Horaz
Briefe
Horaz

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Zweites Buch.

1. An Augustus.

                Da du so viele Geschäft' und so lastende selber allein trägst,
Italermacht durch Waffen beschirmst, durch Sitten verherrlichst,
Läuterst durch das Gesetz. so fehlt' ich gegen Gemeinwohl,
Wenn mein langes Gespräch dir Zeit abmüßigte, Cäsar.

5  

Romulus, Vater Lyäus zugleich, und Kastor mit Pollux,
Nach großmächtigen Thaten geweiht in Tempeln der Götter,
Da sie die Lande gepflegt und die Sterblichen, rauhe Befehdung
Beigelegt, Saatfluren verteilt und Städte gegründet:
Trauerten doch, daß nicht die erwartete Stimme des Dankes

10   Antwort' ihrem Verdienst. Der die gräßliche Hyder gewürget,
Und weltkündige Greuel gedämpft im Kampfe des Schicksals,
Lernte, die Mißgunst werd' am äußersten Ziele gebändigt.
Denn mit blendendem Glanze beleidiget, wer vor den andern
Ragt durch höhere Kunst; dem Entschwundenen folget die Sehnsucht.
15   Dir Anwesenden häufen wir schon vollzeitige Ehren;
Selbst Altäre zum Schwur bei deinem Namen erbaun wir:
Daß nichts Ähnliches war, nichts Ähnliches komme, bekennend.

Dieses jedoch dein Volk, so gerecht und verständig in einem,
Dich vor unseren Helden, und dich vor grajischen achtend,

20   Kann nichts anderes sonst nach gleichem Maß und Verhältnis
Würdigen; und was nicht von der Erde gerückt und dem eignen
Lebensverkehr abstehend es sieht, das beekelt und haßt es:
So dem Veralteten hold, daß es sündabwehrende Tafeln,
Welche die zehn Obmänner gestellt, und der Könige Briefschaft,
25   Was man mit Gabiern einst ausglich und starren Sabinern,
Daß es die Pontifexbücher und modernde Rollen der Seher
Preist, als hätten die Musen auf Albas Berge geredet

Wenn man, weil bei den Griechen die älteren Schriften der Vorzeit
Immer die besseren sind, auch Roms Schriftfertiger also

30   Wägt auf derselbigen Wage, so braucht's nicht vieles Geredes:
Nichts ist hart auswendig der Nuß, nichts in der Oliv' hart.
Wir ja erklommen die Höhe des Glücks, wir malen und trillern
Ganz nach der Kunst und ringen zum Trotz den gesalbten Achäern.

Doch wenn die Länge der Zeit, wie die Wein', auch Gedichte veredelt,

35   Wünscht' ich Bescheid, welch Jahr vollgültigen Wert dem Papier giebt.
Welcher Poet abblühte vor hundert Jahren, gehört er
Wohl vollkommenen an und älteren, oder gehört er
Schlechten und neueren an? – »Vor Streitigkeiten schütze Begrenzung.
Der ist alt und bewährt, der hundert Jahre vollendet.« –
40   Was? wem noch an der Dauer ein Monat oder ein Jahr fehlt,
Sage, wohin ein solcher gehört: zu den älteren Dichtern?
Oder den anderen, welche so Mitwelt höhnet wie Nachwelt?
»Nur der kann noch unter den älteren zählen mit Anstand,
Wer um ein Monatlein zu jung ist oder ein Jahr auch.«
45   Frisch die Erlaubnis genutzt! und gleich wie die Haar' aus dem Roßschweif
Zupf' ich dort allmählich und nehm' eins, nehme noch eins ab,
Bis er getäuscht hinsinkt mit der Rechnung des stürzenden Haufens,
Der die Annalen erforscht, und Tüchtigkeit schätzet nach Jahren,
Und nichts Löbliches kennt, als was Libitina geheiligt.

50  

Ennius, weis' und kräftig zugleich, und ein zweiter Homerus,
Laut der Kritiker Sag', ist, scheinet es, wenig bekümmert,
Wie's den Verheißungen geh', und den pythagoreischen Träumen.
Nävius ist in den Händen nicht mehr, doch die Herzen bewohnt er,
Fast wie frisch: so hehr ist jegliches alte Gedicht uns.

55   Immer, so oft man fragt, wer dem anderen nehme den Vorrang,
Eignet Pacuvius sich die Gelehrsamkeit, Accius Hoheit.
Völlig paßt, wie man sagt, des Afranius Toga Menandern;
Plautus schwebet so leicht, wie der Sikulerbard' Epicharmus;
Hebt den Cäcilius Würde, so hebt den Terentius Kunstfleiß.
60   Diese denn lernt auswendig, und dies' im gedrängten Theater
Schaut die gewaltige Rom; die hat und zählt sie für Dichter
Bis auf den heutigen Tag, von des schreibenden Livius Zeit her.

Manchmal siehet das Volk, was recht ist; manches verfehlt's auch.
Wenn es der älteren Dichter Verdienst so lobet und anstaunt,

65   Daß es ihm nichts vorziehet und nichts gleich achtet, so irrt es.
Wenn es, wie einiges zu altväterlich, mehreres hart auch
Jene gesagt, zugiebt und viel nachlässiges einräumt,
Dann hat's Sinn, eins sind wir, und Jupiter billigt den Ausspruch.

Nicht zwar handl' ich mit Groll und verlange des Livius Verslein

70   Ausgetilgt, die mir Knaben, ich denk' es, Orbilius handfest
Oft in die Ohren gebläut; nur daß so etwas für fehllos
Gelte, für schön, und dem ganz Vollendeten nahe, bewundr' ich.
Mag auch darunter ein Wort sich heraus wo heben mit Glanz, auch
Ein und der andere Vers ein wenig zierlicher rollen;
75   Unrecht schafft es dem ganzen Gedicht Anpreisung und Absatz.
O mich verdrießt, daß ein Werk man tadele, nicht weil es gröblich
Oder ohn' Anmut scheinet gefertiget, sondern weil neulich;
Daß man für Nachsicht fordre dem Altertum Ehr' und Belohnung.
Ob auch geschickt herwandle durch Safrandüfte des Atta
80   Schauspiel, zweifelt' ich dran; gleich schrien, wie verloren die Scham sei,
Alle die Väter beinah, da ich so was wagte zu meistern,
Was ein ernster Äsopus, ein denkender Roscius vortrug:
Sei's weil nichts sie erkennen für recht, denn was ihnen gefallen,
Sei's weil schimpflich es deucht, zu folgen den Jüngeren, und, was
85   Bartlos einst sie gelernt, als Greis' aufgeben zu müssen.
Wer saliarische Reigen von Numa lobet, und solches,
Was ihm dunkel wie mir, er allein zu verstehen sich anmaßt:
Nicht den kräftigen Geist der Begrabenen liebt und beklatscht er;
Unseren feindet er an, uns haßt er und unseres neidisch.
90   Wäre den Griechen so sehr anstößig gewesen die Neuheit,
Als nun uns, was wäre zuletzt alt, oder was hätte
Mann vor Mann zu zerlesen und abzunutzen im Umlauf?

So wie der Grajer einmal nach geendeten Kriegen zu tändeln
Anhub und von des Glückes Genuß in Verzärtelung abglitt;

95   Eifert' er, jetzo im Spiel der Gymnasien, jetzo der Rennbahn,
Liebt' er des Erzes Gebilde, des Elfenbeins und des Marmors,
Hing er am schönen Gemälde mit Aug' und Seele geheftet.
Ward er von Flöten entzückt, durch tragische Rollen begeistert,
Wie wenn unter der Amm' ein kindlich spielendes Mägdlein,
100   Was sie begierig gesucht, bald wieder gesättiget hinwirft.
Was ist lieb, was verhaßt, dem nicht du Veränderung zutraust?
So war friedlicher Ruhe Geschäft bei günstigem Fahrwind.

Aber zu Rom war's lange Gebrauch und Freude, vor morgens
Wachen im offenen Hause, das Recht vortragen dem Schützling,

105   Sicheres Geld darwägen auf bündige Namenverschreibung;
Älteren wohl aufmerken, die Jüngeren lehren, wodurch man
Mehre der Hab' Anwachs und mindere schädliche Lüste.
Andere Laun' hat jetzo das lustige Volk: in der Schreibsucht
Glüht es allein, und Knaben und ehrsame Väter am Nachtschmaus
110   Kränzen die Haare mit Laub' und sagen Gedicht in die Federn.
Selbst ich, welcher beteu'rte, durchaus nicht Verse zu schreiben,
Nehme dem Parther den Rang als Lügener und vor dem Frührot
Wach' ich bereits und fordre Papier, Rohrfeder und Schreibpult.
Lenken ein Schiff will keiner, des Schiffs unkundig; mit Stabwurz
115   Heilt nicht, als wer die Mischung erlernete; was der Musik ist,
Bietet der Musiker dar; Schmiedfertigkeit übet der Schmied aus.
Dichtungen schreiben wir alle, wer unweis' oder wer weis' ist.

Diese Verirrung indes und der Anstoß leichteren Wahnsinns,
Führt auch, rechne du selbst, viel Tugenden. Selten bewohnet

120   Gier dem Poeten das Herz; Vers' atmet er, Verse nur sinnt er;
Güterverlust, Leibeigner Entfliehn, Brandschaden belacht er;
Nicht dem Genossen mit Trug und nicht dem verwaiseten Mündel
Stellet er nach; von Hülsengewächs nur lebt er und Schwarzbrot:
Wenn auch im Feld' unrüstig und mutlos, nützlich der Stadt doch:
125   So du gestehst, durch Kleines auch werd' oft Großes befördert.
Zart' und lallende Lippen des Knäbleins bildet der Dichter,
Und unsauberen Reden entwendet er jetzo das Ohr schon;
Bald auch giebt er dem Herzen Gestalt durch freundliche Lehren,
Störrischen Sinn einschränkend und Zorn und neidische Mißgunst,
130   Biedere Thaten erzählt er und stellt aufgehenden Zeiten
Beispiel' älterer Kund'; auch Dürftigkeit labt er und Schwermut.
Keusche Knaben gesellt des Gemahls unkundigen Mägdlein,
Woher lernten sie flehn, gab nicht die Camene den Sänger?
Mitleid heischet der Chor und fühlt annahende Gottheit;
135   Schmeichelnd lockt er den Wolkenerguß mit gelehretem Anruf;
Krankheit wendet er ab, graunvolle Gefährlichkeit bannt er;
Frieden auch schafft er dem Land' und schafft ein gesegnetes Fruchtjahr;
Himmlische sühnt der Gesang, der Gesang selbst Mächte des Orkus.

Vormals pflegte der tapfre, bei Wenigem glückliche Landmann,

140   Hatt' er die Früchte verwahrt, an festlichen Freuden erlabend
Leib und Seele zugleich, die in Hoffnung des Ends die Beschwer trug,
Samt den Genossen des Werks, dem redlichen Weib und den Kindern,
Tellus zur Sühn' ein Ferkel und Milch dem Silvanus zu opfern,
Blumen und Wein dem Gemahner an flüchtige Zeit, dem Geburtsgott.
145   Bald bei der Feier erhub sich der fescennische Mutwill,
Welcher im Wechselgesang dorfmäßige Schmähungen ausgoß;
Diese dem kehrenden Tage des Jahrs willkommene Freiheit
Trieb ihr gefälliges Spiel, bis bitterer schon in des Angriffs
Offene Wut sich der Scherz umwandelte, und ungestraft nun
150   Drohend die edelsten Häuser durchschritt. Laut klagte, wen boshaft
Faßte der blutige Zahn: auch kam Angetroffenen Sorge
Ob der gemeinschaftlichen Begegnis. Ja ein Gesetz noch
Gab bei Strafe Verbot, in bösem Liede zu schildern
Leben und Art. Man wandte den Ton, durch Schrecken des Knüttels,
155   Gutes hinfort zu reden und wohl zu vergnügen, genötigt.

Hellas, eben bezwungen, bezwang den trotzigen Sieger,
Kunst in das Bauerngefild', in Latium tragend: hinweg schwand
Jetzo der struppige Vers, der saturnische; widrigem Unrat
Folgete reinlicher Schmuck. Doch so langwierige Zeit durch

160   Immer bis heute bestehn nachbleibende Spuren des Feldes.
Denn spät lenkte der Römer auf griechische Werke den Blick hin;
Und nach punischen Kriegen beruhiget, forscht' er zuerst, was
Sophokles doch und Thespis und Äschylus Nützliches brächten.
Bald auch übt' er Versuch, was treu umsetzen sich ließe;
165   Und er gefiel sich selbst, von Natur hochstrebend und feurig:
Denn sein Geist haucht tragisch genug, voll glücklicher Wagnis.
Aber er scheut unweise, wie Schimpf, ausstreichen und ändern.

Mancher glaubt, weil den Stoff die Komödie holt aus Gemeinheit,
Habe sie weniger Schweiß; und dennoch hat sie um so viel

170   Mehr der Beschwer, als minder der Nachsicht. Schaue doch Plautus,
Welcher Gestalt er die Rolle beschirmt des verliebten Epheben,
Wie erden zähen Papa, den gefeimten Kuppeler aufführt;
Welch ein Meister Dossennus erscheint im gefräßigen Tischfreund,
Mit wie schlottrigen Socken am Fuß er die Bühne durchschlendert.
175   Denn er eilet, den Pfennig nur flugs in den Beutel zu schieben,
Ruhig sodann, ob fall, ob aufrecht stehe das Schauspiel.

Wen zur Bühne der Ruhm auf wehendem Wagen einhertrug,
Diesen entseelt ein Hörer, der gähnt, ein geflissener bläht ihn.
So gar klein, so nichtig ist das, was die Seele voll Ruhmsucht

180   Niedriget oder erhöht. O hinweg Spielwerke, wofern mich
Hager die fehlende Palm' und fett die verliehene heimführt!

Selbst den kühneren Dichter erschreckt und scheuchet noch dieses,
Daß die mehrern an Zahl, an Gewicht und Ehre die mindern,
Ungeschlacht' und Verkehrte, die stracks mit Fäusten bereit sind,

185   Stimmet der Ritter nicht ein, mit Geschrei oft mitten im Schauspiel
Bären und Baxer verlangen; denn das macht Späße dem Völklein.
Aber dem Ritter sogar verzog sich vom Ohre die Lust schon
Ganz nach dem schweifenden Aug' und der nichtigen Freude des Anblicks.
An vier Stunden und länger enthüllt die Scene der Teppich,
190   Während der Reisigen Trupp' und des Fußvolks Rotten sich tummeln.
Bald ziehn Könige traurig, die Händ' auf dem Rücken gefesselt,
Gallischer Wagen Gewühl, Troßkarren und Kutschen und Schiffe;
Elfenbein siegprangt im Triumph und ein ganzes Korinthus.

Lebt' er auf Erden annoch, wie lachte Demokritus; ob nun

195   Eines Pantherkameels Zweiförmigkeit oder ein weißer
Elefant anzöge die gaffenden Blicke des Schwarmes!
Aufmerksamer noch schaut' er, denn selbst die Spiele, das Volk an,
Weil dies mehr, denn der Mime, Belustigung böte den Augen.
Ja, wohl glaubt' er, die Dichter erzähleten etwa dem tauben
200   Eselein Märchen ins Ohr. Denn welch machtvolles Getön doch
Übertöne den Lärm, den umherhallt unser Theater?
Wie Garganergehölz aufbrüllt und tuskische Meerflut,
Also tobt das Geräusch, wo man Spiel' anschauet und Künste
Und ausländische Pracht: wann so herglänzend der Spieler
205   Vortritt auf das Gerüst, dann schmettert die Recht' an die Linke.
»Hat er schon etwas gesagt?« Nein, gar nichts. »Was denn gefällt so?«
Wolle, die gleich der Viole vom Tarentiner gefärbt ward.

Daß du jedoch nicht wähnst, was ich weigere selber zu üben,
Dies, da es andere treiben mit Glück, veracht' ich vor Scheelsucht;

210   Traun, auf gespanntem Seile, so scheint mir's, könne dahergehn
Jener Poet, der das Herz mir so durch Täuschungen ängstigt,
Wild aufregt, hinschmelzet, mit eitlem Schrecken erfüllet,
Magiern gleich, und bald gen Thebe mich, bald gen Athen führt.
Aber auch denen, wohlan, die sich Lesenden lieber vertrauen,
215   Als Zuschauender Stolz ausstehn und launigen Ekel,
Gönne der Pfleg' etwas, wo Apollons würdige Stiftung
Gern mit Schriften du füllst, und die Schar der Begeisterten anspornst,
Daß sie noch eifriger klimme zu Helikons grünendem Gipfel.

Zwar viel Übeles thun oft gegen uns selbst wir Poeten,

220   (Daß ich die eigenen Reben mir stümmele!) wenn wir ein Buch dir
Reichen in ernstem Geschäft, und in Müdigkeit, wenn wir empfindlich
Nehmen, daß etwa ein Freund ein Verslein wagte zu tadeln,
Wenn wir gelesene Stellen noch einmal lesen ohn' Aufruf,
Wenn wir betrübt wehklagen, daß nicht einleuchte die Arbeit
225   Unsere Kunst und die Feine des zartgesponnenen Liedes,
Wenn wir hoffen, es komme noch dahin, daß, wie du eben
Ausgeforscht, ein Gedicht arbeiten wir, stracks du gefällig
Uns einladest, vor Mangel bewahrst und zu fertigen nötigst.
Doch wohl lohnt es der Mühe, sich umsehn, welcherlei Hüter
230   Habe des Heiligtums die daheim und im Kriege bewährte
Heldenkraft, die kein unwürdiger Dichter entweihn darf.

Lieb war einst Alexander, dem großen Könige, jener
Chörilos, der mit Versen von schlechter Geburt und Erziehung
Richtig die Königsmünze bezahlete goldner Philippen.

235   Doch wie schwärzender Farbe Behandlung Flecken und Makel
Leicht abgiebt, so hat ein Poet durch schnödes Geschreib oft
Glänzende Thaten bekleckst. Der selbige König. der jetzo
Ein so lächerlich Lied so teuer erkauft' als Verschwender,
Ließ ein Gebot ausgehn, daß keiner ihn außer Apelles
240   Malete, daß mit Lysippus kein anderer lenkte den Erzguß,
Um Alexanders Heroengestalt zu ähnlichen. Wenn man
Jenen in sichtbaren Künsten so scharf urteilenden Kenner
Zu darstellenden Schriften der Musenbegeisterung riefe,
Schwöre man, unter Böoten in dunstigem Nebel erwuchs er.

245  

Nicht entehren sie dir dein Urteil und die Bezeugung
Milderer Gunst, die sie nahmen mit großem Ruhme des Gebers,
Deine Poeten Vergil und Varius, welche du auskorst;
Auch nicht redender steht ein Gesicht im ehernen Abbild,
Als im beseelten Liede der Geist und die Sitte der Männer

250   Nachruhmswürdig erscheint. Ich selbst nicht wählte Gesprächton
Lieber und Rede des Staubs, als herrlicher Thaten Erhebung;
Lande der Welt und Ström' und Gegenden säng' ich und Schlösser,
Hoch auf Berge gestellt, und Barbarkönige, rings auch
Durch dein Göttergeleit vollendete Krieg' in dem Erdkreis,
255   Fest in verriegelten Pforten den friedobwaltenden Janus,
Und die dem zagenden Parther, da du lenkst, furchtbare Roma:
Wenn mir den Wunsch ausführte die Kraft. Doch weder dem kleinen
Liede gemäß ist dein großmächtiger Name noch waget
Meine Scham zu versuchen, was nicht aushalten die Schultern.
260   Dienstgeschäftigkeit, naht sie mit thörichtem Eifer, belästigt
Mehr noch, wenn sie sich stolz in gemessener Rede der Kunst hebt.
Denn man erlernt weit rascher und präget mit Lust ins Gedächtnis,
Was man lächerlich glaubt, als was man schätzt und bewundert.
Fern die Geflissenheit mir, die mich ängstiget! Weder als Fratze
265   Im nachbildenden Wachse mich wo aufstellen zu sehen,
Noch in mißratenen Versen mein Lob zu vernehmen begehr' ich.
Daß nicht feiste Verehrung mich schamrot färb' und gemeinsam
Ich mit meinem Poeten, in offener Kiste gelagert,
Wandere nach dem Bezirk, wo Gewürz und Pfeffer und Weihrauch
270   Feil ist, oder was sonst einhüllt unnützer Papierwust.

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