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Zehntes Kapitel.

Eines Tages besuchte er mich mit seiner Gattin, die gemeinschaftlich mit ihm ernstlich in mich drang, daß ich einen oder zwei Tage mit ihnen in ihrem Landhause zu Kew zubringen solle. Ich nahm die Einladung an, und sie holten mich auf dem Wege dahin in ihrem eigenen Wagen ab. Es war Sommer, und ich freute mich auf ein Paar Tage der Londoner Luft entronnen zu sein. Mr. Selwyns Familie bestand aus zwei erwachsenen Söhnen und drei Töchtern, die mir insgesammt sehr talentvoll zu sein schienen. Der gute Rechtsgelehrte fragte mich nun zum erstenmale, ob ich über meine Zukunft völlig mit mir im Reinen sei, oder nicht.

Ich verneinte dies mit der Bemerkung, daß ich vorläufig Musikunterricht ertheile und im Chor der katholischen Kapelle mitwirke, zwei Beschäftigungen, welche mich in die Lage setzen, Geld zu ersparen.

Er lobte meine Thätigkeit und drückte die Hoffnung aus, daß auch er mir werde Zöglinge verschaffen können. »Es war mir nicht bekannt,« fügte er bei, »daß Ihr eine so gute Stimme habt. Ich muß mir indeß die Gunst erbitten, daß Ihr mich selbst einen Zeugen sein laßt, denn sonst bin ich ja nicht im Stande, über Euch Bericht zu erstatten.«

Ich setzte mich sogleich nieder und sang. Sowohl er, als seine Gattin und seine Töchter waren über meine Leistung höchlich erfreut. Während meines Aufenthalts behandelte mich Mr. Selwyn fast wie ein Vater, und nachdem es ihm gelungen war, mich immer weiter über mein früheres Leben auszuholen, billigte er in jeder Weise meinen Entschluß, daß ich lieber unabhängig bleiben, als mich wieder der verdächtigen Freundschaft einer Lady M– oder einer Madame d'Albret anvertrauen wollte. Ich besuchte die Familie später öfters in ihrer Stadtwohnung, wurde zu ihren Abendpartieen eingeladen, und da ich bei solchen Gelegenheiten zu singen pflegte, so vertrauten viele, die mich hörten, mir den Unterricht ihrer Töchter an.

Sechs Monate nach meinem Umzuge zu den Gironacs befand ich mich in sehr gedeihlichen Verhältnissen. Ich hatte achtzehn Zöglinge, die wöchentlich zweimal je eine Unterrichtstunde von mir erhielten und von denen zehn die Lektion mit fünf und die andern acht sie mit sieben Schillingen bezahlten. Die Mädchenschule, an welcher ich Unterricht ertheilte, trug mir wöchentlich ungefähr fünf Guineen und mein Gesang in der katholischen Kapelle jeden Sonntag drei Guineen ein, so daß ich mich während der Wintersaison wöchentlich auf mehr als achtzehn Pfund stellte. Indeß muß ich gestehen, daß ichs mir dafür sauer werden ließ, und zwei oder drei Pfunde davon mußten wöchentlich für Kutschenmiethe ausgegeben werden. Aber obschon ich jetzt mehr Geld auf mein Aeußeres verwendete und außerdem ein eigenes Pianoforte in meinem Zimmer stand, konnte ich doch noch vor Ablauf eines Jahres Mr. Selwyn wieder zweihundert und fünfzig Pfunde bringen, die er für mich anlegte. Wenn ich bedachte, in welcher Stellung ich mich wohl jetzt befände, falls nicht die arme Lady N– so liebevoll Sorge für mich getragen hätte – wenn ich mir ins Gedächtniß zurückrief, wie Madame d'Albret mich jung und freundlos in die Welt hinausgeworfen – und wenn ich damit zusammen hielt, wie ich mir jetzt durch meine eigenen Anstrengungen schnell ein kleines Vermögen erwarb – dies noch obendrein in so früher Jugend, denn ich war kaum erst aus den Zehnern getreten – hatte ich da nicht allen Grund, dem Himmel dankbar zu sein? Und ich war dankbar, dankbar aus tiefster Seele und fühlte mich in der That wahrhaft glücklich. All mein früherer Frohsinn, meine Lebhaftigkeit, die sich während meines Aufenthalts in England fast verloren hatte, war wieder zurückgekehrt, und jedermann, mit Ausnahme des Mrs. Selwyn, gab mir die Versicherung, daß mein Aussehen mit jedem Tage besser würde. Ich hatte allmählich mehr Rundung und Breite gewonnen, ein Paar Eigenschaften, die früher meiner überaus schlanken Figur abgegangen waren.

Ich habe vergessen, zu sagen, daß ich ungefähr drei Wochen nach Lionels Ankunft in Paris von Madame d'Albret einen Brief erhielt, in welchem sie mir aufs Wärmste für die Empfehlung des jungen Engländers dankte, da sie einen Beweis darin sehe, ich habe ihr vergeben, was sie sich selbst nie verzeihen könne. Sie gebe noch immer der Hoffnung Raum, daß sie mich eines Tages wieder umarmen werde. Von Lionel schrieb sie mir, er scheine ein bescheidener, anspruchsloser Jüngling zu sein, und an ihr solle die Schuld nicht liegen, wenn er nicht als ein vollendeter Gentleman in sein Vaterland zurückkehre; er nehme bereits Unterricht bei den besten Fechtmeistern und Musiklehrern; auch gebe er sich alle Mühe, die französische Sprache zu erlernen. Sobald er es in dieser bis zum leidlichen Sprechen gebracht habe, gedenke er auch mit dem Deutschen und Italienischen anzufangen. Sie habe ihn bei einer trefflichen französischen Familie untergebracht, und er scheine sehr glücklich zu sein.

Als ich den Inhalt dieses Briefes durchlas, konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren, welche Veränderung doch mit Lionel Dempster vorgegangen sei, sobald er in seine Rechte eingesetzt war. Aus dem naseweisen, geschwätzigen Pagen war mit einem Male ein bescheidener, schweigsamer, achtbarer Jüngling geworden. Was mochte an dieser Veränderung Schuld tragen? Lag der Grund darin, daß er als Page sich über seine Stellung erhoben fühlte, während er jetzt, nun er Namen und Vermögen gewonnen, unter seiner gegenwärtigen zu stehen glaubte? Daß dies der Fall sei, schien mir aus seinem sehnlichen Verlangen, sich auszubilden, hervorzugehen, obschon ich darin auch einen edeln, verständigen Geist erkannte. Ich freute mich jetzt an Madame d'Albret geschrieben zu haben, und meine Abneigung, ihr wieder zu begegnen, war verschwunden. Warum? Weil ich unabhängig war. Nur meine abhängige Lage hatte mich so stolz und nachsichtslos gemacht. In der That gefiel es mir jetzt viel besser in der Welt, nachdem ich mich in ihr ein wenig gehoben hatte. Ich unterhielt mich eines Tages mit Mr. Selwyn über meine Vergangenheit und erzählte ihm, wie ich mich anfänglich durch meine Unwissenheit und die Vertrauensfülle meines Herzens der Täuschung preisgegeben hatte – wie ich aber bereits durch die Erfahrung viel weiser geworden sei und deshalb der Hoffnung Raum gebe, es werde eine Zeit kommen, in welcher Niemand mich mehr bethören solle. Er erwiederte darauf:

»Sprecht nicht so, meine liebe Miß Valerie. Getäuscht worden sein, heißt gelebt haben, und wir lassen uns so leicht bethören, wenn wir die Wärme und Hoffnungsfülle der Jugend in uns tragen. Ich bin ein alter Mann, und mein Beruf hat mir viel Weltkenntniß verschafft; wenn mich aber die Erfahrung auch kalt und vorsichtig machte, so hat dies doch nicht zu Erhöhung meines Glückes beigetragen, obschon mein Geldbeutel besser dabei fährt. Nein, nein; wenn wir einmal so weit gekommen sind – wenn wir nicht mehr warm werden können vor einem Gefühl, weil wir seine Lauterkeit bezweifeln – wenn wir die Erfahrung des Alters erkauft haben, welche unser Herz so dürr und hart werden läßt, wie eine lange Reise den Zwieback – so liegt wahrhaftig kein Glück darin, Valerie. Besser ists, getäuscht zu werden, und wieder zu vertrauen. Ich möchte fast wünschen, wieder von einem Weibe oder von einem falschen Freunde betrogen zu werden, denn ich könnte mich dann in die Tage meiner Jugend zurückversetzen.«

»Aber Euer Begehren steht sogar nicht im Einklang mit Euren Werken, Sir,« versetzte ich. »Warum erweist Ihr mir, einer wildfremden Person, die durchaus keine Ansprüche an Euch hat, so viel Güte?«

»Ihr überschätzt meine kleine Aufmerksamkeit, meine theure Valerie; aber dies beweist, daß Ihr ein dankbares Herz habt. Ich sprach von mir bloß in meiner Beziehung zu der Welt, und Ihr dürft dabei nicht vergessen, daß für mich auch häusliche Bande vorhanden sind, gegen welche das Herz immer frisch bleibt. Gäbe es keinen heimischen Herd und keine Familienliebe, so wären wir Menschen in der That wie die Thiere. Das Herz, welches in den Kampf mit der Welt tritt, ist einer Pflanze zu vergleichen, welche welk wird in der Hitze der Sonne; aber in dem Schatten der häuslichen Ruhe gewinnt sie wieder Frische und neue Kraft.«

Ich habe bereits früher bemerkt, daß mir die Empfehlung und der Einfluß einer Mademoiselle Adèle Chabot den Musikunterricht an einer Anstalt für Töchter aus den besseren Ständen verschafft hatte. Die Schule war ein sogenanntes Vollendungsinstitut, und es mußten sehr hohe Jahrgelder bezahlt werden. Obschon die Mädchen nicht immer mit gesottenem Schöpsenfleisch abgefertigt wurden, war die Anstalt nach Allem, was ich von Adèle hörte, in jedem andern Betracht nicht besser, als die gewöhnlichen Pensionsschulen; aber sie stand im Ruf, und dies genügte.

Eines Tages theilte mir Mrs. Bradshaw, die Vorsteherin und Eigenthümerin des Instituts, mit, daß ich mit dem nicht mehr fernen Beginne des nächsten Quartals eine neue Schülerin erhalten würde. Der Zögling trat ein und wurde mir vorgestellt – denke man sich nun meine Ueberraschung, als ich in demselben Caroline erkannte, meine frühere Gefährtin und Schülerin im Hause der Madame Bathurst!

»Valerie,« rief sie, sich in meine Arme stürzend.

»Meine liebe Caroline, dies ist ja eine recht unerwartete Freude,« sagte ich. »Aber wie kommt Ihr hieher?«

»Ich will Euch dies gelegentlich erzählen,« versetzte Caroline, welcher es nicht angenehm war, daß in Gegenwart der Lehrerin, welche sie hergeführt hatte, von ihrer Familie gesprochen werden sollte.

»Ich hoffe, Madame Bathurst ist wohl?« fragte ich.

»Sie war wenigstens ganz wohl, als ich sie zum letzten Male sah,« antwortete Caroline.

»Aber wir müssen jetzt arbeiten und nicht plaudern, meine Liebe; denn meine Zeit ist kostbar,« entgegnete ich. »Setzt Euch und laßt mich hören, um wie viel Ihr Euch vervollkommnet habt, seit ich Euch den letzten Unterricht ertheilte.«

Die Lehrerin verließ nun das Zimmer und Caroline spielte einige Takte. Dann hielt sie inne und sagte zu mir:

»Ich kann nicht spielen, Valerie, bis ich mit Euch gesprochen habe. Ihr fragtet mich, wie ich hieher komme. Auf mein eigenes Verlangen, oder – wenn ein Mädchen sich einen solchen Ausdruck erlauben darf – weil ich darauf bestand. Zu Hause war es mir so unbehaglich, daß ich es nicht länger aushalten konnte. Ich muß gegen meinen Vater und meine Mutter sprechen – leider konnte ich da nicht blind bleiben; sie sind so eigen, so dünkelvoll, so eingebildet auf ihren Reichthum, so stolz und rechthaberisch und dabei so roh und barsch gegen Jedermann, über dem sie zu stehen glauben, daß es Einem unmöglich wohl in ihrer Nähe werden kann. Kein Dienstbote bleibt über einen Monat im Haus – ein ewiger Wechsel; und alles ist so bedrückend und beengend. Da ich vorher bei meiner Tante Bathurst gelebt hatte, die, wie Ihr zugeben werdet, in jeder Beziehung eine Frau von Bildung ist, so kam es mir wahrhaftig vor, als befinde ich mich jetzt in einem hôpital de fous. Solche Anmaßung, ein solcher Uebermuth und solche Abgeschmacktheiten in Allem, und ich sollte darauf eingehen. Ich habe eine Unzahl von Gouvernantinen gehabt; aber nicht Eine mochte oder konnte sich den Demüthigungen unterwerfen, mit denen sie überhäuft wurde. So ist es mir nun durch hartnäckige Widerspenstigkeit gelungen, meinen Willen durchzusetzen und in diese Anstalt zu entkommen. Ich weiß wohl, es ist nicht recht von mir, daß ich so herabwürdigend von meinen Eltern spreche; aber Euch muß ich die Wahrheit sagen, wenn ich auch gegen Andere schweige. Deshalb bitte ich, Valerie, seid nicht ungehalten gegen mich.«

»Mich bekümmert mehr der Inhalt Eurer Worte, wenn er der Wahrheit gemäß ist, als Eure Offenheit gegen mich, Caroline. Aber nach dem, was ich während meines kurzen Besuchs selbst mit ansah, kann ich Eurer Versicherung vollen Glauben schenken.«

»Ist es nicht ein trauriges Loos, Valerie, wenn man seine Eltern nicht achten kann?« entgegnete Caroline, indem sie ihr Taschentuch nach den Augen führte.

»Gewiß, meine Liebe; aber im Ganzen ist es doch vielleicht gut, daß es so ist. Ihr kamt früh von Euren Eltern fort unter eine gute Leitung und findet sie bei Eurer Rückkehr so tief unter der Bildungsstufe, zu der Ihr Euch erhoben hattet, daß eine Achtung unmöglich ist. Wäret Ihr stets in ihrem Kreise geblieben, so hätte sich auch der Grad ihrer Bildung auf Euch ausgedehnt; Ihr würdet sie geliebt, dieselben Ansichten eingesogen und in ihrem Benehmen nichts Unrechtes bemerkt haben. Was von beiden würdet Ihr nun wählen, wenn man Euch eine Wahl anheimstellen könnte?«

»Sicherlich würde ich bleiben wollen, wie ich bin,« versetzte Caroline. »Aber dies kann mich nicht hindern, es schmerzlich zu beklagen, daß meine Eltern nicht sind wie Tante Bathurst.«

»In Betreff dieses Gefühls bin ich ganz mit Euch einverstanden; aber was einmal ist, läßt sich nicht ändern, und so müssen wir eben das Beste daraus zu machen suchen. Eure Erziehung ist allerdings von der Art gewesen, daß Ihr nicht blind sein könnt gegen die Fehler Eurer Eltern; aber das kindliche Pflichtgefühl fordert von Euch, daß Ihr sie entschuldigt und mit Achtung behandelt.«

»Ich habe dies immer gethan,« entgegnete Caroline. »Aber wenn es so gar oft vorkommt, daß die Achtung, die man erzeigen soll, mit dem Sinn für Recht und Wahrheit in Widerspruch tritt, so wird es doch sehr schwierig, die kindliche Pflicht zu erfüllen.«

»Dies ist allerdings wahr,« erwiederte ich, »und in solchen Fällen müßt Ihr Euch von der Stimme Eures Gewissens leiten lassen.«

»Ich denke daher,« sagte Caroline, »es war das Beste, daß wir uns trennten. Von meiner Tante Bathurst habe ich wenig mehr gesehen, seit Ihr mich nach dem Hause meines Vaters zurückbrachtet. Es geschahen zwar einige Annäherungen zu einer Versöhnung; sobald aber die Tante erfuhr, mein Vater und meine Mutter hätten gesagt, ich sei von ihr schlecht erzogen worden, wurde sie über diese klägliche Beschuldigung so aufgebracht, daß sie – wie ich fürchte, für immer – allen Verkehr mit meinen Eltern aufhob. Oh, wie oft habe ich mich wieder zu meiner Tante zurückgesehnt! Aber, Valerie, ich habe nie gehört, warum Ihr sie verließt. Man sagte mir wohl, Ihr seiet nicht mehr bei ihr, aber den Grund dieser Trennung konnte mir Niemand angeben.«

»Ich gieng, Caroline, weil ich nach Eurer Entfernung im Hause nicht mehr nützlich sein konnte, und Eurer Tante nicht als eine Last auf dem Halse bleiben wollte. Ich zog es vor, durch meine eigene Anstrengung meinen Unterhalt zu erringen, wie dies jetzt der Fall ist, und habe um so weniger Anlaß, diesen Entschluß zu bereuen, da er mir jetzt das Vergnügen verschafft, wieder mit Euch zusammenzutreffen.«

»Ach, Valerie, ich wußte nicht, wie sehr ich Euch liebte, bis ich Euch verloren hatte,« sagte Caroline.

»Es geht in der Regel so, meine Liebe,« entgegnete ich. »Aber jetzt wollen wir, wenn es Euch gefällig ist, diese Sonate probieren. Wir werden noch Zeit genug zum Plaudern haben, da wir ja zweimal in der Woche zusammenkommen.«

Caroline spielte die Sonate, ließ dann die Finger auf den Tasten liegen und sagte:

»Wißt Ihr auch, Valerie, welcher von meinen abenteuerlichen Träumen mich hauptsächlich bewogen hat, hieher zu kommen? Ihr sollt es erfahren. Ich weiß, daß ich im Hause meines Vaters nie einen Mann kriegen werde; denn wenn eine gebildete Person einmal zu uns kömmt, läßt sie sich zum zweitenmale gewiß nicht wieder blicken. Wie hoch nun auch die Verdienste der Tochter stehen mögen, so bleibt ihnen keine Zeit, dieselben kennen zu lernen, und sie gehen wieder fort mit der Voraussetzung, daß ein Mädchen, das in einer so schlechten Schule erzogen wurde, unmöglich der Beachtung werth sein könne. Nun habe ich, wenn es geht, im Sinne, mich aus der Schule entführen zu lassen, das heißt, im Falle ich einen Gentleman finde, der mir gefällt. Ich will dann nicht nach Gretna-Green, wohl aber, sobald ich verheirathet bin, zu meiner Tante Bathurst, und Ihr wißt, daß mir meine Eltern nichts mehr zu befehlen haben, wenn ich einmal unter dem Schutze eines Gatten stehe. Werdet Ihr mir in meinem Plane beistehen, Valerie? Hierin liegt für mich noch die einzige Aussicht, je glücklich zu werden.«

»Ein sauberes Bekenntniß für eine junge Dame, die noch nicht achtzehn ist,« versetzte ich, »und eine recht artige Frage an eine Person, die früher Eure Gouvernante war, Caroline. Ich fürchte, daß Ihr auf meinen Beistand nicht werdet zählen können, und rathe Euch daher, diesen Plan für das anzusehen, was Ihr ihn selbst genannt habt – für einen abenteuerlichen Traum.«

»Gleichwohl können Träume bisweilen wahr werden,« entgegnete Caroline lachend, »und ich habe dabei nur auf eine gute Geburt und einen ehrenhaften Charakter Rücksicht zu nehmen. Ihr wißt, daß mir mit der Zeit Geld im Ueberfluß zufallen muß.«

»Aber, meine liebe Caroline, glaubt Ihr denn, daß junge Herren von guter Geburt und ehrenhaftem Charakter um Pensionsschulen herumlungern, damit sie etwa eine Erbin wegfischen?«

»Nein, dies nicht; aber eben deshalb habe ich Euch um Eure Beihilfe angegangen. Jedenfalls will ich diesen Platz nur als Braut verlassen, oder hier bleiben, bis ich volljährig geworden bin.«

»Ich bitte Euch, keine übereilte Entschlüsse zu fassen. Ihr habt in der That keine Ursache, Caroline, Euch über Eure Eltern zu beklagen, denn sie behandeln Euch mit Nachsicht und Liebe.«

»Mit nichten; dies ist nie der Fall gewesen, seit ich mit Euch in ihr Haus zurückgekehrt bin. Sie gaben sich alle Mühe, mir mit Gewalt ihre grundfalschen Ansichten von Recht und Unrecht aufzudrängen, und so lebten wir in beharrlichem Streit miteinander. Sie schimpfen und lachen über Tante Bathurst – wahrscheinlich nur um mir weh zu thun, und da ich von Kindheit auf fern von ihnen gewesen war, so mußte ich, als ich wieder zu ihnen kam, natürlich erst lernen, sie zu lieben. Wie gerne würde ich dies gethan haben, wenn sie sich nicht so undankbar gegen meine Tante benommen hätten, die ich aus ganzer Seele liebe, obschon ihnen dies ein schwerer Stein des Anstoßes ist. Ich glaube jetzt in der That, daß sie sich nicht viel um mich kümmern, und würde mir dies auch nicht sehr zu Herzen nehmen, wenn ich nicht ihre einzige Tochter wäre – denn ohne Zweifel ist Euch bekannt, daß meine beiden Brüder gestorben sind?«

»Von dem Tode des einen habe ich gehört,« lautete meine Erwiederung.

»Der andere, William, starb im vorigen Jahre,« sagte Caroline. »Sein Tod war ein Glück für den armen Knaben, da er viele Jahre mit einem Rückenmarksleiden behaftet war. Wißt Ihr, was ich im Sinne habe? Ich will an Tante Bathurst schreiben und sie bitten, daß sie komme und mich besuche.«

»Thut dies; es kann nicht schaden. Aber werden nicht Eure Eltern auch kommen, um nach Euch zu sehen?«

»Nein. Sie sind sehr aufgebracht und sagen, sie wollen gar nichts mehr von mir wissen, bis ich zur Besinnung gekommen sei und gelernt habe, welcher Unterschied stattfinde, zwischen Leuten die Etwas – und Leuten die Nichts seien; ich könne hier bleiben, bis ichs genug habe; und da meinen sie denn, dies werde bald genug der Fall sein, und ich werde sie de- und wehmüthig bitten, wieder nach Hause kommen zu dürfen. Als mein Vater mich hierher brachte, verließ er mich mit den Abschiedsworten: ›So, jetzt magst du hier zur Besinnung kommen.‹ Er war ganz weiß vor Aerger; doch ich mag nicht weiter von meinen Eltern reden.«

»Und Eure Stunde ist jetzt um, Caroline; Ihr müßt gehen und einem anderen Zögling Platz machen. Miß Greaves ist die nächste.«

Bald nach diesem Zusammentreffen mit Caroline erhielt ich einen Brief von Lionel, welcher mir mittheilte, daß er auf vierzehn Tage einen Besuch in England zu machen gedenke, weshalb er mich frage, ob er mir vor seiner Abreise von Paris nicht einige Aufträge besorgen könne. Er berichtete mir noch ferner, daß er ein sehr liebevolles Schreiben von seinem Onkel, dem Baronet, erhalten habe, der nach mehreren Besprechungen mit Mr. Selwyn vollkommen von seiner Identität überzeugt sei und ihn als Neffen anerkenne. Ich war hierüber sehr erfreut und schrieb ihm zurück, daß es mir ein großes Vergnügen machen werde, ihn wiederzusehen, was übrigens die Aufträge betreffe, so sei ich nicht in der Lage, ihn damit behelligen zu können. Madame d'Albret hatte mich durch Lionel freundlich grüßen lassen, und ich bat ihn, diese Aufmerksamkeit von mir aus zu erwiedern. In der That war mit mir, seit ich mir meinen Unterhalt selbst verdiente und es meinen Anstrengungen gelang, die Mittel zu einer unabhängigen Stellung mit jedem Tage zu vergrößern, eine bedeutende Veränderung – ich darf wohl sagen, zum Besseren vorgegangen. Mein Stolz hatte sich gelegt – das heißt, die krankhafte Empfindlichkeit war dem ehrenhafteren Gefühle gewichen. Trotz meines früheren Widerwillens gegen Madame d'Albret, Madame Bathurst und Lady M– fühlte ich jetzt, daß ich ihnen Alles vergeben konnte. Ich brütete nicht mehr über meiner abhängigen Lage, die mich oft eine Kränkung da erkennen ließ, wo nie eine solche beabsichtigt wurde, und sogar bei wirklichem Unglimpf war ich kälter geworden. Alles trug jetzt für mich eine rosige Farbe.

»Oh, Mademoiselle Valerie,« sagte eines Tages Madame Gironac zu mir, »als ich Euch zuerst kennen lernte, ließ ich mir nicht entfernt träumen, daß Ihr so witzig seid. Mein Mann und die Gentlemen alle behaupten, sie hätten sich noch nie mit einem Frauenzimmer unterhalten, das plus d'esprit besessen hätte.«

»Zur Zeit unserer ersten Bekanntschaft war ich nicht glücklich, Elise,« versetzte ich. »Die Zeiten haben sich geändert, und ich fühle mich jetzt fast allzuglücklich; dies ist der Grund, warum ich so heiter bin.«

»Ich glaube, auch Eure menschenfeindliche Stimmung ist verschwunden,« fuhr sie fort.

»In der That, ich kann jetzt Niemand mehr hassen,« entgegnete ich.

»Recht so; und gebt Acht, Mademoiselle Valerie, Ihr werdet nächstens auch heirathen,« sagte sie, indem sie ihren Zeigefinger erhob. »Ich prophezeie es Euch.«

»Ihr prophezeiet schlecht,« erwiederte ich. »Meiner Ansicht nach gibt es für ein Frauenzimmer, das sich verheirathen will, nur einen einzigen Entschuldigungsgrund – wenn sie nämlich für ihren Unterhalt einer Stütze bedarf. Dem Himmel sei Dank, dies ist bei mir nicht der Fall; denn ich kann mir wohl selbst forthelfen.«

» Nous verrons,« versetzte Madame Gironac.

Caroline fand den Zwang einer Schule lästiger, als sie erwartet hatte, und sie lag mir daher oft an, daß ich sie mit mir nehmen solle. Beim Eintritt der Ferien, welche von den andern Mädchen zu einem Besuch bei ihren Familien verwendet wurden, nahm ich mit Madame Bradshaw Rücksprache, und da sie mir sehr zugethan war, so trug sie um so weniger Bedenken, auf mein Anliegen einzugehen, weil ich sie von meinem früheren Verhältniß zu Caroline unterrichtet hatte. Bald nachher benutzte Mrs. Bradshaw eine Einladung auf drei Wochen zu einigen Verwandten, weshalb ich ihr den Vorschlag machte, sie solle für den Rest der Ferien Carolinen gestatten, bei mir zu wohnen, und die Zustimmung der Institutsvorsteherin erfüllte meine Schülerin mit großer Freude. Madame Gironac hatte ihr in meinem Zimmer ein Bett zugerichtet, und so waren wir eine recht heitere Gesellschaft.

Einige Tage nach Carolinens Einzug bei mir langte Lionel an. Ich hätte es kaum für möglich gehalten, daß sich sein Aeußeres in dieser kurzen Zeit so sehr vervollkommnen könnte. Er überbrachte mir von Madame d'Albret ein sehr gütiges Schreiben, in welchem sie mich bat, ich möchte ihr dadurch den Beweis meiner völligen Verzeihung geben, daß ich die kleinen Geschenke annehme, die sie mir durch Lionel schicke. Sie waren sehr schön und werthvoll, und nachdem ich mich mit Lionel besprochen hatte, beschloß ich sie zu behalten, obschon ich in der That sie weit lieber zurückgesendet haben würde. Als Lionel mit der Zusage, sich beim Diner wieder einzufinden, sich von mir verabschiedete, fragte mich Caroline, wer dieser hübsche junge Herr sei. Ich bezeichnete ihn ihr als Mr. Lionel Dempster, den Neffen der verstorbenen Lady R–; die weitere Unterhaltung wurde aber durch die Ankunft des jungen Mr. Selwyn unterbrochen, der mich im Namen seines Vaters nach Kew einlud. Ich dankte für die Einladung mit der Entschuldigung, daß Caroline bei mir sei. Mr. Selwyn blieb eine Weile und fragte mich zuletzt, ob ich nicht der nächsten Festlichkeit in den Horticulturgärten anzuwohnen wünsche, da er mir zu diesem Zwecke zwei Billete anbieten könne. Da ich diese Mustergärten längst gerne gesehen hätte, so ließ ich mir sein Anerbieten recht gerne gefallen. Er versprach mir sodann, daß sein Vater mich in seinem Wagen abholen solle, und schied mit der Versicherung, daß ich dort auch seine Mutter und seine Schwestern treffen würde.

»Wer ist dieser Mr. Selwyn?« fragte Caroline.

Ich sagte es ihr.

»Nun, diesen Morgen habe ich doch zwei hübsche junge Männer gesehen,« versetzte sie. »Ich weiß nicht, welcher von beiden mir am besten gefällt; aber ich denke, Mr. Selwyn ist doch der männlichere.«

»Ich glaube auch, Caroline,« entgegnete ich. »Mr. Selwyn hat bereits seine vier und zwanzig Jahre hinter sich, während Mr. Dempster nicht einmal so alt sein wird, wie Ihr.«

»Ich hätte ihn nicht für so jung gehalten. Aber, Valerie, wollen wir nicht auch die Nationalgallerie besuchen?«

»Ja, wenn Monsieur Gironac nach Hause kömmt und uns begleiten will. Wir können einstweilen unsere Hüte bereithalten, denn er wird in einigen Minuten eintreffen.«

»Oh Valerie, wie gut ist es doch, daß ich zu Mrs. Bradshaw kam und hiedurch wieder mit Euch zusammengeführt wurde,« sagte Caroline. »Ohne Euch wäre es dort freilich langweilig genug; aber jetzt bin ich so glücklich! Wahrhaftig, dieses Klopfen kündigt uns Monsieur Gironacs Rückkehr an.«

Caroline hatte jedoch Unrecht, denn statt Monsieur Gironac erschien Mademoiselle Chabot, von der wir schon früher gesprochen haben. Sie war eine Bekannte der Madame Gironac, und ihrer freundschaftlichen Verwendung hatte ich es zu danken, daß mir der Musikunterricht in Mrs. Bradshaws Anstalt übertragen wurde. Adèle war eine recht hübsche Person, durchaus Französin und kleidete sich sehr geschmackvoll. Sie gehörte unter die im Institut wohnenden Lehrerinnen, sah, obgleich sie schon vier und zwanzig Jahre zählte, kaum älter als achtzehn aus und war bei all ihrem Gesetztthun ein sehr heiteres und etwas wildes Mädchen. Ich wußte nichts Unrechtes von ihr, glaubte aber doch, daß ihre Gesellschaft nicht sonderlich passend sei für Caroline, da diese bei ihrem abenteuerlichen Wesen ziemlich des Zaumes bedurfte. Wie es übrigens gewöhnlich zu gehen pflegt, so wurde die Vertrautheit dieser beiden Seelen nur um so inniger, je mehr man sie zu hindern suchte. Adèle stammte aus einer guten Familie; ihr Vater war, als die verbündeten Mächte nach der Schlacht bei Waterloo in Paris einzogen, auf dem Montmartre gefallen, und da seine kleine Hinterlassenschaft sich auf viele Köpfe vertheilte, so bekleidete Adèle anfänglich den Posten einer Gouvernante in Paris, bis sie endlich ihre dermalige Stelle in der Anstalt der Mrs. Bradshaw annahm. Sie sprach merkwürdig gut englisch, besser, als ich dies je aus dem Munde einer Französin vernommen hatte, und Jedermann war mit diesem meinem Urtheil einverstanden.

»Ich glaubte, Ihr seiet in Brighton, Adèle,« rief ihr Caroline entgegen.

»Dies war gestern noch der Fall; aber heute bin ich hier. Ich will bei Euch mein Diner einnehmen,« fuhr sie gegen mich fort. »Wo ist Madame Gironac?«

»Ausgegangen. Sie gibt irgendwo Unterricht im Blumenmachen,« versetzte ich.

»Ja, sie gleicht der kleinen geschäftigen Biene – stets auf dem Fluge, und wie es in dem Liede heißt – ›mit Sorgfalt breitend ihre Scheiben Wachs.‹ Aber wo ist Monsieur?«

»Gleichfalls in seinem Lehrberufe abwesend,« lautete meine Erwiederung.

»Er ist wie der Wind, stets blasend – in der einen Stunde die Flöte, in der andern das Horn, das einemal den Fagott, das anderemal die Trompete, stets blasend und von einem Strich zum andern umschlagend. Bei ihm gibts nie eine Windstille, denn wenn er nach Hause kömmt, beginnt gleich wieder eine Brise à l'aimable mit seiner Frau.«

»Ja,« versetzte Caroline; »das Geweh geht immer fort – doch thuts nicht weh.«

»Ihr seid ja recht witzig, Mademoiselle Caroline,« sagte Adèle. »Aber wißt Ihr auch, daß ich in Brighton ein Abenteuer gehabt habe und daß mich daselbst ein sehr fashionabler junger Mann für Euch angesehen hat?«

»Wie mag dies wohl zugegangen sein?« fragte Caroline.

»Der Gentleman hätte gar zu gerne gewußt, wer ich bin, und ich wollte es ihm nicht sagen. Da fragte er denn die Zimmermagd des Hauses, in welchem ich wohnte, und bestach sie vermutlich; denn am andern Tag kam sie in mein Gemach und bat mich um meine Charte, damit ihre Gebieterin meinen Namen richtig in das Buch einzeichnen könne. Ich wußte, daß ihre Frau sie nicht geschickt haben konnte, da ich schon drei Tage früher in ihrer Gegenwart meinen Namen eingeschrieben hatte, und zog daraus den Schluß, daß die Magd mich nur im Auftrag des Gentleman, der mir auf allen meinen Schritten folgte, über meine Persönlichkeit ausholen wollte. Ich entsann mich, daß ich eine Charte von Euch in meinem Etuis hatte, und gab ihr dieselbe, worauf sie sich in aller Ruhe von hinnen trollte. Am andern Tag, als ich eben in der Lesebibliothek war, redete mich der Gentleman mit Eurem Namen an. Ich sagte ihm, daß ich nicht so heiße, und bat ihn, mich fürderhin mit seinen Aufmerksamkeiten zu verschonen. Als ich nun gestern Brighton verließ, bemerkte ich, daß die Zimmermagd die Bezeichnung der mit Eurem Namen versehenen Koffer ›nach dem Institut der Mrs. Bradshaw‹ abschrieb. Ich denke, dies wird einen Spaß geben.«

»Aber, meine liebe Adèle, Ihr habt da gar nicht klug gehandelt und könntet leicht Caroline in einer unangenehmen Weise bloßstellen,« sagte ich. »Bedenkt doch die Geschwätzigkeit der Männer; Eure Unbesonnenheit zieht am Ende mißliebige Folgen nach sich.«

»Seid unbesorgt, Valerie. Ich habe mich mit einer Sprödigkeit benommen, daß sogar dem Charakter eines Engels kein Makel dadurch zugehen könnte.«

»Ich will Euch das wohl glauben, Adèle; aber immerhin werdet Ihr zugeben müssen, daß Ihr sehr unbesonnen gehandelt habt.«

»Nun ja, ich will Euch Recht geben, Valerie; es hat freilich nicht Jedermann Euren Verstand und Eure Ueberlegung. Jedenfalls kann ich meine Unklugheit wieder gut machen, wenn ich anders von dem Gentleman wieder etwas zu sehen oder zu hören kriege, obschon diese Möglichkeit sehr in der Ferne liegt.«

»Wir haben heute zwei Gentlemen hier gehabt, Adèle,« sagte Caroline. »Einer davon speist heute mit uns.«

»Der Tausend! Und ich bin nur in demi-toilette, die ich noch obendrein beibehalten muß, da ich nicht den weiten Weg nach dem Institut machen kann, um mich umzukleiden.«

»Er ist ein sehr schöner junger Mann – habe ich nicht Recht, Valerie?«

»Allerdings,« versetzte ich, »und dazu noch ein Mann von einem sehr schönen Vermögen.«

»Nun, dann ist für mich eine schlechte Aussicht vorhanden,« sagte Adèle, »denn nach der Anstalt kann ich einmal nicht wieder zurück.«

»Ach, Adèle, Ihr wißt ja, wie viel besser Euch die demi-toilette läßt, als der Abendanzug,« entgegnete Caroline. »Thut nur nicht dergleichen, als ob Euch dies unbekannt sei.«

»Ich kann hierauf gar nichts sagen, als daß ich ein Frauenzimmer bin,« erwiederte Adèle lachend, »und nun zieht daraus beliebig Eure Folgerungen und Schlüsse – ce m'est égal.«

Das Diner entschwand unter vieler Heiterkeit. Adèle versuchte mit Lionel zu coquettiren, aber vergeblich. Er hatte nur für mich Aufmerksamkeiten und flüsterte mir gelegentlich zu:

»In Gesellschaft von Anderen würde ich mich nicht beengt fühlen; aber wenn ich an Eurer Seite sitze, wird es mir ganz wunderlich zu Muthe. Alte Gewohnheiten wurzeln tief, und es ist mir immer, als müsse ich aufspringen und Euch einen andern Teller bieten.«

»Ich freue mich über die Maßen, Lionel, daß Ihr jetzt die Stellung einnehmt, die Euch vermöge Eurer Geburt gehört. Ihr werdet bald in Gesellschaft von bedeutenderen Personen sitzen, als Valerie de Chatenœuf ist.«

»Wer sie auch sein mögen,« versetzte Lionel, »ich werde sie doch nicht so schätzen und achten können, wie Euch, Miß Valerie.«

Während des Mahles erzählte ich, daß Mr. Selwyn dagewesen sei und mich und Caroline zur Theilnahme an der Horticulturfête eingeladen habe.

»Es wäre recht hübsch, wenn auch Madame Gironac mitgienge, da sie eine so große Freundin von Blumen ist,« fügte ich bei.

»Ich mache mir nichts daraus, meine liebe Valerie. Es ist besser, ich bleibe zu Hause, um einiges Geld zu verdienen.«

»Madame,« rief Monsieur Gironac, der in possierlichem Zorne aufbrauste und mit der Faust auf den Tisch schlug, daß die Weingläser klingelten, »ich verbitte mir dies. Ihr sollt nicht immer im Widerspruch handeln mit meinen Wünschen und werdet nicht zu Hause bleiben, um einiges Geld zu verdienen. Ihr sollt fort und Geld ausgeben. Ja, Madame, ich verlange Gehorsam in meinem Hause. Ihr werdet an der Ausstellung des Gartenbauvereins theilnehmen, und ich lade Monsieur Lionel und Mademoiselle Adèle ein, mitzugehen, damit sie selbst mit ansehen können, ob ich der Herr bin. Ihr werdet hinfahren in einer remise de verre oder in einer Glaskutsche, so rund wie ein Kürbis – sollt mir aber nicht in Glaspantoffeln gehen, wie Prinzessin Aschenprödel, da sich s wohl nicht sehr angenehm darin spazieren läßt. Wie Fräulein Aschenprödel darin tanzen konnte, hat mir schon als Kind Kopfzerbrechen gemacht, und eben so gerne hätte ich wissen mögen, aus welcher Art von Glas sie gemacht waren.«

»Vielleicht aus Marienglas,« sagte Lionel.

»Nein, Sir, nicht aus Marienglas; es muß Feenglas gewesen sein. Doch gleichviel. Ich frage Euch, Madame Gironac, ob Ihr ein gehorsames Weib sein wollt, oder ob Ihr im Sinn habt, ferner meinen Befehlen zu widerstreben?«

»Oh der Barbar!« rief Madame Gironc. »So werde ich also mit Gewalt gezwungen, zu einer Fête zu gehen! Grausamer Mann, Ihr brecht mir das Herz; aber ich unterwerfe mich meinem unglücklichen Schicksal. Ja, so will ich denn in die remise de verre kriechen. Habt Mitleid mit mir, meine Freunde! Ach, ihr kennt diesen Mann nicht.«

»Ich bin zufrieden mit Eurem Gehorsam, Madame, und erlaube Euch jetzt, mich zu umarmen.«

Madame Gironac, welche der Gedanke, an der Fête theilnehmen zu dürfen, überglücklich machte, eilte auf ihren Gatten zu und küßte ihn wieder und wieder. Adèle und Lionel nahmen die Einladung an, und so war die Angelegenheit in Monsieur Gironacs scherzhafter Weise bereinigt.

Der Tag der Ausstellung des Gartenbauvereins kam heran. Es war ein lieblicher Morgen. Wir alle waren angekleidet, und die Glaskutsche stand bereits vor der Thüre, als Mr. Selwyn mit seinem Wagen anlangte. Ich und Caroline stiegen ein. Ich stellte dem alten Rechtsgelehrten meine junge Freundin vor, die sehr geschmackvoll gekleidet war und sich überhaupt allerliebst ausnahm. Mr. Selwyn hatte mir schon früher mitgetheilt, daß er Madame Bathurst kenne, indem er schon zwei- oder dreimal mit ihr zusammengetroffen sei, ja, einmal sogar an einer Tafel mit ihr gespeist habe. Caroline schien ihm recht wohl zu gefallen, obschon er sich nicht denken konnte, wie sie in meine Gesellschaft kam; aber natürlich stellte er in ihrer Gegenwart keine Fragen.

Als wir in den Gärten anlangten, wartete am Eingange bereits der junge Mr. Selwyn auf uns, um uns zu seiner Mutter und zu seinen Schwestern zu führen, die von Kew hergekommen waren. Eine halbe Stunde später trafen wir auch mit Monsieur und Madame Gironac, Adèle und Lionel zusammen. Mr. Selwyn empfing Lionel mit einer warmen Begrüßung und stellte ihn seiner Familie vor; auch die Gironacs und Adèle wurden sehr höflich und freundschaftlich bewillkommt, da er von mir wußte, wie gütig sie gegen mich gewesen waren. Adèle Chabot hatte noch nie so gut ausgesehen, und ihr Anzug ließ ausnehmend wohl; sie hatte ihren air mutiné angenommen und wurde von allen bewundert, die an uns vorübergiengen. Wir standen in der Nähe der Musiker beisammen, als wir gerade vor uns der Madame Bathurst ansichtig wurden. Caroline stützte sich eben auf den einen Arm des Mr. Selwyn, während ich auf dessen anderer Seite gieng.

»Caroline!« rief Madame Bathurst. »Und auch Ihr hier!« fügte sie, gegen mich gewendet, bei.

Während sie noch in überraschtem Staunen dastand, eilte Caroline auf sie zu und küßte sie.

»Ihr erinnert Euch doch des Mr. Selwyn, Tante – oder nicht?«

»Allerdings,« sagte Madame Bathurst, indem sie die Begrüßung des Mr. Selwyn erwiederte. »Aber gleichwohl bin ich überrascht.«

»Kommt mit mir, Tante, und Ihr sollt den ganzen Zusammenhang der Sache erfahren.«

Caroline führte dann Madame Bathurst nach einem unfernen Sitz, ließ sich darauf nieder und begann ihre Erzählung. Einige Minuten später erhob sich Madame Bathurst wieder, nahm Caroline am Arm und kehrte zu unserer Gesellschaft zurück.

Zuerst dankte sie Mr. Selwyn für seine Güte, daß er ihre Nichte zu der Festlichkeit mitgebracht hatte, und wandte sich dann an mich, indem sie mir die Hand reichte und nicht ohne innere Bewegung die Worte sprach:

»Valerie, ich hoffe, wir sind Freunde. Wir haben uns gegenseitig in einander getäuscht.«

Ich fühlte, daß ich keinen Groll mehr im Herzen trug und nahm die mir dargebotene Hand. Dann führte sie mich ein wenig bei Seite und sagte zu mir:

»Ich muß Euch um Verzeihung bitten, Valerie. Ich habe nicht die Absicht gehabt –«

»Oh, sprecht nicht davon,« unterbrach ich sie. »Ich bin zu vorschnell und zu stolz gewesen.«

»Ihr seid ein liebes, gutherziges Mädchen, Valerie – doch lassen wir das Vergangene. Habt jetzt die Güte, mich Euren Freunden vorzustellen.«

Ich entsprach ihrer Aufforderung. Madame Bathurst benahm sich sehr leutselig und schien namentlich an Adèle Chabot ein großes Wohlgefallen zu finden, mit der sie sich in ein Gespräch einließ. In der That würde man auch aus Adèles Aeußerem nie auf eine französische Sprachlehrerin geschlossen haben, da sie in ihrer ganzen Haltung einen gewissen vornehmen Anstand zeigte. Während sie noch mit einander sprachen, kam es mir vor, als gehe ein ganz gentlemanartiger junger Mann an ihnen vorüber und lüpfe vor Madame Bathurst den Hut. Ich bemerkte, daß Adèle erröthete, als ob sie ihn kenne; aber der Gruß wurde nicht von ihr, sondern nur von Madame Bathurst erwiedert.

»Kennt Ihr diesen Gentleman, Mademoiselle Chabot?« fragte Caroline. »Es kam mir vor, als gelte seine Verbeugung Euch und nicht meiner Tante.«

»Ich habe ihn schon früher gesehen,« antwortete Adèle gleichgültig, »weiß aber nicht mehr, wie er heißt.«

»Dann kann ich's Euch sagen,« ergriff Madame Bathurst das Wort. »Es ist der Obrist Jervis, ein sehr fashionabler Mann, aber kein sonderlicher Liebling von mir – nicht daß ich ihm etwas Besonderes zur Last legen könnte, mit Ausnahme dessen, daß er im Geruche eines sehr weltlich gesinnten Menschen steht.«

»Ist er von guter Familie?« fragte Adèle.

»O ja; in diesem Punkte ist nichts gegen ihn zu erinnern. Doch es ist Zeit, daß ich mich entferne, denn dort sehe ich meine Gesellschaft den Gang herunterkommen. Liebe Caroline, ich werde dich morgen um drei Uhr besuchen, und dann wollen wir unsere Anordnungen treffen.«

Madame Bathurst verabschiedete sich nun von Mr. Selwyn und der übrigen Gesellschaft, worauf sie mir noch zurückrief:

» Au revoir, Valerie.«

Bald nachher beschlossen auch wir, die Gärten zu verlassen. Da Mr. Selwyn nach Kew zurückkehren wollte, so mochte ich sein Anerbieten, mich und Caroline wieder in seinem Wagen nach London zu bringen, nicht annehmen. Die Glaskutsche, rund wie ein Kürbis, faßte gut sechs Personen, und so traten wir gemeinschaftlich den Heimweg an.

Dieses Zusammentreffen mit Madame Bathurst und die dabei stattgehabte Versöhnung freute mich eben so sehr um meiner selbst, als um Carolines willen; denn obschon sie früher gesagt hatte, daß sie ihrer Tante schreiben wolle, war dies doch aus Gründen, die sie mir nicht namhaft machte, immer verschoben worden. Ich vermutete fast, daß sie von ihrer Tante aus irgend ein Hinderniß besorgte, und deßhalb war mir die Begegnung sehr lieb, da jetzt Madame Bathurst nach meinem Zögling sehen konnte.

Im Laufe des Abends bemerkte ich, daß Adèle und Caroline sotto voce eine lange Unterredung mit einander hielten, und es wurde in mir der Argwohn rege, daß sie den Gentleman betreffe, bei dessen Gruß Adèle erröthet war. Am andern Tage besuchte uns Madame Bathurst, bei welcher Gelegenheit Caroline und ich ihr erzählten, wie es uns ergangen war, seit wir ihr Haus verlassen hatten. Sie sagte, da Caroline von ihrem Vater nach der Schule gebracht worden sei, so stehe es natürlich nicht in ihrer Macht, sie aus derselben zu nehmen; indeß wolle sie ihre Nichte so oft besuchen und nach ihr sehen, als sie könne. Sie wünschte mir Glück zu der kleinen Unabhängigkeit in meiner Stellung, drückte ihre Hoffnung aus, daß zwischen mir und ihr ein freundschaftliches Verhältniß fortbestehen werde, und ich versprach ihr, sie zu besuchen, wann immer mein Beruf es mir gestatte. Da die Ferien noch drei Wochen währten, so machte sie uns den Vorschlag, daß wir einen Theil dieser Zeit mit ihr in der Villa zubringen möchten, die sie an den Ufern der Themse besaß.

Wir erfuhren durch sie, daß Carolinens Eltern sich zur Zeit in Brighton aufhielten, wo sie mit Geben von Gesellschaften großen Aufwand machten. Nachdem wir die Uebereinkunft getroffen hatten, daß ihr Wagen uns am andern Tag abholen sollte, küßte sie uns beide zärtlich und entfernte sich.

Tags darauf befanden wir uns bei Richmond in einer lieblichen cottage ornée, wo wir über vierzehn Tage blieben. Für mich war dies eine glückliche Zeit, in der ich eine schöne Vergangenheit wieder durchlebte, und es that mir Leid, als der Besuch ein Ende nahm.

Bei meiner Rückkehr fand ich eine dringliche Einladung für mich und Caroline nach Kew vor, wo wir einige Tage verweilen sollten. Da wir für diesen Besuch wohl noch Zeit übrig hatten, so giengen wir bereitwillig darauf ein; aber ehe wir uns dazu anschickten, kam Adèle, die nach einer kurzen allgemeinen Unterhaltung mich ersuchte, ich möchte sie nach meinem Zimmer begleiten, da sie allein mit mir zu sprechen habe.

»Valerie,« begann Adèle, sobald wir Platz genommen hatten, »ich weiß, daß Ihr mich für ein wildes Mädchen haltet, und vielleicht Ihr Recht habt. Indeß bin ich doch nicht ganz so abenteuerlich, als ich selbst meinte; denn da ich mich jetzt in einer verfänglichen Lage befinde, so komme ich zu Euch um Rath – und zwar um einen Rath gegen meine Gefühle, wie Ihr mir wohl glauben mögt, wenn ich Euch sage, daß ich über die Maßen verliebt bin. Auch könnt Ihr Euch denken, daß es mir sehnlichst darum zu thun ist, aus der abscheulichen Stellung einer Lehrerin in einer Mädchenschule befreit zu werden. Ich habe jetzt eine Gelegenheit dazu, und doch scheue ich mich, sie zu benützen. Deßhalb komme ich zu Euch, die Ihr so klug und weise seid, um Euch zu bitten, daß Ihr anhöret, was ich Euch mitzutheilen habe, und mir dann unverholen Eure wahre Meinung saget, was ich thun soll. Ihr erinnert Euch, daß ich Euch von einem Gentleman erzählte, der mir in Brighton so zusetzte, und wie ich ihn Scherzes halber auf die Meinung brachte, daß ich Caroline Stanhope sei. Ich dachte nicht entfernt daran, daß ich ihn je wieder sehen würde; aber gleichwohl geschah dies schon drei Tage nach meiner Rückkehr von Brighton. Jene Magd hatte augenscheinlich die Adresse auf meinem Koffer für ihn abgeschrieben; er folgte mir nach und redete mich an, wie ich eben nach Hause gieng. Er sagte, daß er, seit er mich zum erstenmal gesehen, nicht mehr schlafen könne, und gab mir die Versicherung, daß er von ganzer Seele in mich verliebt sei. Ich entgegnete ihm, er irre sehr, wenn er mich für Caroline Stanhope halte, da mein Name Adèle Chabot sei; und nun ich ihm den wahren Sachverhalt mitgetheilt habe, hoffe ich, daß er seine Gefühle ändern werde. Von einer solchen Aenderung wollte er jedoch nichts wissen; auch bat er mich dringend um die Erlaubniß, mich besuchen zu dürfen, was ich ihm aber abschlug, und so endete unsere erste Zusammenkunft.

»Ich sah ihn dann nicht wieder bis bei der Ausstellung des Gartenbauvereins. Es war derselbe Gentleman, welcher uns grüßte, als ich mich eben mit Madame Bathurst unterhielt. Er hatte mir gesagt, daß er ein Officier in der Armee sei, ohne jedoch seinen Namen zu nennen. Ihr erinnert Euch, was Madame Bathurst über ihn und seine Persönlichkeit äußerte. Während Ihr Euch in Richmond aufhieltet, wußte er es einzuleiten, daß er mich jeden Tag zu sehen bekam, und ich muß gestehen, daß ich in letzterer Zeit nicht mehr so abgeneigt bin, mit ihm zusammenzutreffen, da er mir mit jedem Tage besser gefällt. Bei unserer ersten Begegnung nach der Vereinsausstellung erklärte ich ihm, daß er sehr irre, wenn er aus dem Umstand meines Gehens mit Carolinens Tante die Folgerung ziehen wollte, ich sei Caroline Stanhope, denn ich könne ihm die Versicherung geben, daß ich Adèle Chabot heiße und er statt einer großen Erbin nur ein Mädchen ohne Vermögen vor sich habe. Seine Antwort lautete, daß jede Bekannte von Madame Bathurst eine Dame von Stand sein müsse, und nach meinem Vermögen habe er nie gefragt, ja, nicht einmal daran gedacht. Wenn ich arm sei, so könne er mir nur um so mehr die Uneigennützigkeit seiner Liebe beweisen, denn ihm sei es nur um mich und um weiter nichts zu thun. Seitdem habe ich ihn fast jeden Tag gesehen. Er hat mir seinen Namen mitgetheilt und mir einen Heirathsantrag gemacht trotz meiner Versicherungen, daß ich nicht Caroline Stanhope, sondern Adèle Chabot sei. So viel hat seine Richtigkeit, daß ich ihm sehr zugethan bin, und wenn ich ihn nicht heirathen kann, werde ich mich lange Zeit recht elend fühlen.«

Bei diesen Worten brach Adèle in Thränen aus.

»Warum grämt Ihr Euch so sehr, Adèle?« sagte ich. »Ihr liebt ihn, und er bietet Euch die Ehe an. Mein Rath ist ganz einfach – heirathet ihn.«

»Ja, wenn Alles so wäre, wie es den Anschein hat,« versetzte Adèle. »Ich bin mit Euch einverstanden, daß mein Weg klar vor mir liegt; aber trotz aller seiner wiederholten Betheuerungen, daß er mich als Adèle Chabot liebe, bin ich doch in meinem Innern überzeugt, daß er mich noch immer für Caroline Stanhope hält. Vielleicht meint er, ich sei eine romanhafte junge Dame, die sich vorgenommen hat, nur pour ses beaux yeux geheirathet zu werden, und aus diesem Grunde ihre Aussicht auf ein großes Vermögen zu verbergen sucht; deshalb will er mir den Willen thun und stellt sich an, als glaube er, daß ich ein armes Mädchen sei, das über keinen Schilling zu gebieten hat. Hierin nun liegt meine Schwierigkeit, Valerie. Wenn ich ihm seinem Antrage gemäß meine Hand gebe und er hintendrein die Entdeckung macht, er habe sich selbst getäuscht und vergeblich in mir eine Erbin gesucht – wird er nicht zornig werden und vielleicht einen Widerwillen gegen mich fassen – wird er nicht, wie es gewöhnlich zu gehen pflegt, statt sich selbst mir Vorwürfe machen oder mich gar mißhandeln? Wenn er dies thäte, so würde mir das Herz brechen; denn ich liebe ihn – liebe ihn von ganzer Seele. Andererseits könnte ich auch Unrecht haben. Wenn er nun wirklich, wie er sagt, Adèle Chabot liebt, würde ich nicht um einer irrigen Vorstellung willen mein ganzes Glück mit Füßen treten? Was soll ich thun, Valerie? Oh, rathet mir!«

»Es wird dabei viel von dem Charakter des Mannes abhängen, Adèle. Ihr habt doch schon viele Personen kennen gelernt und Euch daraus Erfahrungen gesammelt. Welche Vorstellung konntet Ihr Euch über diesen Punkt bilden?«

»Ich weiß dies kaum zu sagen, denn wenn Männer ihre Liebe erklären, sind sie so sehr zur Täuschung geneigt. Sie verbergen ihre Fehler und tragen Tugenden zur Schau, die sie nicht besitzen. Als ich zum erstenmal mit ihm zusammentraf, kam er mir als ein stolzer – vielleicht sollte ich sagen, als ein eitler Mann vor; aber seit ich mehr von ihm kennen lernte, meine ich doch, daß ich mich getäuscht habe.«

»Nein, Adèle, verlaßt Euch darauf, daß Euer erstes Urtheil das richtige war, denn damals hattet Ihr noch nicht die Binde vor Augen, wie jetzt. Glaubt Ihr, daß er gutmüthig ist?«

»Ja, dies glaube ich zuversichtlich annehmen zu dürfen, denn ich erlebte selbst davon einen Beweis in Brighton. Ein Kind, das sich die Hände sehr schmutzig gemacht hatte, lief auf ihn zu und drückte, während es strauchelte, die Spuren seiner unsauberen Finger an seiner weißen Beinkleidung ab, so daß er nach Hause gehen und sie wechseln mußte. Statt das Kind zurück zu schieben, hielt er es im Fallen auf und sagte: ›Es ist besser, kleiner Mensch, daß ich andere Pantalons anziehe, als daß du dir auf dem Pflaster ein Loch in den Kopf schlägst.‹«

»Ihr habt Recht, Adèle; dies ist ein Beweis von einer sehr guten Gemütsart.«

»Und nun, Valerie, was haltet Ihr von der ganzen Geschichte?«

»Ich bin der Ansicht, daß sich's hier um eine Lotterie handelt; aber alle Heirathen sind Lotterien, in denen es mehr Nieten als Treffer gibt. Ihr habt alles aufgeboten, um ihm seinen Wahn zu benehmen, und wenn er seine Erwartungen nicht erfüllt sieht, so hat er nur sich selbst getäuscht. Weiter könnt Ihr nichts thun. Ich will annehmen, daß er in einem Irrthum befangen ist und daß er über die Entdeckung desselben aufgebracht sein wird; aber Ihr habt ihm ja die Wahrheit gesagt. Ist er ein eitler Mann, so wird er sich wohl hüten, vor der Welt einzugestehen, wie sehr er sich selbst zum Besten gehabt hat, und bei seiner Gutmüthigkeit kann er nicht auf die Dauer zürnen. Aber viel wird dabei von Euch selbst abhängen, Adèle. Ihr müßt Euch aller Gegenvorwürfe enthalten – müßt alle Eure Talente aufbieten, um ihn mit seiner Selbsttäuschung zu versöhnen, und wenn Ihr weise handelt, wird es Euch wahrscheinlich gelingen. In der That, der Mann müßte ein ganz schlechtes Herz haben, wenn Ihr nicht am Ende den Sieg davon tragen solltet. Ihr kennt am besten Eure eigene Macht und müßt für Euch selbst einen Entschluß fassen.«

»Eben dieses Gefühl – das fast sichere Bewußtsein, es werde mir gelingen, ihn zu trösten bei seinen getäuschten Erwartungen, – ist es, was mich in dieser Angelegenheit vorwärts treibt. Valerie, ich bin entschlossen, es so weit zu bringen, daß er mich lieben muß

»Und wenn ein Weib einen solchen Entschluß gefaßt hat, so muß es ihr am Ende gelingen, Adèle. Ueberhaupt ist ja auch die Voraussetzung, daß er sich täusche, keineswegs erwiesen, denn Ihr besitzt hinreichende Anziehungskräfte, um einem Manne um Eurer selbst willen Liebe einzuflößen, und dies kann ja auch in dem vorliegenden Falle recht wohl möglich sein. Vielleicht stellte er Euch anfangs in der Meinung nach, daß Ihr eine Erbin seiet, und da er im Verlauf die Entdeckung machte, Ihr seiet, wenn auch gerade keine Erbin, doch ein sehr bezauberndes Frauenzimmer, so war er später nicht mehr im Stande, Eurem Einfluß zu widerstehen. Es gibt übrigens nur Einen, dem die Geheimnisse des Herzens bekannt sind. Ich bin der Ansicht, daß Ihr ganz ehrenhaft verfahren seid, und wenn Ihr es auf einen Glückswurf ankommen lassen wollt, so wird Euch Niemand darum tadeln können.«

»Ich danke Euch, Valerie; Ihr habt meinem Herzen eine große Last abgenommen. Wenn Ihr nicht glaubt, daß ich unrecht handle, so will ich Alles wagen.«

»Mögt Ihr nun was immer für einen Entschluß fassen, Adèle, so wünsche ich, daß er zu einem glücklichen Ziele führe. Was mich betrifft, so gienge ich freilich nicht über die Straße, selbst wenn es gälte, den besten Mann der Welt zu gewinnen. Als Freunde sind die Männer schon recht, und auch als Rathgeber können sie hin und wieder nützlich werden; aber etwas ganz anderes ist es, wenn vom Heirathen die Rede ist und man ihr Sclave werden soll. Was habt Ihr denn so angelegentlich in der Ecke mit Caroline verhandelt?«

»Ich will die Wahrheit gestehen, wir sprachen von Liebe und Hochzeit, und da mischte sich dann eine kleine Episode über Mr. Charles Selwyn darein, von dem Caroline eine sehr gute Meinung zu haben scheint.«

»Gut, Adèle; ich muß jetzt wieder hinunter. Wenn Ihr in Zukunft wieder meines Rathes benöthigt seid, so steht er Euch zu Dienst, so gut ich ihn eben geben kann. Ihr versucht da ›einen kühnen Streich um einen Mann,‹ so viel ist gewiß. Indeß lautet der Titel eines andern Lustspiels: ›Ende gut, Alles gut.‹«

»Ich will in Eurer Citation von Lustspieltiteln fortfahren, Valerie, indem ich sage, bei Euch handelt sich's um ›Verlorene Liebesmüh.‹«

»Ganz recht,« versetzte ich, »weil es dabei immer heißt: ›Viel Lärmen um Nichts.‹«

Am andern Tage kam Lionel, um sich von mir zu verabschieden, da er wieder nach Paris zurückzukehren gedachte. Während unseres Aufenthalts auf der Villa der Madame Bathurst war er bei seinem Onkel gewesen, der ihn sehr gütig aufgenommen hatte. Ich schrieb an Madame d'Albret, indem ich ihr für ihre Geschenke dankte, die ich, so werthvoll sie auch seien, nach ihrer Erklärung gegen mich nicht zurücksenden wolle, und gab Lionel für sie eine Schachtel voll Wachsblumen mit, die mir besonders gelungen waren, die Bitte beifügend, daß sie dieselben als ein Erinnerungszeichen an mich auf ihren Seitentisch stellen möchte. Mr. Selwyn schickte mir zu der anberaumten Zeit seinen Wagen, der uns nach Kew brachte, und wir fanden daselbst die frühere freundliche Aufnahme.

Was mir Adèle von ihrem Gespräch mit Carolinen mitgetheilt hatte, machte mich aufmerksam, und ehe noch unser Besuch zu Ende war, hatte ich die Entdeckung gemacht, daß wirklich eine wechselseitige Neigung zwischen ihr und dem jungen Mr. Selwyn stattfand. Dies wurde mir beim Abschied besonders deutlich, obschon ich mir nicht das Ansehen gab, als achtete ich darauf. Wenn ich mir aber auch keine Bemerkung darüber erlaubte, waren doch meine Gedanken auf dem ganzen Rückwege mit diesem Beginn eines Verhältnisses zwischen den beiden jungen Leutchen beschäftigt.

Bei Carolinens Lage wußte ich nicht, ob ich ihre Neigung ermuthigen und ihr Beistand leisten durfte. Charles Selwyn war allerdings von Geburt und Beruf ein Gentleman und dabei ein sehr talentvoller Jüngling von angenehmem Aeußeren. Selten hatte ich eine so liebenswürdige Familie kennen gelernt, wie die seinige, und er selbst war ein äußerst gutherziger, wackerer Mensch. Es ließ sich voraussehen, daß Caroline keine Lust hatte, wieder in das Haus ihres Vaters zurück zu kehren, wo sie sich nur unglücklich fühlen konnte; aber eben so gut mußte ihr bei ihrem Alter das eintönige Wesen einer Schule bald zuwider werden. Es war deshalb zu erwarten, daß sie, wie sie selbst sagte, die erste Gelegenheit benützen würde, um davon zu laufen, und in diesem Falle war alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß sie sich in ihr Unglück stürzte, indem sie entweder die Beute irgend eines Glücksritters wurde, oder sich in eine Verbindung mit sonst einem gedankenlosen jungen Mann einließ.

Konnte sie etwas Besseres thun, als Mr. Selwyn heirathen? Gewiß nicht. Allerdings durfte man nicht darauf zählen, daß ihre Eltern in eine solche Verbindung willigen würden, da diese nur von Herzogen und Grafen träumten. Sollte ich Madame Bathurst vom Stande der Dinge in Kenntniß setzen? Dies konnte wenig nützen, da sie sicherlich jede Einmengung ablehnte. Oder war es vielleicht gut, Mr. Selwyns Vater zu benachrichtigen? Nein. Sollte es einmal zu einer Heirath kommen, so mußte es eine Entführungsheirath sein, und von Mr. Selwyn, dem Aelteren, stand nicht zu erwarten, daß er zu einem solchen Schritte seine Zustimmung ertheilte. Ich beschloß daher, die Sache von selbst reif werden zu lassen. Jedenfalls wurde Caroline dadurch beschäftigt und von anderen thörichten Streichen abgehalten, selbst wenn es am Ende so weit kam, daß unvorhergesehene Umstände den ganzen Handel vereitelten. Auch meine Begleiterin war während der Fahrt ganz von ihren Gedanken in Anspruch genommen, und es fiel nicht eine Silbe zwischen uns, bis wir durch das Rasseln auf dem Pflaster von London aus unseren Träumereien geweckt wurden.

»Meine liebe Caroline, Ihr seid ja recht tief in Gedanken gewesen,« begann ich.

»Und Ihr auch, Valerie.«

»Allerdings. Wenn ich einen stummen Begleiter habe, muß ich mich wohl mit meinen eigenen Gedanken unterhalten.«

»Wollt Ihr mir sagen, an welche Dinge Ihr gedacht habt?«

»O ja, Caroline, vorausgesetzt, daß Ihr gegen mich eben so vertrauensvoll sein wollt.«

»Ich gebe Euch diese Versicherung.«

»Wohlan denn, ich dachte an einen Gentleman.«

»Ich auch,« versetzte Caroline.

»Der meine war ein sehr schöner, verständiger junger Herr.«

»Der meinige auch,« entgegnete sie.

»Aber ich bin nicht in ihn verliebt,« fuhr ich fort.

»Hierauf kann ich nicht antworten, da ich nicht weiß, an wen Ihr gedacht habt,« erwiederte Caroline.

»Ihr müßt mir mit Beziehung auf den Gentleman antworten, an den Ihr dachtet, Caroline. Ich wiederhole, daß ich nicht in ihn verliebt bin. Sein Name ist Mr. Charles Selwyn.«

»Und ich dachte auch an Mr. Charles Selwyn,« lautete Carolinens Entgegnung.

»Und Ihr seid in ihn eben so wenig verliebt, als ich – aber ist er's vielleicht in Euch?« fuhr ich lächelnd fort, indem ich ihr dabei voll in's Gesicht sah.

Caroline erröthete und sagte:

»In so weit ich ihn kenne, gefällt er mir recht wohl, Valerie; aber bedenkt, von wie kurzem Bestand unsere Bekanntschaft ist.«

»Eine sehr passende Antwort, meine liebe Caroline, und mit dem gebührenden jungfräulichen Anstand abgegeben – doch der Wagen hält, und dort winkt uns schon Madame Gironac aus dem Fenster entgegen.«

Am andern Tage kehrte Caroline in ihr Institut zurück, und ich sah sie erst wieder, als ich am Mittwoch darauf ihr Unterricht zu ertheilen hatte. Sie hatte meiner Ankunft entgegengesehen und bewillkommte mich schon unter der Thüre.

»Oh, Valerie, ich habe Euch eine Menge zu erzählen. Erstlich ist die ganze Anstalt in Aufruhr über das Verschwinden der Adèle Chabot, die ihre Kleider fortgeschafft und französischen Abschied genommen hat. Eine von den Mägden will gesehen haben, daß sie mehreremale mit einem großen Gentleman sich unterhielt und sich von ihm führen ließ, und Mrs. Bradshaw meint, der Ruf ihrer Schule sei durch Adèles Flucht zu Grunde gerichtet. Sie hat wenigstens zwei Flaschen kölnisch Wasser ausgetrunken, um ihre Krämpfe zu beschwichtigen, und liegt jetzt auf dem Sopha, das ungereimteste Zeug herausschwatzend. Miß Phipps sagt, sie fürchte, ihr Kopf sei angegriffen.«

»Ich möchte dies selbst auch glauben,« versetzte ich. »Und ist dies Alles?«

»Alles? Ei, Valerie, Ihr scheint Euch nicht sonderlich viel aus einem Entlaufen mit einem Herrn zu machen! Alles! Ist es nicht schrecklich?«

»Nicht so schrecklich gerade, Caroline; aber es freut mich, zu finden, daß Ihr in diesem Punkte so richtige Ansichten habt. Ich darf daraus die Ueberzeugung schöpfen, daß Euch nichts veranlassen könnte, einen ähnlichen Schritt zu thun.«

»Ich habe Euch noch weiter mitzutheilen,« entgegnete Caroline rasch abspringend, »daß mein Vater bei mir gewesen ist. Er sagte mir, daß er mit der Mutter im Oktober von Brighton zurückkehren wolle und daß er erwarte, ich werde dann wieder nach Hause kommen. Es sei hohe Zeit, meinte er, daß man auf meine Versorgung denke, und ich werde ewig nie unter die Haube kommen, wenn ich in einer Kostschule bleibe.«

»Nun, und was habt Ihr darauf geantwortet?«

»Ich entgegnete, daß es mir noch ganz und gar nicht um's Heirathen zu thun sei; überhaupt fehle noch gar viel zu meiner völligen Ausbildung, und ich wünsche, mich noch mehr zu vervollkommnen.«

»Und was weiter?«

»Weiter nicht. Sobald ich ihm diese Erklärung gegeben hatte, entfernte er sich wieder.«

Nachdem ich alle diese Nachrichten eingezogen hatte, begab ich mich die Treppe hinauf und fand Mrs. Bradshaw in bitterlichem Weinen. Sie warf sich mir in die Arme und rief:

»Oh, Mademoiselle Chatenœuf! Diese Schmach! Meine Anstalt geht zu Grunde! Diese Geschichte bringt mich unter die Erde!«

»Ich sehe da keine Schmach – und warum soll Eure Anstalt zu Grunde gehen, Mrs. Bradshaw? Adèle hat mir mitgetheilt, daß ihr ein Gentleman einen Heirathsantrag machte, und mich um meinen Rath gebeten.«

»Wirklich?« entgegnete Mrs. Bradshaw.

»Ja.«

»Das ändert freilich die Sache; aber warum entfernte sie sich in so seltsamer Weise?«

»Vermuthlich deshalb, Madame, weil es der Gentleman nicht für passend hielt, eine Dame aus einer Erziehungsanstalt weg zu heirathen.«

»Sehr wahr; an dies habe ich nicht gedacht.«

»Und im Grunde – was liegt daran? Eure französische Sprachlehrerin hat geheirathet – dies kann doch Eurer Anstalt keinen Nachtheil bringen?«

»Nein, gewiß nicht – wie sollte es auch? Aber die Kunde kam mir so unerwartet, daß sie mich ganz und gar überwältigt hat. Ich will mich jetzt ein wenig niederlegen. Mein Kopf wird bald wieder besser sein.«

Die Zeit entschwand und die Schule nahm ihren Fortgang. Die vormalige Miß Adèle sandte keinen Hochzeitskuchen zum großen Verdruß der jungen Frauenzimmer in der Anstalt, und erst drei Wochen später erhielt ich einen Brief von der nunmehrigen Mrs. Jervis. Ehe ich übrigens seinen Inhalt dem Leser mittheile, muß ich angeben, daß Mr. Selwyn, der Jüngere, den Tag vor Carolinens Abgang nach der Schule mich besucht und sich lange mit meinem Zögling besprochen hatte, während mich eine Geschäftsangelegenheit in dem Zimmer der Madame Gironac aufhielt. Einige Tage später kam Mr. Charles Selwyn wieder zu mir und stellte nach einer kurzen allgemeinen Unterhaltung à l'anglaise über das Wetter unterschiedliche Fragen an mich. Da ich wohl wußte, auf was er es abgesehen hatte, so gab ich ihm volle Auskunft über Carolinens Verhältnisse und über die unangenehme Lage, in der sie sich befand. Auch sprach ich meine Ueberzeugung aus, daß sie wahrscheinlich keine glückliche Heirath treffen werde, wenn die Wahl des Gatten ihren Eltern überlassen bleibe – ein sehr bedauerlicher Umstand, da sie ein sehr liebenswürdiges, herzensgutes Mädchen sei, das für einen Mann, der sie verdiene, eine treffliche Gattin abgeben würde. Er war gleichfalls dieser Ansicht, lobte ihre Vorzüge sehr und entfernte sich wieder, nachdem er mich hinreichend ausgeholt zu haben glaubte.

Etliche Tage darauf kam er wieder, angeblich mit einem Auftrage von seinem Vater, und ich theilte ihm nun mit, daß Caroline im Oktober zu ihren Eltern werde zurückkehren müssen. Diese Nachricht machte ihm augenscheinlich großen Kummer; indeß vergaß er nicht, ein versiegeltes Paket mit Musikalien aus der Tasche zu ziehen, indem er mir sagte, Caroline habe aus Versehen zwei Musikstücke in Kew liegen lassen und dafür eines mitgenommen, das seiner Schwester Marie gehöre; das eine Heft folge hier zurück, aber das andere sei verlegt und solle ihr zugeschickt werden, so bald man es auffinde; ob ich nun so gefällig sein wolle, Miß Stanhope zu ersuchen, daß sie das seiner Schwester gehörige Musikstück ihm zugehen lasse, falls sie es bei Händen habe.

»Ich will Eurem Wunsche entsprechen, Mr. Selwyn,« versetzte ich; denn der Auftrag paßt ganz für eine Musiklehrerin; auch will ich die Musik Eurer Schwester mitbringen, im Falle ich sie von Caroline erhalte und Ihr sie bei mir abholen wollt. Wenn ich zufällig nicht zu Hause sein sollte, wird sie Euch Madame Gironac geben können.«

Mr. Selwyn drückte seinen Dank für meine Güte aus und entfernte sich.

Nachdem ich den Leser von all' diesem unterrichtet habe, mag er zu dem Inhalt von Adèles Brief übergehen.


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