Wilhelm Hey
Funfzig Fabeln für Kinder
Wilhelm Hey

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           Wo wohnt der liebe Gott?
Sieh' dort den blauen Himmel an,
Wie fest er steht so lange Zeit,
Sich wölbt so hoch, sich streckt so weit,
Daß ihn kein Mensch erfassen kann;
Und sieh' der Sterne goldnen Schein
Gleich als viel tausend Fensterlein:
Das ist des lieben Gottes Haus,
Da wohnt er drin und schaut heraus,
Und schaut mit Vateraugen nieder
Auf dich und alle deine Brüder.

   Wo wohnt der liebe Gott?
Hinaus tritt in den dunklen Wald;
Die Berge sieh' zum Himmel gehn,
Die Felsen, die wie Säulen stehn,
Der Bäume ragende Gestalt;
Horch, wie es in den Wipfeln rauscht,
Horch, wie's im stillen Thale lauscht.
Dir schlägt das Herz, du merkst es bald,
Der liebe Gott wohnt in dem Wald.
Dein Auge zwar kann ihn nicht sehen,
Doch fühlst du seines Odems Wehen.

   Wo wohnt der liebe Gott?
Hörst du der Glocken hellen Klang?
Zur Kirche rufen sie dich hin.
Wie ernst, wie freundlich ist's darin!
Wie lieb und traut und doch wie bang'!
Wie singen sie mit frommer Lust!
Wie beten sie aus tiefer Brust!
Das macht, der Herr Gott wohnet da.
Drum kommen sie von fern und nah',
Hier vor sein Angesicht zu treten,
Zu stehn, zu danken, anzubeten.

   Wo wohnt der liebe Gott?
Die ganze Schöpfung ist sein Haus.
Doch wenn es ihm so wohl gefällt,
So wählet in der weiten Welt
Er sich die engste Kammer aus.
Wie ist das Menschenherz so klein!
Und doch auch da zieht Gott herein.
O halt' das deine fromm und rein,
So wählt er's auch zur Wohnung sein,
Und kömmt mit seinen Himmelsfreuden,
Und wird nie wieder von dir scheiden.

 


 


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