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Das sechste Kapitel

Zum Besten der Jünglinge

Protagoras, als er gefragt wurde, warum er seine Tochter seinem ärgsten Feind gegeben habe, antwortete: Weil ich ihm nichts Ärgeres geben konnte. (Vielleicht hatte er aber eine böse Tochter.) Demokritus nahm sich eine kleine Frau, obgleich er selbst groß war. Ich habe, sagte er, unter den Übeln das kleinste gewählt. Salomo spricht: Wer eine Ehefrau findet, der findet was Gutes und schöpft Segen vom Herrn. Wer hat nun recht, Protagoras, Demokritus oder Seine Königliche Majestät glorwürdigsten Andenkens Salomo der Weiseste?

Es ist schwer, nicht zu heiraten, allein weit schwerer ist es, in der Ehe glücklich zu sein. Ich glaube nicht, daß ein einziger Ehemann in der Welt es vollkommen sei. Vielleicht ist ers die meiste Zeit, allein es wird gewiß ein Schalttag kommen, wo ers nicht ist. Heiraten heißt, sich ein Haus anschaffen und im Kaufvertrag geloben, es nicht zu verlassen, wenn auch der Blitz die eine Hälfte niederrisse, der Sturm das Dach beschädigte und eine Dachpfanne dir selbst den Kopf halb spaltete. Heiraten heißt, ein Schiff befrachten, ohne daß jemand die Versicherung darauf zeichnen, will. Heiraten heißt, eine Erbschaft antreten, ohne den Nachlaß überrechnet zu haben, oder: gutes Geld in Scheidemünze verwandeln. Heiraten heißt, aus einem freien Menschen einen Leibeignen machen. Das Leben eines Ehemannes ist, bis auf den Punkt zu sterben, schon zu Ende. Man sollte sich ein Ehebett und ein Erbbegräbnis an einem Tag bestellen. Selten wird ein Ehemann mehr sein Glück machen: er müßte es denn mit der Tugend seiner Frau erkaufen. Alle Romane, alle Komödien hören mit der Heirat auf, weil das ewige Einerlei des Ehestandes keine Dinge abwirft, die einer Beschreibung wert wären.

Man nennt an einigen Orten Deutschlands heiraten: sich verändern, und wahrlich, man verändert sich. Ist die Frau häßlich, so mißfällt sie; ist sie schön, so gefällt sie anderen; ist sie reich, so mußt du hungern; ist sie arm, so ist sie schwer zu ernähren; ist sie klug, so will sie regieren; ist sie dumm, so versteht sie nicht zu gehorchen; ist sie jung, so befürchtet man ein schlechtes Schicksal, wenn sie fünfundzwanzig wird; ist sie alt, so braucht sie Pflege. Ist sie ... –: sie sei, was sie will: sie ist eine Frau, und das ist genug.

Was soll man tun? Tue, was du willst, sagt Sokrates, es wird dich gereuen. Was gereut aber am wenigsten: eine oder keine? Alle Menschen haben einen Hang zur Bequemlichkeit und wollen deshalb einen eignen Herd anlegen, und eine Frau ist eigentlich das Feuerzeug, ohne welches kein Licht angeschlagen werden kann.

Warum nicht ein abwechselndes Vergnügen? Weil wir vernünftige Menschen sind und die Seele allererst durch Erziehung das wird, was sie werden kann. Die Hurerei zieht eine Verachtung des menschlichen Geschlechts nach sich, und von dem menschlichen Geschlechte schlecht denken heißt, auf dem Wege sein, ein schlechter Mensch zu werden. Wir sind zur Gesellschaft geboren, und wo ist ein festeres Band als die Ehe?

Warum nicht eine Konkubine? Thomasius eröffnete zu Anfang dieses Jahrhunderts einen Streit über die Rechtmäßigkeit des Konkubinats. Der Streit betraf indessen bloß ein Wort und wurde darum so gelehrt geführt, weil beide Parteien sich nicht verstanden. Bei den Römern wurde das Konkubinat geduldet, in neueren Zeiten aber verboten. Redet man vom Konkubinat auf Zeit, so bin ich ganz dawider, weil man keine Ehe auf Jahre schließt und keine Frauensperson verpachtet werden kann. Ich würde die Vielweiberei nur da zugeben, wo sie die Natur durch eine unproportionierliche Anzahl von Mädchen billigen würde. Allein kein Konkubinat auf Jahre ist selbst hier erlaubt, weil es der Kinder wegen, die nicht den Eltern allein, sondern dem Gemeinwesen mit gehören, von nachteiligen Folgen begleitet sein muß. Was aber die Nebenehe betrifft, so ist dieselbe kein Bubenstück. Gibts doch die morganatische Ehe, und damit man diese leichtfertige Beiwohnung in eine christliche verwandle, so schicke man zum Geistlichen und gebe der Konkubine die linke und dem Herrn Pfarrer seine Gebühren mit der rechten Hand.

Verzeihung! Das war im Schlaf des ersten Kapitels geredet. Sobald ich wache, sobald ich die Weiber nehme, wie sie jetzt sind, so ist zu keiner Konkubine zu raten. Eine Konkubine muß im Tanzen, im Spielen und in anderen Dingen unterrichtet werden, die deine Frau schon als Kandidatin weiß. Sie hat keinen anderen Hausrat als sich selbst, und wer steht dir für den Wert desselben? Waren, die für halbes Geld verkauft werden, sind gemeinhin verdorben, aber es geschieht, wenn es Eßwaren sind, weil es warme Zeit ist. Eine Mätresse ist an kein Gesetz gebunden, denn die ganze Handlung ist gesetzwidrig. Hat sie Lust, mit einem anderen Mann zu ziehen, so kannst du sie nicht durch Urteil und Recht zurückfordern. Sie war nicht die Deinige, und es ist eine Schande, daß du der Ihrige zu sein bekennen mußt. Am Ende –: wenn du zwanzig Jahre lang von deinen Verwandten abgezäumt gewesen bist, wenn du in der Kirche im Winkel gesessen und dich zur Beichte mit niedergeschlagenen Augen geschlichen hast, weil jeder wußte, was du beichten würdest, wenn du ins Schauspielhaus, aus Furcht, dich getroffen zu finden, nur zu Trauerspielen gegangen bist, wenn du mit deiner Schwester Mann vier Prozesse geführt und dich mit deinem leiblichen Bruder geschlagen hast; am Ende tust du das, wovor du dich scheutest, und mußt noch obendrein die Deinigen reichlich beschenken, damit sie bei dir schmausen und, wenn sie weggehen, liebe Schwester! zu deiner Frau sagen. Hast du Kinder –: welche Kränkung für dich, wenn Knaben hinter deinem Wagen stehen, die deine Züge haben. Du gibst dein Bildnis auf den Trödel. Die Leute kennen es. Der Vater dieses Burschen wohnt, sagen sie, zur rechten Hand am Markt. Vortrefflich getroffen! Welch eine Herzbeklemmung muß es dir machen, wenn du deinen Sohn küssen willst und ihn nicht küssen darfst. Gesetzt, du läßt ihn legitimieren: ist er dann in seinen Augen legitimiert? Eben das Verbot des Vorwurfs zieht ihm die größten Vorwürfe zu. Ja, wenn der Fürst, der die Legitimierung genehmigte, auch Gedanken verbieten könnte! Der Vater bleibt immer ein Alteflicker, wenn der Sohn gleich drei Ahnen erhält. Ein schönes Haar, sagt eine Dame der anderen ins Ohr, und dein legitimierter Sohn wird rot, denn er hat es von seiner Mutter. So hoch bezahle ich die Reue nicht, sagte ein Philosoph.

Wenn ich auch nicht Beredsamkeit genug besitze, dich, lieber Jüngling, zur Ehe zu. bewegen, so glaube ich doch Gründe genug aufgeführt zu haben, die dich vor einer Konkubine warnen. Ich habe eine geraume Zeit geglaubt, daß es eine Ehre sei, wenn ein gemeines Mädchen sich in uns verliebt. Eine Vornehme, dachte ich, will dich nur zum Manne. Allein ich habe mich geirrt: eine Gemeine will nur deine Mätresse werden.

Diejenigen meiner Leser, welche nicht Lust haben zu heiraten, können die Fortsetzung dieses Kapitels überschlagen. Diejenigen aber, welche entschlossen sind, in diesen heiligen Stand zu treten, belieben eine Tasse Schokolade mit mir zu trinken. (Ich sage Schokolade, denn ich will mir den Vorwurf nicht machen lassen, den man Samuel Richardsons »Grandison« beilegt: daß zuviel Tee darin getrunken wird.)

Jüngling! deine Mutter und dein Vater freuen sich, bald den Geburtstag deiner Vaterschaft feiern zu können. Der Schöpfer hat dich zum Schöpfer gebildet. Bedenke, was es für ein Glück für dich sein wird, dich Vater nennen zu lassen, Freude an deinen Kindern zu haben. Wenn du lange nicht mehr bist, so werden noch vernünftige Seelen sein, die dem Himmel danken, daß du warst. Wahrlich, wer Kinder nachläßt, hört nicht auf zu sein. Der Ehe scheint das Menschengeschlecht seine Unsterblichkeit zu verdanken. Bedenke das göttliche Vergnügen, deine Kinder wachsen zu sehen. (Ich nenne es göttlich, weil es auch dem Schöpfer nicht zu klein war bei der Schöpfung.) Du siehst sie keimen, sprossen, blühen und allmählich reifen. Jede neue Beobachtung an ihnen ist ein Geschenk für dich. Eine Geburt zieht zehn nach sich. Ich habe bemerkt, daß auch ein Bösewicht von Mann an dem Tage, da seine Frau ihm ihre Schwangerschaft entdeckt, und an dem Tage, da sie niederkommt, sich keusch und züchtig hält und daß der Name Vater, den sein Sohn auf seinem Schöße lallt, ihn mehr von Ausschweifungen abhält als alles andere (das vierte Kapitel dieser Abhandlung nicht ausgenommen).

Ich lobe deinen Entschluß, lieber Jüngling, ein Ehepriester zu werden, allein sei behutsam, ehe du dich weihen läßt. Die Tugend und die Wollust, welche dem Herkules erschienen, waren beide Frauenzimmer. Es ist eine Sache, die uns glücklich oder unglücklich macht: es kommt nur auf uns an, wie wir es haben wollen. Du kannst alles eher loswerden als eine Frau. Zwar ist die Scheidung in vielen Ländern leicht, allein ein geschiedener Ehemann ist größerer Verachtung ausgesetzt, als man glauben sollte. Bei einer geschiedenen Ehefrau hat es wenig oder nichts zu sagen. Leute, die über Vorurteile weg sind, denken hier wie der gemeine Mann. Woher kommt dieses dem Anschein nach durch nichts begründete Ärgernis? Nichts ist für einen Mann unanständiger, als sein Wort zu brechen. Man verlangt von ihm, daß er eher bis ans Ende seines Lebens unglücklich sein als Befreiung von seinem Weibe suchen solle. Er soll gehen und sich nicht umkehren, er soll überwinden und nicht weichen, er soll ein Held sein und nicht bitten. Denn die Weiber bewegen nur, wenn sie bitten, so wie sie auch siegen, wenn sie fliehen. Ein Mann, der sich durch die Bitte eines Mannes zum Mitleid bewegen läßt, ist ebenso wie dieser zum Bettler geboren. Trotz, Mut, Standhaftigkeit sind die Pfeile, welche ein männliches Herz verwunden, wenn sie eine männliche Hand abschießt. Ich gehe nicht gerne mit Leuten spazieren, die sich umkehren, weit lieber mit denen, die durch einen anderen Weg in ihr Land ziehen. Es ist eine unnatürlich rühmliche Tat, daß Weiber in Sparta sich für ihre Männer hinrichten lassen wollten; es ist aber das schlechteste, was ich von unserem Geschlechte weiß, daß die Ehemänner sich durch die Kleider ihrer Weiber befreien ließen. Ein weibischer Mann ist unendlich unerträglicher als ein männliches Weib. Es kann kein traurigerer Anblick für einen Vater sein, als hiervon schon in der ersten Jugend seines Knaben Proben zu bemerken. Selbst Mütter sind mit solchen Söhnen unzufrieden, weil sie nach dem Tode ihres Mannes bei ihnen Schutz suchen wollen. Ist der Vater über die Beschaffenheit seines Sohnes ungewiß, so tut er wohl, seinen Sohn im siebenten Jahr an einen Zaun zu bringen, wo er übersteigen oder durchkriechen kann. Steigt er über, so ist er ein Mann, kriecht er aber durch, so bedaure der Vater, daß das sein Sohn ist, und lasse ihn Garnweber werden.

Was die Kinder betrifft, die in einem zerrissenen Ehebett erzielt werden, so werden sie nicht viel besser als Bastarde angesehen. Der Vater selbst hält sie dafür. Denn wenn der Mann einmal an seiner Frau zu zweifeln Ursache gehabt hat, so fällt ihm auch auf, daß sein kleiner Leopold blaue Augen hat. Blaue Augen? sagt er, richtig, Herr –: –: hatte doch blaue Augen. Der Perserkönig Darius ließ sich, sooft er sich zu Tische setzte, von einem Knaben dreimal zurufen: Herr, denke an die Athener! Und Leopold ruft seinem Vater unzählige Male zu: Herr, denke an den Menschen mit den blauen Augen!

Das erste, was ich dir, ehelustiger Jüngling, zu sagen habe, ist, daß du dir nicht gar zu übertriebene Hoffnungen von dem Glücke machst, eine Frau zu haben. Wer nicht hofft, muß auch nicht verzweifeln. Die Hoffnung an sich hat keinen sonderlichen innerlichen Wert. Sie verliert aber noch die Hälfte davon, wenn man nicht auf sich, sondern auf andere hofft. Wer hofft, wird oft hintergangen. An Erfüllung Geschmack finden macht glücklich, nicht die Hoffnung. Doch will ich dir nicht alle Hoffnungen nehmen, nur die übertriebenen, die wir uns niemals über eine Sache machen dürfen, die uns in Kürze schon zuteil wird. Je näher wir der Sache sind, je weniger dürfen wir uns von ihr vorstellen. Es scheint, daß sich die Seele an dem Gegenstande, der sie so sehr hintergangen hat, rächt und ihn mit Verachtung straft. Plato macht die Verordnung, daß Weiber und Männer bei öffentlichen Leibesübungen nackt erscheinen sollen, und nichts ist geschickter, die Einbildungskraft zu dämpfen und nur auf eine einzige Sache einzuschränken. Es ist nicht gut, daß Mädchen ihre Schönheit verhängen: Man muß ihrer Tugend und nicht ihrem Tuche trauen. Noch ärger aber ists, daß sie Reize zeigen, doch Schatten dabei anbringen, die die Sache so, wie in der Malerei, erheben. Solange ein Wanderer nichts sieht, so geht er seinen Schritt, sobald er aber Türme erblickt, so nimmt er alle seine Kräfte zusammen und macht Sprünge oder wenigstens größere Schritte, so müde er auch ist. Wenn du zum Heiraten ausgehen willst, so sei es dir ebenso, als wenn du übers Feld gehen oder sonst eine Sache verrichten wolltest, die eben keine so große Vorbereitung voraussetzt.

Unter allen Eigenschaften, die ein Frauenzimmer empfehlen, hat die Schönheit den Vorzug. Die Ammen sagen von Töchtern: ein schönes Kind, von Knaben: ein starkes Kind. Das Frauenzimmer schreibt sich aus dem Paradiese her: kein Wunder, daß es niedlich ist. Ihre Seele und ihr Körper sind sich ähnlich: Sie sind beide nur schön. (Lies: schön, statt: nur schön, denn es ist ein Druckfehler.) Ein Frauenzimmer, das diesen Vorzug zu brauchen weiß, kann große Dinge ausrichten. Es überwindet den größten Helden und den stärksten Wucherer, ja sogar den tiefsten Gelehrten –: wenn er seine Brille bei sich hat. Wer weiß es nicht, daß Herkules, der ganz allein ein Regiment von Hydra-Köpfen schlug, zuletzt, um einem Frauenzimmer zu gefallen, sich maskierte und sogar gesponnen hat. »Es wäre schändlich«, sagte Alexander im Hinblick auf des Darius Frau und Tochter, »Männer zu überwinden und sich von ihren Weibern überwinden zu lassen«, und ich halte dieses für seinen größten Sieg.

Alle Mädchen wissen, daß sie schön sind, und auch die es nicht sind, glauben es zu sein. Kein Mann behält die Züge seines Angesichts, und wenn er es auch im Spiegel beschaut: er vergißt es wieder. Läßt er sich malen, weiß er nie, ob er getroffen ist. Frauenzimmer hingegen wissen es auf ein Haar. Schönheit der Seele können sie hei anderen ertragen, die des Leibes aber macht sie neidisch. Selbst schöne Mannspersonen sind ihr verhaßt, nur weil sie schön sind. Für andere Weiber können sie keine Freundschaft haben. Sie hassen sich untereinander, denn sie hassen alles, was schön ist. Recht häßliche Mädchen können sie leiden. »Sie ist recht schön«, sagen sie, »und doch will sich niemand zu ihr finden.« Warum sie so sagen, fällt in die Augen: sie konnten keine feinere Lobrede auf sich selbst machen. Sie haben gegen die ganze Mythologie keine Einwendung, außer gegen Madame Venus, weil sie hübscher ist als sie.

Ich spreche den Weibern Gefühl für die Schönheiten der Kunst ab. Sie können nur die Natur beurteilen, und in diesem Urteil trügen sie weniger als wir. Ein Gefühl für Malerei, für den Ausdruck in der Tonkunst, sofern es Natur, nicht Kunst verrät, gehört zu ihrem Gebiet. Der erste Gedanke, den man über eine Sache hat und den wir oft ausstreichen, ist ihre Sache. Alles, was zum Gebiet des bloß Natürlichen gehört, ist ihr Feld. Ein Weib wird einen besseren Brief schreiben als ein Mann, allein in der Dichtkunst hat die Natur nur zuweilen mit einigen einen Scherz getrieben. Die Weiber selbst sind nur natürlich schön gebaut, der Bau der Mannspersonen ist künstlich schön.

Auch muß ich bei dieser Gelegenheit noch anführen, daß die Weiber große Mannspersonen vorziehen. Auch eine starke Brust, lange Finger und eine männliche Hand machen auf sie eine schnelle Wirkung.

Da die Natur das Frauenzimmer berufen hat zu gefallen, so ist es ihm erlaubt, alles dazu anzuwenden. Es sucht seine Schönheit vorteilhaft zu zeigen, und daran tut es recht. Wenn es aber Mühe darauf verwendet, Mängel der Natur zu verbergen, dann beleidigt es die Natur und betrügt die Mannspersonen, allein es betrügt sich auch selbst am allermeisten. Wenn man auf dem Nachttisch blaue Adern, Zähne und gesunde rote Farbe findet, so sollte man zuletzt glauben, man fände auch Augen, Nasen und Ohren. Was kann hieraus anderes als Verachtung entstehen? Die geringste Kunst, die ein Frauenzimmer unmittelbar an seinem Körper anbringt, führt auch uns vom Wege der Natur auf den der Galanterie. Wir wechseln seine falsche Münze mit gleicher falschen Münze aus und glauben, eine Person gleichfalls betrügen zu dürfen, die uns zu betrügen glaubt.

Diese Art von falscher Schönheit läßt sich indessen leicht entdecken. Es gibt aber eine, die schwerer zu entdecken ist, und zu dieser kann ich dir keinen Probierstein geben. Frauenzimmer verstehen es besser als wir, das Gesicht in der Gewalt zu haben. Ihre Physiognomien sind unsichere Hypotheken. Sie spielen ständig eine Rolle. Frau Gräfin macht ein niedliches bürgerliches Trauerspiel, Frau Baronin ein allerliebstes rührendes Lustspiel. Traue nicht ihrem Negligé! Bas Frauenzimmer verwendet eben darum, weil es weiß, daß wir seinen Reiz danach beurteilen. die meiste Geschicklichkeit darauf. Auch traue seiner Krankheit nicht. Es weiß mit Anstand im Bett zu liegen, und ich wette: es sinnt sogar darauf, schön zu sterben. Auf der linken Seite wird Madame liegen, wenn sie stirbt: das steht ihrem Gesicht am besten.

Die Seele hat zwar den ganzen Körper gemietet, allein sie residiert im Oberstockwerk. Man könnte sagen, daß sie zum Fenster herausguckt, weil man sie zuweilen im Auge beinahe sieht. Jeder große Mann hat daher einen Blick, den niemand als er mit seinen Augen machen kann. Dieses Zeichen, das die Natur in sein Angesicht legte, verdunkelt alle körperlichen Vorzüge und macht einen Sokrates zum schönen Mann in einem besonderen Sinne. Frauenspersonen haben nie was Großes im Auge, allein was Schönes, was Liebenswürdiges, ein gewisses Wohlwollen, eine gütige Teilnehmung, Gefälligkeit, Anständigkeit.

Das Gesicht der Frauenspersonen ist übrigens von Messing, es glänzt, allein es ist nicht dauerhaft. Alles, was geschwind wächst, vergeht auch geschwind. Ein einziges Kindbett pflegt oft greuliche Verwüstungen anzurichten und keinen Stein auf dem anderen zu lassen. Allein darum hört das Frauenzimmer nicht auf, schön zu sein. Seine dauerhaften Reize sind eine niedliche Hand und ein artiger Fuß. Verliebe dich in eins von beiden, wenn du Schönheit haben willst, und siehe das Gesicht als ein Geschenk an, das man nimmt, so wie es gegeben wird. Die Nägel an den Fingern sind mir die feinsten Schönheiten, und es würde mich sehr niederschlagen, wenn ich eine Frau hätte, der ein Nagel während der Ehe verunglücken sollte. Sonst muß ich noch anmerken, daß der größte Reiz des Frauenzimmers im Busen besteht. Ein nacktes Frauenzimmer wird sich, obgleich es solches an anderen Orten noch nötiger hätte, den Busen mit den Händen verhalten. Die Natur selbst hat den Busen für den größten Reiz erklärt und als das beste Brot ans Fenster gelegt. Unser Herz hängt daran, und dieser Geschmack ist beinahe allgemein. Die Natur scheint es gerne zu sehen, daß wir diesen schönen Teil vorzüglich lieben, weil dieser Reiz mit Nutzen verknüpft ist.

An Höfen und in großen Städten findet man die schönsten Mädchen, denn alles, was im ganzen Lande schön ist, zieht dorthin, um sich vorteilhafter anzubringen als in der Provinz. Die Natur hätte, wenn sie eine Bildergalerie anlegen wollte, ihren Schauplatz nirgends anders als am Hofe wählen können.

Das wäre eine Tasse von der Schönheit. Das übrige will ich trocken sagen. Wir heiraten alle lieber ein eingezogen lebendes Mädchen, ein Frauenzimmer aber heiratet lieber einen Bösewicht. Die Weiber glauben, ihre Männer während der Ehe zu bekehren, ein Mann aber zweifelt an aller Besserung des schönen Geschlechts. Sie haben beide nicht völlig unrecht, indessen, wenn ich raten soll, nehmt euch, Jünglinge, kein Mädchen, das sehr eingezogen gehalten worden oder vorzüglich still und ehrbar erzogen ist. Die Galanterien in Italien, wo man jetzt nur heiratet, um ein großes Haus zu halten, entstehen insbesondere daher, weil die Mädchen aus dem Kloster in die große Welt kommen. Man muß die Eitelkeiten der Welt kennen, wenn man sie verachten will. Augustinus dachte in seiner Jugend nicht an seinen »Gottesstaat«, und Leute, die weit in der Welt gewesen, wohnen ohne Anstand auf dem Lande. Wenn ein Mädchen das nichtswürdige Gaukeln eines stutzerischen Marktschreiers nur einige Male angehört hat, so sehnt sie sich nach einem guten Schauspiel. Hat es diese Gaukelei zu sehen keine Gelegenheit gehabt, so glaubt es vielerlei bei ihr zu finden und wird oft aus Neubegierde ungetreu. Ein aufrichtiges Mädchen verdient einen besseren Mann als eins, das es an Schönheit übertrifft, aber heuchelt. Ein Mädchen dieses Schlages schweift in der Ehe entweder mit der Seele oder mit dem Körper aus: es wird entweder eine Buhl- oder eine Betschwester werden. Die verfluchten Schwestern!

Glaube nicht, daß eine Betschwester eher als eine Buhlschwester zu ertragen sei. Bei dieser lebt der Mann wenigstens einen guten Tag, bei jener aber wird er nie fett werden. »Mann«, schreit sie und wirft ihm wohl gar ein heiliges Buch an den Kopf. »Du Parther und Meder und Elamiter und die sie wohnen in Mesopotamien und in Judäa und Kappadozien, Pontus und Asien, Phrygien und Pamphylien, Ägypten und an den Enden von Libyen bei Kyrene, du Jude und Judengenosse, du Kreter und Araber!« und dann macht sie ein frommes Gesicht und spricht ganz leise: »Apostelgeschichte, Kapitel 2, Vers 9 bis 11.«

So wenig wie ich dir aber eine Heuchlerin anrate, ebenso wenig kann ich dich zu einer Freidenkerin aufmuntern. Nichts ist abscheulicher als ein Frauenzimmer, das gegen seine Kirche spricht. Ein kleiner Aberglaube kleidet es, geläuterte Begriffe ihrer Religion machen es verehrenswürdig. Ein Weib, das keine Religion hat, hat noch weit weniger einen Mann.

Die Weiber reden gern. Ein großer Mann ist still und lernt in einer Gesellschaft lieber griechische Vokabeln, als daß er sich unterhält. Wer viel spricht, kann nicht immer gut sprechen. Nimm es aber als richtig an, daß jedes Weib, das nicht spricht, dumm ist.

Kein Frauenzimmer kann einen Brief ohne Postskript schreiben. Es hat sich kurz gefaßt, wenn es mit zweien auskommt, und lakonisch, wenn nur eins vorhanden ist.

»Gut«, sagte die Frau von ..., in deren Gegenwart ich diese Anmerkung zu machen mir die Freiheit nahm, »gut, mein nächster Brief soll Sie widerlegen.« Ich war neugierig, allein nach ihrer Namensunterschrift kam die Frage: »Ist das nicht wirklich ein Brief ohne Postskript?« und dann noch hinterher: »Wer hat nun verloren, ich oder Sie?«

Selbst die Leidenschaften, die uns den Mund binden, scheinen die Weiber nicht stumm zu machen. Ihr Schmerz wenigstens ist beredt. »Bald«, schreibt eine Frau, die in unglücklicher Ehe lebt, »bald werde ich nicht mehr sein. Ich vergebe es meinem Mörder; möchte es ihm doch Gott vergeben. Ich weine über ihn tausend Tränen, doch soviel Ursache ich auch hätte, ihn zu verachten, sosehr wünschte ich, in seinem Arm zu sterben. Vielleicht ist dieser Brief der letzte, den ich an Sie schreibe. Wenn Sie mir antworten, so vergessen Sie mir ja nicht zu berichten, ob ich die Spitzen für den abgemachten Preis erhalten kann. Auch bitte ich, liebste Schwester, meinen Halsschmuck mitzusenden, denn ich glaube, der Juwelier wird den Stein schon eingesetzt haben. Wir haben hier auf dem Lande schlechtes Wetter. Gott sei meiner armen Seele gnädig.«

So geht es auch mit ihrem Zorn. Ja, selbst bei den zärtlichsten Empfindungen der Liebe sprechen sie, wiewohl nur einsilbig. Zu seufzen schämen sie sich, und doch ist das ihre Sache. Wir schämen uns zu weinen und seufzen lieber, obgleich nichts unanständiger ist, als wenn eine Mannsperson seufzt. Tränen sind männlich, Seufzer weiblich. Man wird sich über die Seufzer eines Mannes kaum des Lachens enthalten können, wenn man vernünftig ist. Und keine Weiberträne rührt. Sieh aber einen Mann weinen: gleich hast du Tränen in den Augen, als ob das ganze Geschlecht mitweinen sollte.

Noch ganz geschwind merke dir, daß du dir keine Frau unterwegs heiratest. Wir sind unterwegs alle verliebt, und wenn man in gewissen Jahren ist, so kann man kaum vors Tor gehen, ohne sich zu beweiben. Vielleicht empfinden wir uns alsdann dem Naturzustande näher. Auch die gesunde freie Luft muß man einbeziehen und die Munterkeit des Gemüts. So viel ist gewiß, daß man sich in acht nehmen muß. Die Mädchen in den Wirtshäusern kommen daher gemeinhin ohne Priestersegen in andere Umstände, und die Weiber in Gasthöfen müssen eine große Tugend haben, wenn sie den Nachstellungen widerstehen wollen.

Auch, liebe Freunde, will ich euch raten, nicht zu nahe in die Verwandtschaft zu heiraten. Wir sehen selten Leute, die nahe verwandt sind, als Eheleute glücklich. Gemeinhin geschehen solche Heiraten, weil sie wegen des zu vertrauten Umgangs, in welchem die Personen schon gewesen, notwendig sind. Und alles, was geschehen muß, geschieht mit Mißvergnügen. Ich würde denjenigen Personen, die sich ohne Umstände küssen können, verbieten, einander zu heiraten.

Endlich: suche dir eine reine Jungfer! Die Jungfernschaft ist der Mai im Jahr, die Blüte am Baum, der Morgen am Tage. Die Jungfernschaft ist eine solch feine Sache, daß man kaum davon sprechen kann. Ein Mädchen verliert sie in dem Augenblick, in dem sie das Wort nur ausspricht. Uns aber kann kein Wort so sehr in Feuer setzen als dieses. Es gibt zwar Gesetze, die, eine Hure zu heiraten, für einen Schlüssel zum Himmelreich erklären, allein die Natur ist gegen diese Verordnung. Man sagt, Früchte, von denen die Vögel gekostet haben, schmecken am süßesten, allein dieses gilt nicht für Mädchen. Es ist ohnedem jede feine Lust etwas bitter, die subtilste Süßigkeit hat einen Schmerz bei sich und ein alter Wein etwas Herbes.

Wer wissentlich eine Hure heiratet, ist entweder ein Schelm oder will es werden, heißt ein viel natürlicheres und vernünftigeres Sprichwort, und nichts ist gewisser, als daß ein Mann, der sich über diesen Punkt wegsetzen kann, zu allen nur möglichen Niederträchtigkeiten imstande ist.

Nichts ist billiger, als daß die Gesetze auch nur Genotzüchtigten keinen Brautschatz verstatten. Schon ein allgemeiner Verdacht, in welchem ein Mädchen steht, sollte dich ängstigen, lieber Jüngling. Man kann es der Tulpe am Morgen nicht ansehen, ob sie schon aufgeblüht war oder heute erst aufblühen wird. Als Beweis bleibt dir nur des Mädchens guter Ruf, seine vernünftige Erziehung und seine tugendhafte Mutter übrig. Es kommt überhaupt bei dieser Sache beinahe mehr auf das an, was sie scheint, als was sie ist.

Die Jungfernschaft ist ehrenwert,
doch nimm vorlieb, was Gott beschert.

Was denkst du von diesem Reim?


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