Heinrich Lautensack
Leben Taten und Meinungen des sehr berühmten russischen Detektivs Maximow
Heinrich Lautensack

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Die Vorrede

(Ein also glücklicher Vergleich, daß wir schier fürchten, ihn ein wenig in die Länge gezogen zu haben. – »Was wir wollen.« – Und eine ernstliche Zurückweisung eines Verdachts, in den wir leicht hätten geraten können.)

So wenig er – dessen Namen wir nicht zu nennen brauchen – dafür etwa verantwortlich zu machen ist, daß seine Serie wundervoller Romane jene allesverheerende Flut von Detektivgeschichten heraufbeschwor (man denke an Mond und Ebbe, und man denke an Mond und Flut), so sehr kann ihm dieser Vorwurf doch nicht erspart bleiben, daß wir von allem privaten Leben seines Sherlock Holmes kaum ein Mehreres wissen als: daß Rauchen etwas ist, das einem zur Leidenschaft werden – und daß die Geige spielen (oder ist es ein Klavier? oder ist's eine Flöte) etwas, das Drüber- oder Drunterwohnende, Linksnebenan- oder Rechtsnebenanhausende gar wohl veranlassen kann, zum nächsten Termin oder vorher noch fluchtartig aus- und die Unannehmlichkeit eines, sagen wir, bis zur Totalität verwanzten Hauses (gegen solchen musikalischen Dauergenuß gehalten) immer noch bei weitem lieber vorzuziehen.

Sicherlich: dafür kann der Mond, der hohe, nichts, daß hienieden Ebbe ist und Flut. Aber dafür kann er etwas, daß er uns ewig nur seine eine Hälfte zukehrt. – Und genau so verhält sichs mit Conan Doyle: wie der uns ewig nur die detektivische Seite des Detektivs vordemonstriert. Und gar nie die rein-private.

Wir sind nicht Astronom genug, um zu wissen: ob Ebbe und Flut dann noch ebenso geschähen, wenn der Mond uns einmal auch seine rückwärtige Hälfte ersichtlich zukehren würde. Aber wir überschauen den literarischen Markt ziemlich genügend, um behaupten zu können: daß der (sonst so geniale) Schöpfer des Sherlock Holmes, indem er die menschliche Kehrseite seines Geschöpfs sozusagen uns jeweils und immer wieder vorenthielt, es seinen feilen Nachahmern nur um so billiger machte, ihn auf das billigste nachzuahmen.


Ahnt nun der Leser vielleicht schon bißchen, wohinaus wir wollen?

Der Detektiv – als Mensch. Als blutiger Mensch so gut wie du und wie wir. Und dann der Detektiv – als Liebhaber. Auf daß er ja recht sehr Mensch sei – als Liebhaber, blutiger Liebhaber ans Tierische abwärtstangierend (sagt man so?) gleicherweise so gut wie du und wie wir. Mit einem Wort: der Detektiv gar nicht so sehr als Detektiv. Keine Ein- (ins Detektivische), sondern vielmehr eine Auskleidung (aus dem Detektivischen). Wofern wir dieses Wort richtig anzuwenden verstehen: eine Inkarnation des Detektivs.

Denn: vom Gehirnschweiß eines Detektivs haben wir durch die schier unendlich angewachsene einschlägige Literatur mehr als eine Ahnung . . . ja, um es dreist zu sagen: fast die Nase voll. Versuchen wir dieserhalb einmal, wie einer der sehr berühmten Detektivs pur als Mensch transpiriert . . . als Mensch und obenein noch als Liebhaber.

Versuchen wir immerhin.


Wobei uns keiner aber nun mißtrauen soll. Als wie: wir hätten die Konjunktur gar fein erkannt. – Nein nein nein nein. Eine Konjunktur auszunützen, das läge uns ferne. Wir hätten dieses Büchlein auch ohne jede Konjunktur geschrieben. – Wir kannten und wir kennen unsern Leitsatz (nicht nur für dieses Büchlein): Von Erzählungen, so auf nichts als auf Spannung gearbeitet sind, von solchen ganz zu schweigen, haftet selbst allen Milieuschilderungen (wir können uns nicht helfen) immer etwas Reporterhaftes an; dagegen reine Menschlichkeitsschilderungen und -gemälde, eija, die haben Ewigkeitswert.

Baron G. de S. H. L.


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