Arthur Kahane
Clemens und seine Mädchen
Arthur Kahane

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16.

Lili war nicht zu Hause. Er suchte sie in ihrem Zimmer, dann in der ganzen übrigen Wohnung.

In der Küche war Frau Quadderbacke. Sie saß neben dem Herde und glotzte stumpfsinnig vor sich hin.

»Wo ist Lili?« fragte er.

Sie schien ihn nicht zu verstehen.

»Wo Lili ist?« wiederholte er.

Sie blickte nicht auf, und ohne auf seine Frage zu achten, sagte sie, dumpf vor sich hinbrütend: »Ich habe es ihm gesagt.«

»Wem? Was?«

117 »Quadderbacke. Daß Sie gekündigt haben und ziehen.«

»Sind Sie verrückt?«

»Sie haben es mir versprochen.«

»Mit welchem Recht mischen Sie sich in meine Angelegenheiten?«

»Sie haben es mir versprochen.«

»Was ich verspreche, habe ich zu halten, aber nicht Sie. Lassen Sie das gefälligst meine Sache sein!«

»Er hat sich auch geärgert. Fast erschlagen hat er mich vor Zorn. Was wollt ihr von mir? Schlagt Euch die Köpfe blutig! Mir kann's gleich sein.« Und versank in das frühere Brüten.

»Wo ist Lili? frage ich Sie.«

»Ich weiß nicht. Im Geschäft, glaube ich. Warum fragen Sie? Was geht Sie das noch an? Übrigens, mir kann's gleich sein. Schlagt Euch alle die Köpfe blutig, mir kann's gleich sein.« Und hockte, in sich zusammengekauert, da, wie ein böser, unheilbrütender, alter Vogel.

Clemens verließ die Küche. Er dachte daran, Lili abzuholen, aber sie konnte schon unterwegs sein, und da hätte er sie zu leicht verpassen können. So ging er auf sein Zimmer und wartete.

Clemens hatte nie Talent und Lust zum Chirurgen gehabt. Um so unangenehmer war es ihm, sich selber zuzuschauen, wie er sein eigenes Hirn aus der Schale nehmen, es in alle Teilchen zerlegen, jedes einzelne sauber ausputzen, und als er dann das Ganze wieder zusammensetzen sollte, bemerken mußte, daß er mittlerweile seine ganze 118 Gehirnanatomie vergessen hatte und die richtige Zusammensetzung nicht mehr finden konnte. So ungefähr kam ihm dies Warten vor.

Er fühlte, wie sein Inneres in diesem Warten auslief, ausrauchte, abstumpfte, leer ward. Wie seine mitgebrachte Energie verstob und auseinanderfiel, ihre Stoßkräfte verlor, ihre Waffen, ihre Richtung, ihr Ziel vergaß. Und als er endlich draußen den Schlüssel gehen hörte – er wußte nicht, waren es Minuten oder Stunden bis dahin gewesen – war er fertig. Entwaffnet, abgerüstet, ausgepovert.

Noch eine Pause. Es war ja schon egal. Und dann kam sie herein. Auf den ersten Blick sah er, daß sie alles wußte.

»Du willst ziehen?« fragte sie mit einem Ton, der sich äußerste Ruhe zu halten bemühte.

»Ja.«

»Was heißt das?«

»Daß es aus ist.«

»Warum?«

»Ich kann nicht länger bei dir bleiben.«

»Deswegen?«

»Ja.«

»Was geht das dich an? Was hat das mit dir zu tun?«

»Verstehst du das nicht?«

»Nein. Und will ich auch nicht verstehen. Und es ist auch gar nicht wahr. Seitdem ich dich kenne, ist es nicht mehr wahr. Was vorher war, das gilt nicht. Das war nicht. Das ist ausgestrichen ans meinem Leben. Bevor ich dich kannte, habe ich nicht gelebt. Und du bist der letzte, der es 119 mir vorwerfen darf. Der einzige, der es mir nicht vorwerfen darf. Hörst du? Du nicht.«

»Ich werfe dir nichts vor. Aber bleiben kann ich nicht. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, daß das möglich war. Die Vorstellung macht mich rasend. Ich kann den Schmutz nicht ertragen.«

»Und wenn ich dir sage: nimm mich mit! Geh mit mir irgendwohin, wo mich kein Mensch kennt, wo ich neu anfangen könnte, neu geboren würde. Mit dir. Ein ganz neues Leben! Clemens!?«

»So würde ich ›ja‹ sagen. Sofort. Komm mit!«

»Clemens, ist das wahr?«

»Ja.«

Und sie stürzte zu seinen Füßen, ergriff seine Hände und küßte sie und hätte am liebsten seine Füße geküßt.

»Komm mit! Sofort!« sagte er und entwand sich ihr.

»Ich kann ja nicht. Ich darf ja nicht«, sagte sie und erhob sich. Ihr Gesicht stand in Tränen. »Weil ich dich nicht belasten darf. Weil du ja viel zu jung bist. Weil ich mich kenne. Weil ich weiß, daß ich dich unglücklich machen würde. Und weil ich nicht kann. Es ist alles umsonst. Ich kann nicht.«

»Warum kannst du nicht?«

»Ich kann von hier nicht fort. Ich will ja, aber ich kann nicht. Ich wurzle hier. Ich – ich kann dir das nicht sagen, warum nicht. Aber ich kann nicht.«

Und stürzte sich wieder auf ihn, warf sich zu Boden, umschlang seine Knie und schrie: »So schlag mich doch! Daß ich 120 mich mit meiner Schlechtigkeit an dich gedrängt habe. Ich bin ja viel zu schlecht für dich. Ich bin durch und durch schlecht. Glaub' mir doch, ganz schlecht bin ich. Und nie hätte ich in deine Nähe dürfen. Ich verdiene, daß du mich mit Schlägen von dir jagst, daß du mich hinauswirfst und auf die Gasse jagst. Auf die Gasse gehöre ich. So schlag mich doch, bitte, schlag mich! Warum schlägst du mich denn nicht?«

Er nahm ihren, von Tränen und Schluchzen geschüttelten, vor Erregung sich bäumenden Körper, bettete ihn auf dem Lager, setzte sich zu ihr, nahm ihren Kopf in seinen Schoß, streichelte ihre Wangen und küßte die Tränen ab, bis das Fieber ihrer Erregung sich gelegt hatte. Allmählich wurde ihr Weinen ruhiger. Eng schob sie sich an ihn heran, hob den Kopf, schlang beide Arme um seinen Hals und sagte, durch ihre Tränen durchlächelnd: »Nicht wahr, du jagst mich nicht weg? Und bleibst bei mir, Clemens? Hier bleibst du und bei mir. Hörst du, du mußt bei mir bleiben. Du mußt.«

»Ich bleibe, Lili. Ich muß bleiben. Ich kann ohne dich nicht sein.«

Mit einem Ruck saß sie neben ihm. Mit einem zweiten auf seinem Schoße, die Hände immer noch um seinen Hals. »Natürlich bleibst du. Ich hab's ja gewußt, daß du ohne mich nicht sein kannst. Alles andere ist doch Unsinn. Was sollst du denn ohne mich? Und du gehörst doch mir. Niemandem sonst. Auch dir nicht mehr. Nur mir. Sag', daß du mir gehörst mit Leib und Seele!«

»Ja, Lili,« sagte er, ganz langsam und fast traurig, »ich gehöre dir mit Leib und Seele.«

121 »Natürlich gehörst du mir. Du kannst ja gar nicht mehr weg von mir. Auch wenn du wolltest. Aber du willst ja nicht. Schön dumm wärest du, wenn du wolltest. Wo findest du eine Geliebte wie mich? Wo findest du eine, die dich so lieben wird? Du dummer Junge, du weißt ja noch gar nicht, wie ich lieben kann! Du ahnst ja noch gar nicht, wie glücklich ich dich machen kann! Ich werde dich selig, dich rasend, dich wahnsinnig machen vor Liebe. Aber nur, wenn du artig und gehorsam bleibst. Sonst nicht, hörst du! Gehorchen mußt du mir in allem! Du mußt mir ja gehorchen. Versuche doch, dich frei zu machen! Geh weg! Versuch's doch noch einmal! Heut früh hast du's versucht. Oder nicht? Sag', ob du's versucht hast?«

»Ja.«

»Und hast du's können? Warum bist du denn nicht fort? Sag', sag' schnell, ob du gekonnt hast?«

»Nein.«

Leise und gepreßt stahlen sich dieses Ja und Nein über seine zitternden Lippen, während die gänzlich Verwandelte mit strahlenden, lachenden Augen, vor ihm, über ihm stand.

»Sie haben dich mir nehmen wollen. Deine Freunde haben dich mir nehmen wollen. Leugne es doch, wenn du kannst!«

»Ich kann nicht. Es ist wahr. Meine Freunde haben mich dir nehmen wollen.«

»Und was stand in dem Telegramm? Ich will es wissen. Zeige es mir. Ich will es sehen. Du mußt es mir zeigen. 122 Jetzt mußt du mir alles gestehen. Alles will ich von dir wissen.«

»Da nimm es! Lies es selbst!«

Sie las: »Brutus, du schläfst!? – Was heißt das?«

»Das heißt, daß ich die Sache der Freiheit, meiner Nation und meiner Freunde verraten habe um deinetwillen, daß meine Freunde es wissen und mich aufrütteln wollen und daß sie es nicht können, weil du mein Gewissen eingelullt hast und es in deinen Armen eingeschlafen ist für ewig.«

»Und weißt du, woher deine Freunde es wissen? Ich habe es ihnen geschrieben.«

»Du? Woher wußtest du denn von ihnen?«

»Die Adresse fand ich in deiner Brieftasche. Und ich schrieb ihnen, anonym, daß du hier eine Liebschaft angefangen hast und dich mit einem Mädel herumtreibst.«

»Aber das konnte mich doch auch von dir losreißen?«

»Konnte? Nein, das konnte es nicht. Ich war deiner zu sicher. Aber ich wollte wissen, wie sicher ich deiner sein konnte. Und darum schrieb ich den Brief. Und du siehst, daß ich recht behalten habe. Und jetzt weiß ich, daß du mir gehörst.«

»Lili!« und verstand selbst nicht, was er mit diesem Aufschrei seines getretenen Selbstgefühls wollte, der sich wie demütig flehend an die Triumphierende klammerte.

»Was will mein Liebling?« ließ sie sich herab, und die Zärtlichkeit schnitt ihm wie Hohn in unsichtbare Fesseln.

»Nichts will dein Liebling. Kann denn dein Liebling noch wollen? Es ist weit mit deinem Liebling gekommen, 123 wenn dir dieses Spiel gelingen konnte. Es gab Zeiten, in denen dieses Spiel genügt hätte, jede Liebe in meinem Herzen mit Putz und Stingel auszureuten. Pfui Teufel! Sich auf die Probe stellen zu lassen! Wie ein Junge im Märchen! Wie ein Schulbub!« raste sein ohnmächtiger Aufruhr gegen ihn selbst.

»Bist du böse, Bubi? Aber du kannst ja nicht böse sein. Du darfst ja nicht böse sein, Bubi. Hast du denn vergessen, daß du mir gehorchen mußt? Daß du mir gehörst, und ich alles mit dir machen kann? Auch dich auf die Probe stellen? Auch mit dir spielen? Soll ich nicht mit dir spielen dürfen, Bubi? Ich spiele ja so gerne mit dir, Bubi. Und manchmal macht's dir doch auch Freude. Oder nicht? Laß mich doch mit dir spielen! Dafür sollst du auch so süß belohnt werden. Aber gehorchen mußt du mir vorher. Ganz brav alles tun, was ich will.«

»Was willst du?« fragte er und fühlte, daß er, wenn sie sein Herzblut verlangt hätte, ruhig seine Brust öffnen und ihr sein Herz hätte reichen müssen.

»Ich will, daß du mir sagst, welche wichtige Aufgabe man so einem kleinen Jungen hier übertragen hat. Das sollst du mir sagen.«

»Warum willst du es wissen?«

»Das geht dich nichts an. Ich will es wissen. Weil ich sehen will, daß du Vertrauen zu mir hast, grenzenloses, wie sonst zu niemanden auf der Welt. Und weil ich stolz sein will auf dieses Vertrauen und auf die Aufgabe, die man meinem kleinen Jungen übergeben hat.«

124 »Nun gut, das will ich dir sagen. Ich habe die Mission, alle unsere einflußreichen Landsleute in dieser Stadt zu besuchen und ihnen auf den Zahn zu fühlen, die Willigen zu sammeln und vorzubereiten, damit, wenn einmal die Stunde der Befreiung für unsere Nation schlägt, in allen großen Städten der Welt aus den Studenten und jungen Leuten, die überall zerstreut sind, sofort eine Legion gebildet ist, die sich unserem Volke zur Verfügung stellt. Nun weißt du alles.«

»O wie schön ist das!« rief sie und sah ihn mit flammenden Augen an. »Und nun gib mir die Liste! Die Liste deiner hiesigen Landsleute, meine ich. Gib sie! Sofort!«

»Sie ist in meiner Brieftasche. Hole sie dir! Dort auf dem Nachttisch liegt sie.«

»Du lügst. In deiner Brieftasche ist sie nicht. Das weiß ich.«

Ich habe keine Liste. Ich habe sie in meinem Kopf.«

»Du lügst! Es ist nicht wahr. Du hast eine.«

»Woher weißt du das?«

»Weil ich dir das ansehe, daß du lügst. Schwindle nicht mehr! Gib sie her!«

»Wozu brauchst du sie?«

»Ich will sie sehen. Ich will, daß du sie mir gibst. Ich muß dir mehr sein als deine Freunde und deine Aufgabe, mich mußt du lieber haben als dein Vaterland und deine Freiheit.«

Da ward seine Seele matt bis an den Tod.

»So nimm sie in Teufels Namen!« und riß sein Hemd 125 auf und zog aus einer an der inneren Brustseite des Hemdes versteckt eingenähten Tasche einen sorgfältig und dünn zusammengefalteten Papierstreifen, den sie ihm blitzschnell entwand und jauchzend hochschwang, um sich mit einem plötzlichen Ruck auf Clemens zu werfen, so daß er fast übers Bett fiel, und ihn mit einer Glut von Küssen, auf Hals und Brust und Mund, zu überschütten. Und während er betäubt liegen blieb, sprang sie auf und tollte im Zimmer umher: »Jetzt weiß ich, daß du mich lieb hast! Jetzt sehe ich, daß du mein lieber, braver Bub bist. Jetzt hab' ich ihn! Jetzt hab' ich dich!«

Und auf einmal saß sie neben ihm, zog ihn in die Höhe und sah ihn mit einem funkelnden, unendlich lauernden Blick an: »Was machst du, wenn ich jetzt zu Quadderbacke gehe und ihm diesen Zettel gebe?« Und schrie, wie zum Scherz: »Quadderbacke! So komm doch! Quadderbacke! Wir haben ihn!« Und schon bereute sie das Wort.

In einem Hui war es in ihm hell geworden, welchen Wahnsinn er begangen hatte.

»Gib ihn her!«

»Nein.«

»Sofort!«

»Nein.«

»Du mußt!«

»Ich denke nicht daran.«

»Was willst du damit?«

»Ich behalte ihn.«

»Wozu brauchst du ihn?«

126 »Das geht dich nichts an. Ich gebe ihn Quadderbacke!«

»Du hast mich zum zweiten Male verraten.«

»Ja. Und werde dich immer wieder verraten. Weil du lächerlich bist. Weißt du, was du mir bist? Komisch. Lächerlich. Ein dummer Junge!«

»Gib ihn her, sag' ich dir!«

»Nein, sag' ich dir! Nimm ihn dir doch! Nimm ihn doch mit Gewalt! Du traust dich ja doch nicht! Du dummer, lächerlicher, kleiner Junge! So schlag mich doch, wenn du dich traust! Schlag mich!«

»Wenn du es durchaus willst, gerne«, sagte er.

Und in diesem Augenblick fiel der erste Schlag. Wuchtig, mit aller Kraft, ihr mitten ins Gesicht.

Clemens zitterte. Nie hatte er ein Weib geschlagen, nie geahnt, daß er eines schlagen könnte. Er hielt inne.

Sie nutzte den Augenblick, glitt an seinen Füßen herunter, die Hand mit dem Zettel blitzschnell öffnend und noch fester schließend, und schrie: »Du kriegst ihn doch nicht! Und weißt du, warum nicht? Weil ich dich liebe!«

»Du lügst. Jedes Wort ist Lüge.«

»Nein, du lügst!«

Sind wir denn Beide wahnsinnig, durchfuhr es ihn. Das ist ja alles sinnlos, was wir sagen. Und was wir tun. Warum nur? Warum in aller Welt? Was hat das zu bedeuten?

Sie aber lag zu seinen Füßen und schrie: »So schlag mich doch! Warum schlägst du mich denn nicht? Schlag doch zu, du Held! So schlag doch, bitte, bitte, schlag mich 127 doch!« Und: »Den Zettel kriegst du ja doch nicht, wenn du mich nicht schlägst! So schlag mich doch!«

Und nun packte ihn neuerdings Wut, er warf sie nieder, ergriff ihre Hand, riß sie mit aller Gewalt auf und den Zettel heraus, und als sie nach ihm biß, schlug er sie zum zweiten Male und zum dritten Male und immer wieder. Er fühlte, wie er die Herrschaft über sich verlor und wahnsinnig wurde und wie es rot vor seinen Augen tanzte, und auf einmal schoß ganz nahe der Begriff Mord vor ihm auf, und gleichzeitig fühlte er mit voller Klarheit, wie fremd und fern das alles von ihm war und gar nichts mit ihm zu tun hatte: dieses Mädchen und das Zimmer und die Stadt, und gar nicht an die zu ihm gehörige Luftschicht menschlichen Fühlens, geistigen Inhalts und kultureller Form reichte und an sein eigentliches Ich rührte, jenen Clemens, der für ihn der Clemens der Eveline war, und es erfaßte ihn neuerliche Wut über dieses fremde Weib da vor ihm, dem es gelungen war, sein Ich in ein völlig fremdes zu verwandeln. Und gleichzeitig ging, schon ganz klar und ruhig in seinem Bewußtsein, ein drittes vor sich: Wenn es nur so möglich ist, so bist du nach allem verpflichtet, um deine Freunde und die Sache zu retten, mit vollem Wissen aller Folgen auch den Mord auf dich zu nehmen. Dieser Wille, Entschluß geworden, machte ihn mit Einem kühl und klar und rettete ihn. Vor dem Morde.

Noch immer lag das Mädchen zu seinen Füßen, beide Hände über dem Elfenbeinkreuze auf ihrer Brust ineinandergekrampft, und wiederholte ihr: »Schlag mich! Schlag 128 mich doch!« Dann wimmerte sie, und zwischendurch hörte er ein zischendes, schwaches: »Zu Hilfe! Quadderbacke, so komm mir doch zu Hilfe!«

Noch aber konnte, wie Clemens wohl wußte, Quadderbacke nicht zu Hause sein.

Es war also Zeit. Schnellentschlossen nahm er ein Handtuch, steckte es ihr in den Mund, holte zwei Riemen, legte die gar nicht mehr Widerstrebende aufs Bett, band sie fest, stopfte sein Geld und das Nötigste von seinen Papieren und die anderen Sachen in seine Taschen, verließ das Zimmer, schloß es vorsichtig, zog den Schlüssel ab und ging schnellen, aber festen Schrittes aus der Wohnung und dem Hause. Lili ließ er liegen. Mag Quadderbacke sie später finden, lösen, behalten! Daß Frau Quadderbacke seine Flucht nicht hindern, seine Verfolgung nicht veranlassen werde, war ihm gewiß.

 


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