Ludvig Holberg
Don Ranudo de Colibrados oder Armuth und Hoffart
Ludvig Holberg

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Ludwig Holberg

Don Ranudo de Colibrados
oder
Armuth und Hoffart.

Komödie in fünf Akten.

Aus dem Dänischen von Robert Prutz.

 


 

Leipzig und Wien
Bibliographisches Institut
[1872]

 

»Don Ranudo de Colibrados oder Armuth und Hoffart« (Fattigdom og Hoffaerdighed) ist das dreißigste in der Reihenfolge der Holbergschen Stücke. Zwar nach der Vorrede zur ersten Ausgabe seiner Komödien vom Jahre 1723 war es schon damals fertig; dennoch vergingen mehr als 20 Jahre, bevor es in die Oeffentlichkeit trat, indem es erst 1745 gedruckt ward und erst 1748 zur Aufführung gelangte. Allem Vermuthen nach geschah es absichtlich, daß der Verfasser sein Stück so lange zurückhielt. Dänemark selbst wimmelte damals von armen Edelleuten; das Laster des Hochmuths und der thörichten Rangsucht, obenein bei mangelnden Mitteln, das er darin verspottet, war sehr verbreitet und erfreute sich sehr hohen und sehr einflußreichen Schutzes, so daß die Verhöhnung desselben dem Verfasser nothwendig zahlreiche und mächtige Gegner erwecken mußte. Adelserhebungen bildeten damals eine Lieblingsbeschäftigung der dänischen Könige; namentlich seit einem Edict Christians V. vom Jahre 1679, durch welches allen Hofbedienten, einschließlich der Professoren, der Adel beigelegt, den Bürgerlichen aber wenigstens Hoffnung auf den Adel eröffnet worden war, hatte eine allgemeine Sucht nach Rangauszeichnung und Titelwesen sich der mittleren Klassen zu bemächtigen angefangen, während die neugebackenen Edelleute selbst immer hochmüthiger und anmaßender auftraten. Der Hof allerdings wußte sehr wohl, was er damit bezweckte: an jedem neuen Adelspatent haftete eine ansehnliche Steuer, und so besaß man also in diesen Rangerhöhungen ein ebenso bequemes wie ausgiebiges Mittel, die ewig leeren königlichen Kassen zu füllen. Erst als unter Friedrich V. (seit 1746) wenigstens ein Nachlaß in diesem Unwesen eintrat, wagte Holberg, indem er jetzt überhaupt nach zwanzigjähriger Unterbrechung sich zuerst wieder der Bühne zuwandte, sich mit dem früh entworfenen Stücke hervor.

Dieselbe Rücksicht veranlaßte ihn ohne Zweifel auch, die Scene des Stücks, ganz gegen seine sonstige Gewohnheit, in die Fremde, nach Spanien zu verlegen, das allerdings durch seine Rang- und Titelsucht, als das Mutterland des damaligen Ceremoniels, sowie durch seinen zahlreichen, meist heruntergekommenen Adel schon damals sprüchwörtlich geworden war, wie dies auch in dem Stücke selbst mehrfach erwähnt wird; der Spott erschien zahmer, die Satire milder, indem sie sich nicht unmittelbar gegen die Landsleute des Dichters, sondern gegen jene spanischen Granden, die Genossen eines Don Quixote, richtete, welche durch ihren Hochmuth und ihre Mittellosigkeit das Gelächter Europa's erregten.

Dennoch machte das Stück auf dem dänischen Theater verhältnißmäßig nur geringes Glück; am 20. August 1752 zum ersten Mal aufgeführt, erlebte es in den nächstfolgenden zwanzig Jahren nur dreizehn Vorstellungen, um bald darauf gänzlich zu verschwinden. Desto größeres Glück dagegen hat es in Deutschland gemacht, sowol in der alten Dethardingschen Uebersetzung, in der es auch vielfach nachgeahmt ward, als namentlich in der (sehr willkürlichen) Bearbeitung, welche Kotzebue im Jahre 1801 davon veröffentlichte und die, getragen durch Darsteller wie Iffland, Wurm &c., längere Zeit hindurch sich als ein Lieblingsstück der Zeit behauptete.

Die Form des Stücks anlangend, ist dieselbe, einzelne Scenen und Einfälle aus der »Intrigue d'Arlequin« in Gherardi's Théâtre Italien abgerechnet, Holbergs Eigenthum in einer Ausdehnung, wie kaum ein zweites seiner Stücke, so daß es auch in dieser Hinsicht eine besondere Beachtung verdient.

Was endlich den Titel anbetrifft (»Don Ranudo de Colibrados«, so ist »Don Ranudo« ein Anagramm von »O Du Narr«, der Name »Colibrados« dagegen soll seinen Ursprung einem Einfall König Friedrichs IV. (starb 1730) verdanken. Dieser König nämlich war zwar mit Adelserhebungen auch nichts weniger als sparsam; dennoch, als einst ein reich gewordener Koch in Kopenhagen sich um das Adelspatent bewarb, soll der König ihn gefragt haben, wie er sich denn eigentlich als Edelmann zu nennen gedenke, ob etwa »Herr von Kohl und Braten«? Doch wird von Anderen und, wie es scheint, mit gutem Grund, die Echtheit der Anekdote in Abrede gestellt.

Schließlich sei noch erwähnt, daß Holberg denselben Gegenstand noch in einem zweiten Lustspiel behandelt hat; dasselbe betitelt sich »Die edle Ehrsucht« (Den honette Ambition) und war lange Zeit ein Lieblingsstück des dänischen Publikums.


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