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Tausend und eine Nacht. Band XVI
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Das Rebhuhn und die Schildkröten.

»Man erzählt, daß einmal Schildkröten auf einer Insel lebten, die reich an Bäumen, Früchten und Bächen war. Da traf es sich eines Tages, daß ein Rebhuhn an der Insel vorüberflog und sich, da es die Hitze plagte und es ermüdet war, auf jener Insel niederließ, wo es, als es die Schildkröten gewahrte, bei ihnen seinen Unterschlupf suchte. Als nun die Schildkröten von ihren Weideplätzen auf der Insel zurückkehrten und an ihrem Wohnort das Rebhuhn sahen, gefiel es ihnen, und Gott ließ es ihnen schön vorkommen, so daß sie seinen Schöpfer priesen und das Rebhuhn sehr 22 lieb gewannen und in der Freude über dasselbe zu einander sagten: »Ohne Zweifel ist dies einer der schönsten Vögel;« und alle thaten ihm schön und waren freundlich zu ihm. Als aber das Rebhuhn sah, daß sie es mit dem Auge der Liebe betrachteten, neigte es sich ihnen zu und befreundete sich mit ihnen, indem es am Morgen ausflog, wohin es wollte, zum Abend aber zu ihnen zurückkehrte, um bei ihnen zu übernachten. Nachdem es in dieser Weise geraume Zeit bei ihnen zugebracht hatte, während die Schildkröten sich durch seine Abwesenheit vereinsamt fühlten, da sie das Rebhuhn nur des Nachts sahen, und es des Morgens eilig fortflog, so daß sie trotz ihrer immer inniger werdenden Liebe nichts von ihm wußten, sprachen sie zu einander: »Wir lieben dieses Rebhuhn, und es ist uns ein treuer Freund geworden, so daß wir uns gar nicht mehr von ihm trennen können; was für eine List stellen wir deshalb an, daß es dauernd bei uns bleibt und nicht fortfliegt und den ganzen Tag ausbleibt, daß wir es nur des Nachts sehen?« Da gab ihnen eine Schildkröte folgenden Rat: »Seid ruhig, meine Schwestern, ich will es dazu bringen, daß es uns für keinen Augenblick verläßt;« worauf sie alle erwiderten: »Wenn du dies zuwege bringst, wollen wir alle deine Sklaven sein.« Als nun das Rebhuhn von seiner Weide kam und sich unter die Schildkröten setzte, näherte sich ihm die listige Schildkröte und segnete es, indem sie es zur wohlbehaltenen Heimkehr beglückwünschte und zu ihm sagte: »Mein Herr, wisse, Gott hat dir unsere Liebe geschenkt und hat in gleicher Weise dein Herz mit Liebe zu uns erfüllt, so daß du uns in dieser Burg ein Gesellschafter geworden bist. Die schönste Zeit für Liebende aber ist die Zeit ihres Beisammenseins, und Trennung und Entfernung voneinander ist eine schwere Prüfung. Du aber verlässest uns beim Anbruch der Morgenröte und kehrst erst wieder gegen Sonnenuntergang zurück, so daß wir uns sehr vereinsamt fühlen. Dies bedrückt uns schwer, und schmerzt uns tief.« Da versetzte das Rebhuhn: »Ich liebe 23 euch ebenfalls und sehne mich nach euch noch mehr als ihr nach mir, und die Trennung von euch fällt mir nicht leicht, jedoch habe ich kein anderes Mittel an der Hand, da ich ein Vogel bin und Flügel habe und nicht immer bei euch bleiben kann, dieweil dies nicht meine Natur ist. Denn ein Vogel mit Flügeln hat keinen festen Aufenthalt als allein des Nachts zum Schlaf; wenn der Morgen anbricht, fliegt er fort und geht auf die Weide, wo es ihm gefällt.« Die Schildkröte erwiderte: »Du hast recht, jedoch hat ein geflügeltes Wesen während der nächtlichen Zeit keine Ruhe, da es nicht den vierten Teil des Guten erlangt im Vergleich zum Schlimmen, das es betrifft; und das höchste Ziel für jeden ist doch Bequemlichkeit und Ruhe; und wo Gott zwischen uns und dir Liebe und Freundschaft hat entstehen lassen, fürchten wir, daß dich einer deiner Feinde fangen könnte, so daß du umkommst, und wir so des Anblicks deines Gesichtes beraubt werden.« Das Rebhuhn entgegnete: »Du hast recht; was für einen Rat und Ausweg weißt du jedoch in meiner Sache?« Die Schildkröte versetzte: »Mein Rat ist der, daß du dir deine Schwungfedern ausrupfst und bei uns in Ruhe sitzest und auf dieser Weide, die so reich an Bäumen mit reifschimmernden Früchten ist, von unserer Speise issest und von unserem Trank trinkst; so bleiben wir zusammen an dieser fruchtbaren Stätte und genießen einer des andern Gesellschaft.« Da neigte sich das Rebhuhn ihren Worten zu und rupfte sich, im Verlangen nach Gemächlichkeit, eine Feder nach der andern aus, indem es den Rat der Schildkröte guthieß; alsdann lebte es bei ihnen und begnügte sich mit der armseligen Lust und dem vergänglichen Vergnügen. Da aber traf es sich, daß ein Wiesel, verstohlene Blicke um sich werfend, vorüberkam, und, da es das Rebhuhn sah und gewahrte, daß ihm die Flügel gestutzt waren, und es sich nicht erheben konnte, freute es sich mächtig und sprach bei sich: »Schau, dieses Rebhuhn ist fett und hat wenig Federn.« Alsdann sprang es herzu und packte es, worauf das 24 Rebhuhn schrie und Hilfe von den Schildkröten begehrte. Die Schildkröten halfen ihm jedoch nicht, sondern entfernten sich und krochen auf einen Haufen zusammen, als sie das Rebhuhn vom Wiesel gepackt sahen, erstickt von Thränen beim Anblick der Qualen, die es vom Wiesel erlitt. Da sagte das Rebhuhn zu ihnen: »Habt ihr nichts als Thränen?« worauf die Schildkröten versetzten: »Ach, Bruder, wir haben weder Kraft noch Macht noch einen Ausweg einem Wiesel gegenüber.« Da ward das Rebhuhn betrübt und sprach zu ihnen, alle Hoffnung auf sein Entkommen aufgebend: »Ihr habt keine Schuld, vielmehr liegt die Schuld bei mir, daß ich euch gehorchte und mir die Schwingen ausrupfte. Ich verdiene den Untergang dafür, daß ich euch folgte, und tadele euch in nichts.«

Und so tadele ich jetzt auch euch nicht, ihr Weiber, sondern tadele mich selber und mache mir dafür Vorwürfe, daß ich vergaß, daß ihr die Ursache der Versündigung unseres Vaters Adam waret, der um euretwillen aus dem Paradies verstoßen ward, und nicht daran dachte, daß ihr die Wurzel alles Übels seid, sondern euch in meiner Thorheit, meinem Irrtum und meiner Verkehrtheit folgte und meine Wesire und Regenten meines Reiches tötete, die mir in allen Angelegenheiten treue Ratgeber waren, und meine Rüstung und Stärke in allen Fährlichkeiten. Jetzt finde ich keinen Ersatz für sie und sehe keinen, der ihren Platz ausfüllen kann, sondern bin ins tiefste Verderben geraten, –

Neunhundertundfünfundzwanzigste Nacht.

wenn mir Gott nicht jemand sendet, der mich mit rechtem Rat auf den Weg des Heils leitet.« Hierauf beklagte er den Tod seiner Wesire und Weisen und sprach: »Ach, daß ich diese Löwen jetzt, wenn auch nur auf eine einzige Stunde, bei mir hätte, daß ich mich bei ihnen entschuldigen könnte und sie sähe und ihnen meine Lage und das Leid, das über mich nach ihrem Tode kam, klagte!« Dann erhob 25 er sich und begab sich in sein Schlafzimmer, wo er im Meer der Sorgen versunken den ganzen Tag über saß, ohne zu essen und zu trinken. Als aber die Nacht hereinbrach, erhob er sich und wechselte seine Kleider, indem er alte Sachen anlegte und sich unkenntlich machte, worauf er durch die Stadt streifte, um vielleicht von irgend jemand ein Wort des Trostes zu vernehmen. Während er nun in dieser Weise in den Hauptstraßen umherwanderte, sah er zwei Knaben neben einer Mauer allein sitzen und bemerkte, daß sie gleichen Alters waren, und daß jeder etwa zwölf Jahre zählte. Als er hörte, daß sie miteinander plauderten, näherte er sich ihnen, um ihr Gespräch zu belauschen, und vernahm nun, wie der eine zum andern sagte: »Höre, mein Bruder, was mein Vater mir gestern Nacht wegen der Dürre sagte, die vorzeitig sein Feld infolge Mangels an Regen und der schweren Heimsuchung, die über diese Stadt gekommen ist, betroffen hat.« Da versetzte der andere: »Kennst du die Ursache dieser Heimsuchung?« Der erste entgegnete: »Nein; wenn du sie jedoch weißt, so teile sie mir mit.« Hierauf erwiderte der andere: »Ja, ich kenne sie und will sie dir mitteilen. Wisse, einer der Freunde meines Vaters erzählte mir, unser König hätte seine Wesire und die Großen seines Reiches unschuldigerweise und nur wegen seiner Liebe und Hinneigung zu den Weibern erschlagen; seine Wesire hätten ihm dies untersagt, er aber wäre ihnen nicht gefolgt, sondern hätte seinen Weibern gehorcht und ihren Tod befohlen. So erschlug er meinen Vater Schimâs, seinen und seines Vaters Wesir und seinen Ratgeber. Doch du sollst sehen, was Gott wegen seiner Sünden wider sie mit ihm thun und wie er sie an ihm rächen wird.« Da entgegnete der andere Knabe: »Was kann denn Gott mit ihm thun, nachdem sie umgekommen sind?« Er versetzte: »Wisse, der König vom äußersten Indien mißachtet unsern König und hat ihm ein Schreiben geschickt, in dem er ihn schmäht und ihm befiehlt, ihm ein Schloß mitten im Meer zu erbauen. Wenn er das nicht thäte, so wollte 26 er wider ihn zwölf Reitergeschwader von je zwölftausend Streitern entsenden und zum Heerführer seinen Wesir Badîa machen, daß er ihm das Reich entrisse, seine Mannen erschlüge und seinen Harem in die Gefangenschaft führte. Als nun der Gesandte des Königs vom äußersten Indien ihm den Brief überbrachte, gewährte er ihm eine Frist von drei Tagen, und, wisse, mein Bruder, dieser König ist ein trutziger Recke voll Kraft und hohem Mut, und in seinem Reich giebt's eine Menge Volk; wenn also der König kein Mittel findet, ihn abzuwehren, so gerät er ins Verderben, und nach seinem Untergang wird jener König unser Hab und Gut nehmen, unsere Männer töten und unsere Weiber in die Gefangenschaft führen.«

Als der König diese Worte von ihnen vernahm, wuchs seine Unruhe noch mehr, und er neigte sich ihnen zu, indem er bei sich sprach: »Sicherlich ist dieser Knabe ein Weiser, da er über etwas Auskunft gab, das er nicht von mir erfahren hat. Denn der Brief, der vom König des äußersten Indiens eintraf, ist bei mir und das Geheimnis ebenfalls, und kein anderer weiß hiervon als ich allein. Wie also erfuhr der Knabe hiervon? Jedoch will ich meine Zuflucht bei ihm nehmen und mit ihm reden, und ich bitte Gott, daß unsere Rettung durch seine Hand geschieht.« Alsdann näherte sich der König dem Knaben freundlich und sprach zu ihm: »Lieber Knabe, was hast du da von unserm König gesprochen, daß er sich schwer durch Ermordung seiner Wesire und der Großen seines Reiches verging? jedoch hat er in Wahrheit gegen sich und seine Unterthanen gesündigt, und du sagtest die Wahrheit. Nun aber sag' mir, o Knabe, woher du weißt, daß der König des äußersten Indiens an unsern König einen Brief schrieb, in dem er ihn schmähte und die harten Worte, von denen du sprachst, gegen ihn führte.« Der Knabe versetzte: »Ich weiß dies nach dem Wort der Alten, das da lautet: »Nichts Verborgenes ist vor Gott verborgen, und die menschlichen Geschöpfe haben eine geistige Kraft, welche ihnen 27 die verborgenen Geheimnisse sichtbar macht.« Da sagte der König: »Du hast recht, mein Sohn, doch giebt's für unsern König einen Rat oder ein Mittel, diese schwere Heimsuchung von sich und seinem Reich abzuwehren?« Der Knabe antwortete: »Jawohl; wenn der König nach mir schickt und mich fragt, was er thun soll, um seinen Feind abzuwehren und seinem Fallstrick zu entgehen, so will ich ihm sagen, worin mit Gottes, des Erhabenen, Kraft seine Rettung liegt.« Da versetzte der König: »Und wer wird den König hiervon unterrichten, daß er nach dir schickt und dich rufen läßt?« Der Knabe erwiderte: »Ich habe vernommen, daß er nach Leuten von Erfahrung und rechter Einsicht sucht; wenn er zu mir schicken wird, so werde ich mit den Boten zu ihm gehen und ihm mitteilen, worin seine Rettung liegt, und wodurch er die Prüfung von sich abwenden kann. Wenn er jedoch diese dringende Angelegenheit vernachlässigt, indem er sich weiter mit seinen Weibern vergnügt, und ich aus freien Stücken zu ihm gehe, um ihm anzusagen, worin seine Rettung liegt, so wird er Befehl erteilen mich zu töten, wie er die Wesire töten ließ; und meine Güte wird dann die Ursache meines Verderbens sein. Die Leute werden mich verachten und meinen Verstand geringschätzen, und ich werde sein, wie es das Wort besagt: Der Weise, dessen Wissen größer als sein Verstand ist, kommt um.« Als der König des Knaben Worte vernahm, ward er von seiner Weisheit überzeugt; seine Trefflichkeit ward ihm klar, und er glaubte fest an seine und seiner Unterthanen Rettung durch des Knaben Hand. Infolgedessen hob er noch einmal an und sprach zum Knaben: »Woher bist du, und wo ist dein Haus?« Der Knabe erwiderte: »Diese Mauer gehört zu unserm Haus.« Da merkte sich der König jenen Ort, worauf er sich vom Knaben verabschiedete und fröhlich heimkehrte. Als er in seinem Palast angelangt war, kleidete er sich wieder um und verlangte nach Speise und Trank, indem er die Frauen von sich fern hielt. Dann aß und trank er und dankte Gott 28 dem Erhabenen, indem er ihn um Rettung und Hilfe bat und Vergebung und Verzeihung von ihm für das, was er den Ulemā seines Reiches und den Oberhäuptern angethan hatte, erflehte; und er bereute vor Gott in lauterer Reue und verpflichtete sich durch Gelöbnis zu langem Fasten und vielen Gebeten. Alsdann rief er einen seiner vertrauten Burschen und beschrieb ihm die Wohnung des Knaben, worauf er ihm befahl, zu ihm zu gehen und ihn in freundlicher Weise vor ihn zu führen. Da begab sich der Sklave zum Knaben und sprach zu ihm: »Der König läßt dich rufen, daß dir Gutes von ihm widerfährt, und daß er eine Frage an dich stellt; dann magst du wohlbehalten wieder heimkehren.« Der Knabe fragte: »Was für ein Anliegen hat der König, daß er mich zu sich ruft?« Der Eunuch erwiderte: »Mein Gebieter ruft dich zu sich wegen Frage und Antwort.« Da versetzte der Knabe: »Tausendmal höre ich und tausendmal gehorch' ich dem Befehl des Königs.« Alsdann folgte er ihm zum König, und, als er vor ihm stand, warf er sich vor Gott nieder und segnete den König, nachdem er ihm den Salâm geboten hatte, worauf dieser ihm den Gruß erwiderte und ihn aufforderte Platz zu nehmen.

Neunhundertundsechsundzwanzigste Nacht.

Als der Knabe sich gesetzt hatte, fragte er ihn: »Weißt du auch, wer gestern mit dir redete?« Der Knabe versetzte: »Jawohl.« Nun fragte der König: »Und wo ist er?« Der Knabe erwiderte: »Der jetzt mit mir redet, ist's.« Da entgegnete der König: »Du hast recht, mein Lieber.« Alsdann befahl der König einen Thron neben dem seinigen aufzustellen und ließ ihn auf ihm Platz nehmen, worauf er Speise und Trank aufzutragen befahl. Dann plauderten sie miteinander, bis der König zu dem Knaben sagte: »O Wesir, in unserm gestrigen Gespräch sagtest du, du wüßtest einen Ausweg, die Fallstricke des Königs von Indien von uns abzuwehren; was ist's, und wie soll sein Unheil von uns 29 abgewehrt werden? Sag' mir's, daß ich dich zum ersten meiner Sprecher im Reich mache und dich zu meinem Wesir ernenne und deinen Rat in allem befolge und dir einen kostbaren Ehrensold gebe.« Da versetzte der Knabe: »Behalte den Ehrensold für dich, o König, und suche Rat und Unterweisung bei deinen Weibern, die dir rieten, meinen Vater Schimâs samt den andern Wesiren zu ermorden.« Als der König dies von ihm vernahm, schämte er sich und sagte seufzend: »O lieber Knabe, war Schimâs wirklich dein Vater, wie du es sagst?« Der Knabe entgegnete: »Ja, Schimâs war in Wahrheit mein Vater und ich bin gewißlich sein Sohn.« Da neigte sich der König demütig und bat Gott mit in Thränen schwimmenden Augen um Verzeihung, worauf er sprach: »O Knabe, ich habe dies in meiner Thorheit gethan und infolge des übeln Beratenseins durch die Weiber, denn »ihre List ist groß«.Ein Citat aus dem Koran. Jedoch bitte ich dich mir zu vergeben, und ich will dich an deines Vaters Stelle setzen und deinen Rang noch über den seinigen erhöhen. Wenn du aber diese auf uns herabgesandte Züchtigung von uns abgewendet hast, dann will ich deinen Hals mit einer goldenen Kette schmücken und will dich aufs stolzeste Roß setzen und dem Herold befehlen vor dir auszurufen: »Dies ist der ruhmreiche Knabe, der Herr des zweiten Thrones nach dem König.« Was du aber von den Weibern sprachst, so gehe ich damit um, Rache an ihnen zu nehmen an dem Zeitpunkt, da Gott, der Erhabene, es will. Nun sag' mir jedoch, welchen Rat du hast, auf daß mein Herz in Frieden ist.« Da erwiderte der Knabe und sprach: »Leg' einen Eid ab, daß du meinem Rat nicht zuwiderhandeln willst, und daß ich vor dem, was ich fürchte, sicher bin.« Der König versetzte: »Dies ist Gottes Eid zwischen mir und dir, daß ich von deinem Wort nicht abweichen will, und daß du mein Ratgeber sein sollst, und ich jedem deiner Befehle Folge leisten will; und Zeuge zwischen mir und dir für meine Worte ist 30 Gott, der Erhabene.« Da dehnte sich des Knaben Brust freudig aus, und es weitete sich ihm des Wortes Spielraum, und er sprach: »O König, mein Rat und Ausweg ist der, daß du wartest, bis die Frist, die dir der Kurier zur Beantwortung des Briefes stellte, verstrichen ist; wenn er dann zu dir kommt, und Antwort heischt, so weise ihn auf einen andern Tag ab. Wird er sich dann bei dir entschuldigen und sagen, daß ihm sein König eine bestimmte Anzahl Tage festgesetzt hat, und dich mit Worten bedrängen, so jag' ihn fort und vertröste ihn auf einen andern Tag, ohne ihm den Tag zu bestimmen. Er wird dann zornig von dir gehen und sich mitten in die Stadt begeben, wo er öffentlich unter dem Volk also sprechen wird: »Ihr Leute der Stadt, ich bin der Kurier des Königs vom äußersten Indien, der ein hochgemuter Herr ist und von einer Energie, die Eisen weich macht. Er schickte mich mit einem Schreiben an den König dieser Stadt und setzte mir eine bestimmte Frist fest, indem er zu mir sprach: »Wenn du nicht nach Ablauf der festgesetzten Zeit bei mir eintriffst, so kommt meine Strafe über dich.« Nun bin ich zum König dieser Stadt gekommen und übergab ihm das Schreiben, worauf er es las und eine Frist von drei Tagen zur Beantwortung des Briefes von mir verlangte, die ich ihm aus Freundlichkeit und Respekt bewilligte. Nachdem dann die drei Tage verstrichen waren, ging ich zu ihm und verlangte die Antwort, doch da vertröstete er mich auf einen andern Tag, während ich nicht mehr warten kann. Und nun kehre ich zu meinem Herrn, dem König vom äußersten Indien, zurück und teile ihm mit, wie es mir ergangen ist. Und ihr, ihr Leute, seid Zeugen zwischen mir und ihm.« Wenn dir dann seine Worte hinterbracht werden, so laß ihn vor dich holen und rede in Güte zu ihm, indem du sprichst: »O Läufer, der du in dein eigenes Verderben läufst, was hat dich dazu bewogen, uns vor unsern Unterthanen Vorwürfe zu machen? Fürwahr, du verdienst sofortigen Tod von uns, jedoch sprachen die Alten: 31 Vergebung ist ein Kennzeichen des Edeln. Wisse, der Aufschub unserer Antwort geschah nicht aus unserm Unvermögen, sondern im Drang der Geschäfte und aus Mangel an Muße, das Schreiben eures Königs zu beantworten! Alsdann verlange das Schreiben von neuem und lies es; und bist du mit dem abermaligen Lesen zu Ende gekommen, so brich in ein langes Gelächter aus und sprich zu ihm: »Hast du kein anderes Schreiben als dieses? Wir wollen dir auf das ebenfalls eine Antwort schreiben.« Antwortet er dir dann: »Ich habe kein anderes Schreiben als dieses,« so frag' ihn zum zweiten und drittenmal, bis er antwortet: »Ich hab' keineswegs ein anderes Schreiben.« Dann sprich zu ihm: »Diesem euern König mangelt es an Verstand, daß er in diesem Schreiben Worte an uns richtet, mit denen er uns reizen will, daß wir uns mit unserm Heer wider ihn aufmachen und sein Land überfallen und ihm sein Königreich abnehmen. Jedoch wollen wir ihn für diesmal wegen seines unziemlichen Betragens hinsichtlich dieses Schreibens nicht strafen, da er an Verstand zu kurz gekommen und von schwächlicher Einsicht ist; es geziemt unserer Würde, daß wir ihn zuerst verwarnen und ihn ermahnen, solch' Gefasel nicht noch einmal zu unternehmen. Will er jedoch sein Leben aufs Spiel setzen, indem er noch einmal ähnliches thut, so verdient er sofortige Strafe. Mir scheint's in der That, daß der König, der dich entsandte, ein einfältiger Thor ist, der die Folgen nicht bedenkt, und der keinen verständigen und einsichtsvollen Wesir als Ratgeber hat. Wäre er ein verständiger Mann, so hätte er zuvor seinen Wesir um Rat gefragt, ehe er uns solche lächerlichen Worte geschrieben hätte. Jedoch will ich ihm seinem Briefe gemäß Antwort geben und darüber hinaus; und ich will sein Schreiben einem der Schuljungen zur Beantwortung geben.« Alsdann schick' zu mir und laß mich holen, und, so ich vor dir erschienen bin, heiße mich den Brief lesen und ihn beantworten.« Da dehnte sich die Brust des Königs froh aus, und er hieß den Rat 32 des Knaben gut und hatte so sehr Gefallen an seinem Vorschlag, daß er ihn beschenkte und ihn in den Rang seines Vaters einsetzte, worauf er ihn erfreut entließ. Als nun die drei Tage verstrichen waren, die er sich als Frist von dem Kurier ausbedungen hatte, und der Kurier beim König eintrat und die Antwort begehrte, wies ihn der König auf einen andern Tag ab, worauf der Kurier sich zum Ende des Teppichs zurückzog und unziemliche Worte sprach, wie der Knabe es im voraus gesagt hatte. Dann ging er hinaus auf den Bazar und sprach: »Ihr Leute dieser Stadt, ich bin vom König des äußersten Indiens an euern König mit einem Schreiben entsandt, der mich mit der Antwort hinhält. Die Frist, die mir unser König stellte, ist verstrichen, und euer König hat keine Entschuldigung; ihr seid Zeugen hierfür.« Als dem König diese Worte hinterbracht wurden, ließ er den Kurier vor sich bringen und sprach zu ihm: »O Läufer, der du in dein eigenes Verderben läufst, bist du nicht der Überbringer eines Briefes von einem König zum andern, zwischen denen Geheimnisse sind? Wie kannst du unter das Volk gehen und der Menge die Geheimnisse der Könige kundthun? Du hast Strafe von uns verdient, jedoch wollen wir dir dieses nachsehen, um dir eine Antwort an diesen einfältigen König zu übergeben; und es geziemt sich, daß kein anderer als der kleinste Schulbube ihm unsere Antwort schreibt.« Alsdann ließ er den Knaben vor sich bringen, der sich, als er vor dem König und dem Kurier erschien, vor Gott niederwarf und dem König langes Leben und dauernden Ruhm erflehte. Hierauf warf der König dem Knaben den Brief zu und sprach zu ihm: »Lies diesen Brief und schreib' schnell die Antwort darauf.« Da nahm der Knabe den Brief und las ihn, worauf er lachend zum König sagte: »Hast du nach mir wegen der Beantwortung dieses Schreibens gesandt?« Der König versetzte: »Jawohl.« Da erwiderte der Knabe: »Ich höre und gehorche bereitwilligst,« und schrieb, Tinte und Papier hervorholend: 33

Neunhundertundsiebenundzwanzigste Nacht.

»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen! Frieden sei auf dem, der die Gnade und Barmherzigkeit des Erbarmers gewonnen hat! Des Ferneren, so thue ich dir kund, der du behauptest, ein großer König zu sein, dem Namen nach aber nicht nach der That, daß dein Brief zu uns gelangt ist, und wir ihn gelesen und seine Rodomantaden und lächerlichen Faseleien wohl verstanden haben, die uns von deiner Thorheit und Unbill gegen uns überzeugt haben. Fürwahr, deine Hände hast du ausgestreckt nach dem, was du nimmer vermagst, und nur um unseres Mitleids willen mit den Geschöpfen Gottes und den Unterthanen stehen wir von dir ab. Was deinen Gesandten anlangt, so ging er hinaus auf den Bazar und verkündete den Inhalt deines Schreibens Hoch und Gering, so daß er Strafe von uns verdiente. Wir aber verschonten ihn aus Barmherzigkeit, da er in Hinsicht auf dich zu entschuldigen ist, nicht aber aus Respekt vor dir. Wenn du ferner in deinem Briefe davon sprichst, daß ich meine Wesire, die Ulemā und die Großen meines Reiches erschlagen habe, so ist dies die Wahrheit, jedoch that ich es um eines bestimmten Grundes willen. Und erschlug ich einen der Ulemā, so hab' ich seinesgleichen tausend gelehrtere, weisere und verständigere; und es ist bei mir kein Kind, das nicht voll von Kenntnissen wäre. Und an Stelle jedes Erschlagenen habe ich zahllose seinesgleichen, die ihn übertreffen. Ebenso steht jeder meiner Reiter für ein ganzes deiner Geschwader ein, und, was Geld anlangt, so habe ich eine Gold- und Silberwerkstätte und habe Edelsteine wie Kies. Die Schönheit aber und Anmut und den Reichtum des Volkes meines Königreiches kann ich dir gar nicht beschreiben. Wie also erdreistest du dich wider uns und sprichst zu uns: Bau' mir ein Schloß mitten im Meer? Das ist fürwahr ein wunderbarlich Ding und kommt wohl aus deiner Geistesschwäche her; denn, hättest du Verstand, so hättest 34 du dich nach der Wogenbrandung und dem Windeswehen erkundigt, worauf ich dir das Schloß erbaut hätte. Wenn du ferner sagst, du wolltest mich unterwerfen, so sei Gott davor, daß ein Mann wie du uns vergewaltigte und sich unseres Reiches bemächtigte; vielmehr wird Gott, der Erhabene, dich in meine Hand geben, da du dich ohne Grund wider mich erhoben und empört hast. Wisse, daß du von Gott und mir Strafe verdient hast, jedoch fürchte ich Gott hinsichtlich deiner und deiner Unterthanen und will nicht eher wider dich aufsitzen, als ich dich verwarnt habe. Wenn du daher Gott fürchtest, so sende mir schleunigst den Tribut für dieses Jahr, oder ich sitze unweigerlich auf mit tausendmaltausend und hunderttausend Streitern, alles Recken auf Elefanten, und schare sie rings um unsern Wesir und gebe ihm Befehl dich drei Jahre lang für die drei Tage zu belagern, die du deinem Kurier als Frist gewährtest, und nehme dein Königreich in Besitz, ohne jedoch außer dir einen zu töten oder andere Frauen als deinen Harem in die Gefangenschaft zu führen.« Hierauf zeichnete der Knabe sein Bild auf das Schriftstück und schrieb an den Rand desselben: »Dies ist die Antwort, geschrieben vom kleinsten Schuljungen.« Dann siegelte er den Brief und übergab ihn dem König, der ihn dem Kurier gab, worauf derselbe dem König die Hände küßte und, Gott und dem König für seine Milde gegen ihn dankend und sich über den scharfen Verstand des Knaben verwundernd, abzog. Er traf bei seinem König drei Tage nach den ihm vom König festgesetzten drei Tagen ein, als der König gerade wegen des Ausbleibens seines Kuriers über die bestimmte Frist hinaus einen Diwan anberaumt hatte. Als er nun bei ihm eintraf, warf er sich vor ihm nieder und überreichte ihm das Schreiben, worauf der König es nahm und den Kurier nach der Ursache seiner Verspätung und nach den Verhältnissen des Königs Wird Chân befragte. Da erzählte er ihm die Geschichte und berichtete ihm alles, von dem er Augen- und Ohrenzeuge gewesen war, so daß 35 des Königs Verstand verwirrt wurde, und er zum Kurier sprach: »Wehe dir, was sind das für Nachrichten, die du mir von einem König wie dem da überbringst!« Da erwiderte ihm der Kurier und sprach: »O ruhmvoller König, hier stehe ich vor dir; öffne das Schreiben und lies es, daß dir Wahrheit und Lüge klar wird.« Infolgedessen öffnete der König das Schreiben und las es und, als er nun das Bild des Knaben, das dieser gezeichnet hatte, sah, ward er des Endes seines Reiches gewiß und wußte nicht, was geschehen sollte. Alsdann wendete er sich zu seinen Wesiren und den Großen seines Reiches und teilte ihnen mit, was geschehen war, indem er ihnen den Brief vorlas, worauf sie erschraken und sich gewaltig entsetzten und des Königs Furcht mit Worten zu beschwichtigen suchten, die nur von der Zunge kamen, während ihre Herzen vor Pochen in Stücke gingen. Hierauf sprach der Großwesir Badîa: »Wisse, o König, was meine Brüder die Wesire gesprochen haben, hat keinen Nutzen; mein Rat ist der, daß du an jenen König einen Brief schreibst, in dem du um Entschuldigung bittest und sagst: Ich liebe dich und liebte deinen Vater vor dir, und wir schickten den Kurier mit jenem Schreiben nur zu dir, um dich auf die Probe zu stellen und zu schauen, was für Entschlossenheit und Tapferkeit du besitzest, wie du in wissenschaftlichen und praktischen Dingen dich zu verhalten und Rätsel zu lösen weißt, und was für Vollkommenheiten dir verliehen sind. Und wir beten zu Gott, dem Erhabenen, dich in deinem Königtum zu segnen, die Burgen deiner Stadt zu festigen und deine Herrschaft zu mehren, wo du auf dich selber acht giebst und die Angelegenheiten deiner Unterthanen zum guten Ende zu führen suchst. – Diesen Brief schick' aber durch einen andern Boten zu ihm.«

Da rief der König: »Beim großen Gott, das ist ein großes Wunder! Wie kann dies ein großer König sein und gerüstet zum Krieg, nachdem er die Ulemā seines Königreiches, seine Ratgeber und die Hauptleute seines Heeres hat 36 hinrichten lassen? Und wie kann sein Reich nach diesem bevölkert sein, daß es diese gewaltige Kraft hervorbringen kann? Das verwunderlichste ist jedoch, daß die kleinen Schulbuben seines Reiches für ihren König solche Antwort wie diese schreiben. Durch meine unheilvolle Gier habe ich dieses Feuer über mir und dem Volk meines Königreiches angezündet, und ich weiß nicht, wie ich es anders als durch Befolgung des Rates dieses meines Wesirs auslöschen soll.« Alsdann machte er ein wertvolles Geschenk nebst Eunuchen und großer Dienerschaft zurecht und schrieb einen Brief folgenden Inhalts: »Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen! Des Ferneren: O ruhmvoller König Wird Chân, Sohn des ruhmvollen Bruders Dschalīâd, Gott hab' ihn selig und schenke dir langes Leben! – Die Antwort auf unsern Brief ist bei uns eingetroffen, und wir haben sie gelesen und ihren Inhalt begriffen und sahen darin, was uns erfreut, und das ist das Höchste, was wir für dich von Gott erflehten. Und wir bitten ihn, deine Macht zu erhöhen, die Pfeiler deines Königtumes fest zu gründen und dir Sieg zu verleihen über deine Feinde, die Böses wider dich im Schilde führen. Und wisse, o König, dein Vater war mir ein Bruder, und zwischen ihm und mir bestanden sein Leben lang Eide und Gelöbnisse, und niemals sah er von uns etwas anderes als Gutes, wie wir gleichfalls von ihm nur Gutes erschauten. Als er nun verschied, und du dich auf den Thron seines Königreiches setztest, gereichte es uns zur höchsten Freude und Fröhlichkeit. Als wir dann aber erfuhren, was du mit deinen Wesiren und den Großen deines Reiches gethan hattest, da fürchteten wir, es könnte die Kunde hiervon auch zu einem andern Könige als uns gelangen, so daß er sich gegen dich erfrechen könnte, indem wir nämlich glaubten, du achtetest nicht auf deine Geschäfte und hütetest nicht deine Burgen in deiner Sorglosigkeit für die Angelegenheiten deines Königreiches; und so schrieben wir an dich, was dich erwecken sollte. Als wir jedoch sahen, daß du uns eine Antwort wie 37 diese gabst, da ward unser Herz in Frieden um dich, und Gott lasse dich dein Königreich genießen und fördere deine Macht! Und der Frieden sei auf dir!« Alsdann schickte er das Geschenk mit einem Geleit von hundert Reitern zu ihm.

Neunhundertundachtundzwanzigste Nacht.

Als sie beim König Wird Chân eintrafen, begrüßten sie ihn und überreichten ihm den Brief. Nachdem ihn der König gelesen und seinen Inhalt begriffen hatte, quartierte er den Hauptmann der hundert Reiter in einem passenden Raum ein, ihn auszeichnend und das Geschenk von ihm annehmend. Die Kunde hiervon verbreitete sich unter dem Volk, und der König freute sich mächtig hierüber und schickte nach dem Knaben, dem Sohn des Schimâs, und zeichnete ihn aus. Dann schickte er auch nach dem Hauptmann und verlangte von ihm den Brief seines Königs, den er ihm überbracht hatte, worauf er denselben dem Knaben gab. Und, während nun der Knabe den Brief öffnete und las, und der König in mächtiger Freude war und den Hauptmann schalt, küßte dieser ihm die Hände und machte Entschuldigungen, ihm langes Leben und ewiges Glück wünschend. Dann dankte ihm der König hierfür und ehrte ihn außerordentlich, indem er ihm und all seinen Leuten passende Geschenke gab, und machte auch Geschenke für ihren König zurecht. Alsdann befahl er dem Knaben eine Antwort zu schreiben, worauf derselbe nach dem schönsten Eingang kurz den Punkt betreffs der Aussöhnung berührte und das feine Benehmen des Hauptmanns und seiner Reitersleute hervorhob. Nachdem er das Schreiben beendet hatte, unterbreitete er es dem König, der zu ihm sagte: »Lies es, teurer Knabe, damit wir wissen, was in ihm geschrieben steht.« Infolgedessen verlas es der Knabe in Gegenwart der hundert Reiter, und der König und alle Anwesenden verwunderten sich über seinen Stil und Inhalt. Dann versiegelte es der König und übergab es dem Hauptmann, worauf er ihn entließ und ihn mit 38 einer Truppenabteilung bis zur Grenze ihres Landes geleiten ließ, während der Hauptmann verblüfft über den Verstand des Knaben und sein Wissen, Gott, dem Erhabenen, für die schnelle Erledigung seines Auftrages und die Annahme der Aussöhnung dankte und zum König des äußersten Indiens heimkehrte. Indem er ihm die Geschenke und Kostbarkeiten übergab und den Brief einhändigte, erzählte er ihm, was er geschaut hatte, und der König freute sich mächtig hierüber und dankte Gott, dem Erhabenen, und zeichnete den Hauptmann aus, indem er ihm für seinen Eifer dankte und seinen Rang erhöhte; und von nun an lebte er in Sicherheit, Frieden, Ruhe und ungestörter Fröhlichkeit. Der König Wird Chân aber wandelte nunmehr in Gott und gab seinen schlimmen Weg auf, indem er vor Gott aufrichtig bereute und alle seine Weiber mied, allein sich den Geschäften seines Reiches widmend und in Gottesfurcht für seine Unterthanen sorgend. Den Sohn des Schimâs machte er zu seinem Wesir an Stelle seines Vaters und zum ersten Ratgeber in seinem Reich und Hüter seiner Geheimnisse und befahl seine Residenz und alle andern Städte sieben Tage lang zu schmücken. Seine Unterthanen freuten sich hierüber, Furcht und Schrecken wich von ihnen, und sie freuten sich über die Gerechtigkeit und Billigkeit des Königs und segneten ihn und seinen Wesir beständig, der ihn und sie von dieser Sorge befreit hatte. Hierauf sprach der König zu seinem Wesir: »Was ist dein Rat in betreff der Ordnung des Staates und des Wohles der Unterthanen, daß das Reich in seinen früheren Zustand gebracht wird hinsichtlich seiner Häupter und Ratgeber?« Da erwiderte der Wesir und sprach: »Ruhmvoller König, mein Rat geht dahin, daß du vor allen Dingen den Anfang damit machst, die Sünden aus deinem Herzen zu reißen und dich von deinen Vergnügungen, deiner Tyrannei und Hingabe an die Weiber loszusagen; denn wenn du zur Wurzel der Sünden zurückkehrst, wird die zweite Verirrung größer als die erste sein.« Nun fragte der König: 39 »Welches ist der Sünden Wurzel, die ich mir aus dem Herzen zu reißen habe?« Der Wesir, jung an Jahren und alt an Einsicht, erwiderte und sprach: »O großer König, wisse, die Wurzel der Sünde ist die Befolgung der Lust zu den Weibern, die Hinneigung zu ihnen und das Hören auf ihren Rat und ihre Unterweisung. Denn die Liebe zu ihnen verkehrt den klarsten Verstand und verdirbt die gesundeste Natur, und für meine Worte giebt's offenbare Beweise, in denen du, wenn du sie bedächtest und ihre Lehren sorgfältig prüftest und befolgtest, einen treuen Berater für dich fändest, ohne irgend eines meiner Worte zu bedürfen. Erfülle dein Herz daher nicht mit Gedanken an sie und tilge ihre Spuren aus deinem Sinn, dieweil Gott, der Erhabene, ihre zu große Benutzung durch seinen Propheten Moses verboten hat, so daß ein weiser König zu seinem Sohn sagte: O mein Sohn, wenn du nach mir die Regierung angetreten hast, so such' nicht die Weiber zu häufig auf, damit dein Herz nicht abirrt und deine Einsicht verdorben wird. Zu häufiger Umgang mit ihnen führt zur Liebe zu ihnen, und die Liebe zu ihnen verdirbt die Einsicht. Beweis hierfür ist das Schicksal Salomos, des Sohnes Davids, – Frieden auf beide! – dem Gott Wissen und Weisheit und große Macht wie keinem der Könige zuvor verlieh; und Weiber waren die Ursache der Versündigung seines Vaters. Beispiele dieser Art giebt's viele, o König, und ich erwähne dir nur Salomo, auf daß du wissest, daß niemand so große Macht wie er besaß, so daß ihm alle Könige der Erde gehorchten. Und wisse, o König, daß die Liebe zu den Weibern die Wurzel alles Übels ist, und daß keine derselben Einsicht besitzt. Deshalb geziemt es dem Menschen, daß er sich in ihrem Umgang auf das notwendige Maß beschränkt und sich ihnen nicht gänzlich hingiebt, damit er nicht ins Verderben gerät und untergeht. Wenn du, o König, meinen Worten gehorchst, so wird es mit all deinen Sachen wohlstehen; wenn du sie jedoch vernachlässigst, so wirst du es bereuen, wo dir die 40 Reue nichts mehr nützen kann.« Da erwiderte der König und sprach: »Ich habe mich von meiner übermäßigen Hingabe zu den Weibern schon abgekehrt –

Neunhundertundneunundzwanzigste Nacht.

und mich gänzlich von der Beschäftigung mit ihnen abgewendet; was soll ich nun aber thun und wie soll ich es sie büßen lassen? Denn der Tod deines Vaters Schimâs war ein Werk ihrer List und geschah nicht auf meinem Willen, und ich weiß nicht, was mit meinem Verstand vorgegangen war, daß ich in seinen Tod einwilligte.« Alsdann jammerte und schrie er und rief: »Weh, daß ich meinen Wesir und seinen gerechten Rat und seine treffliche Leitung verlor, und weh über den Verlust seinesgleichen an Wesiren und Häuptern des Reiches mit ihrem trefflichen und rechten Rat!« Da erwiderte der Wesir und sprach: »Wisse, o König, die Schuld liegt nicht an den Weibern allein, denn sie sind wie eine schöne Ware, nach der die Lust der Beschauer rege wird. Wer da Lust verspürt und kauft, dem verkauft man; wer aber nicht kauft, den zwingt keiner zum Kaufen. Die Schuld hat, wer da kauft, zumal wenn er die Schädlichkeit der Ware kennt. Nun warne ich dich, wie dich zuvor mein Vater warnte, dessen Rat du verwarfst.« Da entgegnete der König: »Ich habe mir selber die Schuld zugezogen, wie du es sagst, o Wesir, und ich habe keine Entschuldigung als allein das göttliche Verhängnis.« Der Wesir versetzte: »Wisse, o König, Gott, der Erhabene, hat uns erschaffen und hat uns Fähigkeit, Willen und Wahl verliehen; wenn wir wollen, so thun wir's, und, wenn wir wollen, so thun wir's nicht. Gott befiehlt uns nicht Schädliches zu thun, damit nicht die Sünde sich an uns hängt; und deshalb ist es nötig, daß wir erwägen was recht ist zu thun, da uns Gott in allen Lagen nur Gutes befiehlt und uns das Böse verbietet; was wir dagegen thun, thun wir aus eigenem Willen, sei es gut oder böse.« Der König erwiderte: »Du hast recht, und in der 41 That entstand meine Sünde dadurch, daß ich den Lüsten nachgab, wiewohl ich mich hiervor immer und immer wieder warnte, wie es auch dein Vater Schimâs that; mein Fleisch überkam jedoch meine Vernunft. Hast du nun einen Rat, wodurch ich von der Begehung dieser Sünde abgehalten werde, daß meine Vernunft die Lüste meines Fleisches überwindet?« Der Wesir antwortete: »Jawohl; ich weiß etwas, das dich von der Begehung dieser Sünde abhalten kann, und es ist der Rat, daß du das Gewand der Thorheit ausziehst und das der Vernünftigkeit anlegst, daß du wider deine Lust ankämpfst, deinem Herrn gehorchst und zum Wandel des gerechten Königs, deines Vaters, zurückkehrst, daß du thust, was dir an Pflichten Gott, dem Erhabenen, und deinen Unterthanen gegenüber ansteht, daß du den Glauben und deine Unterthanen hütest, daß du dich selber zügelst und deine Unterthanen nicht totschlagen lässest, daß du den Ausweg der Dinge erwägst, daß du Tyrannei, Härte, Gewaltthat und Verworfenheit abthust und Gerechtigkeit und Billigkeit in Demut übst, daß du die Gebote Gottes, des Erhabenen, ausführst und dich der Fürsorge für seine Geschöpfe widmest, über die er dich als seinen Stellvertreter gesetzt hat, und daß du endlich voll Eifer den Sachen obliegst, die dir ihren Segen eintragen. Wenn du hierin beständig bist, so wird deine Lebenszeit heiter sein, und Gott wird dir in deiner Barmherzigkeit vergeben und allen, die dich schauen, Ehrfurcht gegen dich einflößen; deine Feinde werden zu Schanden gehen, und Gott, der Erhabene, wird ihre Heerscharen in die Flucht schlagen, und du sollst von Gott angenommen sein und geliebt und gefürchtet von seinen Geschöpfen.« Der König versetzte: »Du hast mit deinen süßen Worten meiner Seele neues Leben gegeben und mein Herz erleuchtet und mein Aug' nach seiner Blindheit entschleiert. Ich bin entschlossen, alles, was du gesagt hast, mit Gottes, des Erhabenen, Hilfe zu thun, und meine Unbill und meine Lüste fahren zu lassen, daß ich meine Seele aus der 42 Drangsal in die Freiheit und aus der Furcht zum Frieden führe. Darum geziemt es dir, dich hoch zu freuen, dieweil ich dir ein Sohn ward trotz meines höhern Alters und du mir trotz deiner jungen Jahre ein lieber Vater wardst; und es ist meine Pflicht geworden mit aller Kraft nach der Ausführung dessen zu streben, was du mich hießest, weshalb ich Gottes, des Erhabenen, und deiner Huld danke, weil Gott, der Erhabene, mir durch dich Glück, gute Führung und rechten Rat, meine Sorge und meinen Kummer zu verscheuchen, verliehen hat; und das Wohl meiner Unterthanen ist durch deine Hand herbeigeführt, durch deine trefflichen Kenntnisse und deinen guten Rat. Nunmehr bist du meines Reiches Ratgeber, und nur dadurch, daß ich auf dem Thron sitze, zeichne ich mich vor dir aus. Alles, was du thust, soll mir Gesetz sein, und ich will deinem Wort nicht widersprechen, so jung du auch bist, da du alt bist an Verstand und reich an Kenntnis. So danke ich Gott dafür, der dich mir geschenkt hat, mich vom krummen, zum Verderben führenden Weg auf den geraden Weg des Heiles zu führen.« Der Wesir entgegnete: »O glückseliger König, wisse, du schuldest mir keinen Dank dafür, daß ich dir meinen guten Rat erteile; denn mein Reden und Thun ist ein Teil von dem, was mir obliegt, da ich ein Setzling deiner Huld bin; und dies bin ich nicht allein, sondern auch mein Vater ward vor mir überschüttet von deiner reichen Huld. Wir alle bekennen deine Huld und Güte, und, wie sollten wir's auch nicht thun, wo du, o König, unser Hirt und Regent bist, der unsere Feinde von uns abwehrt und betraut ist mit unserer Hut, unser Wächter, der voll Eifer für unsre Wohlfahrt sorgt? Selbst wenn wir unser Leben für dich hingeben, so erfüllten wir noch nicht, was uns an Dank geziemt. Wir beten demütig zu Gott, dem Erhabenen, der dich über uns gesetzt und dich zu unserm Richter gemacht hat, daß er dir langes Leben und Erfolg in allen deinen Unternehmungen schenkt, und daß er dich nicht mit Prüfungen in deinen 43 Tagen heimsucht, sondern dich deinen Wunsch erreichen läßt und dich geehrt macht bis zu deinem Tod und deine Arme lang macht mit Edelmut, auf daß du aller Weisen Lenker wirst und alle Rebellen niederwirfst, daß alle Weisen und Tapfern in deinem Reiche vorgefunden werden, während alle Thoren und Feiglinge aus ihm ausgerissen werden; daß er Teuerung und Heimsuchung von deinen Unterthanen fernhält und unter sie Freundschaft und Liebe sät, und daß er dir das Glück der irdischen und die Seligkeit der künftigen Welt schenkt, in seiner Huld und Güte und verborgenen Gnade. Amen! Denn er hat Macht über alle Dinge, und nichts fällt ihm schwer, und er ist aller Dinge Rückkehr und Ende.«

Als der König von ihm dieses Gebet vernommen hatte, freute er sich über die Maßen und, mit ganzem Herzen sich zu ihm hinneigend, sprach er zu ihm: »Wisse, o Wesir, du bist mir geworden Bruder, Sohn und Vater, und nur der Tod soll mich von dir scheiden. Alles, was meine Hand besitzt, sollst du zu freier Verfügung haben, und, wenn ich keine Nachkommen habe, sollst du an meiner Statt auf meinem Thron sitzen, denn von all dem Volk meines Königreiches bist du der Würdigste, und ich will dich mit meinem Reich in Gegenwart der Großen meines Königreiches betrauen und dich zum Thronerben nach mir einsetzen, so Gott will, der Erhabene.

Neunhundertunddreißigste Nacht.

Und ich will die Großen meines Reiches dazu als Zeugen nehmen, mit Gottes, des Erhabenen, Hilfe.« Hierauf ließ er seinen Schreiber rufen und befahl ihm alle die Großen seines Reiches vorzuladen; dann ließ er Hoch und Gering in der Stadt durch einen Herold ankündigen, daß alle Emire, Befehlshaber und Kämmerlinge, sowie die andern Beamten samt den Ulemā und Weisen vor ihm erscheinen sollten, worauf er einen großen Diwan abhielt und ein Bankett 44 feierte, wie dergleichen zuvor nie gefeiert worden war, wozu er alles Volk, Hoch und Gering, einlud. Nachdem sich alle hierzu versammelt hatten, schmausten und zechten sie fröhlich einen vollen Monat lang, worauf der König seinen ganzen Hofhalt und die Bettler in seinem Reich kleidete und den Ulemā reiche Geschenke machte. Alsdann erwählte er eine Anzahl Ulemā und Weise, die dem Sohn des Schimâs bekannt waren, und führte sie ihm vor, indem er ihm befahl, sich aus ihnen sechs zu Wesiren auszuwählen, die unter seinem Wort stünden, während er selber ihr Oberhaupt sein sollte. Infolgedessen erwählte sich der Knabe aus ihnen die ältesten, an Verstand vollkommensten, die reichsten an Wissen und an Gedächtnis und Rat die schnellsten sechs Männer aus und stellte sie dem König vor, der ihnen die Wesiratstracht anlegte und zu ihnen sprach: »Ihr sollt meine Wesire sein und dem Sohn des Schimâs gehorchen. Alles was er euch sagt oder heißt, das habt ihr aufs genaueste auszurichten; denn, wenn er auch an Jahren der Jüngste von euch ist, so ist er doch an Verstand euer Ältester.« Alsdann ließ der König sie nach Wesirsbrauch auf vergoldeten Stühlen ihren Sitz einnehmen und setzte ihnen Einkünfte und Gelder fest, worauf er ihnen befahl aus den hohen Offizieren, die am Bankett teilgenommen hatten, diejenigen, die zum Staatsdienst am geeignetsten waren, zu Hauptleuten von Tausend, Hundert und Zehn zu machen und ihnen Ämter und Gehälter nach dem Brauch der Großen zu überweisen. Nachdem sie dies in kürzester Zeit erledigt hatten, befahl er ihnen ebenfalls allen Anwesenden reiche Geschenke zu geben und jeden mit Ehren und Auszeichnungen in sein Land zu entlassen, während er seinen Gouverneuren befahl, Gerechtigkeit gegen die Unterthanen walten zu lassen, Fürsorge für Reich und Arm zu haben und ihnen ihrem Rang entsprechend aus dem Schatz Beihilfe zu spenden. Die Wesire wünschten ihm hierfür Ruhm und Leben in ewiger Dauer, worauf er aus Dank zu Gott, dem Erhabenen, für die ihm 45 verliehene Gnade die Stadt drei Tage lang zu schmücken befahl.

Soviel mit Bezug auf den König und seinen Wesir, den Sohn des Schimâs, hinsichtlich der Ordnung des Reiches und der Einsetzung der Emire und Gouverneure. Was nun aber die Favoritinnen und andern Freudenmädchen des Königs anlangt, welche den Tod der Wesire und das Verderben des Reiches durch ihre List und ihren Falsch verschuldet hatten, so befahl der König sofort, nachdem alle, die aus Stadt und Dorf am Diwan teilgenommen hatten, wieder heimgekehrt und ihre Angelegenheiten in Ordnung gebracht waren, seinem Wesir, dem an Jahren jungen und alten an Verstand, das ist dem Sohn des Schimâs, die andern Wesire zu citieren. Als dann alle vor dem König erschienen waren, zog er sich mit ihnen zurück und sprach zu ihnen: »Wisset, o Wesire, ich war von dem geraden Weg abgewichen, versunken in Thorheit, widerstrebend gutem Rat, bund- und eidbrüchig und ungehorsam getreuen Ratgebern; schuld an alledem aber waren diese Weiber, mit denen ich tändelte und die mich betrogen und mit ihren gleißnerischen Worten bestrickten und belogen, da ich sie wegen ihrer Süße und Sanftheit für wahr und gut hielt, während sie ein tödliches Gift waren. Jetzt aber steht es bei mir fest, daß sie nichts anderes als meinen Untergang und mein Verderben suchten, weshalb sie Züchtigung und Vergeltung von mir verdienen und um der Gerechtigkeit willen zu einem Exempel für alle, die sich belehren lassen, gemacht werden müssen. Was ist euer gerechter Rat in betreff ihres Todes?« Da erwiderte der Wesir, der Sohn des Schimâs, und sprach: »Großmächtiger König, ich sagte dir schon zuvor, daß die Schuld nicht allein an den Weibern liegt, sondern daß sie sich in gleicher Weise mit den Männern, die ihnen gehorchen, darin teilen. Allerdings aber verdienen sie aus zwei Gründen Strafe: Einmal, auf daß dein Wort erfüllt werde, daß du der Großkönig bist, und zum andern, da sie sich gegen dich erfrechten 46 und dich bethörten und sich in Sachen mischten, die sie nichts angehen, und von denen zu sprechen es sich nicht einmal für sie schickt. Sie haben deshalb den Tod vollkommen verdient; mag ihnen jedoch genügen, was sie betroffen hat, und erniedrige sie von jetzt an zum Rang von Dienerinnen; jedoch ist der Befehl hierin und in anderm der deine.« Ein anderer der Wesire riet dem König das gleiche an, als ein dritter auf ihn zutrat und, sich vor ihm niederwerfend, sprach: »Gott lasse des Königs Tage lange währen! Wenn du nicht umhin kannst über sie eine Strafe zu verhängen, die ihnen das Leben kostet, so thu', was ich dir sage.« Da fragte der König: »Was hast du mir zu sagen?« Er erwiderte: »Befiehl einer deiner vertrauten Sklavinnen, die Weiber, die dich betrogen haben, in das Zimmer, in dem die Wesire und Weisen erschlagen sind, einzusperren und ihnen nur soviel an Speise und Trank zu verabfolgen, was sie gerade zum Leben nötig haben. Laß sie niemals aus jenem Raum heraus und laß jede, die stirbt, unter ihnen, wie sie ist, liegen bleiben, bis sie alle bis auf die letzte gestorben sind. Dies ist die geringste Strafe, die sie verdienen, da sie an diesem großen Unglück schuld waren und die Ursachen von allen Heimsuchungen und Unruhen waren, die uns in unsern Tagen befielen. So soll sich der Ausspruch an ihnen bewahrheiten: Wer seinem Bruder eine Grube gräbt, fällt selbst hinein, wie lange es ihm auch wohlergehen mag.« Da nahm der König seinen Rat an und that nach seinen Worten, indem er vier robuste Sklavinnen kommen ließ und ihnen befahl, die Weiber in das Hinrichtungszimmer zu schleppen und sie dort einzusperren. Dann verordnete er für sie ein wenig grobe Speise und ein wenig verdorbenes Wasser, so daß sie hierüber schwer trauerten und ihr Vergehen bereuten und bitterlich beklagten. Und so gab Gott ihnen auf Erden Schande als Lohn und bereitete ihnen gerechte Strafe im Jenseits. Und sie blieben in jenem dunkeln und stinkenden Raum, während alle Tage eine von ihnen starb, bis 47 sie alle bis auf die letzte umgekommen waren. Und die Kunde von diesem Ereignis verbreitete sich in alle Länder und Gegenden.

Das ist das Ende der Geschichte des Königs und seiner Wesire und Unterthanen, und gelobt sei Gott, der Völker vernichtet und Gebeine erweckt, Er, dem allein Ruhm und Preis und Heiligung gebührt in Ewigkeit!

 


 


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