Fritz Mauthner
Hypatia
Fritz Mauthner

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Nachwort zum dritten Bande

»Hypatia« erschien zum erstenmal vor bald dreißig Jahren im Feuilleton der »Kölnischen Zeitung«. Der Abdruck hatte eine unerwartete Wirkung: die Zentrumsblätter denunzierten auf Kirchenfeindlichkeit und Gotteslästerung, und bald wurde sogar von den Kanzeln gegen meinen Roman gepredigt. Ich schwieg, denn ich hatte nicht die Neigung, den Lärm zugunsten meines Buches zu benützen. Die »Kölnische Zeitung« wurde ängstlich und ließ das ganze Kapitel ungedruckt, in welchem die tollen Einsiedler, die Mörder der Hypatia, eingeführt werden. Noch eine kleine Folge hatte die Hetze des Zentrums. Als ich einige Jahre später den Kölner Karneval mitmachte und die nicht geringe Ehre erlebte, daß mir in öffentlicher Sitzung der Narrenorden der großen Karnevalsgesellschaft zuerkannt und überreicht wurde – wirklich mein einziger Orden –, da erhob sich bei den katholischen Mitgliedern des Vereins ein heftiges Murren, gegen das der Narrenkönig, oder wie sein Titel war, feierlich einschritt.

Ein anderer Umstand wurde damals und später kaum beachtet: mit zwei Anachronismen hatte ich den romantischen Kaiser Julianos den Abtrünnigen zum Paten der letzten griechischen Philosophin gemacht, die sicherlich erst nach seinem Tode geboren wurde, und hatte zum Bilde des Julianos einige Züge geborgt von zwei romantischen Königen aus dem Hause der Hohenzollern, von Friedrich Wilhelm IV., den schon Strauß mit Julianos verglichen hatte, und von Wilhelm II. Der Zorn über die Entlassung Bismarcks hatte mich getrieben; ich werde jetzt darauf aufmerksam gemacht, daß eine der vielen Ansprachen, mit denen der römische Kaiser seinen unseligen Feldzug gegen die Perser in meinem Romane begann, fast wörtlich mit einem schwarzgeflügelten Worte von 1914 übereinstimmte: »Wir wollen auf die Perser losdreschen!« Die erste Fassung, der Zeitungsabdruck, war in der travestierenden Charakterisierung des Kaisers viel kecker gewesen als die spätere Buchausgabe; künstlerische Bedenken haben mich zu der Abschwächung bestimmt, und diese Bedenken gelten heute noch mehr.

Theodor Mommsen, der mich durch Darleihung wertvoller Spezialschriften während der Arbeit freundlichst unterstützt hatte, machte nachher ästhetische Einwürfe gegen »die Doppelfarben des Gemäldes«, die »dem Ganzen ebensoviel schaden wie sie im einzelnen erfreuen und erheitern«. Er war ein abgesagter Feind des historischen Romans, des pedantischen wie des unpedantischen. Doch für die Behandlung der Hohenzollern und der Heiligen hatte er mancherlei übrig. In dem schon angeführten Briefe (vom 27. Dezember 1891) schrieb er mir: »Ihre Pfaffenstudien, Kyrillos wie Synesios, treffen dort wie hier ins Schwarze.«


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