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Am Lago d'Averno.

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Ein junger Arzt, Ewald Ellerborn, hatte von seiner Regierung ein Reisestipendium nach Frankreich und England erhalten, um die dortigen Hospitäler zu besuchen. Eine vorzüglich bestandene Prüfung und sein ausgesprochenes Talent in Behandlung von Nervenleiden hatten ihm diese Auszeichnung verschafft. Er war nebenbei auch ein wenig Künstler und beschäftigte sich in seinen freien Stunden mit Architekturzeichnungen, da sein Vater Baumeister gewesen und den Sohn darin unterrichtet hatte. Auf den Wunsch seiner Mutter war er aber Arzt geworden.

Als er alles zu seiner Reise vorbereitet hatte, trat ein für ihn sehr betrübendes Ereignis ein: seine Verlobte erkrankte plötzlich. Ihre Eltern hatten stets eine entschiedene Abneigung an den Tag gelegt, einem Mediziner ihre Tochter zur Frau zu 292 geben. Sie waren übermäßig fromm und kirchlich gesinnt, und der junge Doktor hatte kein Hehl aus seiner materialistischen Weltanschauung gemacht. Er war zu unvorsichtig, zu wahrheitsliebend und der Meinung gewesen, es sei vernünftigen und gebildeten Leuten gar nicht möglich, einer so extremen religiösen Richtung in dem Maße zu huldigen, wie es hier der Fall war.

Obwohl er dann auch später einzulenken versuchte, sein Bemühen blieb vergeblich, man trachtete, die Tochter von ihm abzuhalten, man sagte ihm unverhohlen, daß er unerwünscht sei und daß man sich nach einem anderen Schwiegersohn umsehe. Das Mädchen aber blieb standhaft in ihrer Neigung, und konnte sie den Willen der Eltern nicht ändern, so zeigte sie doch durch ihr Benehmen, indem sie jede andere Bewerbung zurückwies, daß sie dem jungen Mediziner und keinem anderen je ihre Hand reichen würde.

So verging ein Jahr und zwei; der junge Mann hatte seine Prüfungen bestanden und bald einen Teil der Armenpraxis übernommen, indes die er liebte, von einem unausgesprochenen Gram in ihrer Seele gedrückt, kränkelnd zu verblühen schien. – Er sah sie nur selten, desto 293 mehr hörte man von ihm; die Stadt rühmte seinen großen Eifer, seine Geschicklichkeit und wahrhaft christliche Aufopferung bei Behandlung der Armen.

Da schien es, als wollten die bisher unerbittlich gebliebenen Eltern zur Nachgiebigkeit sich neigen, die Mutter ahnte ein Unglück und fing an, für die Zukunft ihrer Tochter besorgt zu werden. Aber gerade als den Liebenden die Erfüllung ihrer Wünsche nah erschien, trat der Typhus in der Stadt mit rascher, verheerender Gewalt auf, und Eveline war eines der ersten Opfer dieser furchtbaren Krankheit.

Obwohl der junge Arzt kaum einige Stunden von ihrem Krankenlager wich, obwohl er, als schon keine Rettung mehr zu hoffen war, sich absichtlich der Gefahr aussetzte, als wünsche er, mit von dem tätlichen Fieber ergriffen zu werden, so blieb er doch verschont, und erst nach ihrem Tode brach auch seine Gesundheit zusammen. Eine Entfernung von dem Orte seines Unglücks war dringend geboten. Seine Verwandten, seine Freunde ließen nicht ab, ihm zuzureden, und als das Dekret seines ihm zuerkannten Reisestipendiums eintraf, durfte er sich nicht mehr weigern. Seiner tief erschütterten 294 Gesundheit wegen sollte er jedoch, ehe er seine Pflichtreise antrat, zur Erholung nach Italien.

Er eilte über Rom nach Neapel, vor allem drängte es ihn, die verschütteten und ausgegrabenen Städte Campaniens zu besuchen. Der tiefe Schmerz, der sein von Liebe zu der ihm so früh Entrissenen erfülltes Gemüt durchdrang, sah in jenen großen Todesstätten, in der Erinnerung an die vielen einst so schwer vom Unglück getroffenen Menschen, eine verwandte Trauer, ein linderndes Trostwort. Er beneidete die längst Dahingeschiedenen, die damals alle miteinander dem Tod in die Arme gesunken waren, von denen keines das andere überleben mußte. Die Denkmäler der Gräberstraße Pompejis, die Urnen und Inschriften schienen ihn einzuladen, in ihrem Schatten unter dem Schutt und den eingefallenen Mauern seinen Schmerz auszuweinen.

Bald aber täuschte er sich doch über die Nachhaltigkeit der wehmütigen Stimmung, die ihn anfangs ergriff, bald überwogen die heiteren Eindrücke der Schönheit und Anmut in den Arabesken der Wandgemälde und in der landschaftlichen Umgebung seine Betrübnis. Er machte sich einen Vorwurf daraus; aber es war nun einmal doch so. –

Er maß und 295 zeichnete stundenlang des Tages über und träumte dann von schönen Villen, Säulengängen und Gärten. So etwas selbst einmal in der Heimat zu erbauen! – aber ach, sie würde fehlen, sie, die ein solches Haus beleben und durch ihre Liebe und ihr Walten zu einem Sitze des Friedens und der Freude gestalten würde! –

Einmal entdeckte er unter den Darstellungen aus der Mythe ein Bild, welches die Scene vorführte, wie Odysseus zu den Wohnungen der Abgeschiedenen kommt und die Schatten beschwört. Dabei fiel ihm ein, daß ja der Lago d'Averno, wohin die Alten den Eingang zur Unterwelt versetzten, ganz nahe sei und er beschloß, gleich am folgenden Tage dahin zu pilgern. Es kam ihm vor, als habe er gegen seinen ursprünglichen Vorsatz das Opfer der Trauer versäumt und vergessen über diesen Gemälden tiefen Lebensgenusses, und er müsse das nun rasch nachholen.

So schlenderte er denn an einem schönen Oktobertage über Santa Luzia durch die Grotte des Posilyp am Grabe Virgils vorüber nach Bajä. Bald waren die Ufer des düstern Sees erreicht. Ewald Ellerborn setzte sich auf einen Felsblock und überließ sich seinen schwermütigen Ge 296danken.

Er befand sich am Eingang zu jener Stätte, die einst im Glauben der Menschen als die Pforte zu dem großen Geheimnis alles Erschaffenen galt. Das Rätsel des Lebens, hier schien es gelöst, das dunkle Jenseits, hier ward es offenbar. Einem wenigstens, der hieher gekommen, dem irrenden Wanderer Odysseus war es gelungen, hier mit den Verstorbenen zu reden, hier waren sie zu ihm heraufgekommen aus dem dunklen Thale der Unterwelt und hatten ihm von jenem Dasein erzählt und ihm seine Zukunft vorausgesagt. Ach, wie trostreich war ein solcher Glaube! Und waren es auch nur klagende, jammervolle Schattengebilde, die hier erschienen, sie trugen doch Gestalt und Aussehen der Teuren, die von uns genommen waren, sie hatten noch Worte liebevoller Teilnahme mit den Zurückgebliebenen! –

Während dieser Betrachtungen ließ der junge Mann seinen Blick auf dem stillen Wasser des Sees ruhen, über den, nach Sage der Alten, kein lebendes Wesen gelangen konnte. Die Wasser lagen in dunklem Blau, während auf dem waldigen Hügel umher die helle Mittagssonne schien. Diese sonnbeglänzten Höhen luden ihn ein. –

Es war ihm in der Nacht von gestern etwas 297 Seltsames begegnet, er hatte nicht schlafen können, ein Licht angezündet und gelesen. Er fühlte nach einiger Zeit sich müd' und löschte das Licht wieder aus. Wie war er überrascht, daß es nicht dunkel wurde, sondern daß schon das Tageslicht sein Zimmer erhellte! So lang sein Nachtlicht gebrannt, hatte er den Tag nicht bemerkt.

»Sollte nicht so,« sagte er zu sich, »unser irdisches Verweilen sein? Wenn das kleine Licht, bei dem wir die paar Stunden daheim zugebracht, auslöscht, dann werden wir erst durch das wahre große Licht eines neuen Tages überrascht.«

Indem er diesem Gedanken nachhing und ihn hin und her erwog und weiter ausspann, ob der Vergleich auch zutreffe, hatte er sich von seinem Felsensitz erhoben und den Hain durchschritten. Er kam an Weinbergen vorüber und entdeckte in reizender Lage ein stattliches Haus.

»Hier herum muß ja der berühmte Falerner wachsen,« sagte er halblaut zu sich und trat an die Schwelle des stattlichen Gebäudes. Der Herr des Hauses, der den Fremden schon bemerkt hatte, bat ihn, einzutreten, indem er gleich, als hätte er dessen Gedanken erraten, seinen prächtigen roten Falerner pries und beifügte:

»Ich habe zwar kein offenes Lokal 298 hier, – aber der Fremde soll freundlichst eingeladen sein, meinen Wein zu kosten.«

Erstaunt blickte Ewald den stattlichen Mann an – wo und wann hatte er diese Gestalt schon einmal gesehen? Er trat ein und beobachtete den Alten, der ein paar Gläser aus dem Schrank hervorholte, in den Keller stieg und sich dann neben den Gast hinsetzte. Wo hatte er diesen Mann schon gesehen?

Sein Gedächtnis führte ihn weit in die Tage seiner Kinderzeit zurück – ja, so war es: dieser Alte glich einem Bruder seines Vaters, der Weinbergbesitzer am Rhein war, und bei dem er oft mit den Eltern auf Besuch gewesen.

Wie außerordentlich sah er ihm ähnlich! Derselbe schöne, stattliche Greis mit dem sonngebräunten Antlitz und dem Silberhaare stand vor ihm. Zugleich erwachten eine Menge von Erinnerungen und so lebendig, daß er ihn fast bei Namen hätte anrufen und fragen wögen? Ja, bist du es wirklich? Dieser aber bat ihn, zu kosten und fuhr fort, seinen Wein anzupreisen.

»Ja, der ist gut, der hat echtes Feuer, dem hat der Vesuv in die Wiege geleuchtet,« rief Ellerborn aus und ließ sich behaglich auf einem 299 der verwitterten Strohstühle nieder. Der Alte saß ihm gegenüber und stieß mit ihm an. Das Gespräch wurde bald lebhaft, und was das Wort nicht ganz klar brachte, das ersetzten Handbewegungen und ausdrucksvolle Blicke.

Es wurde Mittag, der Gast dachte nicht ans Fortgehen, er fühlte sich ganz heimisch hier; eine zweite Flasche trat auf den Schauplatz, und auch ihr wurde tüchtig zugesprochen. Die Sonne hatte sich hinter einer Wolke verborgen, es war schwül in dem kleinen Gemach, das an die offene Küche stieß und von Rauch geschwärzt war, schwül und beengend wie vor einem Erdbeben. Vom Hofraum herein hörte man zuweilen den Hahn krähen, einen Vogel vorüberschwirren, sonst war alles totenstill. Alles Leben schien ermattet, sterbensmüd, selbst die Sonne schien schlafen gegangen zu sein, nur der Wein im Glas funkelte mit dämonisch verlockender Kühle.

Ellerborn sah noch immer den ihm gegenüber sitzenden Alten an und staunte wieder und wieder über die Ähnlichkeit, die er entdeckt hatte. Dieser schien die Aufmerksamkeit, mit welcher er betrachtet wurde, zu bemerken und lächelte, fast als erriete er die 300 Gedanken, die jenen beschäftigten.

Wie er aber sein Glas an die Lippen setzte, mußte der Gast an die Toten denken, die das Blut tranken, das ihnen Odysseus dargereicht und wovon sie die Erinnerung an ihr vergangenes Leben wieder bekamen. Er frug seinen Wirt, ob sich von dieser Mythe nichts Sagenhaftes erhalten habe?

Dieser schwieg, er schien eingeschlafen zu sein und den Wandrer selbst überfiel es wie eine Art Betäubung, alles Gegenwärtige schien ihm aufzugehen im Vergangenen, nichts Wirkliches mehr zu sein, und immer deutlicher wurden seine Erinnerungen, längst vergessene Worte fielen ihm wieder ein, immer sprechender wurde die Ähnlichkeit mit dem Bruder seines Vaters. Auch seine Redeweise, der Ton seiner Stimme klang ihm wie von jenem.

Und als ihn der Alte, der nun wieder munter geworden war, fragte: »Wie kommst du denn in dieses Land?« da war es ihm, als ob er sich in der Sprache seiner Heimat angeredet höre – »Ich,« gab er zur Antwort – »warum? Du weißt ja doch, daß sie gestorben ist.«

»Ich weiß es, ich sah es dir an, die Geliebte ist dir gestorben, und du gäbest viel darum, sie wiederzusehen, ich kenne das, deshalb wolltest 301 du das Geheimnis des Sees erfahren? Nicht wahr?«

»Ach,« seufzte der Jüngling.

»Ihr seid krank, krank im Herzen, zerstreut Euch, geht ins Theater, in das neue Theater piazza … dort werdet Ihr wiederfinden, was Ihr verlort.«

»Wiederfinden,« murmelte der wie von einem süßen Traum Berauschte vor sich hin, »wiederfinden, ja mein Leben gäb' ich in dieser Stunde noch darum, wenn ich sie wiederfände.«

Der Alte betrachtete mitleidsvoll den jungen Mann.

»Die Toten kommen nicht mehr wieder,« sprach er dumpf, – »aber was Ihr wiederfinden könnt, das ist die verlorne Lebensfreude, der Frohsinn Eurer Jugend.« Dabei leerte er sein Glas, bog sich zu dem Gaste über den Tisch und flüsterte ihm ins Ohr: »Wenn du aber gefunden hast, was ich dir wünsche und wonach du dich sehnst, dann – schweige – schweige, bis du wieder zu mir kommst und mir alles sagst – es ist gefährlich, zu reden, wenn man so außer sich ist wie du! Hüte dich!«

Er schwieg, doch der, an den diese Worte ge 302waren, schien nichts davon gehört, nichts davon verstanden zu haben. Die Anspielungen seines Wirtes blieben ihm unvernommen, nur der ihm vertraute Ton des Mannes klang an sein Gehör und hallte wie Echo aus ferner Zeit in ihm nach; nichts, als daß er wiederfinden sollte, was er verloren, das klang in ihm nach und erregte ihn aufs höchste.

Aber dieser Zustand währte kaum eine Sekunden, die Sonne schien plötzlich wieder in das Gemach, alles umher umhellte sich wieder in der gewohnten Beleuchtung, und auch er wollte sich den alten Gang der Dinge zurückversetzen, aber zu tief erschüttert, konnte, wollte er den Weg nicht wiederfinden, er hatte einer lang in ihm verschlossenen Schwärmerei sich hingegeben und alles, was eben an ihm vorübergegangen war deutete er in diesem Sinn.

»Was war es denn, was ich vernahm? Wer sprach aus dem? Und welche Hoffnungen wurden reg in mir – es giebt eine Geisterwelt und wir können bis zu ihr dringen? – nein – ich werde verrückt, hinweg ihr Gespenster der Phantasie – laßt mich los! – Der ungewohnt starke Wein hat mich trunken gemacht, das ist alles.« –

Er wendete sich an sein Gegen 303über und frug ihn, ob er auch geträumt und ob er noch wisse, was er eben gesagt habe.

Dieser sah ihn groß an, strich dann mit der Hand über die Stirne und sprach: »Vergessen, alles vergessen!«

Das Gespräch kam aber nun wieder in Gang und lenkte sich auf gleichgültige andere Dinge. Nach einer halben Stunde stand der Reisende auf und wollte bezahlen, was nicht angenommen wurde. So sagte er dankend Abschied und fügte bei, er beabsichtige, vor Abend noch in Neapel zu sein.

»Sie haben recht,« erwiderte der Besitzer des Weinberges, »es ist nicht ratsam, sich in die Nacht einzulassen, es kommen viele Fremde, um die Grotte zu besuchen, aber es ist nicht gut, sich dort länger aufzuhalten, die Luft ist nicht gesund.«

Er reichte seinem Gaste die Hand und lud ihn ein, bald wieder zu kommen. »Bald,« betonte er noch, »bald, Sie müssen mir dann viel von Ihrem Land erzählen und von allen, die Ihnen dort lieb sind und waren!«

»Ja wohl,« antwortete Ewald Ellerborn, »ich werde wiederkommen und Euch alles erzählen, Ihr sollt sehen, daß ich Wort halte,« fügte er mit gleicher zweideutiger Wendung hinzu.

   

Er nahm sich auch vor, wiederzukommen; nach 304 ein paar Tagen schon wollte er hinaus; aber das Theater mußte er noch vorher besuchen. Ohne daß er der gehabten Unterredung später viel Gewicht beigelegt hätte, reizte ihn doch die Neugier, dahin zu gehen. So ganz hatte er sich doch jenen wunderbaren, ihm wenigstens wunderbaren Eingebungen nicht verschließen können.

Eine Woche verfloß, dann ging er. Er fand das beschriebene Theater und nahm seinen Platz im Zuschauerraum ein. Oft sah er sich um, sein Blick spähte durch alle Sitzreihen, nichts wollte sich zeigen, was seinen plötzlich wieder erwachten Erwartungen entsprach.

Schon waren die ersten Scenen vorüber, da öffnete sich über ihm eine Logenthüre und eine weibliche Gestalt erschien, die, als sie den Schleier zurückschlug, ach, wie sehr der geliebten Verstorbenen glich! Er fand in ihren Zügen, in ihren Bewegungen die jugendliche Gestalt des Mädchens wieder, das seine Braut gewesen.

Ja, ja, so hatte sie ausgesehen, ehe noch Leiden und Krankheit an ihrem Körper gezehrt hatten! Es giebt Menschen, deren Gesicht bald nach erfolgtem Tode einen lächelnden und kindlichen Ausdruck bekommt, eine Verklärung der Totenmaske – und so war auch ihr Aussehen gewesen, als er 305 durch Thränen in ihr engelgleiches, totenblasses Antlitz sah.

Und nun stand sie wieder vor ihm und lebte – lebte – aber als eine ihm Fremde, Unbekannte, die keine Ahnung von dem hatte, was in ihm vorging. Wie kam nun dies alles? War es Zufall, daß der Mann am Lago d'Averno ihn hierher gewiesen? Ein Hohn seines Geschicks oder die Einleitung zu unerhörtem, unfaßbarem Glücke? Wo würde er je die Lösung dieses Rätsels finden?

»Es giebt vielleicht doch etwas,« frug er sich, »in der Natur, das nicht gegen ihre Gesetze verstößt und doch unerklärlich bleibt? Ein Überspringen des Zusammenhangs der Dinge um einige der Schranken, welche die Ursache und Wirkung in ihrer gewohnten Folge darstellen?«

Er hatte den Abend über keine Aufmerksamkeit für die Bühne, er blickte nur immer nach der Loge, in welcher das junge, bildschöne Geschöpf verweilte, hie und da lächelte und mit den Nachbarn sich unterhielt. Ihn trafen keine oder nur gleichgültige Blicke. Nachher aber war es kein Zufall, sondern seine bestimmte Absicht, daß er bei Schluß der Vorstellung am Ausgang des Theaters sich im Ge 306dränge hart an ihrer Seite befand. Er konnte sich auch nicht enthalten, ihr ein noch hörbares Felice notte! zuzuflüstern.

Sein Gruß war nicht unbemerkt geblieben; ein Mann, der neben dem Mädchen ging, wandte sich um und betrachtete ihn mit einem strengen, fast zornigen Blicke. Eine nicht mißzuverstehende Drohung lag in diesen funkelnden Augen. Jetzt fiel ihm ein, daß der Alte ihn gewarnt hatte, diejenige anzureden, die Gegenstand seiner sehnlichen Wünsche sein würde. Warum eine solche Warnung? Aber wie sehr richtig war sie! –

Eine halbe Stunde später, als er im Café bei seinen Freunden saß, erkundigte er sich nach den Insassen jener Loge. Niemand wußte Genaueres anzugeben. An jedem Abend hatte den Platz jemand anderer gemietet, meistens waren es Fremde. In der That fand auch er am zweiten und dritten Tage ganz neue Personen an der Stelle, wo ihm die seltsame Erscheinung begegnet war.

Da beschloß er endlich, wieder seinen alten Wirt am Lago d'Averno zu besuchen. Es zog ihn unwiderstehlich in jenes Haus, worin ihm die ersten rätselhaften Anknüpfungen eines wunderbaren Ereignisses begegnet waren.

307 Er kam indes nicht so bald dazu, seinen Vorsatz auszuführen. Das Theater hatte fürs erste seine ganze Neigung gewonnen. Er war ein täglicher Besucher der neuen Lustspiel-, Possen- und Marionettenbühne, er widmete seine Neigung auch dem Ballette und ließ sich öfters dort sehen. Seine Freunde lächelten, als sie ihn dazu vermocht hatten, als sie sahen, daß er gerne blieb. Man las auf seinem Gesichte, daß er es nicht bereute, mitgegangen zu sein. Doch es war eine melancholische Freude, die sich in seinen Zügen aussprach; er sagte das auch nachher zu denjenigen, die ihn darum belobten.

»Vergnügen,« rief er aus, »ja Vergnügen, wenn ihr so wollt, was ist denn alles Vergnügen, eine rosige Schattierung der Trauer, ja Trauer empfand ich, als ich diese blühenden jungen Geschöpfe bekränzt und in flatternden Gewanden hervortreten sah, als ich die bacchantische Musik vernahm, nach deren Weise sie tanzten, Trauer empfand ich wie nie vorher über die Vergänglichkeit alles Irdischen, kein Zureden eines Aszeten könnte mich mit mehr Wehmut über die Flüchtigkeit der Jugend, der Freude und alles Daseins erfüllen, als es diese Ballettabende gethan.«

308 »Das wird sich ändern,« riefen die Gefährten, »lerne nur erst eines dieser Mädchen kennen, sie werden dich belehren, daß es ihnen durchaus nicht darum zu thun ist, jemanden die Freuden des Daseins zu trüben. Wir führen dich gleich morgen bei einer der hübschesten ein.«

Das war nun nicht ganz nach Ellerborns Sinn, doch sagte er: »Ihr habt recht, es ist nun einmal doch der Bann der Trauer durchbrochen, warum soll ich nicht einen Schritt weiter gehen und mich ganz dem Genuß und der Lust am Leben überlassen.«

»Recht so!« riefen alle, ohne die leise Ironie, die sich hinter seinen Worten verbarg, zu bemerken.

»Endlich taut er auf,« hieß es, »aber nun sing uns auch ein Lied, du hast ja eine so herrliche Stimme.«

»O,« riefen einige der anwesenden Italiener, »dieser Herr singt, und wir haben ihn noch nie gehört. Wir bitten – –«

Ellerborn sah wohl, daß er, ohne unhöflich und geziert zu erscheinen, nachgeben müsse, sprang auf und begann mit schöner Tenorstimme ein Lied, so ergreifend, so bezaubernd zu singen, daß alles hingerissen wurde und die Beifallsbezeugungen kein 309 Ende nehmen wollten. Seinen Freunden leuchtete der Stolz aus den Gesichtern, und sie sahen umher, als wollten sie sagen: – »nun was sagt ihr dazu, ihr Südländer, giebt es bei uns doch auch Stimmen?« –

Aber vom andern Ende des Tisches stürmte ein jovial aussehender Mann heran und umarmte den Sänger mit begeisterten Ausrufen.

»Hören Sie,« donnerte er auf ihn los, »wir lassen Sie nicht mehr fort von hier – Sie wissen, ich bin Impresario der Oper und biete Ihnen ein Gehalt von 20 000 Franken, wenn Sie bei unserer Bühne ein Engagement annehmen, ich verstehe mich auf Organe, und Ihres, davon hab' ich mich überzeugt, ist eines der mächtigsten – ich hörte noch nie das hohe C aus voller Brust so rein und so vollkommen. Schlagen Sie ein!«

Ellerborn lachte laut auf – »das wäre mir ein schöner Sprung von der Klinik auf die Bühne! Was fällt Ihnen ein? Und bin ich denn ein Schauspieler? – wenn ich das nicht bin, nützt mir die schönste Stimme nichts.«

»O, das wird sich schon machen,« rief der neue Gönner, »Sie nehmen Unterricht ein Vierteljahr und 310 treten dann auf, Sie haben eine schöne Gestalt, ein einnehmendes Äußere, durchaus Feuer in Ihrem ganzen Wesen, und Feuer, mein junger Freund, das ist die Hauptsache, dann lernen Sie leicht auch spielen.«

Der junge Mann, in den so gedrungen wurde, sah sich im Kreise seiner Freunde um, ob keiner von ihnen käme und ihn fortzöge; denn er fühlte sich wie berauscht von der Vorstellung einer solchen Wandlung in seinem Geschicke. Aber es rührte sich keiner, sie blickten ihn an, als erwarteten sie nur eine zustimmende Antwort von ihm.

»Wie!« fuhr der Impresario fort, »Sie zögern noch, welche Zukunft steht Ihnen denn in Ihrer ärztlichen Praxis und in Ihrem Vaterlande bevor? Kurz gesagt, ich engagiere Sie mit 30 000 Lire, das werden Sie niemals in Ihrem Vaterlande verdienen. Bedenken Sie ferners, ich eröffne Ihnen die Aussicht, in Neapel bleiben zu können, in der Nähe Ihres geliebten Pompeji – ich eröffne Ihnen die Aussicht auf Abende, wo Sie mit Lorbeer überschüttet mit Herzogen und den schönsten Damen Italiens speisen werden! Man wird Ihnen huldigen wie einem Fürsten, wie einem Gotte! Und 311 wenn es Ihnen nicht gefällt, können Sie nach einem Jahre, nach zwei Jahren wieder zu Ihrer ärztlichen Hantierung zurückkehren. Bedenken Sie sich nicht länger.«

»Weshalb eilen Sie so,« rief Ellerborn.

Der Ernst seiner Wissenschaft, die abwehrenden Stimmen seiner Eltern, die Mißbilligung seiner Landsleute, seiner Lehrer, seiner Kollegen, alles trat lebhaft und mit warnenden, strafenden Blicken einer zürnenden Minerva gleich vor ihn hin.

»Nein, nein, – unmöglich,« rief er aus; »aber ich glaube gar nicht, daß es Ihr Ernst ist, Sie wollten nur Ihren Beifall in eine freundliche Form kleiden, reichen Sie mir die Hand, bleiben wir Freunde – aber nichts mehr von dem Versuche, mich« … und er lachte hell auf.

»Sie beleidigen,« entgegnete der Impresario mit Ernst. »Hat Ihnen Gott diese Gabe verliehen, so dürfen, ja sollen Sie einen so großen Vorzug auch zur Freude Ihrer Mitmenschen anwenden und nicht verloren gehen lassen.«

»Nun denn,« rief Ellerborn ungeduldig und um den Dränger los zu werden, »geben Sie mir Bedenkzeit bis morgen.«

312 »Gut! Sie kommen also im Laufe des morgigen Tages zu mir und wir besprechen das Nähere.«

»Morgen, halt! Ich habe morgen einen Besuch am Lago d'Averno vor, und es ist ungewiß, ob ich bis Abend zurückkehren werde; übermorgen bin ich bereit, Ihnen meinen Entschluß kund zu geben.«

»Am Lago d'Averno,« rief jemand, »wie romantisch! Er muß noch zuvor einen Besuch in der Unterwelt abstatten, ehe er der Bühne angehören will.«

Ellerborn sah den Sprecher mit einem Blick an, der diesen verstummen machte.

»Geh aber nicht allein, wie du gewohnt bist,« rief ein anderer, »die Umgegend ist nicht geheuer, man hört allerlei von Raubanfällen.«

»Um so besser,« entgegnete der junge Arzt, »ich habe mir schon längst gewünscht, Bekanntschaft mit dem Brigantaggio zu machen, ich bleibe dabei, daß mich niemand begleite.«

Er sprach es sehr ernst und bestimmt. Niemand wagte, weiter mehr in ihn zu dringen, und er selbst war sehr nachdenklich geworden. Ratschläge und Glückwünsche hielt er von sich ab und verließ bald darauf das Lokal.

Auf dem Heimweg bedrängten ihn ganz andere Gedanken, als die waren, in deren Sinn er sich eben 313 noch ausgesprochen hatte. Er bereute, so schroff ablehnend gewesen zu sein.

»Warum wies ich den Antrag des Impresario so trotzig, so übermütig ab? War es denn etwas Unrechtes, Schmähliches, was er mir zudachte? War es nicht vielmehr ein Wink des Glückes? Bin ich nicht ein rechter echter deutscher Philister? – Ein gefeierter Künstler zu werden – eine Gunst des Geschickes, worüber Tausende entzückt wären, laß ich mir entgehen, nicht nur entgehen, ich weis' es zurück als etwas tief unter meiner Würde Stehendes. Ich Narr des Glücks!«

Eben war er beim Theatergebäude, wo der Weg ihn vorüberführte, angelangt; der stolze Bau lag still und großartig im Mondenlicht unter dem glänzenden Sternenhimmel. Viele glückliche Stunden hatte er darin schon zugebracht, wie oft in den rasenden Beifall eingestimmt, der das Haus durchbrauste, wenn eine der beliebten Opern von Rossini und Bellini gegeben wurde! –

Wie von einem Tempel des Ruhmes und der Unsterblichkeit sah das Giebelfeld auf ihn hernieder; er beschleunigte seine Schritte, als zöge es ihn der Zukunft entgegen, einer glänzenden, überaus stolzen Zukunft.

Zu Hause konnte er lange nicht einschlafen, und 314 als es ihm endlich gelang, waren seine Träume nur Fortsetzungen seiner wachen Vorstellungen, Lockungen zu Größe, Ruhm und zum Genuß der Güter, die das Leben bietet. Auch ihr Antlitz erschien ihm, – ach, halb weggewandt und leidend wie immer. –

   

»Hat man je auf dem Lago d'Averno ein Fahrzeug gesehen? – ich glaube nicht; es scheint, der alte Aberglaube an die böse Gewalt dieser Flut, besteht heutzutage noch. – Und wird mir nicht auch jetzt seltsam zu Mut, so, als müßt' ich dort etwas Außerordentliches erleben« – sagte sich Ellerborn, als er sein Frühstück in der Restauration dem Theater gegenüber einnahm.

Er beeilte sich, daß nicht einer der Freunde von gestern sich zu ihm gesellte und ihn zu begleiten drohte. Als er dann weiter nach Santa Lucia hinschritt, sah er einen Wagen, der vor einem der großen Hotels hielt, die größtenteils von Amerikanern bewohnt werden. Er glaubte in dem jungen Mädchen, das eben einstieg, die Erscheinung aus der Theaterloge, die Doppelgängerin seiner toten Verlobten wiederzuerkennen. Der Wagen schien bald den Weg nach dem Posilipp zu nehmen, ein Blick, ein Nicken ihres niedlichen 315 Köpfchens erschien ihm wie ein Gruß, und wieder wandten sich seine Gedanken der Verstorbenen zu.

Ein sonderbarer Zufall wollte, daß ihn die Inschrift über einem Gebäude, an dem er vorüberging, auch ganz an die vergangene Zeit erinnerte. Es war ein Hospital und zwar für Gefangene, das vor ihm stand. Er fühlte sich aufgefordert, hineinzugehen, wie ein mahnendes Gewissen an versäumte Pflicht zog es ihn diesen traurigen Räumen zu, die einen so schroffen Gegensatz zu dem brillanten Ereignisse des gestrigen Abends bildeten.

Schwere Verbrecher, Einbrecher, Räuber und Mörder lagen da in den Krankenbetten, die verwegensten derselben mit Ketten und Kugeln um die Füße an die Bettstellen gefesselt. Viele hatten das Fieber, andere lagen betäubt an den Verwundungen, die sie bei ihrer Gefangennahme erhalten hatten – bleiche, abgezehrte Gesichter waren es, und stiere, stumpfe Blicke sahen ihn an, oft noch durchlodert von den Flammen erlöschender Leidenschaften, und die entfärbten Lippen bebend von ohnmächtiger Wut oder mit einem häßlichen Zug des Spottes um die Mundwinkel.

Ellerborn fühlte Mitleid mit den Unglücklichen und wandte sich an den Arzt, ob man nicht durch Ab 316nahme der Ketten den gefährlicher Kranken einige Erleichterung verschaffen könnte, auch würde die Heilung der Wunden durch das Anschließen erschwert.

»Allerdings,« erwiderte der Arzt, »ich bin auch Ihrer Meinung, aber hier hat nicht nur der Arzt und der fühlende Mensch zu sprechen wir haben unsere Instruktionen und müssen nach diesen handeln.«

Nachdem die beiden Ärzte noch einige wissenschaftliche Ansichten ausgetauscht hatten, verabschiedete sich Ellerborn und verließ aufs tiefste erschüttert diese Stätte des Jammers und der Hoffnungslosigkeit, ein Bild aus Dantes Hölle. Aber nur um so stärker kam es ihm zu Bewußtsein, daß er nimmermehr seinem ärztlichen Beruf untreu werden dürfe, wenn auch noch so Verlockendes ihm von anderer Seite her geboten würde. –

Er hatte keinen Sinn für die Schönheit des Weges, den er ging, keine Teilnahme für die Überreste des Altertums in den berühmten Tempeln Bajäs; keine Lust, heute nochmals die Grotte der Sibylle zu sehen. Das Wohnhaus seines Gastfreundes aber schien seinen Nachforschungen wirklich entrückt zu sein, er konnte es nicht wiederfinden.

»Hätte ich doch wenig 317stens den Mann um seinen Namen gefragt, denn von diesen Häusern hier sieht wirklich eines wie das andere aus und alle sind sie so versteckt in Gebüschen und Rebgewinden, daß es schwer wird, sich zurecht zu finden.«

Es war aber auch niemand um die Wege, den er hätte fragen können, und die Sonne brannte wieder herab wie damals, mit einer erdrückenden Glut.

Die Läden der Villen waren zugeschlossen, nichts rührte sich, nur an den Mauern, welche die staubige Straße einschloßen, schlüpfte hie und da eine Eidechse hinan und verschwand in einer Spalte, oder unter Wurzeln eines Feigenbaumes.

Es schien ihm, als wäre er just wieder da angekommen, wo er sich zuerst befunden hatte, als er seine Nachforschungen begonnen. Er mußte im Kreis herum gegangen sein. Plötzlich standen zwei Männer neben ihm, zwei junge, stattliche Männer, es schienen Landleute zu sein in ihrem Sonntagsanzuge, denn sie waren prunkhaft, in ihrer Art elegant gekleidet. Nach einem kurzen Gruße fragten sie ihn sogleich, wer er sei, woher er komme, wohin er wolle – ob er Barschaft bei sich habe?

Ellerborn hätte sie für geheime Polizisten halten 318 mögen, wäre nicht ihr ganzes Gebaren zu bäuerisch gewesen. Die Aufdringlichkeit, mit der sie sich an ihn machten, die schlauen, stechenden Blicke, denen sie ihn so höhnisch ansahen, waren ihm äußerst unbehaglich, es beunruhigte ihn, daß sie ihn gleich in die Mitte nahmen, wie um seiner gewiß zu sein und ihm jede Aussicht auf Flucht zu benehmen.

Sie schienen seine Gedanken zu erraten, denn als wollten sie seiner Unruhe spotten, sagte einer lachend auf den andern, jüngeren deutend: »Dieser hier ist ein Brigante.«

»Das mögt ihr einen andern glauben machen,« entgegnete Ellerborn und zwang sich zu einem unbefangenen Lachen. »Ihr seid jeder ein gentiluomo und werdet mir den Weg zum Hause eines Gutsbesitzers zeigen, der den besten Falerner in seinem Keller hat, zu dem ich geladen bin. Leider ist mir sein Name entfallen, aber wenn ich euch Herren sage, daß er ein würdiger Mann in den fünfziger Jahren, von stattlichem Ansehen ist und wie gesagt, den besten Falerner weit und breit hier herum besitzt, so werdet ihr ihn wohl wissen.«

Die beiden sahen sich an und blieben eine Weile stumm; endlich fing einer an, indem er nach der 319 Sonne sah: »Ihr seid zu spät daran, um zu seinem Mittagstische zu kommen, Ihr müßt Euch verirrt haben, um diese Zeit wird Euer Freund bereits seine Siesta halten – was hat Euch aufgehalten und warum macht Ihr den Weg zu Fuß, seid Ihr so arm? Ihr scheint nicht arm zu sein.«

»Was mich aufgehalten hat, das sollt ihr erfahren,« sprach Ellerborn, und ein mutiges Bewußtsein hob die Kraft seiner Stimme; »ich bin Arzt und habe von meiner Regierung Befehl erhalten, die Spitäler eures Landes zu besuchen und ihre Einrichtungen zu prüfen. Nun war ich eben in einem, das die Verbrecher, die Räuber und Mörder aufnimmt: o Madonna, was sah ich da! In ihren Ketten waren die Bejammernswerten an ihre Bettstellen angeschmiedet; denkt euch, von den Leiden der Krankheit schon genug gepeinigt, schon vom unbarmherzigen Tode berührt, sind sie noch in Fesseln, wie die Verdammten in der Hölle! Ich hörte sie stöhnen, denn sie befürchteten mit Recht die Qualen dieser Welt nur mit jenen der ewigen Verdammnis einzutauschen.«

Ellerborn atmete tief auf und beobachtete seine Begleiter; der eine war bei seinen Worten erschrocken um einen Schritt zurück 320geprallt, der andere starrte todesblaß zur Erde.

»Ich aber,« fuhr er fort, »ich habe gesprochen für die Elenden, ich habe beantragt, daß man sie in ihrer Krankheit wenigstens von den Fesseln befreie, und ich hoffe, daß man auf mein Wort gehört hat, denn ich werde auch noch zum Könige in dieser Angelegenheit gehen.«

»Lassen wir ihn,« rief jetzt der eine der Burschen aus, »è buon Christiano,« und rasch bot er ihm die Hand: »Addio Signor«.

Der andere folgte, beide zogen sich erst langsam zurück und schlugen dann einen Weg ein, der sie rasch den Blicken entzog.

Ellerborn fühlte ein plötzliches Ermatten; er hatte nicht Furcht empfunden, solang er diesen Menschen gegenüber stand, die ihm wohl sehr gefährlich waren, das sah er nun ein; aber jetzt überkam ihn doch ein Unbehagen, ein Ermüden in allen Gliedern, er setzte sich auf einen Felsblock am Wege und atmete tief.

Ja, mußte er sich sagen, dem guten Werke der Barmherzigkeit, der That dieses Morgens dank' ich meine Rettung, vielmehr jener unergründlichen Macht, die mich dazu trieb, jenen Ort der Qualen zu betreten, die mich veranlaßte, 321 ein Wort der Humanität für die Gefangenen zu sprechen.

Und wem dank' ich die erste Anregung zu diesem Schritte? O nicht unergründlich, nicht unerforschlich sind die bewegenden Gründe unseres Thuns, die letzten Motoren unserer Entschlüsse. Alle Fäden des Gewebes vereinigen sich in dem Einfluß, den ein geliebtes Wesen auf uns ausübt.

Aus der Ferne hörte man das Rollen eines Wagens; der Träumer sprang auf und eilte nach dem Gipfel der kleinen Anhöhe, über die der Wagen heraufkommen mußte.

Seine Vermutung erwies sich als richtig, die Fremde, dieselbe, die er vor dem amerikanischen Hotel hatte einsteigen sehen, kam des Weges herauf. Sie hatte das Gefährt verlassen und ging einige Schritte voraus. Zwei verschleierte Damen in schwarzem Anzug hatten ihre Plätze darin behalten und unterhielten sich mit ihr, die bald nebenher, bald wieder voraus ging. Sie hielt einen Olivenzweig in der Hand und fächelte damit scherzend sich und jenen Kühlung zu.

Ellerborn dachte an das, was ihm eben begegnet war, und glaubte, diesen Frauen könne die 322 Gefahr drohen, der er selbst soeben entgangen war. Er eilte auf das Mädchen zu und sprach:

»Fräulein, verzeihen Sie einem Unbekannten, der es wagt, sich Ihnen so unversehens zu nahen; es geschieht um ihrer Sicherheit willen. Sie scheinen mir in Gefahr zu sein, die Gegend ist berüchtigt, gestatten Sie, daß ich Ihnen meinen Schutz anbiete.«

»Ich danke,« war die Antwort, »aber Ihre Befürchtungen sind wohl ungegründet, wenigstens in Neapel hat man uns gesagt, daß wir ganz unbehelligt diesen kleinen Ausflug an den Lago d'Averno unternehmen können.«

»Sie sind Engländerinnen?«

»Amerikanerinnen.«

»Ungeachtet der Zusicherung Ihres Hotelbesitzers wag' ich es dennoch, nochmals Ihnen meine Begleitung anzubieten, mir ist kurz vorher begegnet, was ich Ihnen nicht wünschen möchte, zu erleben, wovor ich Sie bewahren möchte, ja bewahren und schützen, und wär' es,« fügte er leidenschaftlich erregt hinzu – »mit Gefahr meines eigenen Lebens.« –

Solche Worte schienen einen günstigen Eindruck hervorzurufen. Die Amerikanerin sah ihn vertrauter an und fragte:

323 »Sind Sie bewaffnet, mein Herr?«

»Ja, und wenn es zu einem Überfalle kommen sollte, zweifeln Sie nicht an der Macht meines Schutzes. Ich werde Sie zu verteidigen wissen – und um so mehr als ich meine Rettung aus den Händen der Briganten wenige Minuten vorher – Ihnen, ja Ihnen zu verdanken habe.«

»Das lautet seltsam – ich weiß nichts davon – aber ich verstehe, unser Hierherkommen war bereits ausgekundschaftet und den Räubern schienen reiche, allein reisende Damen eine willkommenere Beute als ein junger Tourist, der sich jedenfalls nicht so leicht würde ausplündern lassen.«

»Sie mögen recht haben,« erwiderte Ellerborn zögernd, »doch dies ist nicht die Ursache, an die ich eben dachte. Mein Grund lautet mysteriöser ist aber wahrscheinlicher, ja der allein richtige.«

Während ihrer Unterredung waren der junge Arzt und die Amerikanerin etwas zurückgeblieben, ein gegenseitiges Wohlgefallen heftete sich an ihre Schritte. Der Kutscher war indes mit seinem Gespann auf der Höhe angelangt und hielt im Schatten der Cypressengruppe.

»Ich bitte, sagen Sie meinen Verwandten, wenn 324 wir zu ihnen kommen, nichts von der Gefahr; die beiden Damen sind leidend und der Schrecken, in den sie verfallen würden, könnte von den betrübendsten Folgen sein. Und nun erzählen Sie, auf welche Weise ich, die ich Sie nie gesehen habe, Ihre Retterin sein konnte. Wir haben noch einige Minuten Zeit, bis wir zu dem Wagen gelangen, der jetzt still hält, wie ich bemerke; meine Begleiterinnen besehen sich die Gegend und Tante Betty hat ihr Skizzenbuch hervorgeholt,«

Kühn geworden durch dieses Entgegenkommen, ergriff Ellerborn die Hand der schönen Amerikanerin, die sie ihm schüchtern und langsam entzog, und begann:

»Ich bin ein Deutscher und Arzt und war in meinem Vaterlande verlobt mit einem ebenso schönen als tugendreichen Wesen. Meine Braut starb und ich kam nach ihrem Tode hierher, zum Teil in Aufträgen, die meinen Beruf angehen, zum Teil in der Absicht, mich wieder zur Thätigkeit und Pflichterfüllung zu stärken. Sie, mein Fräulein, sind das Ebenbild der geliebten Verstorbenen – erschrecken Sie nicht, daß ich es ausspreche, – alles haben Sie von ihr, die himmlische Milde des Antlitzes, ihre anmutige Haltung, ihre herzgewinnende 325 Stimme – und – hören Sie, wie wunderbar! Durch ein unaufgeklärtes Begebnis wurde mir vorhergesagt, daß ich Sie finden, im Theater sehen würde, die Prophezeiung traf ein, ich sah Sie, und – –«

Er hielt inne; ein Ach aus tiefster Seele kam über die Lippen des Mädchens. Ellerborn fuhr fort:

»Sie, die Lebende, begannen die Tote in meinem Herzen zu verdrängen, oder nein, sie lebte in Ihrer Erscheinung wieder auf – ich besuchte, um Sie zu sehen, öfters das Theater, vergeblich. Aber ich suchte und fand Zerstreuung in diesem Suchen und bald auch fand ich Lust daran – ich verlor mich, da ich Sie, auch Sie wieder mir verloren glauben mußte, immer weiter in Vergnügungen, Äußerlichkeiten, die mir kein Genüge gaben – und mich dennoch fesselten – da – schon war ich nahe daran, einen entscheidenden Schritt in dieser Richtung zu thun und mich der Bühne zuzuwenden – da – sah ich Sie heute morgen wieder und Ihr Anblick rief wie durch eine höhere Fügung das Bild der Heißgeliebten wieder in mir wach und damit auch die Erinnerung an alles, was sie mir war, was ich ihr zu danken hatte, was ich für sie 326 erringen wollte – die Zeit meiner Studien, meines ersten ärztlichen Wirkens. Diese Reminiszenz an meinen Beruf erwachte so stark in mir, daß ich heute früh nicht an einem Hospital vorbeigehen konnte – – Kurze Zeit nachher, unfern von hier, geriet ich unter Banditen, ich fand Anlaß, ihnen zu sagen, woher ich kam, von einem guten Werke; nun, Sie wissen, was man von dem Sänger Stradella und was man von Salvator Rosa erzählt; beide wurden in gleicher Lage durch ihre Kunst gerettet – ich durch meine.«

»Ach, Sie zogen wohl, ein zweiter Androkles, einem dieser Löwen einen Dorn aus, einen bösen Zahn?«

»Vielleicht würde ich das gethan haben, aber es war nicht nötig, die Verwegenen hörten mich an, nannten mich einen guten Christen und gingen davon.«

»Dann witterten sie wohl die Nähe der heiligen Hermandad.«

Ellerborn blieb stehen und wies auf ein etwas tiefer am Wege liegendes Gebüsch, im gleichen Augenblick rauschte der Flug eines Raubvogels daraus empor. Liddy fuhr zusammen, sie sah sich um, als 327 erwarte sie, was nun weiter geschehen werde. Ellerborn aber fuhr fort:

»Sie sehen, wie Sie mir in so kurzer Zeit so teuer geworden, Fräulein, und daß meine Besorgnisse für Sie nicht ungegründet sind; die Räuber konnten Sie überfallen, ja, sie können es noch, und die Anwandlung von Großmut und menschlichem Rühren könnte leicht schon vorüber sein; aber daß es Ihr Erscheinen gewesen, das mich zu meiner Handlungsweise bestimmt hat, die mir wahrlich zum Heil gereichte, und daß Sie so meine Retterin geworden, das werden Sie nun nicht mehr in Abrede stellen?«

»Es ist in der That sehr seltsam, die Thatsachen sind nicht zu leugnen,« entgegnete Miß Liddy, »es ist ein eigenes Zusammentreffen.«

»Verzeihen Sie mir nun den Ungestüm,« rief Ellerborn aus, »mit dem ich mich bei Ihnen einführte, es war die innigste Sorge für Ihre Sicherheit, für Ihr Wohl, es war zugleich der Ausdruck einer tiefen Gewalt in mir und entsprang, wie die heißen Quellen diesem vulkanischen Boden, einer nicht erloschenen Herzensglut und barg Hoffnungen in sich, wie sie kaum je einem Sterblichen erfüllt wurden. Die Erfüllung dieser Hoffnungen trüge 328 die Reinheit einer überirdischen Sehnsucht, einer himmlischen Liebe in die Sphäre irdischer Glückseligkeit und würde die süßeste Täuschung mit der wahrsten, entzückendsten Wirklichkeit vermählen.«

»Nicht weiter –« rief Liddy.

»Ein unerhörtes Menschenglück,« fuhr Ellerborn begeistert fort, »ein Sieg wäre das über den Triumphzug des Todes.«

»Kein Wort mehr, ich darf Sie nicht länger hören,« – bat das Mädchen, »ach, wissen Sie auch, daß Sie das Verbot, mich anzureden, übertreten haben!«

»Wie« – rief Ellerborn aufs höchste erstaunt aus – »Sie wissen, daß mir so etwas gesagt wurde, daß mir verboten wurde, diejenige anzureden, die … wirklich, wie kommen Sie dazu?«

»Wie?« frug nun ebenso verwundert Miß Liddy, »Sie haben doch den Brief erhalten, den mein Oheim nach dem Theaterbesuche an Sie absandte?«

»Einen Brief – nein –« entgegnete Ellerborn.

»Ihr Benehmen, das auffällige Betragen eines Fremden an jenem Abend war zu belästigend, als daß es meinen Verwandten hätte unbeobachtet und 329 gleichgültig bleiben können. Sie also waren dieser Fremde, der mich mit Blicken verfolgte; man erkundigte sich nach Ihrem Namen, und als Sie nach der Vorstellung im Foyer mir ein Felice notte zuzuflüstern wagten, da sprach mein Oheim den Entschluß aus, an Sie zu schreiben und Ihnen weitere Annäherungen zu verbieten. Ich selbst bat ihn darum.«

»Sie hatten mich also gesehen?«

»Nein, meine Aufmerksamkeit war ganz und gar auf das Spiel gerichtet gewesen, aber man hat mir alles gesagt. Urteilen Sie selbst, ob ich nicht recht that, die Handlungsweise meines Oheims zu billigen.« –

»Ich weiß, ich weiß,« rief der Unglückliche, »einem verbrecherischen Gedanken, einer frevelhaften Neigung hab' ich Raum in meinem Herzen gegeben, einem Wunsche, der das Angedenken an die Hingeschiedene ebenso beleidigt wie Sie – ach, können Sie mir vergeben? – Verbannen Sie mich nicht für immer! Gönnen Sie mir ein Wort der Versöhnung!«

Sie legte sanft die Hand auf seine Schulter und sah ihm mit einer unendlichen Milde und Traurig 330keit in die Augen.

»Warum sollte ich Ihnen nicht verzeihen, haben Sie nicht sich mutig uns als Beschützer angeboten, und sollt' ich dafür unempfindlich sein, daß ein Zusammentreffen, wie es sowohl selten sich ereignen mag, die heiligen Gefühle einer reinen Liebe wieder wach gerufen hat? Gewiß nicht. Aber eben deshalb muß diese Begegnung unsere letzte sein.«

Er blieb stehen und sah sie an, als wollte er sagen: ist es möglich? – und nach diesem Geständnisse noch möglich? –

»Kommen Sie,« nahm sie nun wieder das Wort, »der Wagen wartet schon zu lang auf uns, ich nehme Ihre Begleitung noch ferner an und werde Ihnen – Vertrauen mit Vertrauen lohnend, Schmerz für Schmerz gebend, auch mein Geschick offenbaren.«

Sie traten an den Wagenschlag und Liddy stellte den jungen Arzt ihren Verwandten vor, die sehr betroffen waren über die so ungewöhnliche Einführung eines ihnen gänzlich Unbekannten. Sie wurden es noch mehr, als ihnen die Nichte in einer, freilich alle Beunruhigung ausschließenden Weise das Warum erklärte. Demnach gab die ältere Dame 331 sogleich dem Kutscher Befehl, nach Neapel zurückzukehren, und schien nun recht froh, einen männlichen Begleiter zu haben.

Liddy saß an Ellerborns Seite, sie zog den Handschuh ab und ließ an einem Finger ihrer niedlichen Hand einen Ring sehen, einen schweren Goldreif mit einem Rubin in der Mitte.

»Diesen Ring,« sprach sie, »gab mir Walter bei seinem letzten Lebewohl, als er in den Krieg gegen die Südstaaten zog, um für Aufhebung der Sklaverei zu kämpfen. Wir gelobten uns Treue fürs ganze Leben, ich sie ihm auch darüber hinaus, wenn er nicht mehr wiederkäme, und ich gelobte dies nicht mit einem Worte, sondern in der Stille meines Herzens. Und er kehrte nicht mehr zurück, er fiel in einer der ersten Schlachten. Die Matrone Ihnen gegenüber ist seine Mutter, ihr halte ich mein Gelöbnis, ihr werde ich stets eine Tochter sein und werde keinem andern angehören, als ihrem Sohne. Jetzt kennen Sie mein Los, es gleicht dem Ihrigen, folgen Sie meinem Entschlusse, bleiben Sie Ihrer Toten getreu, wie ich dem meinen. Und hier sind wir am Lago d'Averno angelangt.« –

In diesem Augenblick sprengten zwei Cara 332binieri in vollem Galopp heran zu beiden Seiten des Wagens und meldeten, sie seien von Neapel zum Schutze dieser Equipage beordert.

»Nun sind Sie meiner nicht mehr benötigt,« sprach Ellerborn, »sehen Sie, die Sonne sinkt, schnell wird die Nacht hereingebrochen sein, leben Sie wohl für immer!« –

Er drückte einen langen heißen Kuß auf ihre Hand, schwang sich aus dem Wagen und war, noch einmal zurückgrüßend, bald ihrem Blicke entschwunden. Sie hätte ihm gern noch ein Wort zugerufen, es war zu spät. –

Der junge Mann verbrachte die halbe Nacht am Ufer des Lago d'Averno, den Gedanken an Selbstmord, der an dieser trägen, stillen Flut in ihm auftauchte, wußte er kräftig von sich abzuschütteln, nein, sagte er zu sich – der Tod ist heute schon einmal an mir vorübergegangen, ich such' ihn nicht auf. Morgen aber zurück ins Vaterland! –

Indem er die Vorstädte Neapels durchwandelte, um nach seinem Gasthofe zu gelangen, hörte er aus einer hell erleuchteten Wohnung zu ebener Erde eine lebhafte Musik und den Takt von Tanzenden; zuweilen stiegen aus dem Hofraum Raketen und Leuchtkugeln empor und zerknallten in der Höhe. Auf 333 seine Anfrage, was für ein Fest es hier gäbe, erhielt er zur Antwort, es feiere der Herr dieses Hauses seine goldene Hochzeit.

Ellerborn trat unter die offene Thüre und beobachtete unbemerkt das frohe Gedränge und den hellen Jubel, wie ihn eben nur Neapolitaner äußern können. Auch den achtzigjährigen Hochzeiter sah er und seine fast ebenso alte Gattin. Sie boten ein eigen ernstes Bild zur Betrachtung inmitten der tanzenden und schwärmenden Jugend umher. Stille und lächelnd saßen sie da – und der verborgene Zuschauer dachte sich: – »da sitzen sie und feiern ihr fünfzigstes Gedenkjahr des Tages, an welchem man sie am Altare zusammengab in blühender Jugend und voll rosiger Hoffnungen, da sitzen sie, wieder geschmückt mit Blumensträußen vor den verödeten Herzen und mit ergrauten Haaren. Was sie damals erfreute, das ist begraben, die Hände, die mit den blinkenden Gläsern damals auf ihr Wohl anstießen, modern in der Erde, die Blicke, die ihnen zuwinkten, sind erloschen, nur sie selbst sind noch da, und von ihren Erinnerungen lassen die angenehmen den Gedanken aufkommen, daß die Wonnen der Jahre für sie unwiderbringlich dahin sind; die unangenehmen und 334 deren sind auch viele, fliehen selbst an diesem Tage nicht, sie können nicht verscheucht werden, sie erscheinen zu Gast bei diesem Feste, wo die Vorboten des Todes den Tisch gedeckt haben und das Memento aus jedem Glückwunsch seine Verbeugung macht.«

»Ist es nicht schöner, früh zu sterben und in der Liebe der Zurückbleibenden in ewiger Jugend fortzudauern? –«

Er wandte sich rasch hinweg, noch einigemal sah er über sich die glänzenden Raketen in den tiefdunklen Nachthimmel aufleuchten.


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