Hermann Löns
Der zweckmäßige Meyer
Hermann Löns

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Frau Döllmer

Humoristisch-satirische Plaudereien

Hannover, am Heutigen dieses Hujus,

Lieber Leser, noch viel liebere Leserin,

geboren bin ich als Sohn mäßig begüterter, rechtlicher Eltern. Wann, weiß ich nicht mehr; es ist schon zu lange her.

Schon in aller Morgenfrühe meiner Existenz zeigte ich eine auffallende Begabung für die schriftstellerische Tätigkeit, indem ich mit fünf Jahren ein volles Tintenfaß mit in mein Bett nahm. Am anderen Morgen kannten mich meine Eltern nicht wieder.

Später schriftstellerte ich vermittelst Kreidestücken eifrig an Hauswänden, Bauplanken und Zäunen und lenkte vielfach die Aufmerksamkeit höherer Persönlichkeiten, wie Lehrer, Schutzleute und so weiter, auf mich.

In der Folge erkrankte ich schwer an der Dichteritis, besang erst meine Mitschüler, die mir nicht, und einige junge Damen, die mir um so besser gefielen, aber niemals mehr als sechse auf einmal. Dann gab ich das Dichten auf und trachtete danach, ein geachteter Mitbürger zu werden. Da es mir an den nötigen Konnex- und Protektionen fehlte, kehrte ich reuevoll wieder zu den Sünden der Jugend zurück und besprach jahrelang in Vers und Prosa in ernster und besonnener Weise die Verhältnisse von Hannover-Linden u.U., was mir rosa Briefe, Veilchenbuketts, Nußtorten und einige Preßprozesse einbrachte, was ich aber alles bei guter Gesundheit überstand.

Aus Gesundheitsrücksichten legte ich vor einige Jahren den Namen »Fritz von der Leine« ab und schrieb unter meinem jetzigen Namen in derselben Weise weiter, was ich auch fortzusetzen gedenke. Ich betone das ausdrücklich, weil seit Jahren das Gerücht verbreitet ist, ich sei infolge hochgradigen Ablebens gestorben. Das ist tatsächlich nicht der Fall.

Mit schönen Gruße

Ihr ergebenster
Ulenspiegel
einst: Fritz von der Leine

Nachschrift: Aadje Ziesenis ist ein entfernter Bruder von mir, der bei zunehmender Bejahrtheit meinerseits einst in meine Tintenstapfen treten wird.


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