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Aus Norne-Gasts Liederschatz

Mahlgesang

Mit Kraft junger Kühe
Mädchen mahlen.
Gaben goldener Acker
rinnen in Mühle.

Süß duftet Malz
wie blühender Sommertag,
Mühle dröhnt
im Rauch von Fruchtbarkeit.

So mahlen aus Dämmerung
Sonne, Mond und Sterne,
wie Mehl aus kreisendem Mühlstein,
von lebenswarmer Frau geknetet.

Nennt mir Wesen,
die Nahrung spenden
wie mahlende Frauen,
in Sonnenkunst kundig.

Ich sang beim Mahlstein
der Frauen Ehre
und wurde für ewig
der Schönen Gefangener.

Solange Kinder
Brot essen,
lieb ich des Volkes
demütige Mütter.

Die nordische Frau

Fragment

Am Morgen der Zeiten
als Mann und Weib erschaffen wurden,
gab es den Tod nicht in der Welt.
Da wurde aus Torheit der Totschlag geboren.

Vom Wolf lernten Männer Schuld,
und blutig wurde ihr Tod.
In Kammern aber saßen Frauen
und säugten Kinder.

Duftende Kühe
von Bauerstöchtern gemolken,
schönen, sanften,
mit Milch an den Händen.

In regenkühlen Wäldern
wachsen die Schlanken,
wie Regen die Wange küßt,
und wie wilde Rosen.

Blau ist das Auge
wie blanke Seen,
nie hat Ehrlichkeit
besseren Ausdruck gefunden.

Ja, ich schwur mir,
wenn sie mich ansah,
solch blaue Einfachheit
nie zu verraten.

Lieblich das Haar
wie reiche Lichtquellen;
mit Fleiß verfing ich mich
in deine blonden Zöpfe.

Wiehert das wilde Fohlen
auf Frühlingsweiden,
gedenke ich deines Lachens,
einen froheren Mund gibt es nicht.

Mädchenhaften Frohsinn
empfingst du als Nornengeschenk,
denn das habe ich erfahren: Schönheit
und Fröhlichkeit gehen vereint.

Wie wachsende Kräuter
Ur-Wunder entfalten,
so funkelst du von Verstand,
woher bekamst du ihn, Weib?

Einen Abgrund von Güte
birgst du im Herzen!
Die gefesselte Wärme der Welt
ruht in dir, Freundin.

Das will ich bekennen:
Nie sah ich ein Weib,
ohne daß das Blut mir begehrend
zum Herzen drang.

Das Leben aber war nicht lang genug,
selbst mit seinen Nächten nicht,
um mit einer einzigen Liebe nur
zu Ende zu kommen.

Gefangener blieb ich für ewig
in deinen schönen Armen,
so lieblich war dein Wesen,
so unvergänglich deine Schönheit.

In regenkühlen Wäldern
finde ich deine Seele wieder,
die wilde Rose,
dein Ebenbild, Freundin.

Ach, das Haselgebüsch –
Wir nippten dort anderes als Nüsse;
trautere Kammer umschloß mich dort
als das Laubdach.

Ich möchte immer wandern
in freundlichen Wäldern.
In deinen Armen berg' ich mich,
taukühles Dänemark!

 


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