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Siebenzehnte Predigt

Kaudel hat sich im Laufe des Tages die Bemerkung erlaubt, ob es nicht eben so vortheilhaft sei, außer dem Hause waschen zu lassen.

Gott sei bei uns – eine schöne Laune um damit zu Bett zu kommen, Kaudel. Leugne es nur nicht, so viel kann ich doch sehen und dafür, sollt' ich denken, kennte ich Dich lange genug. So geht's aber jedes Mal, ich brauche nur die Seife in die Hand zu nehmen, so ist der Spektakel reif. – Niemand in der weiten Welt schreit mehr nach weißer Wäsche als Du thust, und Niemand ärgert und quält nachher seine arme Frau mehr und unverantwortlicher als eben wieder Du, wenn sie doch nur Alles was in ihren Kräften steht versucht, Dir Haus und Heimath behaglich zu machen.

Ja, Kaudelbehaglich, Du brauchst nicht da zu liegen und das Wort zehnmal im Munde herum zu drehen.

Ob es schon je eine solche Frau gegeben hat? Nein, Kaudel, das will ich nicht wünschen; ich hoffe zu Gott, daß keine andere arme Frau das noch zu erdulden hat, was ich aushalten muß. Kaum habe ich eine kleine Wäsche zu Hause angestellt, so gehst Du auch schon im Hause wie ein Wütherich herum, schluckst die bittersten Flüche in Dich hinein und wirfst Deiner Frau Blicke zu, als wenn sie Dein grimmigster Feind wäre. Du wolltest aber wahrscheinlich am liebsten daß wir gar nicht wüschen, o ja – da könntest Du glücklich leben – natürlich ganz glücklich, Du möchtest die Kinder wie die Kartoffeln in der Schmutzschale sehen – ja wohl – Alles das, nur daß der große Herr nicht gestört wird. Ich wollte nur, Du hättest eine Frau bekommen die gar nicht wäscht – die würde Dir gefallen haben. – Ja wohl – so eine Dame die Deine Kinder hätte zum Abschaben herumlaufen lassen. An der wäre Dir dann auch etwas gelegen gewesen; mehr wie an mir. Ich wollte nur, ich könnte Euch Alle ohne reines Leinenzeug gehen lassen, ja, Alle miteinander; ich wollt' es wirklich und wenn ich nicht der bloße Sclave meiner Familie wäre, so thät ich's auch.

Nein, Kaudel, das Haus wird nicht in Wasser herumgeknetet als ob es Noahs Arche wäre, und Du solltest Dich schämen auf so eine frivole Art von Noahs Arche zu reden. Ich weiß nicht, womit ich verdient habe an einen Mann von solch lockeren unchristlichen Grundsätzen verheirathet zu sein.

Nein, und das ganze Haus schmeckt und riecht auch nicht nach Seife, das ist ebenfalls nicht wahr, und wenn es wirklich so wäre, so würde jeder andere Mann an Deiner Stelle vernünftig genug sein, es nicht einmal zu bemerken. Ich habe an Waschtagen eben so wenig Gefallen als Du – was sagst Du?

Ich hätte es doch? Nein, Kaudel das ist falsch – ich liebe sie nicht blos darum, weil sie jeden anderen trockenen Menschen elend machen. Nein und ich hätte auch nicht sollen als Seejungfer geboren sein um nur immer im Wasser leben zu können. Eine Seejungfer – weiter fehlte gar Nichts; was für Namen wirst Du mir noch geben? kein anderer Mann behandelt seine Frau auf eine solche Art wie Du es thust, Kaudel. Uebrigens – wie ich schon gesagt habe, es kann wenigstens nicht mehr lange dauern; das ist ein Trost. Was sagst Du?

Du dankst Gott dafür? Du bist ein gefühlloser Mensch, Kaudel, ein Barbar.

Nein – Du hast nicht das Waschen gemeint. Ich weiß was Du gemeint hast. Das ist also mein Dank, daß ich Dir mein Lebelang eine solche Frau gewesen bin. Du wirst es aber bereuen wenn es zu spät ist; o Kaudel, ich möchte dann, wenn ich einmal todt bin, nicht Deine Gewissensbisse haben – nein, nicht um alles Gold der Welt. –

Noch dazu waschen wir nur alle vierzehn Tage. Ich wollte nur, Du hättest manche von den anderen Frauen, die jede Woche einmal waschen. Ueberdies, wenn Dir alle vierzehn Tage Wäsche zu oft ist, warum giebst Du mir denn da kein Geld, daß ich genug Wäsche anschaffen kann um einen Monat auszureichen? Ist es mein Fehler, daß wir so wenig haben? Was sagst Du?

Mein » einmal in vierzehn Tagen« dauerte immer eine halbe Woche? Nein, das ist nicht wahr –niemals, oder doch wenigstens sehr selten, und das ist ganz dasselbe. Ist es überhaupt meine Schuld, wenn der Ruß auf das Zeug fällt, daß es noch einmal durchgespült werden muß?

Nein, der Ruß macht mich nicht glücklich, Kaudel, und er verlängert auch mein Vergnügen nicht; was aber mehr ist – Du bist ein gefühlloser Mann, daß Du mir so etwas sagen kannst. Du bist schlimm genug daß sich eine Frau in ihr Grab wünschen möchte – es ist wahrhaftig wahr. Und was Du dabei Deinen Söhnen für ein herrlich Beispiel giebst. Weil wir heute ein Bischen waschen und gerade kein heißes Mittagsessen haben (denn wer giebt den Wäscherinnen heißes Essen?) und weil Dir nicht Alles so ganz nach der gewohnten Bequemlichkeit war, da mußt Du gleich wie besessen im Hause herumfahren und das kalte Hammelfleisch verfluchen. – Du weißt wohl gar nicht was das Pfund Hammelfleisch jetzt kostet, oder Du würdest nicht die herrliche Gottesgabe verfluchen als ob Du ein Lord wärest. Was?

Du hättest nicht geflucht? Das kannst Du jetzt recht gut behaupten, ich weiß aber wohl wann Du fluchst und manchmal thust Du es, ohne daß Du es selber merkst. Aber nein, da muß der Herr fluchen, seinen Hut aufstülpen, wie wahnsinnig aus dem Hause stürzen und in ein Wirthshaus rennen um da zu essen. Einen schönen Begriff müssen die Leute von Deiner Frau bekommen, wenn sie sehen daß Du außer dem Hause ißt – eine schöne Idee von unserer Wirthschaft. Was Kaudel?

Du willst das jedesmal thun, wenn ich wasche? Gut, Kaudel – sehr gut. Wir wollen aber doch sehen, wer das zuerst müde werden wird, denn das sag' ich Dir, eher wasche ich alle Tage und wenn's nur jedesmal ein Strumpf wäre. Das sieht Dir aber ganz ähnlich – unter die Füße möchtest Du alle die treten die anderer Meinung sind als Du.

Höre, Kaudel, Du brauchst nicht zu schreien als ob das Haus brennte, oder ich stehe auf. Es ist wahrhaftig schrecklich daß ich kein Wort sagen darf, ohne daß Du einen solchen fürchterlichen Lärm machst.

Du hast nicht geschrieen? dann möcht' ich wissen was Du schreien nennst; die Leute müssen Dich im Nachbarhause gehört haben. Nein Kaudel, das hilft Dir Nichts – gute Worte nützen Dir gar Nichts, ich bin nicht die Närrin mehr, die ich in früheren Zeiten war; jetzt weiß ich's besser. Am Tag willst Du mich auf jede abscheuliche Art behandeln, und Abends soll ich dann noch nicht einmal ein einziges Wort reden dürfen, weil Du thust als ob Du müde wärest. Schämst Du Dich nicht, Kaudel?

Warum ich nicht außer dem Hause waschen lasse? Das hast Du mich jetzt schon wenigstens tausend Mal gefragt – aber es hilft Dir Nichts, Kaudel, also gieb Dir keine Mühe weiter. Was sagst Du?

Madame Betsenberger hätte gesagt, es wäre ebenso billig? Bitte – was geht mich denn Madame Betsenberger an? ich denke doch, Kaudel, daß ich auch ohne Madame Betsenberger Rath für meine Familie sorgen kann. Madame Betsenberger – jawohl – weiter gar Nichts. Ich wollte nur, sie besuchte mich einmal, daß ich ihr das so recht selbst sagen könnte, wie ich's für sie auf dem Herzen habe. Ja wohl, Madame Betsenberger . O ja wohl – sie muß das viel besser verstehen wie ich – o viel besser. –

Nein, Kaudel. Ich will aber nicht den Mund halten . Ich sollte wenigstens denken, daß ich Herrin meiner eigenen Wäsche sein könnte; und nachdem ich Dir so lange Jahre eine solche Frau gewesen bin, ist es mehr als grausam, ist es abscheulich von Dir daß Du mich auf eine solche Art behandelst. Außer dem Hause waschen – weiter fehlte mir Nichts, und ich sage Dir auch: es ist nicht so billig, ob Du's nun bei'm Dutzend oder einzelnen Stück waschen läßt. Ich habe Alles versucht und berechnet, und ich spare jede Woche wenigstens zehn Silbergroschen. – Was sagst

Du?

Lumpige zehn Groschen? O, Kaudel , ich hoffe zu Gott, daß Du nie Noth leiden solltest, da Du auf solche Art und Weise von Groschen sprichst.

Nun thue mir nur den Gefallen und rede mir nicht in einem fort von Deiner Bequemlichkeit und ärgere mich nicht noch mehr mit solchen Fragen, als ob Deine Zufriedenheit und Ruhe keine zehn Groschen werth wäre; das hat gar Nichts hiermit zu thun; so machst Du's aber immer; wenn ich von einer Sache rede, so fängst Du von einer anderen an – ihr Männer seid Euch alle gleich. Uebrigens bitte ich den gestrengen Herrn zu bedenken, daß zehn Groschen in der Woche im Jahr siebzehn Thaler und acht Groschen macht und nimm die Summe für – meinetwegen dreißig Jahr und –

Nun Du brauchst nicht zu stöhnen, Kaudel , ich glaube schwerlich daß es so lange dauern wird; o nein; lange vorher ehe die Zeit kommt, wirst Du wohl schon Jemanden anders haben, der für Dich wäscht. Wär's nicht der armen Kinder wegen, so sollt' es mir auch ganz einerlei sein, wie bald das geschähe. Du kennst mich aber, Kaudel , und so – für diesmal gute Nacht.

*

»Ihr im Stillen herzlich für ihr Schweigen dankend,« sagt Kaudel , »wollte ich eben einschlafen, als sie mich noch einmal mit dem Ellbogen in die Seiten stieß und sagte: Das will ich Dir übrigens jetzt bemerkt haben, daß es morgen wieder dasselbe kalte Hammelfleisch giebt. Nicht eher etwas Warmes, bis das verzehrt ist. Und dann war dies auch nur ein kurzer Waschtag – am Mittwoch waschen wir wieder.«

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