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Tausend und eine Nacht. Band IV
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Fortsetzung der Geschichte Tâdsch el-Mulûks und der Herrin Dunjā.

Als Tâdsch el-Mulûk die Geschichte des Jünglings vernommen hatte, verwunderte er sich über die Maßen, doch stieg ihm zugleich ein Feuer im Herzen auf, als er von der Holdseligkeit der Herrin Dunjā vernahm –

Hundertundneunundzwanzigste Nacht.

und erfuhr, daß sie es war, welche die Gazellen gestickt hatte. Von Liebe und Leidenschaft erregt, sagte er zu dem Jüngling: »Bei Gott, dir ist etwas widerfahren, was keinem andern widerfahren ist, doch ist dir das von deinem Herrn bestimmt gewesen. Jetzt aber ist es meine Absicht, dich wonach zu fragen.« Da sagte Asîs: »Und was ist's?« Tâdsch el-Mulûk erwiderte: »Beschreib' mir, wie du jenes Mädchen, das die Gazellen stickte, gesehen hast.« Der Jüngling antwortete ihm: »Mein Herr, ich kam durch eine List zu ihr; als ich nämlich mit der Karawane in ihre Stadt gekommen war, wanderte ich durch die baumreichen Gärten, die ich daselbst fand, deren Hüter ein betagter Scheich ist, und 85 fragte ihn: »Scheich, wem gehört der Garten?« Er gab mir zur Antwort: »Er gehört der Prinzessin Dunjā, und wir befinden uns unter ihrem Schloß. Hast du Lust, dich darin zu ergehen, so öffne die Privatthür, ergehe dich im Garten und genieße den Duft der Blumen.« Hierauf sagte ich zu ihm: »So erweise mir die Güte und laß mich in diesem Garten sitzen, bis sie vorüberkommt, daß ich mich vielleicht eines Blickes von ihr erfreuen darf.« Der Scheich antwortete: »Das ist kein Unrecht,« und ich gab ihm nun etwas Geld und sagte zu ihm: »Kauf uns dafür etwas zum Essen.« Erfreut über das Geld, öffnete der Scheich die Thür und geleitete mich hinein; dann wanderten wir durch den Garten, bis wir zu einem lieblichen Platz gelangten, wo er mir kostbare Früchte vorsetzte und zu mir sagte: »Bleib' hier sitzen, bis ich wieder zu dir zurückgekehrt bin.« Dann verließ er mich und ging fort; nach einer Weile kam er mit einem gebratenen Lamm wieder, und wir aßen, bis wir genug hatten, während mein Herz sich nach dem Anblick der Herrin Dunjā verzehrte. Plötzlich, als wir so da saßen, öffnete sich die Thür, und der Scheich sagte zu mir: »Steh' auf und versteck' dich.« Kaum hatte ich dies gethan, da steckte auch schon ein schwarzer Eunuch seinen Kopf durch die Thür und rief: »Scheich, ist jemand bei dir?« Der Scheich antwortete: »Nein.« Da sagte der Eunuch: »So verriegle die Thür.« Kaum hatte der Scheich die Gartenthür verriegelt, da trat die Herrin Dunjā in den Garten; ich aber glaubte, daß der Mond auf die Erde niedergestiegen wäre; meine Sinne verwirrten sich, und mein Herz verlangte nach ihr, wie der Verschmachtende nach Wasser lechzt. Nach einer Weile verschloß sie wieder die Thür und verschwand, worauf ich den Garten verließ und zu meiner Wohnung ging mit dem Bewußtsein ihr doch niemals angehören zu können, indem ich bei mir sprach: »Das ist eine Prinzessin, und ich bin nur ein Kaufmann, woher also sollte ich Zutritt zu ihr finden können, zumal in solchem Zustande?« Als sich dann meine 86 Gefährten zum Aufbruch rüsteten, machte ich mich gleichfalls zurecht und reiste mit ihnen in der Richtung nach deiner Stadt, bis ich dann hier mit dir zusammentraf. Das ist meine Geschichte und mein Erlebnis, und Frieden sei mit dir!« Als Tâdsch el-Mulûk diese Worte vernahm, wuchs die Liebe zur Herrin Dunjā in seinem Herzen. Er bestieg nun wieder sein Roß, nahm Asîs mit sich und zog mit ihm nach der Stadt seines Vaters, wo er ihm eine Wohnung anwies und dieselbe mit allem, was er bedurfte, versehen ließ. Dann verließ er ihn und begab sich in sein Schloß, während ihm die Thränen über die Wangen liefen, denn Hören wirkt grade so wie Schauen und Vereinigt sein. In diesem Zustande verharrte er, bis ihn sein Vater besuchte und, beim Anblick seiner gelben Farbe seinen Kummer und Gram erkennend, ihn fragte: »Mein Sohn, sprich, wie es um dich steht und erzähl', was mit dir vorgefallen ist, daß sich deine Farbe so verändert hat.« Da erzählte er ihm alles, was er von der Geschichte der Herrin Dunjā vernommen hatte, und wie er sich vom Hörensagen in sie verliebt hätte, ohne sie mit Augen geschaut zu haben, und sein Vater erwiderte ihm: »Mein Sohn, ihr Vater ist ein König und sein Land ist fern von uns gelegen; gieb' diese Liebe daher auf und besuch' deiner Mutter Schloß;

Hundertunddreißigste Nacht.

du findest daselbst fünfhundert Mädchen schön wie Monde und kannst dir jedes nehmen, das dir gefällt. Gefällt dir aber keins der Mädchen, so wollen wir für dich um eine der Königstöchter anhalten, die noch schöner als die Herrin Dunjā ist.« Tâdsch el-Mulûk entgegnete jedoch: »O mein Vater, ich will niemand anders als sie allein haben; denn sie war's, welche die Gazellen stickte, und ich muß sie haben oder ich fliehe in die Steppen und töte mich um ihretwillen.« Da sagte sein Vater: »Mein Sohn, so laß mir Zeit, daß ich einen Boten zu ihrem Vater sende und um sie anhalte, 87 daß ich dich deinen Wunsch erreichen lasse, wie ich es für mich selber bei deiner Mutter that. Willigt er nicht ein, so will ich sein Königreich rings um ihn erschüttern und ein Heer gegen ihn aussenden, dessen Nachtrab noch bei mir sein soll, wenn die Spitze ihn bereits erreicht hat.« Alsdann ließ er den jungen Mann Asîs rufen und fragte ihn: »Mein Sohn, weißt du den Weg nach den Kampferinseln?« Derselbe antwortete: »Ja.« Da sagte der König zu ihm: »Ich wünsche, daß du mit meinem Wesir dorthin reisest.« Asîs antwortete: »Ich höre und gehorche, o König der Zeit.« Hierauf ließ der König den Wesir vor sich kommen und sprach zu ihm: »Erledige für mich die Sache meines Sohnes nach bestem Wissen, zieh' zu den Kampferinseln und bewirb dich dort um die Tochter des Königs.« Der Wesir antwortete: »Ich höre und gehorche.« Alsdann kehrte Tâdsch el-Mulûk wieder in sein Schloß zurück; seine Krankheit und Sehnsucht wuchs, und, als das Dunkel der Nacht hereinbrach, trug er die Verse vor:

Die Finsternis kam, und meine Thränen hören nicht auf zu fließen,
Und mein Herzleid tobt in heißen Gluten fort und fort.
Fragt meine Nächte nach mir, und sie werden euch künden,
Ob mir etwas anderes als Kummer und Sorge verblieb.
Wachend schaue ich nachts hinauf zu den Sternen,
Und wie Schloßen rollen die Thränen über meine Wangen.
Einsam bin ich und habe keinen zur Seite,
Bin wie ein Liebeverlangender ohne Sippe und Sohn.

Nachdem er diese Verse gesprochen hatte, sank er in Ohnmacht und kam erst wieder gegen den Morgen zu sich. Bald hernach besuchte ihn sein Vater und ermahnte ihn, als er seine veränderte, noch gelber gewordene Farbe sah, zur Geduld, indem er ihm die Vereinigung mit seiner Geliebten versprach. Hierauf rüstete er Asîs und den Wesir aus und gab ihnen Geschenke mit, und die beiden reisten nun Tage und Nächte, bis sie sich den Kampferinseln näherten und am Ufer eines Flusses Halt machten. Dann schickte der 88 Wesir einen Boten zum König, daß er ihm seine Ankunft vermeldete. Einen halben Tag nach der Abreise des Boten sahen sie plötzlich, daß die Kämmerlinge des Königs und seine Emire ihnen entgegen kamen und sich nur noch eine Parasange weit von ihnen befanden. Wie sie dann zusammentrafen, wurden sie von ihnen zum König geleitet, und sie präsentierten ihm die Geschenke und verweilten vier Tage bei ihm. Am fünften Tage aber erhob sich der Wesir, trat bei dem König ein, stellte sich vor ihn und trug ihm sein Anliegen vor, indem er ihm die Ursache seines Kommens mitteilte. Der König wurde jedoch über die Antwort verlegen, da seine Tochter keine Lust sich zu verheiraten hatte, und ließ den Kopf eine Weile lang zu Boden hängen. Dann erhob er sein Haupt zu einem der Eunuchen und befahl ihm: »Begieb dich zu deiner Herrin Dunjā und benachrichtige sie von dem, was du gehört hast, und von dem Anliegen, das den Wesir hierher geführt hat.« Der Eunuch erhob sich, kehrte aber schon nach kurzer Abwesenheit wieder zum König zurück und sprach zu ihm: »O König der Zeit, als ich zur Herrin Dunjā eingetreten war und ihr vortrug, was ich vernommen hatte, erzürnte sie sich heftig, so daß sie aufsprang und sich mit einem Stock auf mich stürzte, um mir den Schädel einzuschlagen; ich lief darum fort, hörte sie aber noch rufen: »Wenn mein Vater mich zum Heiraten zwingt, so will ich den umbringen, mit dem ich verheiratet werde.« Infolgedessen sagte der König zum Wesir und zu Asîs: »Bestellt dem König meinen Salâm, teilt ihm mit, was ihr vernommen habt, und sagt ihm, daß meine Tochter sich nicht verheiraten will.«

Hundertundeinunddreißigste Nacht.

Der Wesir kehrte nun wieder mit seinen Begleitern unverrichteter Sache heim, und sie reisten ohne Unterbrechung, bis sie bei dem König eintraten und ihm Bericht erstatteten. Der König befahl infolgedessen allen Obersten die Truppen 89 zum heiligen Krieg auf die Beine zu bringen, doch sprach der Wesir zu ihm: »Thu's nicht, denn der König hat keine Schuld, die Weigerung geht allein von seiner Tochter aus, welche uns als Antwort auf unser Anliegen sagen ließ: ›Zwingt mich mein Vater mit Gewalt zur Heirat, so bringe ich den um, mit dem ich verheiratet werde, und nehme mir selber hernach das Leben.‹«

Als der König diese Worte des Wesirs vernommen hatte, fürchtete er für seinen Sohn Tâdsch el-Mulûk und sagte: »Wenn ich ihren Vater mit Krieg überziehe und mich seiner Tochter bemächtige, so bringt sie sich um.« Alsdann teilte er seinem Sohne Tâdsch el-Mulûk den Stand der Dinge mit. Als Tâdsch el-Mulûk alles vernommen hatte, sagte er: »Mein Vater, ich kann ohne sie nicht leben; ich will selber zu ihr ziehen und Mittel und Wege suchen, wie ich zu ihr gelangen kann, auch wenn ich dabei mein Leben lassen sollte; und ich will nichts anderes als dieses thun.« Nun fragte ihn sein Vater: »Und wie willst du zu ihr ziehen?« Tâdsch el-Mulûk antwortete: »Ich will als Kaufmann verkleidet zu ihr reisen.« Da entgegnete ihm der König: »Wenn es denn durchaus sein muß, so nimm den Wesir und Asîs mit.« Darauf ließ er ihm aus seinen Schatzkammern Geld herausschaffen und rüstete ihm Waren im Werte von hunderttausend Dinaren zu, und beide, der Wesir und Asîs, willigten ein mit ihm zu ziehen. Als es dann Nacht wurde, begab sich Tâdsch el-Mulûk mit Asîs in des letzteren Wohnung und übernachtete daselbst; doch lag das Herz Tâdsch el-Mulûks ganz in den Banden der Liebe, so daß er weder zu essen noch zu schlafen vermochte. Die Gedanken stürmten auf ihn ein, so daß er tief in dem Meere derselben versank; von Sehnsucht nach seiner Geliebten geschüttelt, vergoß er Thränen und weinte laut, sein Leid in Versen beklagend, während Asîs in Erinnerung an seine Base mit ihm weinte.

Nachdem sie in dieser Weise die ganze Nacht über bis zum Morgen verbracht hatten, erhob sich Tâdsch el-Mulûk 90 und begab sich zu seiner Mutter, bereits völlig zur Reise gerüstet. Sie fragte ihn, wie es ihm ginge, und er berichtete es ihr der Wahrheit gemäß. Darauf gab sie ihm fünfzigtausend Dinare und nahm von ihm Abschied, und er verließ sie, während sie ihm Gesundheit und die Vereinigung mit seiner Geliebten erflehte. Alsdann begab er sich zu seinem Vater und erbat sich die Erlaubnis zur Abreise; sein Vater gewährte ihm dieselbe, gab ihm ebenfalls fünfzigtausend Dinare und erteilte Befehl ihm ein Zelt außerhalb der Stadt aufzuschlagen.

Als man ihm nun ein prächtiges Zelt errichtet hatte, verweilten sie darin zwei Tage, dann aber brachen sie auf, und Tâdsch el-Mulûk sagte zu Asîs, den er auf das vertraulichste behandelte: »Mein Bruder, ich kann mich hinfort nicht mehr von dir trennen.« Asîs erwiderte: »Mir ergeht es ebenso, und ich möchte unter deinen Füßen sterben; doch, mein Bruder, mein Herz ist bekümmert um meine Mutter.« Tâdsch el-Mulûk entgegnete ihm: »Wenn wir unsern Wunsch erreicht haben, wird alles gut werden.«

Nun hatte der Wesir Tâdsch el-Mulûk ermahnt sich in Geduld zu fassen, und Asîs trug ihm unterwegs Verse vor und erzählte ihm Geschichten und Abenteuer, wobei sie zwei Monate lang Nacht und Tag reisten, bis der Weg Tâdsch el-Mulûk zu lang wurde, und die Sehnsucht ihn plagte, und seine Leidenschaft und Tollheit immer heftiger tobten, so daß er aufs äußerste erfreut war, als sie sich endlich der Stadt näherten, und all sein Kummer und Gram verschwand.

Sie betraten alle in der Tracht von Kaufleuten die Stadt, und Tâdsch el-Mulûk fragte Asîs, als sie zu einem Hause gelangten, welches als Kaufmannsherberge bekannt und ein großer Chân war: »Ist dies die Kaufmannsherberge?« Asîs antwortete: »Ja, obwohl es nicht der Chân ist, in welchem ich zuvor mit der Karawane eingekehrt war; dieser hier ist schöner als jener.«

So ließen sie denn hier ihre Lasttiere niederknieen, nahmen 91 ihnen die Lasten ab, brachten ihre Waren in den Magazinen unter, und ruhten sich daselbst vier Tage lang aus. Hierauf machte ihnen der Wesir den Vorschlag sich ein großes Haus zu mieten, und sie pflichteten ihm bei und mieteten sich ein geräumiges, für Festlichkeiten eingerichtetes Haus. Nachdem sie daselbst eingezogen waren, suchten Asîs und der Wesir eine List für Tâdsch el-Mulûk ausfindig zu machen, während Tâdsch el-Mulûk ratlos dasaß, ohne zu wissen, was er thun sollte. Da der Wesir keinen andern Rat fand, als daß Tâdsch el-Mulûk im Bazar für Linnenartikel einen Laden eröffnete, wendete er sich zu ihm und Asîs und sagte zu ihnen: »Wisset, wenn wir hier in solchem Zustande verharren, so erreichen wir nicht unser Ziel und kommen nicht zu unserm Wunsch. Mir ist etwas eingefallen, das uns, so Gott will, vielleicht frommt.« Da sagte Tâdsch el-Mulûk und Asîs zu ihm: »Thu', was dir gut scheint, denn die Scheiche bringen Segen, zumal wo du dich mit der Besorgung von Geschäften befassest. Sag' uns daher an, was dir in den Sinn gekommen ist.« Der Wesir erwiderte darauf Tâdsch el-Mulûk: »Mein Rat geht dahin, daß wir dir einen Laden im Bazar für Linnenzeuge mieten, und daß du daselbst sitzest und kaufst und verkaufst; denn Vornehm und Gering bedarf der Linnenstoffe. Wenn du erst im Laden sitzest, wird deine Sache, so Gott will, der Erhabene, sich zum besten wenden, zumal wo du von hübschem Äußern bist. Doch behalte Asîs als Vertrauten bei dir und stell' ihn im Laden an, daß er dir die Zeuge zureicht.«

Als Tâdsch el-Mulûk diesen Vorschlag vom Wesir vernahm, rief er: »Das ist das Richtige;« darauf holte er sofort einen Kaufmannsanzug hervor, kleidete sich darin, und ging, gefolgt von seinen Burschen aus, deren jedem er tausend Dinare zur Bestreitung der Ladeneinrichtung gab. Als er nun auf den Bazar für Linnensachen gekommen war, und die Kaufleute Tâdsch el-Mulûk erblickten und seine Schönheit und Anmut gewahrten, wurden sie ganz verwirrt und 92 sagten: »Hat RidwânDer Hüter des Paradieses. die Pforten des Paradieses geöffnet und sie unbewacht gelassen, so daß dieser wunderbar schöne Jüngling herauskam?« Ein andrer sagte: »Dies ist vielleicht ein Engel.« Bei den Kaufleuten angelangt, erkundigten sie sich nach dem Laden des Bazarscheichs, und man führte Tâdsch el-Mulûk mit seinen Begleitern dorthin. Sobald sie bei ihm eintraten, erhob er sich samt den Kaufleuten, die bei ihm waren, vor ihnen, und sie erwiesen ihnen hohe Ehren, ganz besonders aber dem edeln Wesir, da sie sahen, daß er ein alter verehrungswürdiger Scheich war, und sprachen beim Anblick der beiden Jünglinge Tâdsch el-Mulûk und Asîs zu einander: »Sicherlich ist dieser Scheich der Vater der beiden jungen Leute dort.« Nun fragte sie der Wesir: »Wer unter euch ist der Scheich des Bazars?« Man antwortete ihm: »Der dort,« worauf der Wesir ihn ins Auge faßte und anschaute und sah, daß es ein alter, ehrfurchtgebietender Mann war, der Eunuchen und Diener bei sich hatte. Der Bazarscheich aber hieß sie mit den freundlichsten Worten willkommen, nahm sie aufs ehrenvollste auf, lud sie ein an seiner Seite Platz zu nehmen und fragte sie: »Habt ihr irgend ein Anliegen, dessen Erfüllung uns beehren könnte?« Der Wesir antwortete: »Ja; siehe, ich bin ein alter und hochbetagter Mann und habe diese beiden jungen Leute bei mir. Ich habe mit ihnen die Klimate und Länder durchzogen und kehrte in keiner Stadt ein, in der ich nicht ein volles Jahr verweilt hätte, damit sie sich in derselben vergnügen und ihre Bewohner kennen lernen könnten. Nun bin ich in diese eure Stadt gekommen und habe beschlossen mich in derselben längere Zeit aufzuhalten. Ich möchte daher einen der bestgelegensten Läden haben, daß ich sie darein setzen kann, damit sie sowohl Handel treiben als auch sich in dieser Stadt vergnügen und nach den Sitten ihrer Bewohner bilden können, und sich nebenbei im Kauf und Verkauf und im Geben und Nehmen ausbilden.« 93

Der Scheich antwortete darauf: »Das kann nichts schaden.« Wie er dann seine Augen auf die beiden Jünglinge fallen ließ, gewann er sie wegen ihrer Schönheit von Herzen lieb und stellte sich wie ein Sklave dienend vor sie hin. Hernach machte er ihnen schnell den schönsten und größten Laden inmitten des Bazars zurecht, der nicht nur geräumig und dekoriert, sondern auch mit Wandbrettern aus Elfenbein und Ebenholz ausgestattet war, und übergab die Schlüssel dem ebenfalls als Kaufmann verkleideten Wesir mit den Worten: »Mag er deinen beiden Söhnen Segen bringen.« Der Wesir aber begab sich, sobald er die Schlüssel des Ladens empfangen hatte, mit den Burschen dort hin, und ließ alle Waren, Zeuge und Kostbarkeiten von ihnen dort hin schaffen.

Hundertundzweiunddreißigste Nacht.

Alle diese Sachen waren aber reiche Schätze wert. Nachdem alles in den Laden hinübergeschafft war, legten sie sich zur Ruhe; am andern Morgen aber nahm der Wesir die beiden Jünglinge und begab sich mit ihnen ins Bad, wo sie sich reinigten und sich aufs beste belustigten. Alsdann begaben sie sich in ihre Wohnung, um sich von der Anstrengung des Badens auszuruhen. Hierauf aßen sie und tranken und schliefen die Nacht über in ihrer Wohnung im höchsten Glück und in vollkommenster Freude. Am folgenden Morgen erhoben sie sich und gingen, nachdem sie die Waschung vollzogen, das vorgeschriebene Gebet verrichtet und ihren Frühtrunk zu sich genommen hatten, sobald es Tag geworden war, und die Läden und Bazare geöffnet wurden, aus ihrer Wohnung auf den Bazar und öffneten ebenfalls ihren Laden, welchen die Sklaven bereits aufs beste hergerichtet hatten. Sie hatten ihn mit seidenen Teppichen belegt und zwei Matratzen ausgebreitet, von denen eine jede hundert Dinare wert war, und hatten über jede Matratze ein Leder mit goldenem Rande gelegt, wie es Könige zum Sitzen zu benutzen pflegen. 94 Tâdsch el-Mulûk setzte sich auf die eine Matratze, Asîs auf die andere, und der Wesir nahm mitten im Laden Platz, während sich die Sklaven, ihrer Befehle gewärtig, vor sie hin stellten. Nicht lange währte es, da hatten die Leute auch schon von ihnen gehört und drängten sich um sie, und sie verkauften ihre Zeuge. Tâdsch el-Mulûks Name aber wurde in der Stadt bekannt, und der Ruf von seiner Schönheit und Anmut verbreitete sich überall.

Nachdem sie in dieser Weise einige Tage verbracht hatten, und die Leute alle Tage zu ihnen geströmt waren, wendete sich der Wesir zu Tâdsch el-Mulûk und ermahnte ihn dringend sein Geheimnis zu hüten, indem er zugleich Asîs ermahnte über ihn zu wachen; dann ging er nach ihrer Wohnung, um irgend etwas ausfindig zu machen, das ihnen nützlich sein könnte, während Tâdsch el-Mulûk und Asîs sich unterhielten und Tâdsch el-Mulûk sagte: »Vielleicht kommt jemand von der Herrin Dunjā hierher.« In dieser Weise verbrachte Tâdsch el-Mulûk die Tage und Nächte, ohne zu schlafen und von Sehnsucht überwältigt, so daß er immer magerer und schwächer wurde, und weder die Süßigkeit des Schlafes kostete noch Speise und Trank zu sich nahm, obwohl er immer noch wie der Vollmond aussah.

Während Tâdsch el-Mulûk nun so da saß, kam mit einem Male eine Alte auf ihn zu, –

Hundertunddreiunddreißigste Nacht.

näherte sich ihm, von zwei Sklavinnen gefolgt, und kam immer näher und näher, bis sie vor Tâdsch el-Mulûks Laden stehen blieb. Beim Anblick seiner ebenmäßigen Gestalt, seiner Schönheit und Anmut verwunderte sie sich über ihn und rief: »Preis sei Ihm, der dich aus verächtlichem Wasser erschaffen hat! Preis ihm, der dich zu einer Versuchung für alle drei Welten gemacht hat!« Ohne einen Blick von ihm abwenden zu können, sagte sie dann: »Das ist kein Mensch sondern ein edler Engel.« Hierauf trat sie an ihn heran 95 und begrüßte ihn. Er erwiderte ihr den Salâm, erhob sich vor ihr und lächelte ihr freundlich ins Gesicht, doch that er alles dieses infolge eines Winks von Asîs. Alsdann lud er sie ein an seiner Seite Platz zu nehmen und fächelte sie so lange, bis sie sich erholt hatte und nun zu Tâdsch el-Mulûk sagte: »Mein Sohn, so vollkommen an Gestalt und Gehalt, bist du aus dieser Gegend?« Tâdsch el-Mulûk antwortete mit fließenden, süßen und gefälligen Worten: »Bei Gott, meine Herrin, in meinem ganzen Leben bin ich erst heute zum erstenmal in dieser Gegend und ich verweile hier nur des Vergnügens halber.« Nachdem ihn die Alte hierauf herzlich willkommen geheißen hatte, fragte sie ihn: »Was für Stoffe hast du mit dir gebracht? Zeig' mir doch etwas schönes, denn ein Schöner führt nur schönes mit sich.« Als Tâdsch el-Mulûk ihre Worte vernahm, klopfte sein Herz, doch verstand er nicht den Sinn ihrer Worte, so daß Asîs ihm ein Zeichen gab, und er nun zu ihr sagte: »Ich habe alles was du an Stoffen begehrst, die nur für Könige und Prinzessinnen passen. Für wen kommst du zu kaufen, daß ich dir etwas passendes vorlegen kann?« Er sagte dies aber nur, um hierdurch den Sinn ihrer Worte zu erfahren. Die Alte erwiderte ihm: »Ich wünsche einen für die Herrin Dunjā, die Tochter des Königs Schahrimân, passenden Kleiderstoff.« Als Tâdsch el-Mulûk den Namen seiner Geliebten hörte, freute er sich mächtig und sagte zu Asîs: »Bring' mir die kostbarste Ware, die du hast.« Da holte Asîs einen Ballen und öffnete ihn vor ihr, während Tâdsch el-Mulûk zur Alten sagte: »Wähle dir das passende aus, solcher Stoffe findet man allein bei mir.« Die Alte wählte sich hierauf einen Stoff im Preise von 1000 Dinaren aus und fragte: »Wie teuer ist dieser Stoff?« Tâdsch el-Mulûk entgegnete jedoch: »Soll ich über diese geringfügige Sache mit dir handeln? Gelobt sei Gott, welcher mich deine Bekanntschaft hat machen lassen!« Da rief die Alte: »Ich erflehe für dein hübsches Gesicht den Schutz des Herrn der 96 Morgenröte;Nach Sure 113; ein Ausruf, um jemand vor Neid, dem bösen Auge &c. zu sichern. fürwahr, dein Gesicht ist hübsch, und dein Thun ist hübsch. Glücklich das Mädchen, das in deinen Armen ruht, das deine herrliche Gestalt preßt, und durch dein leuchtendes Antlitz beglückt ist, zumal wenn sie an Schönheit dir gleich ist.« Als Tâdsch el-Mulûk ihre Worte vernahm, fiel er vor Lachen auf den Rücken und rief: »O du Vollstrecker aller Wünsche durch alter Vetteln Hände!« Die Alte aber fragte ihn: »Mein Sohn, wie heißest du?« Tâdsch el-Mulûk antwortete: »Ich heiße Tâdsch el-Mulûk.« Da sagte sie: »Das ist ein Name, wie ihn sonst nur Könige führen, du aber trägst das Gewand von Kaufleuten.« Asîs antwortete ihr darauf: »Er war seinen Angehörigen so lieb und wert, daß sie ihm diesen Namen gaben,« und die Alte sagte: »Du hast recht; Gott schütze euch vor dem Übel der Neider, obwohl von euern Reizen die Lebern zerbröckelt werden.« Nach diesen Worten nahm sie den Stoff und ging, völlig verwirrt von seiner Schönheit und Anmut, seinem Wuchs und Ebenmaß fort und begab sich zur Herrin Dunjā, zu welcher sie sagte: »Herrin, ich habe dir einen schönen Kleiderstoff gebracht.« »Zeig' ihn mir,« sagte die Herrin Dunjā. Da sagte sie: »Hier ist er, kehr' ihn um und besieh ihn dir.« Als die Herrin Dunjā sich den Stoff angesehen hatte, sagte sie zur Alten: »Amme, dieser Stoff ist hübsch, ich hab' einen so hübschen Stoff noch nicht in unserer Stadt gesehen.« Da entgegnete die Alte: »Ach Herrin, der Verkäufer ist noch schöner, es ist, wie wenn Ridwân die Pforten des Paradieses geöffnet und sich nicht mehr um sie gekümmert hätte, so daß der Kaufmann, der diesen Stoff verkauft, daraus hervorkam. Ich wünschte wohl, daß er heute Nacht bei dir wäre und an deiner Brust ruhen könnte, denn er ist eine Verführung für jeden, der ihn schaut. Er kam mit diesen Stoffen in unsere Stadt, um sich zu vergnügen.« Da lachte die Herrin 97 Dunjā über die Worte der Alten und sagte: »Gott strafe dich, alte Hexe, du faselst und hast deinen Verstand verloren.« Dann fügte sie hinzu: »Gieb mir den Stoff her, daß ich ihn genau betrachten kann.« Darauf reichte ihr die Alte den Stoff, und sie besah sich ihn noch einmal, wobei sie fand, daß es nur ein kleines Stück aber sehr teuer war; doch gefiel ihr der Stoff sehr gut, da sie in ihrem Leben noch keinen gleichen gesehen hatte. Da sagte die Alte zu ihr: »Ach, Herrin, wenn du doch den Kaufherrn sähest, du würdest erkennen, daß er der hübscheste Mann auf der ganzen Erde ist.« Nun fragte die Herrin Dunjā: »Hast du ihn gefragt, ob er ein Anliegen hat, daß er es uns mitteile, und wir es ihm erfüllen?« Da sagte die Alte kopfschüttelnd: »Gott hüte deinen Scharfsinn! Bei Gott, er hat ein Anliegen. Ist denn irgend jemand ohne Wünsche?« »So gehe zu ihm,« erwiderte die Herrin Dunjā, »frag' ihn aus und sprich zu ihm: Ich bin durch deine Ankunft in unsere Stadt geehrt und alles, was du begehren magst, wollen wir dir auf Kopf und Auge erfüllen.« Infolgedessen kehrte die Alte zur selbigen Stunde zu Tâdsch el-Mulûk zurück, dessen Herz bei ihrem Anblick vor Freude flog. Aufspringend vor ihr, faßte er ihre Hand und ließ sie an seiner Seite Platz nehmen. Als sie sich nun gesetzt und ausgeruht hatte, erzählte sie ihm, was ihr die Herrin Dunjā aufgetragen hatte. Tâdsch el-Mulûk freute sich hierüber über die Maßen, seine Brust dehnte sich weit und froh aus, und er sprach bei sich: »Ich habe meinen Wunsch erreicht.« Dann sagte er zur Alten: »Vielleicht überbringst du ihr einen Brief von mir und bringst mir dann die Antwort.« Die Alte erwiderte: »Ich höre und gehorche.« Als er diese Worte von ihr vernahm, sagte er zu Asîs: »Bring' mir Tinte, Papier und einen Kalam aus Messing,« und schrieb, nachdem ihm Asîs die Sachen gebracht hatte, folgende Verse:

Ich schreibe dir einen Brief, o Wunsch meiner Seele,
Und klage darin von dem Leid der Trennung, das ich erdulde. 98
Zum ersten schreib' ich dir von dem Feuer meines Herzens,
Zum zweiten von meiner Sehnsucht und meinem Verlangen;
Zum dritten, daß mein Leben und meine Geduld vergangen ist,
Zum vierten, daß all meiner Liebe Leid geblieben ist;
Zum fünften: Wann wird dich mein Auge erschauen?
Und zum sechsten: Wann kommt der Tag unserer Begegnung?

Darauf machte er die Unterschrift: Dieser Brief kommt von ihm, der in den Fesseln der Sehnsucht schmachtet und im Gefängnis des Verlangens gefangen ist, dessen Befreiung allein in einem Stelldichein liegt, sei es auch nur mit dem schemenhaften Traumbild seiner Geliebten, da er schmerzliche Qualen durch die Trennung von ihr erduldet.

Mit Thränen im Auge schrieb er dann noch folgende beiden Verse:

Ich schreibe zu dir, während meine Thränen fließen,
Und die Zähren meines Auges nicht versiegen wollen.
Doch nicht verzag' ich an meines Herrn Gnade:
Vielleicht naht doch der Tag der Vereinigung.

Hierauf faltete er den Brief, siegelte ihn und gab ihn der Alten mit den Worten: »Bring' ihn der Herrin Dunjā« Die Alte erwiderte: »Ich höre und gehorche;« dann gab ihr Tâdsch el-Mulûk tausend Dinare und sagte: »Nimm dies als ein Geschenk von mir an,« und die Alte nahm es und ging mit Segenswünschen für ihn fort.

Als sie bei der Herrin Dunjā eingetreten war, fragte sie diese: »Amme, was für einen Wunsch sollen wir ihm erfüllen?« Die Alte entgegnete ihr: »Ach meine Herrin, er hat mir einen Brief gegeben, und ich weiß nicht, was darin steht.« Darauf überreichte sie ihr den Brief. Die Herrin Dunjā nahm ihn, las ihn und sagte, als sie seinen Inhalt begriffen hatte: »Von wannen ist dieser Kaufmann und wohinaus will er, daß er mir Briefe schreibt?« Dann schlug sie sich vors Gesicht und sagte: »Wär's nicht um meine Furcht vor Gott, dem Erhabenen, ich ließe ihn an seinem Laden kreuzigen.« Da fragte die Alte: »Was steht denn in diesem Brief geschrieben, daß er dein Herz so aufregt? Enthält er eine Klage über Bedrückung oder verlangt er den Preis für 99 den Stoff?« Die Herrin Dunjā entgegnete ihr jedoch: »Wehe dir, nichts davon steht im Briefe; er schreibt nur von Minne und Liebe, und an alledem bist du schuld, denn woher sonst sollte dieser Satan zu solchen Worten kommen?« Die Alte erwiderte ihr nun: »Ach, meine Herrin, du sitzest hoch droben in deinem Schloß, und niemand, selbst nicht ein Vogel, kann zu dir kommen, was sorgst du dich also um Schimpf und Tadel? Was kann dir das Bellen der Hunde schaden? Nimm's mir nicht übel, daß ich dir diesen Brief brachte, da ich seinen Inhalt nicht kannte. Doch meine ich, du solltest ihm eine Antwort schreiben, in der du ihn mit dem Tode bedrohst und ihm solches Gefasel untersagst. Dann wird er still schweigen und es nicht wieder thun.« Die Herrin Dunjā entgegnete darauf: »Ich fürchte, er wird nach mir noch heftiger verlangen, wenn ich an ihn schreibe.« Die Alte erwiderte jedoch: »Wenn er hört, daß du ihm drohst, so wird er sich zufrieden geben.« Darauf sagte die Herrin Dunjā: »Her mit Tintenfaß, Papier und einem Kalam aus Messing.« Als man ihr die Sachen gebracht hatte, schrieb sie folgende Verse:

Der du zu lieben behauptest, zu leiden und schlaflos zu sein,
Und alle die Qualen der Liebe und ihren Kummer zu ertragen,
Willst du, Bethörter, etwa mit dem Mond ein Stelldichein haben?
Hat je einer vom Mond seine Wünsche erlangt?
Ich rate dir gut, laß ab von deinem Verlangen,
Und gieb es auf, sonst läufst du Gefahr.
Wenn du noch einmal solche Reden zu mir führst,
Trifft dich die bitterste Strafe von mir.
Bei dem Gott, der den Menschen aus geronnenem Blute erschuf
Und Sonne und Mond hell erstrahlen ließ,
Führst du noch einmal solche Reden zu mir,
So laß ich dich an einem Baumstamm kreuzigen.

Darauf faltete sie den Brief und übergab ihn der Alten mit den Worten: »Gieb ihm den Brief und sprich zu ihm: Laß solche Reden.« Die Alte antwortete: »Ich höre und gehorche;« darauf nahm sie erfreut den Brief und ging in 100 ihre Wohnung, wo sie die Nacht verbrachte. Am andern Morgen machte sie sich zu Tâdsch el-Mulûk auf und traf ihn auf sie wartend an. Bei ihrem Anblick wäre er vor Freude fast in die Luft geflogen; er sprang vor ihr auf, sobald sie nahe herangekommen war und wies ihr den Platz an seiner Seite an, sie aber holte das Blatt hervor, überreichte es ihm und sagte: »Lies, was darauf geschrieben steht.« Dann setzte sie noch hinzu: »Die Herrin Dunjā wurde böse, als sie deinen Brief gelesen hatte, doch begütigte ich sie und scherzte so lange mit ihr, bis ich sie zum Lachen brachte, und sie dir aus Mitleid Antwort gab.« Tâdsch el-Mulûk dankte ihr hierfür und befahl Asîs ihr tausend Dinare zu schenken. Dann las er den Brief, doch weinte er bitterlich, als er den Inhalt begriff, daß das Herz der Alten sich seiner erbarmte und sie, durch sein Weinen und Klagen bekümmert, ihn fragte: »Ach, mein Sohn, was steht denn im Briefe geschrieben, daß du darüber weinen mußt?« Tâdsch el-Mulûk antwortete ihr: »Sie bedroht mich mit Tod und Kreuzesqual und verbietet mir Briefe an sie zu schreiben; wenn ich aber nicht an sie schreiben darf, so ist mir der Tod lieber als das Leben. Nimm daher eine Antwort auf ihren Brief und laß sie thun, was sie will.« Da sagte die Alte: »Bei deiner Jugend, ich muß mein Leben für dich wagen, daß du deinen Wunsch erreichst und deines Herzens Begehr erlangst.« Tâdsch el-Mulûk antwortete ihr darauf: »Ich will dir alles was du thust vergelten, und deiner Einsicht soll es überlassen bleiben, da du erfahren in der Handhabung solcher Dinge bist und die Pforten der Intrigue kennst; alles Schwere wird dir leicht, und Gott vermag alle Dinge.« Hierauf nahm er ein Blatt und schrieb folgende Verse darauf:

Sie droht mir mit dem Tode. weh mir!
Doch der Tod ist mir Erlösung, wo mein Ende beschlossen ist.
Für einen Liebenden ist der Tod besser als ein langes Leben,
Wenn ihm sein Glück versagt ist, und er Gewalt erleidet.
Um Gott, besuche einen Liebenden, der hilflos dasteht,
Denn siehe, ich bin dein Sklave, und der Sklave liegt in Fesseln. 101
O meine Herrin, erbarme dich meiner in meiner Liebe zu dir,
Denn jeder, der Edle liebt, ist zu verzeihen.

Hierauf seufzte er schwer und weinte so bitterlich, daß er die Alte zu Thränen rührte. Diese nahm dann das Papier und sagte zu ihm: »Sei guten Mutes und kühlen Auges, ich muß es zuwege bringen, daß du deinen Wunsch erreichst.«

Hundertundvierunddreißigste Nacht.

Hierauf erhob sie sich und ging, ihn auf Feuer zurücklassend, zur Herrin Dunjā, welche aus Ärger über den ersten Brief Tâdsch el-Mulûks ihre Farbe verloren hatte. Als sie ihr jetzt den neuen Brief überreichte, ward sie noch erzürnter und sagte zu der Alten: »Hab' ich dir nicht gesagt, daß er noch frecher werden wird?« Da sagte die Alte: »Und was ist dieser Hund, daß er dich begehrt?« Die Herrin Dunjā antwortete darauf: »Geh' zu ihm und sag' ihm: Wenn du noch einmal an sie schreibst, so läßt sie dir den Kopf abschlagen.« Die Alte sagte jedoch: »Schreib' ihm dies in einem Brief, den ich ihm überbringen will, damit seine Furcht größer wird.« Da nahm sie ein Blatt Papier und schrieb folgende Verse darauf:

Du Thor, der du unbesorgt bist vor den Schlägen des Unglücks,
Und nicht gelangen kannst zu einem Stelldichein mit der Geliebten,
Verblendeter, wähnst du etwa Es-SuhāEin dunkler Stern im großen Bären. erreichen zu können,
Wo dir der leuchtende Mond schon zu hoch ist?
Wie denn hoffst du mit uns vereinigt zu werden
Und dich der Umarmung unsrer schlanken Gestalt zu erfreuen?
Laß diese Wünsche und fürchte meinen Zorn
An einem Tag des Unglücks, der den Scheitel grau macht.

Darauf faltete sie den Brief und überreichte ihn der Alten, welche ihn nahm und sich damit zu Tâdsch el-Mulûk aufmachte. Bei ihrem Anblick stand er auf und rief: »Gott beraube mich nie des Segens deines Besuches!« Die Alte antwortete: »Nimm die Antwort auf deinen Brief.« Da 102 nahm er das Blatt, doch weinte er laut, als er es gelesen hatte, und sagte: »Ich wünschte, daß mich jetzt jemand totschlüge, denn der Tod ist nicht so schlimm als die Qualen, die ich jetzt erdulde.« Dann nahm er Tinte, Kalam und Papier und schrieb einen Brief, der folgende beiden Verse enthielt:

O mein Wunsch, gieb auf diese Sprödigkeit und Grausamkeit
Und besuche einen Liebenden, der in der Liebe versinkt.
Wähne nicht, daß ich bei dieser Grausamkeit noch lebte,
Fern von meiner Geliebten ist meine Seele abgeschieden.

Darauf faltete er den Brief und überreichte ihn der Alten mit den Worten: »Ich habe dich unnötig bemüht.« Dann befahl er Asîs ihr tausend Dinare einzuhändigen und sagte zu ihr: »Meine Mutter, auf diesen Brief muß entweder vollkommene Vereinigung oder vollkommene Trennung folgen.« Die Alte erwiderte ihm: »O mein Sohn, bei Gott, ich wünsche dir nur das Beste, und ich wünschte, sie wäre bei dir, denn siehe, du bist der strahlende Mond und sie ist die aufgehende Sonne. Kann ich euch beide nicht zusammenbringen, so hat mein Leben keinen Nutzen; hab' ich doch mein Lebenlang in List und Trug bis zu meinem Alter von neunzig Jahren zugebracht, wie also sollte es mir unmöglich sein zwei auf unerlaubte Weise zusammen zu bringen?«

Nachdem sie ihn in dieser Weise getröstet hatte, verabschiedete sie sich von ihm und ging wieder zur Herrin Dunjā, doch hatte sie den Brief in ihrem Haar versteckt. Als sie nun bei ihr saß, kratzte sie sich den Kopf und sagte zu ihr: »Ach, meine Herrin, vielleicht möchtest du mir mein Haar lausen, ich bin schon seit langer Zeit nicht im Bad gewesen.« Da entblößte die Herrin Dunjā ihre Arme bis über die Ellbogen, löste ihr Haar und lauste ihr die Strähnen, als mit einem Male der Brief von ihrem Kopfe fiel. Als ihn die Herrin Dunjā sah, fragte sie: »Was ist das für ein Papier?« Die Alte erwiderte: »Mir ist's, als ob dieses Papier an mir hangen blieb, als ich im Laden des 103 Kaufmanns saß; gieb es mir, daß ich es ihm wieder zustelle.« Die Herrin Dunjā öffnete den Brief jedoch und las ihn. Als sie aber seinen Inhalt begriffen hatte, sagte sie zur Alten: »Das ist eine List von dir; hättest du mich nicht erzogen, ich würde mich sofort an dir vergreifen. Gott hat mich mit diesem Kaufmann heimgesucht, und alles, was ich durch ihn erlitt, kam durch deine Vermittelung. Ich weiß nicht, von welchem Lande er zu uns kam, aber kein anderer Mensch würde sich gegen uns in dieser Weise erfrecht haben. Ich bin besorgt, daß diese Geschichte ruchbar wird, zumal da dieser Mann weder zu meiner Klasse gehört noch meinesgleichen ist.« Die Alte entgegnete ihr darauf: »Niemand wird aus Furcht vor deinem Zorn und aus Respekt vor deinem Vater hierüber ein Wort äußern; darum kann es nichts schaden, wenn du ihm Antwort giebst.« Nun sagte die Herrin Dunjā: »Ach, meine Amme, das ist ein Satan; wie kann er sich zu solchen Worten erdreisten, ohne den Zorn des Sultans zu fürchten? Ich bin ganz ratlos um seinetwillen, denn, wenn ich Befehl gebe ihn zu töten, so ist's nicht recht, und wenn ich ihn ungestraft lasse, so wird er nur noch dreister.« Da sagte die Alte: »Schreib' ihm einen Brief, vielleicht läßt er sich dadurch einschüchtern.« So verlangte sie denn nach Papier, Tinte und Kalam und schrieb folgende Verse an ihn:

So oft schon getadelt, reizt dich deine große Thorheit doch immer wieder?
Wie oft noch soll meine Hand dir's in Versen verbieten?
Nach jedem Verbot wächst deine Leidenschaft,
Doch ich bin nur zufrieden mit dir, wenn du dein Geheimnis verbirgst.
So verbirg denn deine Liebe und thu' sie hinfort nicht mehr kund;
Sprichst du jedoch von ihr, so will ich keine Rücksicht auf dich nehmen.
Wiederholst du noch einmal das früher Gesagte,
So wird der Rabe der Trennung dir deinen Tod ankündigen;
Binnen kurzem schon wird der Tod über dich hereinbrechen,
Und das Grab unter der Erde wird deine Wohnung sein.

Darauf faltete sie das Papier und übergab es der Alten, welche es nahm und sich damit wieder zu Tâdsch el-Mulûk 104 begab. Nachdem sie es ihm überreicht und er es gelesen hatte, erkannte er, daß sie ein hartes Herz hatte, und daß er nicht zu ihr gelangen konnte; er beklagte sich deshalb beim Wesir und bat ihn um einen guten Rat, und der Wesir antwortete ihm: »Wisse, nichts anderes kann dir Nutzen bringen, als daß du ihr noch einen Brief schreibst, in welchem du ihr fluchst.« Da sagte Tâdsch el-Mulûk: »Ach Asîs, mein Bruder, schreib' ihr für mich, so gut du es verstehst,« und Asîs nahm nun ein Blatt Papier und schrieb darauf die Verse:

O Herr, bei den fünf Scheichen, errette mich!
Ihr aber, die mich so gequält hat, gieb meine Schmerzen;
Denn du weißt, daß ich in feuriger Glut stehe,
Und meine Geliebte ist grausam gegen mich und kennt kein Erbarmen.
Wie lange noch soll ich in meinen Leiden ihr zärtlich geneigt sein,
Und wie lange noch soll sie mich in meiner Schwäche tyrannisieren?
In endlosen Ängsten schweife ich liebestoll umher,
Und keinen finde ich, o Herr, der mir hilft.
Wie lange noch sehne ich mich nach Trost in meiner Liebe,
Doch, wie finde ich Trost, wo meine Geduld in Liebesqual verzehrt ist?
O du, die du mir die Süßigkeit des Liebesglückes versagst,
Bist du so sicher vor den Wechselfällen der Zeit und dem Unglück?
Lebst du nicht in Freuden, während ich in der Fremde weile
Und Sippe und Heimat um deinetwillen verlassen habe?

Dann faltete Asîs das Papier und übergab es Tâdsch el-Mulûk, welcher es las und damit zufrieden war. Er versiegelte es und gab es der Alten, und die Alte nahm es, begab sich damit wieder zur Herrin Dunjā und überreichte es ihr. Als sie jedoch den Brief gelesen und seinen Inhalt begriffen hatte, ergrimmte sie gewaltig und rief: »Alles dies ist mir durch diese alte Unglücksvettel widerfahren!« Dann rief sie nach ihren Sklavinnen und Eunuchen und befahl ihnen: »Packt diese alte Hexe und prügelt sie mit euern Sandalen!« Da prügelten sie sie mit ihren Sandalen, bis ihr die Sinne vergingen. Als sie dann wieder zu sich gekommen war, sagte die Herrin Dunjā zu ihr: »Bei Gott, du nichtsnutzige Vettel, wenn ich mich nicht vor Gott, dem 105 Erhabenen, fürchtete, so ließe ich dich umbringen.« Dann rief sie den Eunuchen und den Sklavinnen zu: »Gebt ihr noch eine Tracht Prügel!« Da prügelten sie sie von neuem bis sie in Ohnmacht sank. Alsdann befahl sie ihnen sie heraus zu schleifen und vor die Thür zu werfen, und sie schleiften sie auf ihrem Gesicht hinaus und warfen sie vor die Thür.

Als sie sich wieder erholt hatte, wankte sie, sich alle Augenblicke setzend, zu ihrer Wohnung, wo sie bis zum Morgen wartete; dann machte sie sich zu Tâdsch el-Mulûk auf und erzählte ihm alles, was ihr widerfahren war. Bekümmert hierüber, sagte er zu ihr: »Mutter, was dir widerfahren ist, thut uns sehr leid, doch alles trifft nach dem Schicksal und Verhängnis ein.« Die Alte entgegnete hierauf: »Sei guter Dinge und kühlen Auges, ich lasse nicht eher ab, bis ich euch beide vereint und dich zu dieser Hexe gebracht habe, die mich mit Schlägen verbrannt hat.« Nun fragte Tâdsch el-Mulûk: »Sag' mir doch, weshalb sie die Männer so haßt?« Da sagte die Alte: »Ein Traum, den sie hatte, hat ihren Männerhaß verursacht.« »Und wie war der Traum?« fragte Tâdsch el-Mulûk. Die Alte erwiderte: »Eines Nachts sah sie im Schlaf einen Vogelsteller, der sein Netz auf den Boden stellte und rings herum Körner streute; dann setzte er sich nahebei hin, und alle Vögel kamen zum Netz heran. Sie gewahrte aber unter den Vögeln zwei Tauben, ein Männchen und ein Weibchen, und mit einem Male kam, während sie das Netz beobachtete, der Fuß des Männchens ins Netz. Wie es nun zappelte, flogen alle Vögel davon, doch kehrte das Weibchen zu ihm zurück und umkreiste es. Da aber der Vogelsteller nicht hinsah, kam es ans Netz und pickte so lange an der Masche, in welcher sich der Fuß des Männchens gefangen hatte, und zupfte es mit seinem Schnabel, bis es seinen Fuß aus dem Netze los bekommen hatte und mit ihm davon flog. Hernach kam der Vogelsteller, brachte das Netz wieder in Ordnung und setzte sich abseits. Nicht lange darauf kamen auch die Vögel wieder, und diesmal fing 106 das Netz das Weibchen; da flogen alle Vögel zusamt dem Männchen fort, das nicht mehr zum Weibchen zurückkehrte. Alsdann kam der Vogelsteller, nahm das Weibchen und schlachtete es. Da erwachte sie erschreckt von ihrem Traum und rief: »So schlecht sind alle Männer; alle Männer sind schlecht zu den Frauen.«

Als die Alte ihre Erzählung beendet hatte, sagte Tâdsch el-Mulûk zu ihr: »Ach, meine Mutter, ich möchte nur einen Blick auf sie werfen, sollte ich auch dafür den Tod erleiden; mach' mir daher eine List ausfindig, wie ich sie schauen kann.« Da sagte die Alte: »Wisse, unter ihrem Schlosse befindet sich ein Garten zum Zweck ihrer Erholung. Alle Monate begiebt sie sich einmal in denselben durch die Privatthür und weilt daselbst zehn Tage lang. Die Zeit hierfür ist aber gerade gekommen; will sie also den Garten aufsuchen, so werde ich zu dir kommen und es dir ansagen, daß du ihr dort begegnen kannst; doch darfst du nicht aus dem Garten gehen, da sie sich vielleicht beim Anblick deiner Schönheit und Anmut in dich verliebt; ist doch die Liebe das stärkste Mittel eine Vereinigung herbeizuführen.« Tâdsch el-Mulûk versetzte: »Ich höre und gehorche;« darauf verließ er mit Asîs den Laden, und beide nahmen die Alte mit sich und gingen nach ihrer Wohnung, um ihr dieselbe zu zeigen. Alsdann sagte Tâdsch el-Mulûk zu Asîs: »Mein Bruder, ich bedarf jetzt, wo ich meinen Wunsch von ihr erlangt habe, nicht mehr des Ladens; ich schenke ihn dir daher mit allen seinen Waren, weil du mit mir in die Fremde zogst und deine Heimat verließest.« Asîs nahm sein Geschenk an, und nun saßen sie da und unterhielten sich, wobei Tâdsch el-Mulûk ihn nach seinen Erlebnissen und Abenteuern fragte, und Asîs ihm seine Schicksale erzählte. Hierauf teilten sie dem Wesir mit, wozu sich Tâdsch el-Mulûk entschlossen hatte, und fragten ihn: »Was soll geschehen?« Der Wesir antwortete: »Kommt, wir wollen zum Garten.« So zog sich denn jeder von ihnen seine besten Sachen an und machten sich alle drei, von drei 107 Mamluken gefolgt, zum Garten auf. Sie fanden ihn reich an Bäumen und Bächen und sahen den Gärtner an dem Thor sitzen. Nachdem sie ihm den Salâm geboten, und er denselben erwidert hatte, reichte ihm der Wesir hundert Dinare und sagte: »Ich wünschte, daß du dieses Geld nimmst und uns dafür etwas zum Essen kaufst, denn wir sind Fremde, und ich möchte diesen meinen beiden Söhnen ein Vergnügen bereiten.« Da nahm der Gärtner die Dinare und sagte zu ihnen: »Geht in den Garten und vergnügt euch, alles ist euer Eigentum; setzet euch, bis ich euch etwas zum Essen geholt habe.« Darauf ging er auf den Bazar, während der Wesir, Tâdsch el-Mulûk und Asîs in den Garten traten. Nach einer Weile kam der Gärtner mit einem gebratenen Lamm wieder und setzte es ihnen vor, und sie aßen und wuschen sich die Hände und unterhielten sich, wobei der Wesir fragte: »Wem gehört dieser Garten? Gehört er dir oder hast du ihn nur gemietet?« Der Scheich erwiderte: »Er gehört mir nicht, er ist das Eigentum der Prinzessin Dunjā.« Da fragte der Wesir: »Wie hoch ist dein monatliches Gehalt?« Der Scheich antwortete: »Einen Dinar, nicht mehr.« Wie sich nun der Wesir den Garten betrachtete und ein altes Schloß darin erblickte, sagte er zu ihm: »Scheich, ich möchte hier etwas Gutes thun, wodurch du meiner gedenken sollst.« Da fragte der Scheich: »Was willst du Gutes thun?« Der Wesir antwortete: »Nimm diese dreihundert Dinare.« Als der Gärtner ihn von Geld sprechen hörte, sagte er: »Mein Herr, thu' alles, was du willst,« und nahm die Dinare, während der Wesir zu ihm sagte: »So Gott will, der Erhabene, wollen wir an diesem Ort ein gutes Werk thun.« Alsdann verließen sie ihn und gingen in ihre Wohnung, wo sie die Nacht verbrachten. Am andern Morgen ließ der Wesir einen Anstreicher, einen Maler, einen tüchtigen Goldschmied und alle Sachen, deren sie bedurften, holen. Dann begab er sich mit ihnen in den Garten und befahl ihnen das Schloß zu weißen und mit den verschiedensten Malereien 108 zu verzieren; hierauf ließ er Gold und Lazurfarbe herbeischaffen und sagte zum Maler: »Male auf der Hauptseite dieser Halle einen Vogelsteller, der ein Netz aufgestellt hat, in dessen Maschen sich eine Taube mit ihrem Schnabel gefangen hat.« Als der Maler nun die eine Seite bemalt und mit seiner Arbeit fertig geworden war, sagte der Wesir zu ihm: »Bemale die zweite Wand wie die erste, doch laß den Vogelsteller die gefangene Taube nehmen und das Messer an ihre Kehle setzen. Auf der dritten Wandfläche aber male einen großen Raubvogel, welcher das Männchen gefangen hat und fest in seinen Krallen hält.« Der Maler that es, und als er alles, was ihm der Wesir befohlen hatte, ausgeführt hatte, nahmen sie vom Gärtner Abschied und begaben sich in ihre Wohnung. Hier saßen sie nun und plauderten miteinander, und Tâdsch el-Mulûk sagte zu Asîs: »Mein Bruder, trag' mir doch einige Lieder vor, daß sich meine Brust ausdehnt, und dieser Kummer von mir weicht, oder daß das Feuer in meinem Herzen gekühlt wird.« Da trug Asîs in entzückender Melodie die Verse vor:

All den Kummer der Liebe hab' ich ertragen,
Einsam trug ich ihn, bis meine Geduld versagte.
Meine Thränen vergoß ich zu weiten Meeren,
Willst du hinab zum Wasser, so findest du einen großen Tränkplatz.
Willst du schauen das Werk der Liebe an den Liebenden,
So schau' nur auf meinen Leib.

Dann brach er in Thränen aus und trug folgende Verse vor:

Wer nicht schlanke Hälse liebte und dunkle Pupillen,
Der darf nicht sagen, er habe genossen die Süße der Welt.
Tief in der Liebe liegt ein Glück, das keiner erreicht,
Das von allen Wesen nur der Liebende kennt.
Gott nehme mir nicht die Last der Liebe von meinem Herzen,
Und nicht die Schlaflosigkeit von meinem Lid.

Dann modulierte er und trug folgende Verse vor:

Avicenna sagt, der Liebe Arznei sei Musik,
Ein ander Mädchen, an Schönheit gleich der Geliebten, 109
Und Naschwerk und Wein und ein Garten.
Doch einmal nahm ich zu meiner Genesung mir eine andere,
Als Zeit und Gelegenheit mir günstig war,
Und da fand ich, Liebe ist eine tödliche Krankheit,
Und Avicennas Medizin ist Gefasel.

Als Asîs sein Lied beendet hatte, verwunderte sich Tâdsch el-Mulûk über seine gewandte Zunge und die schöne Tradition und sagte zu ihm: »Du hast mir schon einen Teil meines Kummers genommen, weißt du aber noch etwas von der Art dieser feinen Poesie, so laß es mich hören und laß deinen Vortrag lang sein.« Da modulierte Asîs von neuem und trug ihm noch ein ander Lied vor. Die Alte aber hielt sich die ganze Zeit über zu Hause.

Als sich nun die Prinzessin nach Erholung im Garten sehnte, schickte sie zur Alten, da sie nur in ihrer Begleitung ausging, und söhnte sich mit ihr aus, indem sie sie begütigte und zu ihr sagte: »Ich möchte in den Garten gehen, um mich an seinen Bäumen und Früchten zu ergötzen und meine Brust an seinen Blumen auszudehnen.« Die Alte entgegnete: »Ich höre und gehorche, doch möchte ich erst nach Hause gehen und mich dazu kleiden; dann komme ich wieder zu dir zurück.« Die Prinzessin sagte darauf: »Geh' nach Haus aber laß mich nicht zu lange warten.« Nun verließ sie die Alte, begab sich zu Tâdsch el-Mulûk und sagte zu ihm: »Mach' dich fertig, zieh' deine besten Sachen an, mach' dich auf zum Garten, geh' zum Gärtner und begrüße ihn; dann verbirg dich im Garten.« Tâdsch el-Mulûk antwortete: »Ich höre und gehorche.« Nachdem sie dann noch mit ihm ein Zeichen verabredet hatte, begab sie sich zur Herrin Dunjā, während sich der Wesir und Asîs erhoben und Tâdsch el-Mulûk in einen der kostbarsten königlichen Anzüge kleideten, der fünftausend Dinare wert war, und ihm einen goldenen mit Edelsteinen und Edelmetallen besetzten Gurt umschnürten. Hierauf gingen sie zum Garten, woselbst sie den Gärtner am Thor sitzend antrafen. Als der Gärtner Tâdsch el-Mulûk 110 erblickte, sprang er auf seine Füße und empfing ihn respektvoll und höflich, indem er das Thor öffnete und ihn einlud in den Garten zu treten und sich dort zu ergehen, ohne zu wissen, daß die Prinzessin an demselben Tage in den Garten kommen würde. Als nun Tâdsch el-Mulûk den Garten betreten und kaum eine Stunde gewartet hatte, hörte er plötzlich ein Geräusch, und, ehe er sich's versah kamen auch schon die Eunuchen und die Sklavinnen durch die Privatthür in den Garten. Sobald der Gärtner sie erblickte, ging er zu Tâdsch el-Mulûk, teilte es ihm mit und fragte ihn: »Mein Herr, was ist nun zu thun, wo die Herrin Dunjā, die Tochter des Königs, in den Garten gekommen ist?« Tâdsch el-Mulûk erwiderte: »Sei unbesorgt, ich will mich irgendwo im Garten verstecken,« und der Gärtner verließ ihn und ging fort, nachdem er ihm noch eingeschärft hatte, sich so tief als möglich zu verbergen.

Als nun die Prinzessin mit ihren Sklavinnen und der Alten den Garten betreten hatte, sprach die Alte bei sich: »So lange die Eunuchen bei uns sind, so erreichen wir nicht unser Vorhaben.« Dann sagte sie zur Prinzessin: »Meine Herrin, ich möchte dir etwas sagen, was deinem Herzen Ruhe zu bringen vermöchte.« Da sagte die Herrin Dunjā: »Sprich, was du zu sagen hast?« und die Alte sagte: »Meine Herrin, du bedarfst jetzt nicht der Eunuchen, und deine Brust wird sich, so lange dieselben bei uns sind, nicht ausdehnen; entlaß sie deshalb.« Da entgegnete die Herrin Dunjā: »Du hast recht,« und entließ sie. Gleich darauf lustwandelte sie, während Tâdsch el-Mulûk sie in ihrer Schönheit und Anmut, ohne daß sie es wußte, erschaute und bei jedem Blick, den er auf sie warf, wegen ihrer ausnehmenden Schönheit in Ohnmacht sank, wobei die Alte sie plaudernd immer weiter und weiter führte, bis sie sie zum Schloß, das der Wesir hatte bemalen lassen, geführt hatte. Dann betrat sie das Schloß, nahm die Fresken in Augenschein und rief, die Vögel, den Vogelsteller und die Tauben gewahrend: »Preis sei Gott, 111 dies ist ja eine Darstellung meines Traumes!« Voll Bewunderung die Vögel, den Vogelsteller und das Netz betrachtend, sagte sie: »Amme, ich tadelte und haßte die Männer, doch schau' nur, wie der Vogelsteller das Weibchen schlachtet, während das Männchen, das entronnen ist, ihm wohl zu Hilfe gekommen wäre, wenn ihm nicht der Raubvogel in den Weg geflogen wäre und es zerrissen hätte.« Die Alte stellte sich jedoch so, als ob sie nichts verstünde, und plauderte immer weiter zu ihr, bis sie sich der Stelle näherten, wo Tâdsch el-Mulûk sich versteckt hatte, und sie ihm zuwinkte, daß er unter die Fenster des Schlosses spazieren sollte. Während nun die Herrin Dunjā so dahinschritt, wendete sie sich zufällig und erblickte ihn. Beim Anblick seiner Anmut und seiner ebenmäßigen Gestalt fragte sie: »Amme, woher ist dieser hübsche Jüngling?« Die Alte antwortete: »Ich weiß es nicht, doch schließe ich aus seiner vollendeten Schönheit und vollkommenen Anmut, daß er der Sohn eines großen Königs ist.«

Die Herrin Dunjā aber wurde ganz toll verliebt in ihn und der Zauberbann, der sie umstrickt gehalten hatte, wurde gelöst; ganz benommen von seiner Schönheit und Anmut und seiner ebenmäßigen Gestalt sagte sie, ergriffen von heißem Verlangen, zur Alten: »Ach, Amme, dieser Jüngling ist hübsch.« Die Alte erwiderte: »Du hast recht, meine Herrin;« darauf gab sie dem Prinzen einen Wink nach Hause zu gehen. Obwohl nun das Feuer der Sehnsucht in ihm hell aufgeflammt war, und Verzücktheit und Raserei noch heftiger in ihm tobten, ging er doch fort und machte sich, nachdem er sich von dem Gärtner verabschiedet hatte, auf den Weg nach seiner Wohnung, ohne sich der Alten zu widersetzen. Dort angelangt erzählte er dem Wesir und Asîs, daß ihm die Alte bedeutet hätte fortzugehen, und sie ermahnten ihn zur Geduld und sagten zu ihm: »Wenn nicht die Alte von dem Nutzen deines Fortgehens überzeugt gewesen wäre, so hätte sie dir nicht das Zeichen dazu gegeben.« 112

Soviel was Tâdsch el-Mulûk, den Wesir und Asîs anlangt. Die Prinzessin Dunjā aber war immer verliebter geworden, und Verzücktheit und Raserei tobten so heftig in ihr, daß sie zur Alten klagte: »Nur durch dich kann ich mit diesem Jüngling zusammenkommen.« Da rief die Alte: »Ich nehme meine Zuflucht zu Gott vor dem gesteinigten Satan, du willst nichts mit Männern zu thun haben, hat dich denn nun seine Liebe so furchtsam gemacht? Doch, bei Gott, für deine Jugend paßte er allein.« Die Herrin Dunjā aber sagte: »Amme, hilf mir, daß ich mit ihm zusammen komme, du sollst auch tausend Dinare und ein Ehrenkleid für tausend Dinare dazu von mir bekommen; verhilfst du mir aber nicht zu einer Zusammenkunft mit ihm, so sterb' ich ganz gewiß.« Da sagte die Alte: »Geh' in dein Schloß, ich werde schon Mittel und Wege ausfindig machen euch beide zusammen zu bringen, sollte ich auch mein Leben für euer Glück opfern.«

Während sich nun die Herrin Dunjā wieder in ihr Schloß begab, machte sich die Alte zu Tâdsch el-Mulûk auf, welcher bei ihrem Anblick auf die Füße sprang und sie respektvoll und höflich empfing und an seiner Seite Platz nehmen ließ. Dann sagte sie zu ihm: »Die List ist gelungen,« und erzählte ihm, was sich zwischen ihr und der Herrin Dunjā zugetragen hatte. Tâdsch el-Mulûk fragte nun: »Wann kommen wir zusammen?« und die Alte antwortete: »Morgen.« Da schenkte er ihr tausend Dinare und ein Gewand, das ebenfalls tausend Dinare wert war. Sie nahm beides und machte sich wieder unverdrossen auf den Weg zur Herrin Dunjā. Als sie bei ihr eintrat, fragte sie die Herrin Dunjā: »Amme, was bringst du für Nachrichten vom Liebsten?« Sie antwortete: »Ich habe seine Wohnung gefunden, und morgen werde ich mit ihm bei dir sein.« Erfreut hierüber schenkte ihr die Herrin Dunjā ebenfalls tausend Dinare und ein Gewand im Werte von tausend Dinaren, und die Alte nahm beides und machte sich zu ihrer Wohnung auf, wo sie die 113 Nacht über verbrachte. Am andern Morgen begab sie sich dann zu Tâdsch el-Mulûk, zog ihm Frauenkleider an und sagte zu ihm: »Folge mir und wiege dich beim Gehen, ohne dich zu beeilen und dich nach jemand, der dich anredet, umzuwenden.« Nachdem sie Tâdsch el-Mulûk diese Ermahnung gegeben, machte sie sich auf den Weg, und Tâdsch el-Mulûk folgte ihr in Frauentracht, wobei sie ihm unterwegs Verhaltungsmaßregeln gab, durch deren Befolgung er nichts zu besorgen hätte. So schritt sie unverdrossen ihm voran, bis sie zum Schloßthor gelangten, wo sie ihm voran eintrat und durch Thür für Thür und Vorsaal für Vorsaal schritt, bis sie mit ihm sieben Thüren durchschritten hatte. Bei der siebenten Thür aber sagte sie zu ihm: »Stärke dein Herz, und säume nicht, wenn ich dich rufe und sage: Sklavin komm, sondern komm' hurtig herzu. Bist du in den Vorsaal eingetreten, so blick' nach der linken Seite, dort wirst du eine Halle mit vielen Thüren sehen. Zähle fünf Thüren ab und tritt durch die sechste ein, dein Wunsch ist dort zu finden.« Tâdsch el-Mulûk fragte sie darauf: »Wohin aber willst du gehen?« Die Alte erwiderte: »Ich gehe nirgends hin und bleibe vielleicht nur zurück, um mit dem Großeunuchen zu plaudern.« Darauf schritt sie weiter, und er folgte ihr, bis sie zu der Thür kam, in welcher der Großeunuch stand. Als derselbe den als Sklavin verkleideten Tâdsch el-Mulûk bei ihr erblickte, fragte er: »Was soll dies Mädchen da bei dir?« Die Alte antwortete: »Die Herrin Dunjā hat gehört, daß diese Sklavin in mancher Arbeit geschickt ist, und wünscht sie zu kaufen.« Der Eunuch entgegnete jedoch: »Ich weiß weder von einer Sklavin noch von sonst jemand, und niemand soll herein, bevor ich ihn nicht durchsucht habe, wie es mir der König befohlen hat.«

Hundertundfünfunddreißigste Nacht.

Da sagte die Alte, sich zornig stellend, zu ihm: »Ich kenne dich als verständigen und gebildeten Mann, wenn du 114 dich aber verändert hast, so werde ich es ihr sagen und ihr erzählen, daß du ihrer Sklavin in den Weg getreten bist.« Dann rief sie Tâdsch el-Mulûk zu: »Sklavin, komm',« worauf er, wie sie es ihm zuvor befohlen hatte, in den Vorsaal trat, während der Eunuch schwieg und kein Wort sagte. Darauf zählte Tâdsch el-Mulûk fünf Thüren ab und trat durch die sechste ein, wo er die Herrin Dunjā auf ihn wartend antraf. Sobald dieselbe ihn erblickte, preßte sie ihn an die Brust, und er preßte sie an die Brust. Dann trat die Alte zu ihnen ein und schickte die Sklavinnen unter einem Vorwand fort, und die Herrin Dunjā sagte zu ihr: »Sei du die Thürhüterin.« Hierauf blieb sie mit Tâdsch el-Mulûk allein, und beide zogen sich nun an sich und umarmten sich bis zum Morgengrauen. Am Morgen verriegelte sie dann hinter ihm und der Alten die Thür und begab sich in ein anderes Gemach, wo sie sich ihrer Gewohnheit nach setzte und ihre Sklavinnen empfing, um ihre Angelegenheiten zu erledigen und mit ihnen zu plaudern. Alsdann sagte sie zu den Sklavinnen: »Verlaßt mich jetzt, ich will mich allein vergnügen.« Als dann die Sklavinnen fortgegangen waren, kehrte sie zu den beiden zurück, bei denen sie etwas zu essen vorfand, und aß mit ihnen, worauf sie wieder bis zum Morgengrauen miteinander tändelten. Dann verschloß sie wieder hinter ihnen die Thür wie am ersten Tage. In dieser Weise brachten sie einen ganzen Monat zu.

Was nun aber den Wesir und Asîs anlangt, so glaubten dieselben, als Tâdsch el-Mulûk sich zum Schloß der Prinzessin Dunjā begeben hatte und die ganze Zeit über fortgeblieben war, daß er niemals wieder von dort herauskommen würde und daß er sicherlich umgekommen sei, und Asîs fragte den Wesir: »Ach, mein Vater, was sollen wir thun?« Der Wesir antwortete: »Mein Sohn, das ist eine verzwickte Geschichte; wenn wir nicht zu seinem Vater zurückkehren und es ihm mitteilen, so bekommen wir Schelte von ihm zu hören.« Darauf machten sie sich zur selbigen Zeit und Stunde 115 zurecht und machten sich auf den Weg nach Ard el-Chadrā und el-Amūdeîn,Das grüne Land und die beiden Säulen. dem Lande des Königs Suleimân Schâh. Nacht und Tag reisten sie, die Wadis durchziehend, bis sie zum König Suleimân Schâh gelangten und ihm mitteilten, wie es seinem Sohn ergangen war, und daß sie von dem Zeitpunkt an, in welchem er das Schloß der Prinzessin betreten hatte, nichts mehr von ihm vernommen hätten. Bei dieser Nachricht überfiel den König der Schrecken des jüngsten Tages und bitterste Reue; er befahl in seinem Reiche den heiligen Krieg verkünden zu lassen und schickte seine Truppen vor die Stadt, wo er das Lager für sie aufschlagen ließ und sich selber in seinen Pavillon setzte, bis sich die Heerhaufen aus allen Provinzen versammelt hatten. Seine Unterthanen aber liebten ihn um seiner großen Gerechtigkeit willen und seiner Güte, und er zog aus inmitten eines Heeres, das den Horizont verrammelte, um seinen Sohn Tâdsch el-Mulûk heraus zu fordern. Was nun aber Tâdsch el-Mulûk und die Herrin Dunjā anlangt, so hatten dieselben bereits ein halbes Jahr bei einander verbracht, und Tag für Tag war ihre Liebe zu einander gewachsen, und Tâdsch el-Mulûks Verliebtheit, und seine Vernarrtheit, Verzücktheit und sein Verlangen waren so stark geworden, daß er ihr sein Inneres offenbarte und zu ihr sagte: »Wisse, Geliebte meines Herzens, je länger ich bei dir verweile, desto mehr wächst meine Vernarrtheit, meine Verzücktheit und mein Verlangen, weil ich meinen Wunsch noch nicht völlig erreicht habe.« Da fragte sie: »Was begehrst du denn noch mehr, Licht meiner Augen und meines Herzens Frucht?« Da sagte Tâdsch el-Mulûk: »Ich möchte dir die Wahrheit über mich mitteilen; wisse, ich bin kein Kaufmann, sondern ein König, eines Königs Sohn, und mein Vater ist der Großkönig Suleimân Schâh, welcher seinen Wesir als Abgesandten zu deinem Vater sandte, um sich um dich für mich zu bewerben, doch hattest du keine 116 Lust dazu, als du hiervon benachrichtigt wurdest.« Darauf erzählte er ihr seine Geschichte von Anfang bis zu Ende und schloß mit den Worten: »Ich möchte nun zu meinem Vater heimkehren, daß er einen Gesandten zu deinem Vater schickt und sich um dich bei ihm bewirbt, damit wir in Ruhe leben können.«

Als die Herrin Dunjā Tâdsch el-Mulûks Erzählung vernommen hatte, freute sie sich sehr, da es ihren Wünschen entsprach, und beide verbrachten mit solchem Beschluß die Nacht. Nun aber wollte es das Schicksal, daß sie der Schlaf im Gegensatz zu den andern Nächten so stark überkommen hatte, daß sie bis zum Sonnenaufgang schliefen, als der König Schahrimân gerade auf dem Thron seines Königreiches saß, während die Emire des Reiches vor ihm standen. Mit einem Mal trat der Zunftmeister der Goldschmiede mit einer großen runden Büchse in der Hand ein, schritt auf den König zu, öffnete sie vor ihm und holte eine hübsche Schachtel aus ihr hervor, deren Inhalt an Juwelen, Rubinen und Smaragden, wie sie kein König der Welt sich verschaffen konnte, einen Wert von hunderttausend Dinaren hatte. Als der König die Schachtel sah, erstaunte er über ihre Schönheit und wendete sich zu dem Großeunuchen, dem die Geschichte mit der Alten passiert war, mit dem Befehl: »Kāfûr, nimm diese Schachtel und zeig' sie deiner Herrin Dunjā.« Da nahm sie der Eunuch und begab sich damit zu dem Gemach der Prinzessin. Als er die Thür desselben verriegelt fand und die Alte auf der Thürschwelle schlafen sah, rief er: »Bis zu dieser Stunde schlaft ihr?« Als die Alte die Worte des Eunuchen hörte, erwachte sie aus dem Schlaf und sagte erschrocken: »Warte, bis ich dir den Schlüssel gebracht habe.« Dann ging sie hinaus und lief fort, so daß der Eunuch merkte, daß sie Unheil gewittert hatte, und nun die Thür aushob und so in das Gemach eintrat, wo er die Herrin Dunjā in den Armen Tâdsch el-Mulûks schlafend vorfand. Bei diesem Anblick wurde er bestürzt und überlegte, ob er zum 117 König zurückkehren solle, als die Herrin Dunjā erwachte und ihn erblickte. Da wechselte sie die Farbe und sagte zu ihm: »Kāfûr, verhülle, was Gott verhüllt hat.« Der Eunuch erwiderte jedoch: »Ich darf nichts vor dem König verbergen.« Darauf verschloß er die Thür hinter ihnen und kehrte zum König zurück. Auf des Königs Frage, ob er die Schachtel seiner Herrin gegeben hätte, sagte er: »Nimm die Schachtel, hier ist sie; ich darf nichts vor dir verheimlichen. Wisse, ich fand die Herrin Dunjā in den Armen eines hübschen Jünglings auf einem Lager ruhen.« Da befahl der König beide vorzuführen und fragte sie, als sie vor ihn gebracht waren: »Was ist das für ein Unterfangen?« und in heftigem Zorn nahm er einen Dolch und wollte Tâdsch el-Mulûk damit erstechen. Da aber warf sich die Herrin Dunjā auf ihn und rief ihrem Vater zu: »Töte mich zuerst.« Der König schrie sie jedoch an und befahl den Eunuchen sie in ihr Gemach zu bringen. Dann wendete er sich zu Tâdsch el-Mulûk und fuhr ihn an: »Wehe dir, von wannen bist du, wer ist dein Vater, und woher hast du die Kühnheit zu meiner Tochter einzudringen?« Tâdsch el-Mulûk antwortete ihm: »Wisse, o König, tötest du mich, so bist du verloren, und du und alle Unterthanen deines Reiches werden es bereuen.« Da fragte ihn der König: »Weshalb?« und Tâdsch el-Mulûk antwortete: »Wisse, ich bin der Sohn des Königs Suleimân Schâh, und ehe du dich's versehen wirst, ist er mit seinen Reisigen und Mannen über dich gekommen.«

Als der König Schahrimân dies vernahm, wollte er seinen Tod aufschieben und ihn ins Gefängnis werfen lassen, bis er die Wahrheit seiner Worte ersähe. Sein Wesir sagte jedoch zu ihm: »O König der Zeit, mein Rat geht dahin, daß du die Hinrichtung dieses Galgenstricks beschleunigst, dieweil er sich gegen eine Prinzessin erfrecht hat.« Infolgedessen sagte der König zum Scharfrichter: »Schlag' ihm den Kopf ab, denn er ist ein Verräter.« Der Scharfrichter nahm 118 ihn nun und fesselte ihn; dann hob er seine Hand und fragte die Emire einmal und noch einmal um Rat, um dadurch die Hinrichtung aufzuschieben, so daß der König ihn anschrie: »Wie lange willst du dich noch beraten? Wenn du noch einmal um Rat fragst, so lasse ich dir den Kopf abschlagen.« Da hob der Scharfrichter seinen Arm so hoch, daß die Achselgrube sichtbar wurde, –

Hundertundsechsunddreißigste Nacht.

und wollte ihm den Kopf abschlagen, als mit einem Male sich lautes Geschrei erhob und die Leute ihre Läden verriegelten. Der König sagte deshalb zum Scharfrichter: »Halt ein!« und schickte jemand aus ihm die Sache aufzuklären. Der Bote ging fort und kam nach einer Weile wieder und sagte: »Ich habe ein Heer wie das tobende, wellenbrandende Meer gesehen; die Rosse kommen heran galopiert, die Erde erdröhnt von ihnen, und ich weiß nicht, weshalb sie kommen.« Da erschrak der König und fürchtete, daß ihm das Reich entrissen werden könnte. Sich zu seinem Wesir wendend, fragte er ihn: »Ist jemand von unsern Truppen wider jenes Heer ausgezogen?« Er hatte jedoch noch nicht ausgeredet, als seine Kämmerlinge mit den Boten des heranrückenden Königs, unter denen sich auch der Wesir befand, eintraten. Derselbe hob mit dem Salâm an, und der König erhob sich vor ihnen, hieß sie näher zu treten und fragte sie nach der Veranlassung ihres Kommens, worauf der Wesir aus ihrer Mitte vortrat und zu ihm sprach: »Wisse, daß der, welcher in dein Land eingekehrt ist, nicht ein König ist wie die verflossenen Könige und nicht wie die Sultane früherer Tage.« Da fragte ihn der König: »Wer ist es?« und der Wesir gab zur Antwort: »Es ist der Herr der Gerechtigkeit und der Sicherheit, dessen Hochherzigkeit die Reisenden verkünden, der Sultan Suleimân Schâh, der Herr von Ard el-Chadrā, El-Amūdeîn und der Berge von Isfahan, der Gerechtigkeit und Billigkeit liebt und Gewaltthat und Tyrannei haßt; derselbige thut dir zu 119 wissen, daß sein Sohn bei dir und in deiner Stadt weilt, der seines Herzens Frucht und letzter Pulsschlag ist. Findet er ihn wohlbehalten, so ist sein Wunsch erreicht, und es soll dir Dank und Preis zu teil werden, findet er ihn jedoch nicht in deinem Lande, oder hat ihn irgend etwas betroffen, so sei dir Vernichtung und Verwüstung angesagt, dieweil dein Land eine Wüstenei werden soll, in welcher die Raben krächzen. Nun hab' ich dir meinen Auftrag vermeldet, und Frieden sei auf dir!«

Als der König Schahrimân diese Botschaft vernommen hatte, erbebte sein Herz, und, für sein Reich fürchtend, rief er nach den Großen seines Reiches, den Wesiren, Kämmerlingen und Statthaltern und sagte zu ihnen, als sie alle erschienen waren: »Wehe euch, geht hinunter und sucht nach jenem Jüngling.« Er aber stand unter der Hand des Scharfrichters und sah in seinen großen Ängsten ganz elend aus. Wie sich nun der Wesir zufällig umwendete, erkannte er den Prinzen und sah, daß er auf dem BlutlederDer Hinzurichtende wird auf ein Leder gestellt. stand. Da erhob er sich und warf sich auf ihn, und desgleichen thaten die andern Boten. Hierauf traten sie herzu, lösten ihm die Fesseln und küßten ihm Hände und Füße, und Tâdsch el-Mulûk öffnete nun die Augen und sank, als er den Wesir seines Vaters und seinen Freund Asîs erkannte, aus Freude hierüber in Ohnmacht.

Der König Schahrimân aber, der sehr bestürzt war und sich gewaltig fürchtete, als er sah, daß das Heer um jenes Jünglings willen gekommen war, ging ebenfalls zu Tâdsch el-Mulûk, küßte ihm das Haupt und sagte zu ihm mit Thränen im Auge: »O mein Sohn, nimm es mir nicht übel, nimm dem Missethäter sein Werk nicht übel! Habe Mitleid mit meinen grauen Haaren und verwüste nicht mein Reich.« Da trat Tâdsch el-Mulûk auf ihn zu, küßte ihm die Hand und sagte zu ihm: »Sei unbesorgt, du bist mir wie ein 120 Vater, doch hüte dich davor, daß meiner Geliebten, der Herrin Dunjā, ein Leid geschieht.« Der König antwortete ihm darauf: »Mein Herr, sei unbesorgt um sie, nichts als Freude steht ihr bevor.« Darauf begann er sich von neuem zu entschuldigen und den Wesir des Königs Suleimân Schâh zu beschwichtigen, und versprach ihm einen Haufen Geld, wenn er das, was er gesehen, dem König verheimlichte. Alsdann befahl er den Großen seines Reiches Tâdsch el-Mulûk ins Bad zu geleiten, ihm einen der schönsten königlichen Anzüge anzulegen und ihn schnell wieder zurück zu bringen. Die Großen thaten es, geleiteten ihn ins Bad, und führten ihn, nachdem sie ihn in den Anzug, den der König Schahrimân für ihn bestimmt hatte, gekleidet hatten, in den großen Empfangssaal, wo sich der König und alle seine Großen vor ihm erhoben und sich des Dienstes bereit vor ihn stellten. Tâdsch el-Mulûk aber setzte sich und unterhielt sich mit dem Wesir und Asîs über seine Erlebnisse, und der Wesir und Asîs sagten zu ihm: »Wir zogen während jener Zeit zu deinem Vater zurück und teilten ihm mit, daß du in den SerâjPalast, französiert lautet das Wort Serail. der Prinzessin gegangen und nicht wieder herausgekommen wärest, so daß uns deine Sache nicht geheuer vorgekommen wäre. Als er dies vernahm, rüstete er sein Heer aus und zog in dieses Land, wo uns unsre Ankunft Freude und Fröhlichkeit brachte.« Tâdsch el-Mulûk antwortete ihnen darauf: »So haben eure Hände von Anfang bis zu Ende Gutes zuwege gebracht.«

Inzwischen war der König zu seiner Tochter, der Herrin Dunjā, gegangen, welche er über Tâdsch el-Mulûk weinend antraf. Sie hatte gerade ein Schwert genommen und mit dem Griff auf den Boden gestellt und seine Spitze gegen ihr Herz zwischen ihre Brüste gerichtet und sprach eben bei sich, indem sie sich über dasselbe lehnte: »Ich muß mich töten, daß ich nicht meinen Geliebten überlebe.« Wie nun 121 ihr Vater bei ihr eintrat und sie in dieser Stellung erblickte, rief er ihr laut zu: »O Herrin aller Prinzessinnen, thu's nicht und habe Mitleid mit deinem Vater und dem Volk deines Landes.« Darauf trat er an sie heran und sagte zu ihr: »Fern sei es von dir, daß deinem Vater um deinetwillen etwas Schlimmes widerfährt.« Alsdann erzählte er ihr das Vorgefallene und teilte ihr mit, daß ihr Geliebter der Sohn des Königs Suleimân Schâh wäre und sie heiraten wolle, und fügte noch hinzu: »Die Verlobung und Verheiratung bleibt deinem Ermessen überlassen.«

Da lächelte sie und sagte: »Habe ich dir's nicht gesagt, daß er der Sohn eines Sultans ist? Er soll dich an einem Stück Holz im Werte von zwei Dirhem kreuzigen.« – »Um Gott,« erwiderte er, »erbarme dich deines Vaters.« Hierauf befahl sie ihm: »Geh fort zu ihm und bring' ihn her.« Er antwortete: »Auf meinen Kopf und mein Auge,« dann verließ er sie und eilte zu Tâdsch el-Mulûk, dem er diese Worte insgeheim mitteilte. Sofort erhob sich Tâdsch el-Mulûk und ließ sich von ihm zu ihr führen. Sobald sie ihn erblickte, umarmte sie ihn vor ihrem Vater und hängte sich an ihn und sagte zu ihm: »Du hast mich einsam gemacht.« Darauf wendete sie sich zu ihrem Vater und sagte: »Kann irgend jemand sich gegen einen so hübschen Jüngling wie diesen hier vergehen, zumal da er ein König ist, der Sohn eines Königs?« Alsdann verließ sie der König Schahrimân, schloß hinter ihnen die Thür, und begab sich zum Wesir des Vaters Tâdsch el-Mulûks und den andern Boten und befahl ihnen dem Sultan Suleimân Schâh zu vermelden, daß sein Sohn wohl und gesund sei und das herrlichste Leben führe; ferner befahl er die Truppen des Königs Suleimân Schâh, des Vaters Tâdsch el-Mulûks, zu bewirten und ihnen Löhnung auszuzahlen. Nachdem sie alles, was er ihnen befohlen hatte, heraus geschafft hatten, ließ er hundert Prachtrosse, hundert Dromedare, hundert Mamluken, hundert Beischläferinnen, hundert Sklaven und hundert Sklavinnen holen und sandte ihm 122 alles zum Geschenk. Alsdann machte er sich selbst mit den Großen seines Reiches und seinem Gefolge auf den Weg, bis er außerhalb der Stadt anlangte, woselbst der König Suleimân Schâh, sobald er hiervon Kunde erhalten hatte, ihm einige Schritte zum Empfang entgegenging, nachdem ihn der Wesir und Asîs über alles benachrichtigt hatten, und er erfreut gerufen hatte: »Lob sei Gott, welcher meinen Sohn seinen Wunsch hat erreichen lassen!« Der König Suleimân Schâh umarmte den König Schahrimân und lud ihn ein an seiner Seite auf dem Thron Platz zu nehmen; dann unterhielten sich beide, bis man ihnen ein Mahl auftrug und sie speisten, bis sie genug hatten, worauf man ihnen die Süßigkeiten vorsetzte.

Nach kurzer Zeit traf auch Tâdsch el-Mulûk ein, reich gekleidet und geschmückt, und sein Vater erhob sich, sobald er ihn erblickte, vor ihm und küßte ihn, und alle Anwesenden erhoben sich desgleichen. Nachdem er dann eine Weile zwischen beiden gesessen und sich mit ihnen unterhalten hatte, sagte der König Suleimân Schâh: »Ich möchte meines Sohnes Ehekontrakt auf deine Tochter lautend unter Zuziehung der Zeugen schreiben.« Der König Schahrimân antwortete: »Ich höre und gehorche;« darauf schickte er zum Kadi und den Zeugen, und sie erschienen und schrieben den Ehekontrakt, und die Truppen freuten sich hierüber.

Bald darauf begann der König Schahrimân seine Tochter auszustatten, und Tâdsch el-Mulûk sagte zu seinem Vater: »Asîs ist ein hochherziger Mann, er hat mir einen großen Dienst erwiesen, hat sich selber ermüdet, ist mit mir gereist und hat mir geholfen meinen Wunsch zu erreichen; er hat mich unaufhörlich zur Geduld ermahnt, bis ich zum Ziele gelangte, und ist zwei Jahre mit uns fort geblieben fern von seiner Heimat. Es ist daher mein Wunsch, daß wir ihm Waren beschaffen, denn sein Land ist nahe von hier.« Sein Vater antwortete ihm: »Deine Absicht ist sehr schön.« Darauf beschafften sie ihm hundert Lasten der teuersten Stoffe, 123 und Tâdsch el-Mulûk verabschiedete sich von ihm und sagte zu ihm: »Mein Bruder, nimm dies als ein Geschenk.« Da nahm es Asîs von ihm an und küßte die Erde vor ihm und seinem Vater, dem König Suleimân Schâh. Dann stieg Tâdsch el-Mulûk zu Pferd und begleitete Asîs drei Meilen weit, worauf Asîs ihn zurück zu kehren beschwor und zu ihm sagte: »Wär's nicht wegen meiner Mutter, so könnte ich die Trennung von dir nicht ertragen; ich beschwöre dich, bei Gott, laß mich daher nicht ohne Nachricht von dir.« Alsdann machte er seinen Abschied von ihm und zog nach seiner Stadt. Hier vernahm er, daß seine Mutter für ihn mitten im Hause ein Grab erbaut hatte, das sie tagaus tagein besuchte, und fand sie beim Betreten des Hauses mit gelöstem und über das Grab gebreitetem Haar unter strömenden Thränen die Verse klagen:

Um Gott. o Grab, haben seine Reize aufgehört?
Ist wirklich dies leuchtende Antlitz verblaßt?
O Grab, du bist doch kein Garten und kein Himmel,
Wie kannst du denn den Vollmond und Blumen in dir bergen?«

Dann seufzte sie und sprach die Verse:

»Was gehe ich vorüber an den Gräbern und spreche den Salâm
Zu meines Geliebten Grab, und es giebt mir nicht Antwort?
Spricht der Geliebte: Wie kann ich dir Antwort geben,
Wo ich ein Unterpfand von Steinen und Staub bin?
Der Staub hat meine Schönheit gefressen, und ich hab' dich vergessen,
Und abgeschlossen bin ich von meiner Sippe und meinen Lieben.«

Sie hatte aber noch nicht ihre Verse beendet, da trat Asîs bei ihr ein, und, da sie ihn erblickte, eilte sie auf ihn zu, umarmte ihn und fragte ihn nach der Ursache seines Ausbleibens. Da erzählte er ihr alle seine Erlebnisse von Anfang bis Ende und teilte ihr mit, daß Tâdsch el-Mulûk ihm hundert Lasten an Gut und Stoffen geschenkt hatte, worüber sie sich freute, während Asîs betrübt über das Unglück, das ihn durch die verschlagene Delîle betroffen hatte, bei seiner Mutter blieb.

Soviel, was Asîs anlangt; Tâdsch el-Mulûk aber begab 124 sich zu seiner Geliebten, der Herrin Dunjā, und nahm ihr die Mädchenschaft. Hierauf machte sich der König Schahrimân daran seine Tochter zur Reise mit ihrem Gatten und ihrem Schwiegervater auszurüsten und schickte ihnen Proviant, Geschenke und Kostbarkeiten. Alsdann luden sie auf und reisten ab, und der König Schahrimân gab ihnen drei Tage lang das Abschiedsgeleit, bis der König Suleimân Schâh ihn heimzukehren beschwor, worauf er heimkehrte, während Tâdsch el-Mulûk, sein Vater und seine Gemahlin Nacht und Tag reisten, bis sie sich ihrem Lande näherten, wo man die Stadt für sie schmückte.

Hundertundsiebenunddreißigste Nacht.

Als sie nun in die Stadt eingezogen waren, und der König Suleimân Schâh sich auf den Thron seines Reiches gesetzt hatte, und neben ihn sein Sohn Tâdsch el-Mulûk, machte er Geschenke nach allen Seiten und ließ die Gefangenen in den Kerkern los. Dann veranstaltete er für seinen Sohn eine zweite Hochzeitsfeier, während welcher einen Monat lang Gesang und Musik erscholl, und die Putzweiber sich um die Herrin Dunjā drängten, ohne daß diese der Entschleierung müde wurde, und die Leute überdrüssig wurden sie zu bewundern. Nachdem dann Tâdsch el-Mulûk seine Eltern besucht hatte, begab er sich zu seiner Gattin, und sie lebten von nun an herrlich und in Freuden.«

 


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