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IV.
Damenbriefe

a) Brief einer wohlmeinenden Leserin.

»Sie sind sicher ein sehr kluger Mensch und ein scharfer Beobachter. Sie mögen auch als Irrenarzt Ihren Kollegen gegenüber Recht haben und ihnen mit der Charakterisierung der Weiber sehr nützlich sein. Sie mögen auch leider dem Gros der Weiber gegenüber Recht haben, aber daß Sie behaupten, das Weib könne nicht über seine Naturanlage hinaus, müsse auf dem Standpunkt stehen bleiben, auf den es die Natur gestellt hat, es sei unfähig zur Veredelung, zur Vervollkommnung, zur Selbsterziehung, das ist eine beleidigende Behauptung, das ist einseitiger, engherziger Männerhochmut!

Ob es meiner ungeübten Laienfeder gelingen wird, Sie zu überzeugen? Ihnen von vornherein den Glauben zu geben, daß Ihr Aufsatz »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes« mich nicht erregt hat, nicht zur »Zungenfertigkeit« reizte, daß ich im Gegenteil viele Wahrheiten zugeben muß, Ihnen für manche Aufschlüsse dankbar bin, aber auch andrerseits mich gedrungen fühle, Ihnen die verloren gegangenen Ideale ins Gedächtnis zu rufen.

Wenn ich Ihre Vorrede recht verstehe, so wünschen Sie ja auch Entgegnungen, Widerlegungen und diese auch aus von Frauenhand geführter Feder.

Daß Sie den »Emanzipierten« die Kardinalfehler der Weiber vor Augen führen, ist eine sehr nützliche Arbeit, denn ich mag es in meinem Weiberstolz nicht leiden, wenn wir unser eigenes Geschlecht mißachten und Männer werden wollen, und zwar teile ich ganz Ihre Ansicht. Unsere Geistes- und Körperkräfte, unsere Nerven sind der Konkurrenz mit dem Manne nicht gewachsen! In der Mehrzahl und im allgemeinen stehen wir hinter dem Manne zurück! Die Vorsehung gab uns eben andere Ziele. Wir sind mit wenig Ausnahmen, wie auch Sie sagen, keine Erfinderinnen, keine Schöpferinnen, wohl aber Erhalterinnen. Wenn im besonderen der Mann der Erwerber ist, die Frau aber für die Bewacherin, die Hüterin gilt, so ist das ganz gewiß auch auf das Allgemeine zu übertragen.

Weshalb soll das aber als Schandmal für die Weiber gelten? In einem Staat, wo Kunst und Wissenschaft, Handel und Wandel blühten, warens doch stets die Frauen, welche das Gute und Schöne, das die Männer erzeugten, anerkannten, sich aneigneten, sich begeisterten, die Männer zu weiterer Schaffenslust anregten, die Ideale hoch hielten.

Wären die Weiber stets auf dem Standpunkt stehen geblieben, den Sie ihnen geben, so hätten sie sich nimmer zu Lebensgefährtinnen, Musen u. dergl. aufschwingen können. Weshalb soll das Weib so tief unter dem Manne stehen, daß Sie es nicht einmal als dessen Ergänzung anerkennen?

Ziehen wir doch einmal einen Vergleich und er wird ergeben, daß die Geschlechter lieber duldsam sein sollten und sich nichts vorwerfen dürfen da Fehler und Schwächen auf beiden Seiten sind, und beide, auch das Weib, trotz seiner Natur- und Kardinalfehler der Veredlung fähig ist.

Welch ein rohes Gebilde ist denn auch der Mann ohne Kultur, Erziehung, Belehrung! wie hoch steht das Weib in den Kulturstaaten über den Sklavenvölkern. Daß es im Kulturstaat als Gefährtin des Mannes nicht gleichmäßig innerlicher ist, sind noch immer Folgen der Erziehung, der häuslichen Verhältnisse.

Wenn Sie dem Weibe im Allgemeinen Grausamkeit zuschreiben, so steht derselben beim Manne Roheit gegenüber. Und zeigt der Streber, der Lebemann, nicht gleichfalls Selbstsucht, Berechnung, niedrigste Sucht nach eignem Vorteil, wenn er dem reichen Mädchen Liebe heuchelt, es heiratet, um es leicht im Kampfe ums Dasein durch ihr Geld zu haben!

Hang zur Lüge soll das Weib haben? besonders in ihrem Liebesleben. Wie Manches ist teilweis wahr, was Sie davon sagen und doch zeugen die im Allgemeinen große Vertrauensseligkeit der Weiber und daraus folgende bittere Enttäuschungen davon, daß sie den Männern nichts Arges zutrauen, weil sie sich selbst nicht arg fühlen. Das wird Sie wieder bestimmen, zu behaupten, daß die Frauen ohne Urteilskraft sind. Sprechen Sie ihnen wirklich ein Gewissen, einen innern Richter ihrer Handlungen ab?

Anstatt weiter zu vergleichen, werde ich meine Beweise der Kürze halber zusammenfassen und Ihnen auseinandersetzen, auf welchem Standpunkt Sie stehen und auf welchem Standpunkt eine durch Selbstzucht, Erkenntnis, Christentum aus ihren Fehlern herausgewachsene Frau sich befindet.

Sie wiederholen, daß die Männer das Weib von rechtswegen nur gesund und dumm wünschen müßten, damit es seine ihm von der Natur gegebene Aufgabe erfülle.

O wie wäre es um die Männer bestellt, wenn nicht Gott über der Natur wäre und das Weib nicht mehr wäre als das Mittel zur Erhaltung des Menschengeschlechts.

Aus eigner Beobachtung weiß ich, daß dumme Mütter fast immer dumme Kinder, mindestens dumme Söhne haben, daß ihr Mann engherzig, tyrannisch, hausbacken usw. ist.

Edle, intelligente Frauen dagegen besitzen gut geartete, kluge Kinder, ihrem Mann schaffen sie ein ordentliches, freundliches Heim und sind sein bester Kamerad, bei dem er im Frieden seines Hauses sich immer neu erfrischt, Anregung und Verständnis sucht und findet. Seine Wahl ehrt ihn selbst und er fühlt sich durch sie gehoben, er wird unwillkürlich besser, tüchtiger, um niemals in der Schätzung der Frau zu sinken, die sein weiteres, reiferes Wissen anerkennt, ohne blind für seine Schwächen zu sein, wie sie die ihrigen dem Manne zuliebe und aus innerm Drang zur Vervollkommnung abzustreifen sucht. Die dumme Frau, welche tatsächlich bald versimpelt und einstens nur den Sinnen gefiel, ist in älteren Jahren von ihrem Manne geduldet, er ist freilich weit über sie hinaus und er sucht auch die Befriedigung allen Strebens in Aussendingen. Der Mann, der sich jedoch eine vornehm denkende, intelligente Frau erwählte, ehrt, liebt und achtet auch seine alternde Frau und alle äußern Erfolge gelten ihm weniger wie sein harmonisches, reines Familienleben. Eine dergestalt über ihren Geschlechtsmängeln stehende Frau wird auch bei reiferer Lebenserfahrung Mittel und Wege auszunützen verstehen, sich den Ihrigen frisch und gesund zu erhalten, da sie sehr wohl weiß, wie viel sie dem Staat als frohsinnige, gesunde Hausfrau wert ist.

Sie stellen sich auf den Standpunkt der Natur, welche die Menschen nur als eine Klasse von Geschöpfen betrachtet, welche sich wie die niedrigen Gattungen fortpflanzen sollen. Wozu hat denn aber um eines so einfach tierischen Zweckes willen die Natur den Mann mit seinem so bewunderungswürdig gekrausten Gehirn erschaffen?! das nicht rastet, sich zum Herrn aller Naturkräfte zu machen? Weshalb ist das Weibergehirn so ähnlich?

Das ist doch nicht wegen des Hungers im Kampf ums tägliche Brot. Im Gegenteil, wo er erleichtert ist, fängt der Drang nach Erkenntnis, nach innerer Veredlung und Verschönerung an und dabei bemerkt der Mann mit Erstaunen, daß er im Verein mit dem Weibe weiter kommt, mit dem Weibe, das seine Ergänzung ist, und sehr wohl befähigt ist, eine Seelenharmonie mit dem Manne zu schließen, die über den Alltag hinausgeht und trotz des Alltags besteht. Um so mehr vielleicht, wenn die Frau Mitarbeiterin des Mannes ist, oder doch wenigstens Teilhaberin seiner Interessen. Ich denke hierbei allerdings mehr an die Frau der gebildeteren Kreise, an die Landwirtin auf einem größeren Gut, an die Gattin des akademisch gebildeten Mannes. In einfacheren Verhältnissen, an der Seite roher denkender Männer mag es ja sehr schwer, fast unmöglich sein, daß die Frau sich über das eigentliche Niveau erhebt. –

Sollte Ihnen wirklich noch nie der edle Zweck der Ehe klar geworden sein? In einem so intimen Zusammenleben, bei beiderseitigem Drang nach innern Gütern wissen Mann und Weib wohl, daß das Weib ganz berechtigt ist, seinen Platz an der Seite des Mannes zu haben, um seinen viel höheren Zweck zu erfüllen, wie ich es bereits zu schildern versuchte. Die Töchter aus solcher Ehe werden, wenn nicht schon angeborenes, so doch anerzogenes Wahrhaftigkeitsgefühl, moralischen Stolz und Feingefühl, Selbstbeherrschung, gesunden Menschenverstand, Pflichtgefühl, Liebe zur Tätigkeit, zu innerer Reife und körperliche Gesundheit besitzen. Ist die Erziehung der Töchter zu allen Zeiten in den gebildeten Ständen meist eine zu unpraktische, sie dem eigentlichen Leben fernhaltende gewesen, so war sie in den unteren Klassen zu roh und so würde es bleiben, wenn die Männer auf Ihren Artikel hin die Frauen mißachteten, ihr keinen Anteil an der Veredlung des Menschengeschlechtes einräumen wollten.

Unter meinen Kindern besitze ich drei Töchter, welche in wenigen Jahren so reif sein werden, Ihren Artikel zu verstehen und sie sollen ihn lesen und Ihnen dankbar sein, denn durch Ihre Broschüre lernen sie die natürlichen Schwächen ihres Geschlechtes erkennen und mit dieser Erkenntnis werden sie streben, sich davon frei zu machen.

Auch unter meinen Bekannten will ich Ihren Aufsatz die Runde machen lassen, denn ich habe das Glück zu einer besseren Klasse von Frauen zu gehören, deren Männer sich darum nicht ganz so erhaben über ihnen fühlen, wie leider so viele Herren der Schöpfung, welche keine Frauen mit veredelter Sinnesart erwählten.

Möchte aus dem vorgenannten Grunde Ihre Broschüre weitere Verbreitung finden und meine Verteidigung des Weibergeschlechts ein Ansporn daneben für dasselbe werden. Möchten auch die sich auf Irrwegen befindenden Emanzipierten sich klar machen, daß wir tatsächlich nicht als Konkurrentin des Mannes unsere Bestimmung erreichen, daß wir uns darin nie ausleben werden, sondern daß wir lieber eine scheinbar zweite Stellung einnehmen wollen, in die wir uns mit unserer Anspruchslosigkeit und unserm Anpassungsvermögen sehr bald hineinfinden werden. Haben wir streng an unserer Selbsterziehung gearbeitet, unserer angeborenen Bescheidenheit Raum gegeben, und unser starkes Gottvertrauen wieder erfaßt, so wird sich auch den scheinbaren Stiefkindern des menschlichen Geschlechts ein Plätzchen zeigen, auf dem sie sich als nützliches und geachtetes Glied der Menschheit fühlen.«

b) Brief einer zustimmenden Leserin.

»Mit großem Interesse lese ich oben ihre Ansichten über die »Weiber«. Das Wort hat leider im Plural einen bösen Klang bekommen. Es ist aber der einzig richtige Ausdruck im Gegensatz zu dem Worte »Männer«, und ich freue mich, daß Sie ihn wieder zu Ehren eingesetzt haben. Wir armen Weiber kommen leider recht schlecht weg und man muß sich eigentlich schämen, daß man ein Weib ist, – aber Recht haben Sie!

Das Weib hat immer etwas Unreifes, Unlogisches, Unselbständiges; die Hilflosigkeit, die den Mann reizt, die dem Weibe Charme, Waffe und Schutz ist.

Ich bin ganz geknickt, denn in so klaren, dürren Worten habe ich mir die Tatsache eigentlich nie vorgestellt, obgleich ich vieles instinktiv gefühlt habe.

Was Sie über den Instinkt beim Weibe sagen, ist so fabelhaft wahr und richtig! Sie haben durch und durch gesehen. Aber daß der Instinkt mit den Jahren nachläßt, das wußte ich nicht. Es wäre ja in der Natur der Sache begründet und durchaus logisch, daß ein – darf ich sagen psychisches Organ einschrumpft, wenn es nicht mehr gebraucht wird. Der Instinkt hat seine Schuldigkeit getan, er kann gehn. Aber sollte an seine Stelle nicht etwas Verstand oder Erfahrung treten? Sollte der Geist keine Spätblüte haben können, wenn der Körper sich von den physischen Anstrengungen erholt hat? Ich meine nicht, daß die Frauen noch große lumina werden sollen, sondern, daß sie nicht absolut der progressiven Verdummung anheim fallen.

Ich habe drei schwere Wochenbetten durchgemacht und bin physisch, wie auch psychisch schon recht weit herunter gewesen. Ich habe mich aber in dem einen, wie im andern Sinne wieder durchgearbeitet. Mein Geist hat nicht nur nicht gelitten, sondern er ist durch Leiden gewachsen. Es ist mehr Ernst und Nachdenken in mich gekommen. Ich habe keine Freude mehr an Äußerlichkeiten, Nichtigkeiten und oberflächlichem Geschwätz; ich möchte lernen, Erfahrungen sammeln und die kombinieren. – Da bin ich wohl entartet? Ich bin aber vom Blaustrumpf weit entfernt. Nicht vieles möchte ich wissen, sondern meinen Verstand – so weit er reicht – ausbilden, um mir einigermaßen ein Bild dessen zu machen, was mich umgibt.

Man sollte jedes Mädchen, neben dem Lesen, Schreiben und Rechnen, nur das lernen lassen, was sie reizt. Die Mädchen würden sich individueller entwickeln und wir würden keine Schablonenpuppen erhalten, die kurzsichtig, engbrüstig und nervös wären. Mein Töchterchen habe ich vor Jahresfrist aus der Schule genommen, weil sie zu wenig aß und körperlich nicht vorwärts kam. (Sie ist ein Sechsmonatskind, hat 180 g gewogen und war 25 cm lang Die Zahlen sind natürlich falsch. Ein Kind von sechs Monaten wiegt 800-1000 g und ist etwa 35 cm lang.). Sie frißt förmlich, seitdem sie die Schulbänke hinter sich gelassen hat, und hat sich prächtig entwickelt. Trotzdem sie in diesem Jahre zirka 24 cm gewachsen ist, sind die Muskeln prächtig im Stand: das Kind ist frisch und munter und konzentriert sich in der einen Stunde, die sie täglich hat, vorzüglich, während ihre Gedanken in der Schule in alle Windrichtungen zerflatterten. Die Kleine ist sehr musikalisch; sie hat heute ihre achte Halbstunde gehabt, spielt Sanatinen (sic!) von Clementi und baut Dreiklänge und deren Umkehrungen mit Leichtigkeit auf. Das Talent hat sie – ich kann Ihnen leider nicht helfen – von mir. Ich spielte als vierjähriges Kind alles nach dem Gehör. Bei mir stammt die Vererbung allerdings vom Vater. Das musikalische Plus bezahlen wir aber alle mit einem mathematischen Minus. Verzeihen Sie diesen Überfall und haben Sie Dank für Ihre Schriften.«

c) Damengedicht an den Verfasser.

Ach wir armen, armen Frauen
Leiden ja am Schwachsinn sehr
Und – da Sies uns deutlich sagen
Fühlen wirs noch um so mehr.

Daß mit Irren und mit Kranken
Umgehen Sie bei Tag und Nacht
Hat zu Ihrem Buch gewißlich
Sie befähigt sehr gemacht.

Außer diesen ist die Köchin
Wohl »Ihr« einziger Verkehr
Und auch diese kann nicht kochen
Männer könnens ja vielmehr!

Reißet, reißet Eure Strümpfe,
Herrn der Schöpfung all entzwei
Unser einziges Glück und Können
Ist zu stricken sie Euch neu.

Ich auch finde stets vortrefflich
Was gesagt wird und gemacht
Darum hab' ob Ihres Buches
Wie ein Kind ich auch gelacht.

Wär, ach wär doch nur die Erde,
Nichts als wie ein Erdenkloß!
Warum gibts Musik und Künste
Warum Wissenschaften bloß!

Wenn ein gutes Buch wir lesen
Schlafen wir unfehlbar ein,
Höchste Harmonie auf Erden
Ist uns unsrer Kinder Schreien.

Ja, es leiden sehr am Schwachsinn
Wir vom schwächeren Geschlecht,
Aber glaubens Sies, mein Bester,
Männer tuns oft erst recht!!

d) Brief an Herrn Marhold.

Die Redaktion der »Frauenbewegung« kann weder eine Anzeige noch eine Besprechung des uns übersandten Buches »Möbius, Physiologischer Schwachsinn des Weibes« bringen. Bis zum 23. Mai liegt es zur Abholung bereit. Eine gebührende Abfertigung erhielt das Buch von uns bereits in einer früheren Auflage. Wir bedauern, daß ein solches Buch, das nicht nur von Frauen, sondern auch von ernst denkenden Gelehrten verurteilt wird, überhaupt mehrere Auflagen erleben konnte.

Hochachtungsvoll
M. Cauer.

P. S. Gegen Einsendung des Portos folgt das Buch per Post zurück.

Briefe an den Verfasser.

e)

Erst kürzlich las ich Ihr Buch: »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes« 4. Aufl. Sie sagen daselbst Seite 5: »Das Endziel oder das höchste Gut (man kann auch sagen: der Wille Gottes) besteht darin, daß im Ganzen des Raumes und der Zeit die Lust wachse (sich ausbreite und veredle), die Unlust abnehme. Je mehr und erfolgreicher sich ein Mensch dem höchsten Gute zuwendet, d. h. je mehr er den Willen Gottes tut, umso mehr ist er in einem höheren Sinne moralisch«. – Trotz dieses schönen Ausspruches soll aber das Weib, angeblich infolge unentwickelter Windungen der Stirn- und Schläfenlappen seines Hirns nur zur tierischen Ausübung der Mutterpflichten da sein, durch welche es noch mehr versimpelt. Durch Studieren oder sonstige Intelligenz verringert sich die Milchabsonderung, das Weib kann nicht mehr Mutter werden, und mit ihm geht das menschliche Geschlecht zweifellos zu Grunde. Deshalb soll das Weib nur dafür leben, um für sich den rechten Mann zu verlocken, sei es auch durch Lüge und Verstellung, möglichst oft Mutter zu werden, und später nach dem Klimakterium vollends schwachsinnig als häßliches, altes Weib allgemeines Entsetzen hervorzurufen! – Und das soll das höchste Gut, der Wille Gottes für das Weib sein? Aber verehrtester Herr Doktor, Sie müssen uns doch zu den Menschen rechnen? Der Mann müßte doch noch schwachsinniger sein zum heiraten! Wenn ich ein Mann wäre, ich möchte um alles in der Welt nicht mit solchem seelenlosen Kaninchen leben! – Im Allgemeinen haben Sie ja recht, es gibt viele solche Weiber, aber – bitte umarmen Sie mich noch nicht – es gibt auch viele derartige Männer! Es ist sehr zu verwundern, daß das so prachtvoll entwickelte Gehirn des Mannes den Krieg und die Prostitution hat aufkommen lassen. Dadurch wird das menschliche Geschlecht am meisten geschädigt, die Unlust nimmt zu, es ist also gegen den Willen Gottes. Vor kurzem hörte ich im Vortrage eines Dr. med., daß in den Großstädten 80% aller Männer wenigstens einmal an Syphilis oder Gonorrhoe erkrankten und daß 60% aller Frauenleiden durch Ansteckung des Mannes herrührten. In dieser Beziehung sind die Männer ekelhaft und es ist kein Heil von ihnen zu erwarten. Kein Wunder, wenn die klügsten Mädchen ehescheu werden, denn die Ehen sind entheiligt, Ibsen hat das erkannt, deshalb läßt er Nora dem brutalen Egoisten, ihrem Manne, davonlaufen, der nur in sie verliebt war und sie tanzen ließ wie er wollte. Die Kinder sind bei andern Leuten besser aufgehoben als in solchen Ehen, das wußte Nora. Ich kann Ihnen nicht glauben, daß die Frauenbewegung, die doch gerade den Krieg und die Prostitution, diese Krebsschaden der Menschheit, abgeschafft haben möchte, eine Entartung ist (wie auch die gefüllten Blumen). Ich nenne beide eine Vervollkommnung, einen Fortschritt. Die Unsittlichkeit aber ist eine Entartung, denn: »Die Natur ist eine strenge Frau und bedroht die Verletzung ihrer Vorschriften mit harten Strafen. Sie hat gewollt, daß das Weib Mutter (der Mann Vater) sei, und hat alle ihre Kräfte auf diesen Zweck gerichtet. Versagt der Mensch den Dienst der Gattung, will er sich als Individuum ausleben, so wird er mit Siechtum geschlagen«. Das haben Sie selbst, verehrter Herr, so schön und richtig gesagt. Am allermeisten habe ich mich aber über den Satz Seite 67 gefreut: »Ich wenigstens würde Respekt haben, wenn ein ¦Mädchen sagte: Das ist mein Kind, für das ich sorge, von wem ich es habe, geht euch nichts an«. Da sind sie ja Feminist, lieber, guter Herr Doktor, ich drücke ihnen im Geiste die Hand als Anhänger unserer Emanzipationsbestrebungen! Es genügt nur nicht, blos Respekt vor solch' mutigen Mädchen zu haben, die zu Gunsten der Männer eingeführte doppelte Moral warum teilt man die Männer nicht auch in drei Teile wie die Frauen, in Ledige, Verheiratete und Prostituierte?) läßt die Polizei »gefallene Mädchen« untersuchen und als Dirnen einschreiben, falls kein Mann als Beschützer für sie eintritt. Und wie ist es einem armen Mädchen möglich, für sich und ihr Kind zu sorgen? (Reiche Mädchen werden geheiratet). Mit dem kleinen Kinde kann sie sich doch nicht vermieten, hat sie doch auch genug zu tun, für sich und das Kind Kleidung und Nahrung zu besorgen, das Kind täglich ein paar Stunden ausfahren genügt: »damit die Lust wachse und keine Unlust eintrete!« Haben sich aber die Ziele der Frauenbewegung, nämlich daß jedes Mädchen einen Beruf und ihr gutes Auskommen hat, verwirklicht, so könnte das Mädchen mit dem Kinde ohne Vater, Ihren Respekt, geehrter Herr, in vollem Umfange würdigen und genießen. Jetzt könnte höchstens ein vernünftiger Mann, der keine gelehrte Frau als Kindermädchen haben will, solch ein Muttermädchen mieten. Auf ein Kind mehr oder weniger kommt's ihm nicht an, je mehr, desto besser! – Sie haben ganz recht, so wie das Leben jetzt eingerichtet ist, »hängt die ganze Bedeutung des weiblichen Lebens davon ab, daß das Mädchen den rechten Mann erhalte«. – Der Mann hat das beste Gehirn und das gefüllte Portemonaie (sic), die Hauptsachen zum Lebensgenuß! Deshalb möchten dies die Weiber auch haben, das ist gar nicht dumm, das Weibergehirn scheint demnach nicht so schlecht beschaffen zu sein. Oder wollen wir lieber wünschen, zum Tierreich zurückzukehren? Zum Rindvieh? Störrischer Ochse, dumme Kuh? Nein, wir wollen mit dem Manne vorwärtsgehen, natürliche Kulturmenschen sein. Der naturentfremdete Kulturmensch muß sich vom Lande seinen Gegenpart holen! Die fortschrittlichen Weiber werden geduldig die »Quälerei« der verschiedenen Examen durchmachen, die Geduld ist ihnen ja angeboren; »ein Mann würde sich empören oder davonlaufen, er hebt seine Geduld für die Gelegenheiten auf, wo es sich lohnt«. Jawohl, im Männerstaate kann er das tun. Sie haben Schopenhauer oft zitiert, im Kapitel »Über die Weiber« steht vieles so wörtlich, so wie Sie es gesagt haben, nur bedauert Schopenhauer die sogenannten Freudenmädchen aufrichtig und beweist in seinen Werken manchmal, daß er Herz hat. (Tat twam asi Liebe ist Mitleid), Schopenhauer war häßlich und reich, er hat die rechte Frau für sich nicht gefunden. Wahrscheinlich haben die Weiber nur sein Geld gewollt. Er hatte auch keine gute Mutter und urteilt gewiß aus eigener Erfahrung so schlecht über die Weiber. Er war gegen die Barte und trug deshalb keinen Vollbart, der doch die Häßlichkeit oft gnädig bedeckt, viele Männer beweisen das »Das Häßliche ist hassenswert«. Sie haben das an den häßlichen alten Weibern gemerkt. »Aber gegen die geschlechtlich nicht mehr tätigen Weiber muß der Mann, von Spezialfällen abgesehen, Gleichgiltigkeit oder gar mit Mitleid gemischtes Wohlwollen empfinden, sie tun ihm nichts mehr und die Erinnerung an die eigene Mutter sollte jeden zur Milde mahnen«. – Ja, eine Mutter muß eben jeder Mann haben, das geht nicht anders! Wie edel, gegen seine alte häßliche Mutter milde zu sein! Die andern alten Weiber seiner Bekanntschaft können sich nun Gleichgiltigkeit oder mit Mitleid gemischtes Wohlwollen wählen. Ich bitte mir und meinem Briefe das letztere aus, denn ich muß Ihnen, verehrter Herr Doktor, endlich gestehen, daß ich eine unnütze alte Jungfer bleiben mußte und es für Sünde gehalten habe, den Männern etwas zu tun oder sie zu verlocken. Merkwürdigerweise ist bei mir aber, trotz des verfehlten Berufes, die Lust gewachsen. Ich möchte nicht wieder jung sein und bin sehr froh, daß ich keine Kinder zu erziehen habe. Wie soll man sie erziehen in dieser unvollkommenen Welt? Die Knaben zu Kanonenfutter oder für die dummen verlogenen Weiber? Die Mädchen, einen Mann zu verlocken? Schrecklicher Gedanke! Nein, solange sich brutaler Egoismus mit Schwachsinn und Lüge paaren, kann's in der Welt nicht besser werden. Das ist meine instinktive Erkenntnis! Erst, wenn die Ziele und Ideale der Frauenbewegung: gleichwertige Männer und Frauen in glücklichen Ehen und gemeinsamer Arbeit ihre Kinder zu edlen harmonischen Menschen erziehend, sich verwirklicht haben, dann erst kann die »Lust wachsen« und der Wille Gottes ist erfüllt.

Schließlich muß ich Ihnen noch, da Sie die Frauenbewegung ganz falsch beurteilen, einige Aussprüche von an der Spitze stehenden Frauen mitteilen: Helene Lange sagt: Das letzte Ziel der Frauenbewegung ist Muttersorge im öffentlichen Leben. Hanna Bieber-Böhm: Wir brauchen Mütter, die ihre Söhne und Töchter zur Wahrhaftigkeit, Mäßigkeit und Selbstbeherrschung erziehen und zu der Erkenntnis hinaufführen, daß Keuschheit und die allgemeine Einführung einer veredelten Monogamie zu den Grundbedingungen des Gesamtwohls und einer an Leib und Seele gesunden Menschheit gehören. Henriette Goldschmidt: Der Gedanke an eine, durch keine Regierung befohlene allgemeine Wehrpflicht gegen die sozialen Schäden unseres Volkstums hat sich des Gewissens der Frauen bemächtigt. »Die große Schuld der Zeiten, die Elend ließ zu hohen Ehren kommen«, soll getilgt werden. Das Mutterherz ist erwacht und wird rettende Taten vollbringen. Marie Loeper-Houselle: Bildet Mütter, die ihre Kinder zu wahren Menschen zu erziehen verstehen. Lina Morgenstern: Der Gipfel der Frauenbewegung, den sie zu erreichen sucht, ist der Anteil an der Gesetzgebung, durch den allein die doppelte Moral aufhören und die Sittlichkeit unter den Menschen gehoben werden wird.

Klingt das nach: »Freiheit vom Kinde?« Doch: »Was ich denk und tu, das trau ich andern zu«, mir scheint, die Männer möchten möglichst frei sein! Da ist nur Heil von der Einsicht des Weibes zu erwarten, wenn sich alle emanzipiert haben, dann ist es aus mit dem »Männerstaate«.

*

f)

Erst jetzt kam ich dazu, Ihr Schriftchen »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes« zu lesen, nachdem mich schon lange dessen Schlager als Titel angelockt hatte. An der vierten Auflage, die mir mein Buchhändler schickte, amüsierten und interessierten mich fast noch mehr als das Schriftchen selbst, die Urteile ihrer verschiedenen Leser und Leserinnen.

Über das, was Sie, werter Herr, sagen, kann und mag ich nicht urteilen, denn ich kann nur sagen: Sie haben fast in allen Stücken Recht Das Weib war, ist und wird immer ein ganz anderes Geschöpf sein als der Mann. Seine Lebensaufgabe ist eine ganz andere und darum seine ganze Veranlagung eine andere, physisch, und darum auch psychisch, denn genau derselbe Ton aus dem Waldhorn geblasen ist ein ganz anderer als auf der Violine gestrichen. Das Unbegreifliche, Unerklärliche, Unfaßbare, das wir Geist nennen, ist auf Erden stets und vollständig abhängig von dem Instrument, durch das es in die Erscheinung tritt, und darum ist eben der Geist, der in dem Weibe des Menschen verkörpert ist, durch diesen sich äußert, immer und von jeher ein anderer gewesen, als der, welcher in dein Manne wohnt und aus diesem spricht.

Eben darum aber ist es eine ganz verkehrte Maßregel der neueren Frauenbewegung, wenn sie danach strebt, den Geist des Weibes mit denselben Mitteln, auf denselben Wegen erziehen zu wollen, wie man den jungen Mann erzieht, und den Wirkungskreis des Weibes auf die Bahnen und in die Arena zu verlegen, die von jeher der Tummelplatz des männlichen Geistes und der männlichen Kraft waren.

Wie weit die Frauen mit dieser dummen Bestrebung kommen werden, wird sich ja zeigen. Man lasse sie nur gewähren. Von 100 jungen Mädchen, die man auf die Gymnasien schickt, sind 99 doch froh, wenn sie im Hafen der Ehe landen können, und von 100 jungen Ärztinnen etc. etc. erreicht doch kaum eine Einzige die sechste Null, ohne vollständig mit ihrer Kraft am Ende zu sein.

Warum also, werter Herr, mit Keulen totschlagen, was von selber abfallen wird, warum der heutigen Kulturmenschheit den Sport des Frauenstudiums nicht gönnen? Sie haben in allen Stücken recht, Sie kennen das Weib aber doch nur schlecht, wenn Sie meinen, die Führerinnen der Sonderbewegung hätten eine starke Armee hinter sich. Es ist nur ein kleines Häuflein geldarmer Mädchen, die sich vor weiblicher Arbeit fürchten oder denen man dies erschwert, oder geldreicher Töchter sogenannt vornehmer Häuser, die sich diesen Sport erlauben können und diese Mode mitmachen wie eine andere. Also, ruhig Blut, lieber Freund!

Der Titel Ihres Werkchens ist, wie ich schon sagte, ein großer Schlager, dessen Wert Ihrem Vorleger wohl bekannt war. Aber warum überzeugen wollen, indem Sie mit einer Ohrfeige anfangen? Die Ausdrücke »Schwachsinn« und »Weib« läßt sich die moderne Frau nicht gefallen, auch wenn Sie tausend mal recht damit haben. Ich persönlich würde mich, als ich vor 20 Jahren »Unserer Frauen Leben« schrieb, gehütet haben, mein Buch, »Das Leben des deutschen Weibes« zu benennen, und mein Verleger würde damals vielleicht auch nicht darauf eingegangen sein. Wenn man den Patienten eine Pille oder Mixtur schlucken lassen will, muß man sie ihm mundgerecht machen. Ich glaube zu verstehen, was Sie unter »Schwachsinn« meinen. Aber ebenso wie der Spinnenfaden verhältnismäßig ebenso stark, wenn nicht stärker ist als das Schiffstau, ebenso ist der weibliche Geist vielleicht nicht schwächer als der männliche, nur ist seine Aufgabe eine andere, weil eben die Konstitution des Weibes eine andere ist als die des Mannes. Stark und schwach sind eben da wie allgemein ganz relative Begriffe, ebenso wie groß und klein, gut und schlecht etc. etc. Vielleicht hätte man sich nicht so sehr alteriert über Ihr Werkchen und die Wahrheiten, die es enthält, wenn Sie »Über die physiologischen Grundbedingungen des weiblichen Geistes« geschrieben hätten. Ein Schlager wäre dieser Titel allerdings nicht gewesen, aber auch keine Ohrfeige als Eröffnung der Diskussion. Allerdings hätten Sie dann nicht die vielen amüsanten Zuschriften erhalten und wahrscheinlich würde ich unter der Masse derartiger Schriften an Ihrem geschätzten Werkchen achtlos vorübergegangen sein. Man kann doch nicht alles kaufen und alles lesen. So aber sprang mir der Titel in die Augen, ich bestellte, kaufte und las und diese Epistel ist die Folge davon.

»Umarmt« will ich nicht von Ihnen sein. Ich war in meiner Jugend keine Freundin von Umarmungen und bin jetzt 60 Jahre alt, habe weiße Haare und Zahnlücken, bin aber kein altes Scheusal sondern nur

Sie hochachtungsvoll grüßend
meines Vaters Tochter
Sophie.

g)

Zwei Tage ging ich an dem Buchladen vorüber, den dritten Tag kaufte ich mir ihre Broschüre, die so viel angefeindete Überschrift hatte mich zu sehr gelockt. – Jetzt drängt es mich Ihnen zu sagen, wie ich bewundere, daß Sie die weibliche Natur so kennen!

Ich handle impulsiv, »instinktiv« – ein Mann würde vielleicht überlegen und finden, daß es gänzlich überflüssig. Ich bin aber so innerlich erregt durch Ihre Schrift, denn ich habe es schon so oft empfunden, daß uns die Männer in allem überlegen sind. Es ist alles so wahr, so richtig was Sie sagen: wenn sich einem auch manchmal innerlich etwas zusammenzieht und man ordentlich schlucken muß, um es hinunter zu bekommen. Die gekränkte Eitelkeit!

Wenn die Mütter sich nur ordentlich klar wären, was sie als solche alles leisten können und wie sehr sie durch einen gesunden Körper den Geist des Kindes beeinflussen können. Denn mit den Anlagen wird der Mensch geboren.

Ich bin absolut keine vollkommene Mutter, aber mein höchstes Bestreben ist es, gesunde Kinder zur Welt zu bringen und ihre Gesundheit zu erhalten. Ich bin fest überzeugt, daß eine Frau schon vor der Geburt viel dazu tun kann, natürlich muß man einen gesunden Mann heiraten.

Ich bin auch eine aus einer großen Kinderschar und weiß, welcher Segen es ist. Selbst habe ich erst 2 Kinder, denn unser Geldbeutel ist nicht groß, 1-2 möchte ich aber noch haben.

Diese ganze Frauenfrage lasse ich auch nur als Notfall gelten, das einzig Richtige ist doch Mutter zu sein.

Ich muß sagen, ich finde die Frauen entsetzlich dumm, wenn sie das von sich tun, wodurch sie die Männer beeinflussen, wenn nicht gar beherrschen können. Einem »Mann« werden solche Mannweiber stets ein Greuel sein.

Sie, verehrter Herr Dr., haben das Weib, wenn es weiblich ist, sicher sehr gern, Sie müssen die Frauen überhaupt besonders lieben, da Sie ihnen so die Wahrheit sagen! Oder gilt es nur der Angst vor den vielen weibischen Männern?

Ich komme mir selbst ganz emanzipiert vor, solchen Brief zu schreiben. Vielleicht macht es Ihnen etwas Spaß, wenn eine kleine Frau aus diesen Kreisen sich einmal äußert, Sie gehören ja zu den Beichtvätern. – Grade in unserer Gesellschaftssphäre sieht man oft Mütter, die anscheinend ein Brett vor dem Kopf genagelt haben und die einen nicht glauben, wenn man sie überzeugen will.

Doch Schluß! Ich bin eben ein Weib und kann schwatzen.

Mein Name ist Beichtgeheimnis, denn mein Mann ist Offizier und Sie wissen, unsere Welt ist voll von beengenden Rücksichten.

Mit meinem Dank für alles, was ich wieder durch Sie gelernt, verbinde ich unbekannter Weise einen freundlichen Gruß.

h)

Recht seltsame Schreiben hat Ihnen fraglos Ihr Werk »Der physiologische Schwachsinn des Weibes« schon eingetragen. Und zu diesen gehört nun auch mein Brief.

Ich maße mir kein Urteil über Ihr Werk an, denn dazu bin ich nicht klug genug. Nach meinem Dafürhalten haben Sie – leider – in recht vielen Dingen recht, oft aber – Gott sei Dank – unrecht. Und es tut mir leid für Sie, daß Menschen und Leben Ihnen so trübe Auffassungen schufen. Aber dies alles ist nicht der Zweck meines Briefes. Ich spiele in demselben tatsächlich die Rolle eines Versuchers. Sie schreiben in Ihrem Werk, daß Sie auch die Frauen ehren, die ein uneheliches Kind ihr eigen nennen. Ich weiß hier ein noch junges Geschöpf, gut und bescheiden, aber »leider« hübsch, und dies war wohl ihr Unglück, sie will ihr Kind nicht verleugnen, auch die Sorge dafür keinem Fremden überlassen, aber sie sucht für den Knaben einen Namen, seiner Zukunft wegen. Wenn diese Sie nun bäte, den Knaben zu adoptieren, Herr Doktor?

i)

Wenn Sie Ihre so sehr zutreffenden (!) unparteiischen (!) Artikel über die Weiber schreiben, möchten Sie nicht, um ganz gerecht zu sein, in denselben sich selbst und Ihresgleichen mit »Kerlen« bezeichnen! Der Gegensatz von Männern ist »Frauen«, »Weiber« ist aber Gegensatz von »Kerlen«.

Haben Sie keine Mutter gehabt?

Eine Frau.

k)

Ich habe Ihren Aufsatz »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes« I. Teil gelesen. Wenn ich mir die Freiheit nehme, Ihnen diesbezüglich zu schreiben, so geschieht es in erster Linie, um Ihnen zu zeigen, daß nicht alle Weiber Ihrer Abhandlung so feindselig und, leider muß ich es gestehen, so kleinlich gegenüberstehen, wie scheinbar viele, die Ihnen in dieser Sache geschrieben haben; in zweiter Linie, weil ich glaube, daß Sie in Bezug auf Frauenfrage etwas zu streng urteilen.

Ich sehe absolut nicht ein, inwiefern sich unser Geschlecht durch Ihre Schrift gekränkt fühlen kann. Sie erklären darin wiederholt, daß das Weib die Bestimmung hat, Kinder zu gebären. Auf ihm ruht also im weitesten Sinn das Wohl des Vaterlandes. Ich wüßte nicht, was erhebender sein könnte, als dieser Gedanke. Ich wüßte auch kein wahres Weib, das nicht (aber das bedarf ja gar keiner Erwähnung) den Mutterberuf jedem andern vorziehen würde. Wenn es trotzdem so viele, viele Frauen gibt, die einen andern Beruf suchen (ich rede hier natürlich nicht von denen, die durch die Not dazu gezwungen werden), so geschieht es nicht aus einem törichten Verlangen nach Freiheit oder Gleichheit, sondern einzig und allein aus dem Drang, ihrem Leben wieder einen Zweck zu geben, nachdem ihnen das Schicksal das Glück Gattin zu werden und somit (leider verlangt es unsere Moral so) auch das Mutterglück versagt hat.

Wissen Sie, woraus sich die Frauenbewegung größtenteils zusammensetzt? Aus solchen, die von der Natur zu stiefmütterlich behandelt wurden und infolgedessen nie begehrt worden sind und dann aus solchen, die in ihren Hoffnungen und Plänen enttäuscht wurden. Alle die schließen sich der Frauenbewegung mit dankbarem Herzen an, weil sie ihnen einen Weg eröffnet, auf irgend einem Gebiet etwas Tüchtiges zu leisten, wenn sie auch, nicht durch eigne Schuld, den edelsten Zweck, zu dem die Natur sie bestimmt, nicht erfüllen können. Ich glaube, daß 80% der studierenden Frauen solche sind, die einfach keine Gelegenheit haben sich zu verheiraten und daß, wenn sich ihnen eine solche darböte, sie mit Freuden den selbst erwählten Beruf aufgeben würden, um sich einem höheren, edleren zu widmen.

Die Frauenbewegung nimmt nicht der Nation die Mütter weg, sondern sie nimmt die Frauen auf, die vom Glück der Ehe ausgestoßen sind. Also kann der Nachwelt durch die Emanzipation kein großer Verlust entstehen, aber wenn es überhaupt einer ist, so haben die Männer am wenigsten ein Recht sich darüber zu beklagen.

Es ist so leicht, die streitenden, kämpfenden Frauen zu verdammen oder gar über sie zu spotten. Würde sich aber einmal ein Mann die Mühe geben jede einzelne Frau von Beruf zu fragen, wie sie dazu gekommen, diese Laufbahn zu wählen und bekäme er von jeder eine ehrliche Antwort, dann würde er vielleicht milder über die Frauenfrage urteilen.

Das eine möchte ich hiermit sagen, daß das Gros der Frauen sich seines wahren Zweckes wohl bewußt ist, daß das Sehnen nach der Mutterwürde das Leben des Mädchens und der Stolz auf diese Würde das Leben der Frau ausmacht. Vielleicht gereicht Ihnen diese Versicherung zur Beruhigung.

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l)

l-n gehören zu den Schwedenbriefen.

Kämpfen für die Freiheit vom Mann. Kein Mann ist treu. Der Mann hat viele Frauen auch wenn er verheiratet ist. 80 Prozent von den Männern haben Geschlechts-Krankheiten. Es ist eine Scham mit solchen Männern heiraten. Es ist eine Scham Kinder mit solchen Männern gebären. Alte Männer sind prostituiert. Der Mann leidet an moralischen Schwachsinn, er ist ein Tier in seinen leben. Freiheit vom Mann, Freiheit vom Kinde. Wir sind noch nicht mündig, wenn wir heiraten, darum ist es eine Scham sich heiraten. Wir verloren unsre Selbständigkeit und werden unselbständig, wenn wir heiraten. Hier in Schweden haben wir die Hoffnung mündig in die Ehe nächste Jahr zu werden, aber wie ist es in Deutschland? Wir meinen, daß in Deutschland die Frauen sind sehr unterdrückt. In Deutschland Sie trinken so viel Bier, daß Sie sind gar stumpfsinnig.

Haben Sie mit dem Buch mit dem lächerlichen Titel gute Geschäfte gemacht? Bei uns haben wir ein Sprichwort: was wird nicht der Deutsche machen um Geld zu haben? Sie haben über Nietzsche mit geschrieben und ein sehr geschickt Arzt bei uns hat in einen sehr berühmten Buch geschrieben; »hier wie in alles, was doktor Möbius schreibt, hat er sehr übers getrieben. Sie sind nervenschwach herr Doktor? Sie sind so eifrig in alles. Wir haben zu viel Gehirn-Männer. Die Gehirn-Männer sind meistens nervenschwach und haben weichliche Kinder.

Die alten unverheiraten Männer sind immer lächerlich.

Es kann nicht ohne Ursache sein, daß Mann seit Jahrtausenden von alte unverheiratete Männer mit Gelächter und Veracht spricht. Der alte Hagestoltz hat immer lächerliche Idéen und Phantasien und ist kaltblütig und herzlos. Der Hagestoltz haßt alles neu und er ist sehr konservativ. Ich empfehle die Kloster für alle alte unheiratete Männer, besonders wenn die Männer über 50 Jahre sind. Die Kinder, die eine solcher alte Vater haben sind nicht so stark wie andere Kinder, und es ist Scham für ein solchen alte Mann Kinder in die Welt schaffen. Ein Mann über 50 Jahren ist abscheulich. Sie, als ein alter unverheiratete Mann hat auch fixe idéen bekommen. Sie haben die idée, die Frauen zu hassen und schriebt mit einer Nervosität, so mann muß lachen. Der Hagestoltz ist immer neidisch auf andere.

lch denke, Sie müssen an Schlaflosigkeit leiden, bei dem Gedanke an Frauen in Rußland und bei dem Gedanke, daß eine Frau in Frankreich das Nobelpreis bekommen, aber Sie können es nicht bekommen. Wie müssen Sie nicht leiden Herr Doktor! Ich beklage Ihnen! Oh, die Neid und Herzlosigkeit bei dem alte, lächerliche unheiratete Mann mit fixe Idéen!

I sage bestimmt: »es ist Scham für die Frauen sich heiraten, wenn die Frauen wissen, wie degeniriert der Mann ist und es ist Scham mit solchem Mann Kinder zu haben. Wir sind bald zu stoltz zu heiraten. Freiheit vom Manne. Er ist nicht unre Liebe wert. Er hat mit seinem tierische Körperkraft uns in viele Jahrtausenden schämlich unterdrückt.

Die Zunge ist eine höhere Waffe zu anwenden als die Körperliche Kraft und die Faust. Die Tiere können die Faust anwenden aber nicht die Zunge. Die Männer klatschen doch schäcklich ungeachtet die körperliche, tierische Kraft sie haben.

Schämen Sie sich nicht zu sagen, daß wir können nicht so selbstständig handeln und denken wie die Männer. Wissen sie nicht, Hagestoltz, daß der Mann hat immer Freiheit in alles gehabt und daß muß ja die Selbstständigkeit entwickeln, aber wir Frauen müssen in alles denken was sich passen, wenn wir handeln und unterdrücken, damit unsre Selbstständigkeit. Sie willen uns doch noch unterdrücken, aber klandest, wenn wir nicht so selbstständig handeln wie ein Mann. Welcher Neid! Welche List! Welche konkurrenz- Furcht! Der Mann hat immer Freiheit gehabt, ach dafür ist so viel vom Mann ausgegangen. Wir haben unter Zwang gelebt. Sie müssen doch heiraten. Vielleicht werden Sie denn die fixe I-déen verlassen.

Eine scharfsinnig Frau.

m)

Entweder leiden Sie von phüsiologischen Schwachsinn, oder sind Sie ein sehr böser und neidischer Mensch. Herr Doktor.

Sie behaupten, daß die Frau von der Natur ein weniger selbstständiges Geschöpf als der Mann sei. Sie lügen und sind böse! Wie sollten Sie den Mann, der Freiheit gehabt und sich zu einem selbstständigen Wesen auszuwickeln dürfen mit der Frau, die so unterdrückt gewesen ist und keine Erlaubnisz gehabt selbstständig zu sein, vergleichen können?

Wenn das Gewicht des Hirnes kleiner bei der Frau als bei dem Manne, und der Umkreis des Kopfes bei dem Manne gröszer ist, ist das davon abhängig, daß der Mann durch Intelligenz und Selbstständigkeit seinen Hirn auswickeln dürfen hat, die Frau aber nicht selbstständig denken dürfen. Es gibt viel, was auf Geschlecht zu Geschlecht erbt, und der Hirn der Frau hat auf die Frau wie der des Mannes auf den Mann geerbt. Der Hirn unter wilden Völkern ist zwischen Mann und Frau mehr ähnlich, davon abhängig, daß es nicht so groszen Unterschied in Erziehung zwischen ihnen ist. Kommen Sie nicht mit einigen dummen Behauptungen, Herr Doktor! Wir verstehen gut, was Sie bezwecken. Wir wissen auch, daß der Umkreis des Kopfes und das Gewicht des Hirnes bei Menschen jetzt als vor 200 Jahren gröszer sind, von intelligenter Arbeit abhängig.

Sie sagen, daß, was die Frau lernt Recht und gut ist, das glaubt sie auch, daß es recht und gut ist. Ist es wunderbar, Herr Doktor, wenn sie weniger kritisch als der Mann sein sollte, da sie so unterdrückt gewesen ist, und nichts in einem Staate zu sagen gehabt, sondern hat lernen dürfen daß alles wie es ist, recht und gut ist. Der Mann wäre ganz sicher gleich, wenn er so unterdrückt wie die Frau gewesen wäre.

Sie behaupten, daß die Frau von Studien überanstrengt werde. Sie lügen. Ein weiblicher Arzt hat geschrieben, daß sie nach Verhältnisz gesehen hat, daß Frauen mehr nervös und überanstrengt in den Ehen als durch Studien werden.

In Rußland gibt es ebenso viele weibliche Ärzte wie im ganzen übrigen Europa zusammen, noch aber hat man unter ihnen keine Überanstrengung, viele männliche Ärzte dagegen überanstrengt, gesehen. So hat man es in einer ruszischen Zeitschrift gelesen. Darüber daß die Frau durch Studien überanstrengt wird, zu sprechen, aber mit der Überanstrengung der Frau in der Ehe zu schweigen, ist boshaft von Ihnen, Herr Doktor. Das ist Rache und Neid gegen uns.

Wir wollen die Männer einige Jahrtausende die Wirtschaft besorgen lassen und die Erde bestellen, und die Frau studieren lassen, dann bin ich überzeugt, daß nach den tausenden Jahren der Hirn der Frau größer und schwerer als der des Mannes sei. Es ist nicht damit genug, daß die Frau ihre Intelligenz wie der Mann nicht auswickeln dürfen hat, sie ist außerdem abscheulich unterdrückt gewesen. Der Mann ist zu viel emanzipiert, die Frau dagegen gar zu wenig.

Der bessere Mann hier muß sich bald Frauen unter unzivilisierten Völkern erwählen, sie passen ihm in Roheit und Tierischkeit besser. Wir fangen mehr und mehr an die Ehen abzuscheuen, denn der Mann steht in Sitten und Moral so tief unter uns. Kein Mann ist seiner Frau treu, und 80 Prozent von ihnen leiden von ansteckenden Geschlechtskrankheiten. Wundern Sie sich, daß es uns bei dem Gedanken an den tierischen Mann ekelt, und daß wir ihn mehr und mehr abscheuen?

Das gefallene Weib steht unter Polizeikontrolle und Arztbesichtigung, der gefallene Mann aber wandert in der Gemeinde mit ansteckenden Geschlechtskrankheiten umher. Ist so etwas Gerechtigkeit? Die Frau muß überall im öffentlichen Leben ein, wenn es soziale Gerechtigkeit werden soll. Wir finden uns nicht weiter in den ungerechten Gesetzen des Mannes. Der gefallene Mann bezahlt der gefallenen Frau, alzo ist es der Mann, der das Laster unterhält und er ist der mehr Schuldige; er geht aber frei, denn er hat selber die Gesetze gestiftet, noch zu der groszen Schande des Staates gibt es keine Weiber im Reichstage. Ist es dann wunderbar, daß die Gesetze ungerecht und zum Vorteil des Mannes sind? Die Frau musz überall im Staate sein und alles komplettieren, denn die ungerechten Gesetze des Mannes können wir nicht weiter ertragen. Da der Mann ein Tier ist und in Polügamie und anderen Lastern lebt, ist es für uns erniedrigend seinen Gesetzen zu folgen. Der Mann fürchtet uns, denn er weisz, daß er vor gerechten Gesetzen nicht besteht.

Der verheiratete Mann, der die Bordellen besucht, ist doppelt gefallen als die Frau in einem Bordelle, denn der verheiratete Mann betrügt seine Frau, die gefallene Frau aber ist frei und betrügt niemand. Der Mann ist ein liederliches Tier und steht zwischen dem Tiere und der Frau.

Sein Körper ist unentwickelt und gleicht dem des Kindes, denn er hat keine entwickelten Brustdrüsen und seine Hüften sind unentwickelt wie die des Kindes. Sein Körper ist stark haarbezogen, sein Unterkiefer schwer (tierisch). Er muß wie die Tiere mehrere Weibchen auch als verheiratet haben. In der Ehe ist er ein Lügner und Betrüger, deswegen müssen alle Weiber auferwachen.

Mehrere Personen, unter ihnen auch Herren, haben geäußert, daß es wunderbar ist, daß die Frau, die sich nicht zu einem selbstständig denkenden Wesen als der Mann auswickeln dürfen hat und die so unterdrückt gewesen ist, doch bei den Universitäten gerade dieselben Examina als der Mann nehmen kann, und unter dem Widerstande des Mannes doch mit Kraft und Mut zu dem, was sie jetzt sind, sich hervorgekämpft hat. Ist das nicht groszartig? Wenn man an dieses denkt, kommt man unwillkürlich zu dem Gedanken, daß hätte die Frau vom Anfang der Zeiten an sich zum selben selbstständigen Geschöpf wie der Mann auswickeln dürfen, hätte sie jetzt hoch über dem Manne gestanden.

In einer rohen Zeit war es die gröszere Rohheit und Stärke des Mannes, die über die Frau siegten, gerade wie der Tiger mit seiner rohen Stärke über dem edleren Menschen siegen kann, davon kommt die ungerechte Macht des Mannes im Staate, die wir nun von ihm nehmen müssen. In einem aufgeklärten Zeitraume können nicht Rohheit und Tierischkeit siegen, dann muß die edlere und bessere Frau eingreifen und über dem Manne – dem Tiere siegen. In dieser Weise muß es am Ende gehen.

Die viele Hirn-Männer mit ihren überanstrengten Hirnen und fixen Ideen fangen an für die Gemeinde schädlich zu werden und nervenschwache Kinder zu zeugen. Der Mann ist von der Natur durch seinen groben und tierischen Körperbau um die Erde zu bestellen bestimmt.

Von den Hirn-Männern müssen wenigstens die Hälfte ausgerottet werden. Wenn sie überanstrengt sind, kriegen sie fixe Ideen und in ihrer Nervenschwäche schimpfen sie die Frau.

n)

Sie machen sich in unsren Augen so dumm und lächerlich, wann Sie behaupten, daß die Stelle der Frau die Ehe sei. Es wäre traurig wenn es nicht für uns eine andere Stelle als diese erniedrigende Ehe mit ihren für uns Weiber so ungerechten Gesetze der Ehe gäbe. Die Ehe sollte wohl so wertvoll wie möglich für uns gemacht werden, wenn wir dieselbe nicht mehr und mehr abscheuen müssen. In der Ehe hat der Mann alle Gerechtigkeiten, die Frau aber gar keine. Er hat sogar über die Kinder gesetzliches Recht, die Frau dagegen nicht, obgleich die Frau viel mehr mit ihrer Erziehung zu tun hat. Ist so was Gerechtigkeit? Der Mann ist der Stiftung von Gesetzen nicht fähig, denn er kann nicht gerecht sein. Daß der Mann nicht gerecht sein kann, ist vielleicht davon abhängig, daß er beinahe nie gesund ist, und das übt auf seine Laune Einfluß, und es ekelt uns, daß wir, die rein in die Ehe eintreten, prostituierte, unsittliche Männer als Ehegatten kriegen sollen. Diese Doppelmoral können wir nicht vertragen. Wir brauchen eine Menge studierte, aufgeklärte Weiber die der für uns so ungerechten Gesetze ein Ende machen. Wir müssen Stimmrecht haben, denn eher kriegen wir keine Gerechtigkeit und können unsre Reformen nicht durchsetzen.

»Die Kenntnis ist Macht«, und wegen der gröszeren Kenntnis in allem was der Mann gekriegt hat, hat er uns so unterdrücken können. Dieser Macht des Mannes musz es ein Ende werden, denn es ist gar gefährlich, daß er allein die Macht besitzt, da er nie gesund ist, und so was vielleicht auf seinen Sinn Einfluß übt.

Der Mann hat sich in Freiheit und Selbstständigkeit entwickeln dürfen, wir dagegen nicht. Der egoistische Mann behauptet, die Frau könne nicht so selbstständig wie der Mann werden. Doch, Herr Doktor, es ist eben selbstständlich, was wir jetzt werden sollen. Was die überanstrengten Hirn-Männer sagen, das geht uns gar nicht an. Darüber lachen wir nur. Es ist Neid gegen uns und Furcht vor uns. Die Frau zeigt sich eine ungewöhnliche Selbstständlichkeit zu besitzen, die, der Unterdrückung und des Widerstandes des Mannes ungeachtet, überall sich erhebt.

Weg mit der Prostitution, die für alle Männer eine Schande ist! Ist die Unzucht strafbar, ist sie es wohl im selben Grad für Mann und Frau? Der prostituierte, gefallene Mann geht wegen ungerechter Gesetze ohne Kontrolle, die prostituierte Frau aber wird in der bürgerlichen Gesellschaft brandgemarkt. Schämt Ihr Euch nicht, alle Männer, Ihrer schändlichen Ungerechtigkeiten halber? Nicht genug damit, daß der Mann in allem übrigen gröszeren Schutz als die Frau von dem Gesetze hat und so milde verurtheilt wird, sondern sein unsittliches Leben steht auch unter dem Schutze und Wehr des Staates. Schämt Ihr Euch nicht, Männer, wegen Ihrer Doppelmorale? Wir brauchen weibliche Juristen in Menge!

Als unverheiratet sind wir mündig, nicht aber als verheiratet. Weg mit der gesetzlichen Ehe! Wir scheuen die Ehe immer mehr und mehr ab, denn wir wollen nicht prostituierte, gefallene Männer, die uns nie treu sind, als Ehegatten haben. Die gesetzliche Ehe ist eine tiefe Verletzung vom Gewissen der Frau. Der Mann ist zu viel emancipiert, die Frau zu wenig. Die raschesten Freiheiten hat er sich im Staate zum Schaden für ihn selbt und uns genommen. Die Freiheit des Mannes als prostituiert ohne seinen Ruf zu verlieren, ist ekelhaft. Kein Wunder, daß junge Mädchen hier in Schweden es schwören nie zu heirathen.

Mann und Frau müssen in der Ehe ganz gleichgestellt werden, alle rauhe, egoistische Gesetze des Mannes vernichtet werden, der Mann keine Gerechtigkeit als prostituiert ohne brandgemarkt zu werden zu leben, haben; ein Kontor der Besichtigung wegen der Geschlechtskrankheiten des Mannes fordern wir! Strenge Kontrolle des Mannes in seinem tierischen Leben! Diese Doppelmoral ist ein Verdrehen von allen Rechtsbegriffen.

Die Schülerinnen sollen vom tierischen Leben und Geschlechtskrankheiten des Mannes unterrichtet werden, damit sie nicht so unbedenksam heirathen. Die Frau sich mehr zu Studien widmen, damit ihr Hirn ebenso grosz und schwer wie der des Mannes werde.

Der Mann soll vom soviel Studieren vorhindert werden. Von überanstrengten Hirn-Männern giebt es zu viele. Wir brauchen noch mehrere Männer für den Ackerbau. Wir haben starke Voraussetzungen anzunehmen, daß diejenigen Männer, die auf unsre Seite stehen, die edelsten und besten sind, denn diese, haben keine Bedürfnisse davon, daß ungerechte Gesetze um ihr tierisches Leben zu verbergen, noch bleiben. Diejenigen Männer aber, die uns gegenarbeiten sind die schlechtesten, die die aufgeklärte und kritische Frau fürchten.

Welche Freiheiten der Mann sich im Staate genommen hat, ist eine Schande. Die Prostitution und die für uns so ungerechten Gesetze sind genug um die Notwendigkeit davon, daß die Frauen überall auf allen Stellen im Staate eintreten müssen, zu zeigen. Die Verachtung der Frau für den Mann nimmt immer mehr zu. Pfui, welche Tiere!

Mit der Uebermacht des Mannes musz es aus werden! Nun hat er so lange regiert, daß nun die Reihe an uns ist, die Macht zu haben.

Unser Rechtsgefühl sagt uns, daß wir die Macht vom Manne nehmen müssen, denn je mehr die Aufklärung hervorschritt, desto mehr übel zeigen sich seine ungerechten Gesetze im Staate. Prostituierte, unsittliche Männer, die steuern und die nie gesund sind, zu haben, das können wir nicht weiter vertragen. Auf der ganzen Welt erhebt sich die Frau, denn sie sieht das Unvermögen des Mannes in allem ein. Wir müssen alles verbessern, wenn nicht die Welt durch den Mangel an Rechtsgefühl des Mannes untergehen soll.

Noch ist keine Frau so tief gesunken, daß sie ihren letzten Pfennig um unsittlich leben zu können, ausgegeben hat, wie der Mann es getan hat.

Mit der Aufklärung muß die Frau siegen, denn sie ist nicht so gefallen wie der Mann. Wenn einige überanstrengte Gehirn-Männer und launische alte Junggesellen sich gegen uns erheben, bedeutet das gar nichts, im Gegenteil soll es uns anreizen.

Die Frau ist nicht wie der Mann von Geschlechtskrankheiten und Saufen verdorben, vielleicht kommt es darauf an, daß sie nicht von Studien so überanstrengt wie der Mann wird. Die rauhe, tierische Natur des Mannes macht vielleicht auch noch was dazu, daß er so leicht überangestrengt wird, denn Körperarbeit ist ihm mehr angemessen.

Die unverheiratete Frau hat eine bessere Stelle als die heiratete, denn die unverheiratete ist mündig und braucht nicht zu egoistischen Gesetzen rauher Männer gehören.

Wir brauchen Frauen im Reichstage.

Mehrere schwedischen Frauen.

Von den noch nach dem Tode des Verfassers erschienenen Kritiken sei hier nachstehende, in Nr. 12, 1907 der » Leipziger Neuesten Nachrichten« veröffentlichte Besprechung des Buches abgedruckt:

Ein vielumstrittenes Buch.

Das bekannte Werk des Leipziger Gelehrten Dr. P. J. Möbius »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes« ist nun in 8. Auflage (bei Carl Marhold in Halle a. S.) erschienen, hat aber bisher mehr Widerspruch als Zustimmung, wenigstens von Seite der Frauen, erfahren. Wenn es mit Freuden zu begrüßen ist, daß es eine so weite Verbreitung gefunden hat, so ist auch zu wünschen, daß der Verfasser richtig verstanden wird. Dies scheint nur selten der Fall gewesen zu sein, da die Frauen, zu deren Wohl und Nutzen das Werkchen geschrieben ist, Möbius geradezu als ihren Feind betrachten. Auch aus den veröffentlichten Kritiken von Lesern und besonders von Leserinnen des Buches geht hervor, wie viel Mißverständnis ihm entgegengebracht wird. Schon im Titel sieht fast jede Frau eine persönliche Beleidigung, und fühlt sich veranlaßt, das Buch mit Voreingenommenheit nur zu durchblättern und ohne genauer darauf einzugehen, wieder aus der Hand zu legen. Der Verfasser hat auseinandergesetzt, wie das Wort Schwachsinn zu verstehen ist, aber leider nur wenig damit erreicht. Man denkt, es müsse doch jede Frau interessieren, wenn ein Gelehrter und scharfer Beobachter, wie Möbius; das Weib zwar mit allen seinen Schwächen, aber auch mit seinen Vorzügen schildert. Daß er so rückhaltlos die Wahrheit gesagt und gerade die Schwächen des Weibes im richtigen Lichte gezeigt hat, ist einigen Schreiberinnen zu danken, die das weibliche Geschlecht lächerlich gemacht haben.

Die Natur hat Mann und Weib als zwei gleichwertige Geschöpfe nebeneinandergestellt, aber zu verschiedenen Zwecken und daher mit verschiedenen Fähigkeiten und Eigenschaften. Jede Frau sieht ein, daß ihre körperlichen Kräfte nicht an die des Mannes heranreichen; daß es mit den geistigen ebenso ist, wollen viele nicht glauben.

Möbius warnt vor der Verbildung des weiblichen Gehirns durch angestrengtes Studium, da es nachteilige Folgen für den ganzen Organismus hat. Er verlangt, daß das Weib in erster Linie Mutter sein soll, und, um diesen Beruf und die daraus erwachsenden Pflichten voll ausfüllen zu können, muß es sich gesund erhalten. Tritt das Weib in die Ehe, vollgepfropft mit wissenschaftlicher Bildung und dadurch nervös gemacht, so bleibt es entweder kinderlos oder wird nervöse Kinder haben. Dann aber wird das Unglück für die folgenden Generationen immer größer. Um dies zu verhüten, sind es vor allem die Mütter heranwachsender Töchter, denen die Warnung des Verfassers dringend ans Herz zu legen ist. Da ja kein Mädchen wissen kann, ob es sich verheiratet, so ist es allerdings notwendig, daß alle sich mit Kenntnissen ausrüsten, um sich einen Beruf gründen zu können, oder sie später in der Familie und Gesellschaft anzuwenden. Diese Kenntnisse müssen jedoch den weiblichen Geistesgaben angepaßt sein.

Das moderne Weib will Gleichberechtigung mit dem Manne auf allen Gebieten. Könnte nun das Weib wirklich jeden männlichen Beruf ausfüllen, außerdem Mutter sein, ihre Kinder stillen, erziehen und häusliche Arbeiten verrichten, so müßte es ein ganz phänomenales Geschöpf sein, das noch weit über dem Manne stände. Da dies aber nicht der Fall ist, und es auch nicht erzwungen werden kann, so bedeutet der übertriebene Grad von Emanzipationsbestrebungen nur einen nutzlosen Kampf gegen die Natur.

Die hervorragend begabten Frauen, die erfolgreich mit den Männern in Wettbewerb getreten sind, sind meist nicht Mütter geworden und können daher aus eigener Anschauung nicht wissen, daß das Weib vielfach gehindert ist, ebenso andauernd einem anstrengenden Beruf nachzugehen, als der Mann.

Verheiratete Frauen dagegen wissen, daß ihre vollen geistigen und körperlichen Kräfte zur Erfüllung ihrer mütterlichen und häuslichen Pflichten nötig sind, und an diesen wäre es, gegen die Überschätzung des weiblichen Studiums und die Forderung nach völliger Gleichberechtigung aufzutreten. Leider wird erst die Erfahrung lehren, daß das Weib mit seinen übertriebenen Emanzipationsbestrebungen schlecht wegkommt. Möbius bezweckt aber gerade mit seinem Buche, das Weib vor solchen bitteren Erfahrungen zu schützen, und es seinem natürlichen Berufe zu erhalten.

Ich glaube, den Verfasser verstanden zu haben, und kann ihm vollständig beipflichten, da ich, durch seine Schrift angeregt, die Frauen jahrelang genau beobachtet und seine Anschauungen bestätigt gefunden habe.

Zum Schlusse möchte ich allen Frauen noch das von Möbius warm und schön geschriebene Heftchen » Geschlecht und Kinderliebe«, Verlag von Carl Marhold, Halle a. S., zur Lektüre empfehlen. Es gehört mit zu dem besprochenen Thema und wird allen Müttern Freude bereiten und seine Gegnerinnen versöhnlicher stimmen.

Frau H. K., Leipzig.


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