Eduard Mörike
Kleine Schriften
Eduard Mörike

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Nachträge
zu Schillers sämmtlichen Werken

II.
Familienbriefe

Über einige in diesen Briefen vorkommende persönliche Verhältnisse haben wir uns weniges nicht allgemein Bekannte voranzuschicken.

Nach dem Tode ihres Gatten, Johann Kaspar Schillers, herzoglich württembergischen Hauptmanns auf dem Schlosse Solitude, wohnte die Mutter unsers Dichters kurze Zeit in dem benachbarten Städtchen Leonberg und zog hierauf zu ihrer an den Pfarrer Franckh verheirateten Tochter Louise nach Cleversulzbach, einem Dorfe bei Heilbronn, wo sie, laut der hiesigen öffentlichen Bücher, am 29. April 1802, im neunundsechzigsten Lebensjahre starb. Sie ruht auf dem hiesigen Begräbnisplatz; ein Baum und ein schmuckloses steinernes Kreuz bezeichnet die Stätte. Ältere Bewohner des Dorfes erinnern sich ihrer noch als einer lebhaften, muntern, leutseligen Frau.

Die älteste Tochter, Christophine, Witwe des Sachsen-Meining'schen Hofrats Reinwald, eine ehrwürdige Matrone von achtzig Jahren und darüber, gesund und immer regen Geistes, lebt zu Meiningen.

Die jüngste, Nanette, durch innere Vorzüge sowie durch jungfräuliche Schönheit ausgezeichnet, starb schon im achtzehnten Jahre.

Louisens letzter Aufenthalt war zu Möckmühl, woselbst ihr Gatte, als erster Geistlicher des Orts, ihr im Tode voranging. Die gegenwärtigen Briefe befanden sich in ihrem Nachlaß. Von ihr immer als Heiligtum bewahrt, in welches kaum den nächsten Angehörigen ein Blick erlaubt wurde, vererbten sich dieselben an ihren Schwiegersohn, Herrn Kaufmann Kühner in Möckmühl, der sie in amtlich beglaubigter Abschrift nunmehr erstmals der Verlagshandlung käuflich überließ und zum Druck mitteilte. Der Zufall wollte es, daß wir, nachdem die Herausgabe nur gestern erst beschlossen worden, heute, als an dem Tag, der, wie man finden wird, dem Dichter doppelt bedeutsam wurde, die Blätter mit diesen Zeilen von hier aus begleiten sollten. Gewiß wird die kleine Sammlung das ihrige dazu beitragen, daß der Mann, dessen erhabene Gestalt, durch Künstlerhand erschaffen, eben jetzt der Welt für alle Zeiten vor Augen gestellt wird, zugleich als echter Mensch, treuherzig, fromm, in schlichter Liebenswürdigkeit uns nahe rückte.

Cleversulzbach, den 29. April 1839.

M.

 


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