Striche Wilhelm heute macht, soviel Flaschen Champagner geb ich zum besten.«

Fünfter Kommis: »Passen Sie auf, Wilhelm, daß Sie nichts vergessen.«

Wilhelm: »Seien Sie ganz ruhig. Eher mache ich einen Strich zuviel als einen zuwenig.«

Erster Kommis: »Herr Schultze, hier ist jemand, der Sie zu sprechen wünscht.«

Schultze: »Ah, der Herr aus der Droschke. Mein Herr, was steht zu Ihren Diensten?«

Der Herr: »Bitte sehr. Im Gegenteil, ich erlaube mir, Ihnen meine Dienste anzubieten.«

Schultze: »Mit wem habe ich die Ehre?«

Der Herr: »Hermann und Kompagnie. Wir haben die Agentur der Straßburger Feuerversicherungsgesellschaft. Ihr Magazin ist noch nicht assekuriert.«

Schultze: »Nein. Aber –«

Der Herr: »Sie fürchten die vielen Umstände. Seien Sie unbesorgt! Sie haben nichts weiter nötig, als die Summe auszufüllen und Ihren Namen zu unterschreiben.«

Schultze: »Entschuldigen Sie –«

Der Herr: »O bitte sehr. Ich weiß, Sie haben heute erst aufgemacht und die Hände voll zu tun. Ich störe Sie keinen Augenblick länger. Unsere Sache ist in Ordnung, ich habe Ihr Wort, und das genügt mir. Morgen erhalten Sie die Police.«

Schultze (ihm nacheilend): »Aber, mein Herr –«

Ein zweiter Herr (Schultze den Weg vertretend): »Habe ich die Ehre, Herrn Schultze zu sprechen?«

Schultz«: »Ganz ergebenst aufzuwarten!«

Der zweite Herr: »Ich bin von der Englischen Gasgesellschaft und wollte fragen, ob Sie das Gas für Ihr neues Etablissement nicht von uns entnehmen wollen?«

Schultze: »Bedaure sehr. Ich brenne bereits städtisches Gas, und Ihre Offerte kommt daher zu spät.«

Der zweite Herr: »Zu spät kommt nie eine Offerte, die Vorteile bietet. Sie werden daher gewiß als Kaufmann –«

Schultze: »Verzeihen Sie, ich werde soeben dort unten verlangt.«

Der zweite Herr: »Lassen Sie sich nicht abhalten – ich komme morgen wieder.«

Dritter Herr: »Herr Schultze?«

Schultze: »Mein Name ist Schultze.«

Dritter Herr: »Mein lieber Herr Schultze, es ist mir außerordentlich angenehm, Ihre Bekanntschaft zu machen, Ihre Einrichtung ist ausgezeichnet! Nehmen Sie meinen aufrichtigsten, herzlichsten Glückwunsch.«

Schultze: »Verbindlichsten Dank.«

Dritter Herr: »In der Tat, alles höchst propper und geschmackvoll. Die Regale – die Schaufenster – die Teppiche –«

Schultze: »Sie sind sehr freundlich, aber –«

Dritter Herr: »Es kann Ihnen gar nicht fehlen, mein bester Herr Schultze. Gegen diesen Ausbau ist ja das Gersonsche Gewölbe gar nichts. Und was mich betrifft, da können Sie sich meiner wärmsten Empfehlungen versichert halten.«

Schultze: »Es wird mir gewiß sehr angenehm sein, wenn Sie mich in Ihren Kreisen rekommandieren, indes –«

Dritter Herr: »In meinen Kreisen – ich bitte Sie! Ganz Berlin, ganz Preußen, ganz Deutschland führe ich Ihnen zu, Ich bin Mitarbeiter am Tages-Telegraphenanzeiger, – Auflage vierundzwanzigtausend – jeden Tag drei bis vier Annoncchen, und in zwei Jahren sind Sie ein gemachter Mann!«

Schultze: »Ich halte nicht viel von den vielen Inseraten.«

Dritter Herr: »Dann sind Sie schon in einem halben Jahre ein gemachter Mann, Ihr Geschäft wird zugemacht, Sie müssen sich fortmachen, und wenn Sie sich nichts im stillen gemacht haben, dann sind Sie gemacht! Da haben Sie vier Wortspiele in einem Atem; werden Sie nun glauben, daß ich Einfluß habe auf die Presse?«

Schultze: »Gewiß, aber in diesem Augenblicke –«

Dritter Herr: »Haben Sie nicht Zeit – schadet nichts! Sie sind ja jeden Abend bei Volpi. Um neun Uhr treffen wir uns und besprechen das Nähere.«

Schultz«: »Gott sei Dank, da kommt endlich eine Dame! Hoffentlich ist es eine wirkliche Kundin!«

Die Dame: »Sie sind der Herr von dem Laden?«

Schultze: »Zu befehlen, meine Gnädige!«

Die Dame: »Na, wie gehen die Geschäfte?«

Schultze: »Bis ietzt läßt sich noch nicht viel sagen.«

Die Dame: »Sie haben erst heute früh eröffnet?«

Schultze: »Jawohl, was würden Sie wohl zu sehen wünschen?«

Die Dame: »Ich – durchaus nichts. Ich glaube aber, daß es Ihnen interessant sein dürfte, etwas zu sehen – in die Zukunft – meine ich nämlich.«

Schultze: »Wie soll ich das verstehen, Madame?«

Die Dame: »Die Sache ist ganz einfach, wenn sich die jungen Herren Kaufleute hier in Berlin etablieren, wollen sie gewöhnlich gern wissen, wieviel Tausende sie jährlich verdienen, was für eine Partie sie durch das Geschäft machen und wieviel Geld sie mitbekommen werden, und da lege ich ihnen gewöhnlich die Karten.«

Schultze: »Ist das Ihr Ernst, liebe Frau?«

Die Dame: »Na, ich alte Frau werde doch mit so 'nem hübschen jungen Herrn keinen Spaß machen.«

Schultze: »Na, dann entfernen Sie sich auf der Stelle, zudringliche Person.«

(Die Dame entfernt sich, und zur Freude der champagnerdurstigen Kommis füllt sich der Laden bald mit andern Besuchern, die alle Herrn Schultze persönlich zu sprechen wünschen. Dieser sieht sich bald von einem Kreis von Leuten umgeben, ohne zu wissen, wen er zuerst anhören soll.)

»Was wünschen Sie

»Ich bin von der Straßenreinigungsanstalt, wir kehren hier jeden Morgen vor Ihrer Türe und wollen höflichst um ein kleines Trinkgeld gebeten haben.«

»Was wünschen Sie

»Ich bin der Lithograph Steinschneider – Wenn Sie in Rechnungs-, Quittungs- und Wechselformularen etwas bedürfen –«

»Was wünschen Sie

»Ist Ihnen vielleicht ein Vierte! zur nächsten Lotterie gefällig? Sie haben heute aufgemacht, versuchen Sie Ihr Glück.«

»Was wünschen Sie

»Ich bin der Nachtwächter aus das Viertel. Ich wollte fragen, ob ich auf Ihren Laden ooch mit aufpassen soll.«

»Was wünschen Sie?«

»Sind Sie schon genügend mit Stahlfedern und Siegellack versehen?«

»Was wünschen Sie

»Ich habe die Speiseanstalt hier gleich an der Ecke. vielleicht, daß Sie Ihre Kommis bei mich wollten essen lassen, – ich würde es im ganzen sehr billig machen.«

»Was wünschen Sie

»Ich bin vereideter Dolmetscher, mein werter Herr Schultze. Wenn bei Ihnen mal was vorkommen sollte, von Schweden, Dänen, Polen oder Russen – hier ist meine Adresse.«

»Was wünschen Sie

»Ich reise für die Gebrüder Sträuße. Wenn Sie in Rheinweinen –«

»Wilhelm, Wilhelm! Auf der Stelle den Laden schließen!«

Wilhelm: »Es sind sechsunddreißig Striche, Herr Schultze!«

Schultz«: »Eben deshalb! wenn wir noch länger das Geschäft geöffnet halten, geht mein Kapital nächsten Sonntag in Champagner drauf!«

Erster Kommis: »Ich habe Ihnen in meinem und im Namen meiner Kollegen eins Bitte vorzutragen, Herr Schultze.«

Schultze: »Und die wäre?«

Erster Kommis: »Ihre freundliche Einladung noch hinauszuschieben.«

Schultze: »O durchaus nicht. Mit dieser Bitte, meine Herren, geben Sie das Zeugnis einer Gesinnung für mich, die allein eine Champagnerfeier wert ist. Jetzt sind Sie erst recht meine Gäste, meine Herren.«

Die Kommis (ihre Waffen schwingend): »Hurra! Es lebe Herr Schultze!«

Aus dem Kladderadatsch-Kalender für 1854

 

Das Warenhaus.

von Christian Morgenstern.

Aus »Palmström«, Verlag Bruno Cassirer, Berlin.

Palmström kann nicht ohne Post
          leben:
Sie ist seiner Tage Kost,
Täglich dreimal ist er ganz
          Spannung.
Täglich ist's der gleiche Tanz:
Selten hört er einen Brief
          plumpen
in den Kasten breit und tief.
Düster schilt er auf den Mann,
          welcher,
wie man weiß, nichts dafür kann.
Endlich kommt er drauf zurück,
          auf das
»Warenhaus für Kleines Glück«.
Und bestellt dort, frisch vom Rost,
           (quasi):
ein Quartal – »Gemischte Post«!
Und nun kommt von früh bis spät
          Post von
aller Art und Qualität.
Jedermann teilt sich ihm mit,
          brieflich,
denkt an ihn auf Schritt und Tritt.
Palmström sieht sich in die Welt
          plötzlich
überall hineingestellt ...
Und ihm wird wirr und weh ...
          Doch es
ist ja nur das – »W. K. G.«


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