Horaz
Briefe
Horaz

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10. An Fuscus Aristius.

        Unseren Gruß dem Fuscus, der Stadt Liebhaber, entbieten
Wir Liebhaber der Flur: hierin wahrhaftig allein nur
Sehr unähnlicher Art, im übrigen fast wie verzwillingt,
Brüderlich beide gesinnt; was dem. mißfällt auch dem andern,
5   Und gleich nicken wir Ja, gleich alten vertraulichen Tauben.
Du liebst heimisch das Nest, ich lob' anmutiger Felder
Rieselnde Bäch' und mit Moos umgrünete Felsen und Waldung.
Kurz, ich leb' als König und Herr, seit jenes ich aufgab,
Was ihr dort zum Himmel emporhebt, lärmenden Beifalls.
10   Mir, wie dem Pfaffenknecht, der entfloh, sind Fladen verleidet;
Brotes bedarf ich, das mehr als Kuchen mit Honig mir anschlägt.

Wenn uns nach der Natur einfach zu leben geziemet,
Und, um ein Haus zu errichten, gesucht muß werden der Grund erst:
Sprich, hat irgend ein Ort Vorzug vor der seligen Landflur?

15   Sind wohl mildere Winter noch wo? ist frischer die Luft wo,
Welche des Sirius Wut abkühlt und des Löwen Empörung,
Wann von der strahlenden Sonne Geschoß er ein rasender auffuhr?
Stört den ruhigen Schlaf wo weniger neidische Sorge?
Weicht an Geruch und Glanze der Grasplan libyschem Marmor?
20   Strebt wohl reineres Wasser des Markts Bleiröhre zu sprengen,
Als das jäh abschüssig entbebt in dem murmelnden Bächlein?
Selbst ja zwischen dem Marmorgesäul nährt mancher sich Waldung,
Und man lobet ein Haus, das weit hinschaut in die Felder.
Treib die Natur mit Stangen hinaus, doch kehrt sie beständig
25   Und durchbricht unversehns die schnöde Beekelung siegreich.

Keiner, der nicht zu vergleichen mit Sidons köstlichem Purpur
Kennerisch weiß ein Gewand, das Aquinums Schminke gefälscht hat,
Wird so sicheren Schaden empfahn und fühlen so schmerzhaft,
Als wer durchaus nicht kann von der Wahrheit scheiden den Irrtum.

30   Wen anlachendes Glück zu schwindelnden Freuden erhob, den
Senket der Wechsel in Gram. Was mit Staunen dich füllete, legst du
Ungern ab. Flieh Großes! Du kannst auch unter dem Halmdach
Königen leicht an Leben und Königsfreunden voraus sein.

Tapferer kämpfte der Hirsch, und das Roß vom gemeinsamen Anger

35   Jagt' er oft, bis zuletzt, nach langer Beeiferung sieglos,
Dieses den Menschen um Hilf' anfleht' und dem Zaume sich darbot.
Aber nachdem es vom Feind' als trotziger Sieger zurückkam,
Schüttelt' es weder vom Maul das Gebiß noch vom Rücken den Reiter.

So wer, vor Armut scheu, was unschätzbarer denn Gold ist,

40   Freiheit willig entbehrt, der träget den Herrn unverrückt fort
Und bleibt ewig ein Knecht, weil Weniges brauchen ihm fremd war.
Wem nicht paßt, was er hat, den wird's, wie manchen der Schuh wohl,
Ist er dem Fuße zu groß, umwerfen, zu klein, ihn beklemmen.
Froh des beschiedenen Loses, Aristius, lebst du ein Weiser;
45   Auch nicht wirst du den Freund ungewarnt entlassen, wofern mich
Mehr denn genug anhäufen und nicht aufhören du siehest.
Herr ist oder auch Knecht der eingesammelte Pfennig,
Würdig zu folgen vielmehr als voranzutanzen dem Seile.

Dies hier sagt' ich dem Schreiber am modernden Tempel Vacunas,

50   Ausgenommen, daß du mir fehletest, übrigens heiter.

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