Wilhelm Hey
Noch funfzig Fabeln für Kinder
Wilhelm Hey

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Gottes Ruf.

               Wo hör' ich Gottes Ruf?
Hörst du des Donners Allgewalt
Das weite Himmelsfeld entlang,
Und wieder mit geschwindem Gang
Noch mächtiger aus Thal und Wald?
Hörst du den Sturmwind, wie er saust,
Daß dir's im Herzen bangt und graust?
Das ist ein Ruf vom lieben Gott:
»Ihr Menschen, macht mich nicht zum Spott;
An meinem Drohen hört's und Schelten:
Ich bin der Herr, ich kann vergelten.«

   Wo hör' ich Gottes Ruf?
Gedenkst du an den Frühlingshauch,
Wie er durch alle Fluren gehet,
Daß Feld und Wiese lauschend stehet,
Und jeder Baum und jeder Strauch?
Das ist ein Ruf von Gott dem Herrn,
Sie alle hören ihn so gern,
Verstehen freudig, was er spricht:
Ihr Knospen, Blüthen, kommt ans Licht.
Der Winter darf euch nicht mehr drücken;
Ihr sollt mit Lust die Erde schmücken.

   Wo hör' ich Gottes Ruf?
Einmal aus deinem Morgentraum,
Noch war nicht Tag noch Licht zu sehen,
Vernahmst du wohl ein flüsternd Wehen.
Die zarten Blätter rührt' es kaum,
Doch all der kleinen Vögel Schaar
Hat es verstanden wunderbar.
Des Vaters Ruf ist: »auf! erwacht!
Vorüber ist die Schlummernacht.«
Da schütteln froh sie das Gefieder
Und jauchzen ihre Morgenlieder.

   Wo hör' ich Gottes Ruf?
Kind, siehest du die Bibel dort?
Das ist ein heilig ernstes Buch,
Da stehet Segen drin und Fluch,
Daraus ruft Gottes wahres Wort,
Giebt jetzt ein heiliges Gebot –
Bewahr's und flieh' den ew'gen Tod! –
Jetzt tröstet's dich mit Liebesmund
Und macht dir sein Erbarmen kund,
Und sagt: er selbst will dich erlösen,
Der treue Herr, von allem Bösen.

   Wo hör' ich Gottes Ruf?
O rufe du nur selbst ihn an
Mit frommen Flehen und Gebet.
Antworten wird er früh und spät,
Ob's auch kein Andrer hören kann.
Doch du in deiner stillen Brust
Vernimmst sein Vaterwort mit Lust,
Wie treu es warnt, zum Guten weist,
Wie mild es tröstet und verheißt,
Und ruft: o komm, ich will dir Leben
Auf Erden und im Himmel geben.

 


 


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