Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

X. Kapitel.

Codex juris bavarici criminalis. – Baierische Folter. – Instruktion zum Malefiz-Inquisitions-Prozess. – Österreich unter Maria Theresia. – Die Theresiana. – Einleitung der Theresiana.

Der Codex juris bavarici criminalis de anno 1751 beginnt mit den vielverheissenden Worten: »Es liegt ohne viel- und weitläufige Anführung von selbst zu Tage, in was verwirrt- und mangelhaften Zustand sowohl das gemeine als statuarische Recht ... sich dato noch in Unsern Churlanden befinde, und wie sehr man sowohl bei hoch- als niedern Gerichten, in schleunig- und gleich durchgehender Justizadministration fast täglich dadurch gehindert werde.« Wer aber aus diesen, mit den Endsilben so wunderlich sparsamen Einleitungssatz annehmen wollte, dass in diesem Gesetzbuch, das drei Jahre nach Aufhebung der Tortur in Preussen erschien, die Tortur wenigstens eingeschränkt wurde, der würde irren. Von dieser heisst es nämlich, ganz im Sinne der vergangenen Zeit: »Die Tortur ist ein rechtliches Mittel, um den in Negativis verharrenden Übeltäter aus Mangel einer genügsamen Überweisung zur wahren Bekanntniss zu bringen, oder von dem wider ihn vorkommenden Verdacht zu reinigen.« »In Baiern«, schreibt K. A. Bierdimpfl, »war nach dem Kriminalkodex von 1751 eine eigene Art Folter eingeführt, welche in drei Arten gebräuchlich war, nämlich

der Daumenstock,
das Aufziehen und
die Spitzruthen,

und zwar so, dass jede dieser Arten für sich in drei Graden angewendet wurde, wobei erst im dritten geschärften Grad der volle schmerzhafte Gebrauch des Instrumentes zur Geltung kam. Die letztere Art – die Spitzruthen (Streiche mit starken Haselstöcken) wurden über den andern Tag ›reiterirt‹ und ihre Zahl gesteigert. Zu einem höchsten und schärfsten Grad endlich konnte ausser den angeführten gar der › Bock‹ oder der › Leibgürtel‹ gebraucht werden. Von dem letzteren heisst es: › So scharf der Bock und die Spitzruthen Tortur immer ist, giebt doch die Erfahrung, dass die Malefikanten noch mehr durch die gemeiniglich zweimal 24 Stunden anhaltende Leibgürtel bezwungen werden.‹

Auch sonst ist dieses Gesetzbuch, dessen Verfasser übrigens der sehr gelehrte und gebildete Kanzler Freiherr von Kreitmayr war, von ähnlichem Geiste durchdrungen. Verstümmlungen sollten künftig zwar nur als Verschärfung der Todesstrafe gelten, sonst aber abgeschafft sein, was in köstlicher Weise damit begründet wird, dass »dergleichen estropierte Leut gar nicht mehr zu gebrauchen seynd und dem Publico auf den Unterhalt fallen oder aus Noth stehlen müssen.«

Die noch später, 1769, erlassene Instruktion zum Malifiz-Inquisitions-Prozess ist sogar von einem noch reaktionäreren Geist beseelt und steckt völlig im Hexenwahn. Es heisst darin: »Die Schwarzkünstler, Hexen und Zauberer machen mit dem Teufel einen ordentlichen Pakt, sie verleugnen die allerheiligste Dreifaltigkeit, den christlichen Glauben, die seligste Mutter Gottes, die lieben Heiligen, alle Kirchen-Sacramenta, treten deren Bildnis, das heilige Kreuz mit Füssen, lassen sich auf des obersten Teufels Namen und in aller andern Teufel Namen umtaufen, schwören denselben die Treue, beten ihn mit gebogenen Knieen an, unterschreiben sich mit ihrem eigenen Blut, geloben sich ihm an und gebrauchen ohne Unterlass seinen Beistand, werden auch von ihm an unterschiedlichen Orten des Leibes mit verschiedenen Figuren gezeichnet, allwo sie hernach keine Empfindlichkeit haben, küssen den Teufel von hinten und vorn, treiben mit demselben (wie ich davor halte) ihrer Einbildung nach Unzucht und fleischliche Vermischung, tragen versteckter Weise die heiligen Hostien mit sich auf die Hexentänze und Convente, haben viele Jahre aufeinander ihre Teufel als Puller und legen dergleichen, wenn sie von ihren Ehemännern aus dem Bett hinwegfahren, statt ihrer unter menschlicher Gestalt zu dem Ehemann in das Bett an die Seite.« In diesem Tone geht es weiter und die verzeichneten »Fragestücke« sind ebenso albern und schamlos, wie die im Hexenhammer und andere Vorschriften dieser Art angegebenen. Fast seltsam will es da scheinen, dass die Anwendung der Tortur unerörtert bleibt. Oder sollte die als so selbstverständlich gegolten haben, dass ihrer nicht mehr erwähnt zu werden brauchte. Bemerkenswert ist auch immerhin, dass die »fleischliche Vermischung« mit dem Teufel wenigstens doch als Einbildung hingestellt wird. Man wäre zu glauben geneigt, dass es sich hier eigentlich nur um eine derbe Mystifikation eines übermütigen Scherzboldes handle, denn diese Instruktion wurde nie gedruckt und musste von jedem Landgericht abgeschrieben werden. Doch Schurgraf, der sie im Archiv zu Kelheim auffand und veröffentlichte, giebt sie als ein ernstes Dokument, dessen Glaubhaftigkeit nicht anzuzweifeln wäre. Angesichts solcher Vorfälle vermag man erst die hohe Bedeutung der grossen französischen Revolution zu würdigen, die, trotz mancher Gräueltaten, wie ein reinigendes Gewitter über Europa niederging, manches verwüstete, aber in vielem wieder zum Segen wurde.

Was die betreffenden Zustände in Österreich unter der Regierung Maria Theresias betrifft, so wurde einiges darüber schon im vorigen Kapitel, wo von Sonnenfels die Rede war, bemerkt, doch diese Periode ist für die Geschichte der Tortur so wichtig, dass wir uns im Nachfolgenden eingehend mit ihr beschäftigen müssen. Bereits kurz nach ihrem Regierungsantritt (1740) verordnete die Kaiserin, dass alle Hexenprozesse in den Erbländern ihr zur Entscheidung vorgelegt werden mussten. Auch erliess sie eine Verordnung, die geeignet war Aberglauben und Hexenwesen möglichst einzuschränken und gebot, dass in allen derartigen Fällen »mit Beiziehung eines vernünftigen Physici die Sache untersucht und eingesehen werden soll, und was für Betrug darunter verborgen und wie sodann die Betrüger zu strafen sein werden.« Es spricht aus diesem Erlass bereits ein Geist der Aufklärung, der sich allerdings noch nicht ganz von allen Vorurteilen frei zu machen wusste.

Der Grad des Daumstockes Prager Tortur. Aus der Constitutio Criminalis Theresiana.
Erklärung der Buchstaben.
A. Die zur peinlichen Tortur gehörigen Daumenstöcke.
B C. Zwei flache Eisen, welche hier nach der Seiten, oder eigentlichen Dicke anzusehen kommen, die mit stumpfigen in den Ecken zusammenlaufenden Knöpfen D. dergestalt besetzet, dass die oberen bei Übersammenlegung denen unteren ausweichen und nicht übereinander treffen.
E. Schraubenspindel und
F. Schraubenmutter, die die flachen Eisen zusammenhalten.
M. Ein kleiner etwas breiterer, als die Schraubenmutter, an selbe befestigter Ring, welcher als der Fuss oder Basis der Schraubenmutter anzusehen, damit selbe genau auf der Fläche des oberen Eisen passen könne.
K. Der Schraubenschlüssel, mit welchem die Schraubenmutter F an der Schraubenspindel E angezogen und die flachen Eisen dadurch aneinander gedrückt werden können.
Das obere Eisen dieses peinlichen Instruments sub A. wird in Idee vorgestellt, als ob selbes auf beiden Seiten aufgehoben werde, damit man die inwendige Lage der Eisen und der Knöpfe ersehen möge.

Noch vorgeschrittener zeigte sich »Sr. Kaiserl.-Königl. Apostolischen Majestät allergnädigste Landesordnung, wie es mit dem Hexenprozesse zu halten sei«, 1766. Hier heisst es: »Wir haben gleich bei Anfang Unserer Regierung auf Bemerkung, dass bei diesem sogenannten Zauber- oder Hexenprozesse aus unbegründeten Vorurteilen viel Unordentliches sich mit einmenge, in Unseren Erblanden allgemein verordnet, dass solche vorkommende Prozesse vor Kundmachung eines Urteils zu Unserer höchsten Einsicht und Entschliessung eingeschickt werden sollen; welch' Unsere höchste Verordnung die heilsame Wirkung hervorgebracht, dass derlei Inquisitionen mit sorgfältigster Behutsamkeit abgeführet und in Unserer Regierung bisher kein wahrer Zauberer, Hexenmeister oder Hexe entdecket worden, sondern derlei Prozesse allemal auf eine boshafte Betrügerei, oder eine Dummheit und Wahnwitzigkeit des Inquisiten, oder auf ein anderes Laster hinausgeloffen seien, und sich mit empfindlicher Bestrafung des Betrügers oder sonstigen Übeltäters, oder mit Einsperrung des Wahnwitzigen geendet haben. Gleichwie wir nun gerechtest beeifert seind, die Ehre Gottes nach allen Unsern Kräften aufrecht zu erhalten und dagegen alles, was zu derselben Abbruch gereichet, besonders aber die Unternehmung zauberischer Handlungen auszurotten, so können wir keineswegs gestatten, dass die Anschuldigung dieses Lasters aus eitlem altem Wahne, blosser Besagung und leeren Argwöhnigkeiten wider Unsere Untertanen etwas Peinliches vorgenommen werde; sondern Wir wollen, dass gegen Personen, die der Zauberei oder Hexerei verdächtig werden, allemal aus rechtserheblichen Inzichten und überhaupt mit Grunde und rechtlichem Beweise verfahren werden solle und hierinfalls hauptsächlich auf folgendem Unterschied das Augenmerk zu halten sei: Ob die der bezichtigten Person zur Last gehenden dem Anschein einer Zauberei oder Hexerei und dergleichen an sich habenden Anmassungen, Handlungen und Unternehmungen entweder 1. aus einer falschen Vorstellung und Erdichtung und Betruge, oder 2. aus einer Melancholei, Verwirrung der Sinnen oder Wahnwitz, oder aus einer besonderen Krankheit herrühren, oder 3. ob eine Gottes und ihres Seelenheils vergessene Person solcher Sachen, die auf ein Bündnis mit dem Teufel abzielen, sich zwar ihres Ortes ernsthaft, jedoch ohne Erfolg und Wirkung unterzogen habe, oder ob endlichen 4. untrügliche Kennzeichen eines wahren, zauberischen, von teuflischer Zutuung herkommen sollenden Unwesens vorhanden zu sein erachtet werden.«

Für den ersten Fall sind entsprechende Leibesstrafen angesetzt, für den zweiten, Einweisung in ein Irrenhaus oder Hospital, für den dritten die strengste Leibesstrafe oder auch Todesstrafe. Was jedoch den vierten Fall betrifft, so wird bestimmt: »Wenn endlich viertens aus einigen unbegreiflichen übernatürlichen Umständen und Begebnissen ein wahrhaft teuflisches Zauber- und Hexenwesen gemutmasst werden musste, so wollen Wir in einer so ausserordentlichen Ereignisse Uns selbst den Entschluss über die Strafart eines dergleichen Übeltäters ausdrücklich vorbehalten haben; zu welchem Ende abgeordnetermassen der ganze Prozess an Uns zu überreichen ist.« Einen weiteren Fortschritt verzeichnet diese Verordnung, indem sie die Wasserprobe, Nadelprobe und dergleichen aufhebt und für die Tortur bestimmte Regeln vorschreibt. Es ist dies eines der merkwürdigsten Dokumente für die Erforschung der Geistesströmungen der Zeiten. Wir sehen hier die Anschauungen einer Vergangenheit mit der einer neueren, aufgeklärteren Epoche vereint auftreten, Bemühungen der einen gerecht zu werden, ohne der andern ganz zu entsagen. Vielleicht übrigens ist diese Doppelheit auf den Umstand zurückzuführen, dass, wie wir aus Sonnenfels Schrift bereits ersehen haben, die Meinungen im kaiserlichen Rate geteilt waren und schliesslich bei der Ausarbeitung der Verordnung beide Richtungen zum Ausdrucke gelangten. Auch könnte es sein, dass die Beschliesser über diese Verordnung zwar selbst dem Geist der neuen Zeit sich zuneigten, es aber aus staatspolitischen Gründen nicht für gut gehalten haben mochten, dem Volke gegenüber unumwunden die Einfältigkeit der bisher in Achtung und Geltung gestandenen Ansichten einzuräumen.

Vorstellung auf was Weise, und auf welchem Platz des unteren flachen Eisen die Daumen des Inquisiten zu legen. – Prager Tortur. – Aus C. C. Theresiana.
Erklärung der Buchstaben:
M. N. Das untere flache Eisen von den Daumstöcken, worauf der Ort angedeutet zu sehen, wohin die Daumen Y. zu legen sind.
R. Ende des ersten Glieds des Daumens.
Y. Die beiden Spitzen der Daumen.

Ähnliches lässt sich wohl auch von der bald darauf erschienenen sogenannten Theresiana sagen, deren voller Titel lautet: » Constitutio Criminalis Theresiana, oder der Römisch-Kaiserl. zu Hungarn und Böheim etc. etc. Königl. Apost. Majestät Mariä Theresiä, Erzherzogin zu Österreich etc. etc. peinliche Gerichtsordnung«, Wien 1769. Von diesem Gesetzbuch, mit dem wir uns hier nun ausführlich beschäftigen wollen und das bereits wiederholt Erwähnung fand, sind im allgemeinen die Meinungen geteilt. Die einen halten es für einen legislatorischen Fortschritt zum Guten, der alles Lob verdiene, die andern wieder für den letzten kurzlebigen Versuch – die Theresiana bestand nur wenige Jahre in Kraft – einem hinfälligen, grausamen, mit Tortur und dergleichen ausgestatteten Rechtsverfahren neues Leben einzuhauchen. Beide Anschauungen haben manches für sich, doch dürfte es wohl besser sein, der ersten, hoffnungsvolleren sich zuzuneigen, im ewigen, unerschütterlichen Glauben an die Macht der Zeit, an das Vorwärtsschreiten der Menschheit, mag diese auch mehr als sie zugeben will bei den Vorurteilen der Vergangenheit beharren und durch Wort und Werk zuweilen den Anschein geben, als mache sie Rückschritte.

Entwurf der Anlegung der Daumstöcken, mit den dazu nötigen Personen. Prager Tortur. – Aus C. C. Theresiana.
Erklärung der Buchstaben:
A. Der Inquisit, welchem dieser Grad der Tortur gegeben wird.
B. Der Scharfrichter, der mit einer Hand die Daumstöcke haltet, mit der andern aber den Schraubenschlüssel um die Eisen zusammen zu ziehen.
C. Der den Inquisiten rückwärts haltende Henkersknecht, um die starken Bewegungen des Leibes zu verhüten.
D. Der andere Henkersknecht, welcher die Daumstöcke von der entgegengesetzten Seite des Scharfrichters hält, damit selber um desto leichter zuschrauben könne.
E. Des Inquisiten Hände.
F. Des rückwärts haltenden Henkersknecht C. seine beiden Hände.

Die Einleitung der Theresiana lautet, mit Kürzung des Titels und in unserer heutigen Rechtschreibung wiedergegeben: »Wir Maria Theresia von Gottes Gnaden römische Kaiserin, Wittib, Königin von Hungarn, Böheim, Dalmatien, Kroatien, Slavonien, etc., Erzherzogin von Oesterreich etc. Entbieten allen und jeden in Unseren königlich-böheimischen, nieder- inner- ober- und vorder-österreichischen Erblanden sich befindenden hoch- und niederen Gerichtsstellen, Stadt- und Landrichtern, Halsgerichten, Landgerichtsinhabern, und Verwaltern, wie überhaupt all Unseren treugehorsamsten Untertanen und Insassen, wes Würde, Standes, oder Wesens dieselbe sind, Unsere Gnad, und fügen hiermit männiglich zu wissen:

Demnach Wir unter anderen Unserer Regierungssorgen nicht allein bei ruhigen Friedens- sondern auch den beschwerlichen Kriegszeiten das vorzügliche Augenmerk beständig dahin gerichtet, damit in Unseren Erblanden vor allem die Ehre Gottes sowohl durch Einführ und Beibehaltung guter Sitten, und tugendhaften Wandels, als auch durch Vorbieg- und Ausrottung aller Gott beleidigenden und landesverderblichen Lastern fortgeflanzet, hiernach auch die, das gemeine Wesen alleinig erhaltende heilsame Justiz mittelst Schützung des Guten, dann Abwend- wie auch Bestrafung des Bösen sorgfältigst verwaltet werde.

Und nun Wir während Unserer Regierung beobachtet haben, dass dem ordnungsmässigen Lauf der Justizpflege in Malefizangelegenheiten meistenteils nachfolgende Behinderungsursachen im Weg gestanden.

Erstlich: Weilen fast in einem jedweden Unserer Erblanden ein anderes sowohl in der Verfahrungsart, als in der Bestrafung der Verbrechen grossen Teils unterschieden peinliches Recht eingeführet ist, und nach Verschiedenheit Unserer Landen, teils nach Carolinischen, teils nach der Ferdinandischen, teils nach der Leopoldinischen, teils nach der Josefinischen Halsgerichtsordnung, und einiger Orten nach ihren alten Landesgesetzen, und endlich in Vorfallen, wo das Landesgesetz dunkel oder mangelhaft ist, nach dem Römerrecht vorgegangen wird, welche so grosse Ungleichheit der Länderechten sowohl Uns selbst als Unsere Hofstellen bisher um so beschwerlicher hat fallen müssen, da Wir und Unseren Hofstellen andurch in die Notwendigkeit versetzet worden, bei jeder nach Hof eingelangten Kriminal-Vorfallenheit nach Unterschied des Landes ein ander und anderes Recht vor Augen zu haben; wo doch im Gegenspiel nichts natürlicher, billiger und ordentlicher, auch Justiz beförderlicher sein kann, als dass zwischen verbündeten Erblanden unter einem nämlichen Landesfürsten ein gleiches Recht festgestellet, und andurch Unsere Räte, Unsere Rechtsgelehrten, und gesammte erbländische Untertanen im Stande gesetzet werden, dass, wenn sie nach erheischender Notdurft in diesem, oder einem anderen Unserer Erblanden zu einer so beschaffenden Dienstleistung angestellet werden, oder um besseren Nutzen, und Bequemlichkeit willen ihren Wohnsitz aus einem in ein anderes Unserer Erblanden übertragen, aller Orten diensttauglich sein können, und nicht immerhin ein ander und anderes besonderes Landrecht mit grosser Beschwerlichkeit zu erlernen bemüssigt sein. Andertens, befindet sich in vorbemeldeten Halsgerichtsordnungen ein gar merklicher Abgang teil an einigen Hauptmaterien, welche zur Vollständigkeit einer peinlichen Gerichtsordnung unumgänglich erforderlich sind; teils an ausführlicher Abhandlung der rechtlichen Anzeigungen, dann deren ein jegliches Verbrechen beschwerenden oder milderenden Umständen; hauptsächlich aber an den nötigen Unterricht: welchergestalten, mit was Ordnung und Vorsichten jeglicher Gattung der Kriminal-Verfahrungen von Anfang bis zum Ende Rechtsbehörigermassen auszuführen sei? und ob zwar drittens: zur Ersetzung und Verbesserung diese Abgängen sowohl Unsere löblichste Vorfahren, als Wir selbst von Zeit zu Zeit zahlreiche Kriminal-Novellen erlassen haben, so sind doch diese Nachtragsgesetze, zumalen selbe in keine ordentliche Sammlung zusammengetragen worden, denen neu angehenden Richtern grossenteils unbekannt geblieben; wo anbei die schon berührte Beschwerlichkeit mit unterlaufet, dass die Nachtragsgesetze in Gleichförmigkeit der in jedwedem Land schon bestehenden besonderen Halsgerichtsordnungen eingerichtet und ausgemessen worden, somit die Ungleichheit der erbländischen Malifizordnungen nach dem Unterschied Unserer Erblanden auch auf die Ungleichheit der nachgefolgten Novellen den nötigen Einfluss gehabt habe; folgsam die genaue Uebersicht so vieler erbländischer ungleicher Malefiz-Satzungen sowohl Uns selbst, als Unseren Hofstellen über die Massen mühsam und von behöriger Beförderung der Malefizangelegenheiten sehr behinderlich worden sei.

Eigentlicher Entwurf, der die Anlegung des Grads der Schnürung mit den benötigten Personen vorstellet.
Prager Tortur. – Aus C. C. Theresiana.
Erklärung der Buchstaben.
A. Sind beide zusammengelegte Hände.
B. Ist das Knöchel bei dem Handgelenke.
C. Der Ort vor des Ellbogens Bug, wo die Schnürung aufhört.
D. Carpus, die Handwurzel, in welcher die Schnürung oder Umschlingung der Schnur geschiehet folgender gestalten:
Imo. Des Inquisiten P. beide Hände werden durch den vorwärts stehenden Henkersknecht E. in der Gleichheit zusammengehalten und ausgestrecket. 2do. Um die Bewegung einzuschränken, haltet der in K. stehende Henkersknecht den Inquisiten um den Leib. 3tio. fasset der Scharfrichter F. mit der Schnur in dem Carpus, oder der Handwurzel, unter dem Knöchel in dem Handgelenke, und zwischen beiden Juncturen (wo die Schnur die Haltung haben muss) die beiden Hände, welche Schlingung hier nicht sehr zusammengezogen wird, weil dieses zur Verhütung einer Lähmungsgefahr wohl zu beachten ist. Dann wird die Schnur X. von hier unter dem Knöchel um die blossen Arme auf ein Finger weit von einander in der Tiefe nach Complexion lediglich bis C. vor dem Bug des Ellbogens, wo die beiden Arme zusammenstossen müssen, langsam herum gewunden, und jedesmal wohl angezogen, damit das Fleisch H. zwischen der Schnürung hervorsteigen tue.

Um also diese und andere dergleichen, der heilsamen Justiz-Verwaltung zu grossen Abbruch und Verzögerung erreichende Hindernisse und Gebrechen aus dem Weg zu räumen, und damit das Malefizwesen sowohl in der Veranlassung und Einleitung, dann gänzlichen Abführung der Kriminal-Prozesse, als auch in der Aburteilung der Uebeltäter und Vollstreckung der peinlichen Urteile in allen Unseren deutschen Erblanden durchgehends, so viel möglich, nach einerlei rechtlichen Grundsätzen, und mit einer gleichen Verfahrungsart gebührend abgehandelt werde.

Also haben Wir in solcher gerechtesten Absicht eine eigene Hof-Commission sub Praesidio Unseres wirklichen Geheimen Rats, Ritters des goldenen Vliesses, und Unserer obersten Justiz-Stelle Vice-Präsidenten Michael Johann Grafen von Althann mit dem allergnädigsten Auftrag zusammengesetzt, auf dasselbe die bishero bestandenen verschiedenen Kriminal-Ordnungen nebst den diesfälligen Nachtragsgesetzen vor Augen haben, das natürlichste und billigste hieraus wählen, die Abgänge und Gebrechen notdürftig verbessern, somit eine neue, auf die gemeine Wohlfart Unserer Erblanden eingerichtete gleichförmige peinliche Gerichtsordnung verfassen und Uns sodann zu Unserer höchsten Einsicht und Landesmütterlichen Entschliessung allergehorsamst vorlegen solle; welche Uns dann auch jüngsthin alleruntertänigst vorgelegt worden ist.

Und zumalen Wir solche uns überreichte verbesserte Halsgerichtsordnung gnädigst eingesehen, und so gründlich als ordentlich verfasst zu sein befunden, so wollen Wir dieselbe nach gepflogenem zeitigem Rat, mit rechtem Wissen und aus Landesfürstlicher Machtvollkommenheit in der Mass, Weise und Gestalt, wie selbe von Artikel zu Artikel hernach folget, hiermit gnädigst bestättiget, und solche untereinstens Unseren gesammten Deutschen Erblanden zur rechtlichen Richtschnur, wonach sich in allen Kriminal-Verfallenheiten zu richten sei, gesetzgebig vorgeschriebene, zugleich über alle vorhero in Malefizsachen ergangenen Satzungen und Ordnungen, Gebräuche, Herkommen und Gewohnheiten, so dieser Unserer allgemeinen Halsgerichtsordnung zuwiderlaufen, allerdings aufgehoben und abgetan, anbei ernstgemessenst anbefohlen haben, dass in Malefiz-Handlungen dieser Unserer verneuerten Halsgerichtsordnung allein, und was Wir etwa sonst fürs Künftige in einem oder anderem vorkommenden Rechtsfall zu weiterer Erklärung dieser Unserer gesetzgebigen Ausmessung anordnen dürften, unverbrüchig nachgelebt werden. Die Verbindlichkeit dieses Unseres Kriminalrechts aber nach einem Jahr von Zeit dessen beschehener öffentlichen Kundmachung ihren Anfang nehmen solle.

Entwurf der beiden zusammengelegten Armen. Prager Tortur. – Aus C. C. Theresiana. Erklärung der Buchstaben.
A. Die nötige Zusammenfügung und eigentliche Lage der Hände bei wirklich vorzunehmender Schnürung.
B. Knöchel der Hände bei dem Handgelenke, als welcher die Weitung der Schnur verhindern muss.
C. Vor des Ellbogens Bug befindlicher Ort, in welchem die Schnürung aufhört.
D. Gelenk der beiden Carporum oder Handwurzeln, in welcher die Schnur festgemacht wird, samt der behörig angelegten Schlingen.
H. Das zwischen jeder angezogenen Schnur hervorstehende Fleisch.
X. Die wirklich schon umwundene und angezogene Schnur.

Wir gebieten solchem nach allen Eingangs gedachten, Unseren deutsch-erbländischen Untertanen und Insassen hiermit gnädigst und nachdrücksamst, dass dieselben dieser Unserer peinlichen Gerichtsordnung in allen Vorfällen bei ansonst auf sich ladender schwerer Verantwortung, sich unverbrüchig und gehorsamst nachachten, besonders aber allen hoch und niederen Gerichtsstellen und Obrigkeiten, dasselbe ob dem Vollzug und durchgängig genauen Beobachtung dieses Unseres allgemeinen Kriminalrechts feste Hand halten, und niemand gestatten sollen, dass auf einige Weise dawider gehandelt werden möge. Gegeben in Unserer k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, den letzten Monatstag Decembris, im siebzehnhundertachtundsechszigten, Unserer Reihe im neunundzwanzigsten Jahre. – Maria Theresia. – Rudolphus Comes Chotek, Regae. Bohae. Suprus. & A. A. prus. Cancius.«

Von dem Inhalt dieses Gesetzes kann hier natürlich fast nur das in Betracht kommen, was mit der Anwendung der Tortur, sowie dieses selbst unmittelbar in Verbindung steht. Einige Illustrationen sind, wie von Fall zu Fall angemerkt ist, ebenfalls diesem Gesetzbuch entnommen. Der erste § des ersten Artikels besagt was ein Verbrechen sei: »Ein Verbrechen ist, wenn von jemanden wissentlich und freiwillig entweder, was durch die Gesetze verboten unternommen, oder was durch die Gesetze geboten ist, unterlassen wird. Es ist demnach ein Verbrechen nichts anderes, als ein gesetzwidriges Tun und lassen, so folgsam durch Tathandlung oder Unterlassung begangen wird.« Bemerkenswert ist hier, dass dieses für sehr streng eingeschätzte Gesetz somit eine Strafwürdigkeit aus Fahrlässigkeit, wie sie in unserer neuen Gesetzgebung festgestellt wird, nicht kennt. Dieser Artikel sondert ferner öffentlich von privaten Verbrechen u. erklärt, dass nur erstere den peinlichen Gesetzen unterliegen. Der fünfte Artikel teilt die Lebensstrafen in härtere u. gelinderte. Die härteren für überschwere Verbrechen bestehen in Verbrennung, Vierteilung und Tod durch das Rad von untenhinauf, wobei noch Verschärfung der Strafe durch Schleifung zur Richtstätte, Reissen mit glühenden Zangen, Riemenschneiden, Zungenabschneiden u. Nackenausreissen zulässig war. Auch sonst wird die härtere Todesstrafe durch einige Zutaten, wie Handabschlagen oder schändende Schaustellung des ganzen Leichnams oder eines Körperteils des Hingerichteten zur Geltung gebracht. § 5. Einige härtere Todesstrafen, als das Ertränken, das Schinden, das lebendig Vergraben, das lebendige Pfählen etc., wie auch das Vierteilen u. Radbrechen der Weibsbilder, sind in diesen Landen nicht gewöhnlich, es ist sich deren auch künftig nicht zu gebrauchen; eben also ist sich auch des Spiessens (ausser in Aufruhren u. Landesverrätereien) noch ferner zu enthalten. – § 6. Die gelinderen oder gemeinen Todesstrafen beschehen durch den Schwertschlag u. den Galgen ohne eine beigefügte anderweitige Strafverschärfung. Das Henken ist jedoch im Ansehen der Weibspersonen nicht gebräuchig, sondern dieselben werden anstatt des Strangs mit dem Schwert hingerichtet. – § 7. Der Todesstrafe wird gleich geachtet die Verurteilung zum ewigen Gefängnis, welche aber gemeiniglich nur durch Unsere höchste Verordnung im Wege der Gnaden anstatt einer verdienten Todesstrafe verhängt wird. Der Todesstrafe ist auch gleich zu schätzen, da einer mit Leib u. Leben jedermänniglich preisgegeben u. vogelfrei erklärt wird.«

Entwurf der vollkommenen Ausdehnung des Inquisiten, wie selber auf der Leiter etwas seitwärts anzusehen ist. Prager Tortur. – Aus C. C. Theresiana. Erklärung der Buchstaben.
A. Der Inquisit, wie selber in vollzogener Ausdehnung auf der Folterleiter zu sehen ist.
B. Der Scharfrichter, welcher die linke Hand unter des Inquisiten Rücken, die Rechte aber bei dem Bändel der Beinkleider festhaltet, damit selber nicht jählings bei geschehener Ziehung hinunter rutsche, und ihn zugleich während der Ziehung in den letzten Minuten hin und her bewege, damit die Ausdehnung bis zu dem vollkommenen Grade gleichförmig geschehe.
C. Schulterhöhe, Summum humeri.
D. Die Flächsen des grossen Brustmuskels, welcher die Achselhöhle verdecket.
E. Der nach vollendeten Grad vorwärts anzusehende Inquisit.
F. Der die Walzen festhaltende Knecht.
G. Der rückwärts stehende und den Inquisiten die Füsse vorwärts schiebende Knecht.
H. Der Inquisit, wie selber nach vollkommener Ausdehnung seitwärts anzusehen.
K. Die angebundenen Hände des Inquisiten in allen drei Vorstellungen.
M. Die vier Handhebel am Ende der Walzen.
O. X Die Höhe von der Erde bis zum Loch, wo die Leiter aufliegen muss, beträgt 11 Schuh. 10 Zoll.

Was die Leibesstrafen betrifft – die Erörterung der Strafen überhaupt scheint uns hier zur richtigen Einschätzung der damaligen Tortur rätlich – so wurden sie eingeteilt in solchen, die Körperschmerz verursachen: Staupenschlag, Brandmarkung, Verstümmelung an Gliedmassen, Karbatschhiebe und Stockstreiche; zweitens in Strafen durch Zwangsarbeit, drittens, wodurch jemand zur öffentlichen Schande leiblich ausgestellt wird, und endlich viertens, »sind auch zwee Strafen heran zu ziehen, welche die Freiheit des Aufenthalts an gewissen Orten benehmen oder einschränken.« Wir sehen also, dass die Strafen sich keineswegs durch Milde auszeichneten. Als merkwürdig kann noch hervorgehoben werden, dass das Gesetz es für nötig findet, ausdrücklich anzuordnen (Artikel VI, § 3), »dass man die Ruten nicht vergiften, weder solche Strafe durch anderwärtige Mittel, oder nach Willkür des Freimanns wider das Urteil verschärfen lassen solle.« Ferner finden wir ausserordentliche und willkürliche Strafen (VII), die für gewisse Fälle dem Ermessen des Richters überlassen werden und Geldstrafen (VIII), neben Einziehung des Vermögens.

Artikel XVIII beschäftigt sich mit dem Blut- oder Halsgericht überhaupt: § 1. Ein Blut- Hals- oder Landgericht ist das Recht und Macht in peinlichen Sachen überhaupt, und Gut und Blut der Menschen zu richten. »§ 2. Zu gebührender Ausübung dieses Rechts sind die Blutgerichte befugt und liegt ihnen auch von amtswegen ob, auf die Missetäter nachzuforschen, den Uebeltätern mit rechtlicher Gewalt nachzustellen, selbe zu ergreifen, gefänglich einzuziehen, gütlich oder wo es von nöten peinlich zu befragen, in solchen Sachen zu urteilen und die Vollziehung der Urteile zu verordnen, alles auf Mass und Weise wie in dieser Halsgerichtsordnung vorgeschrieben ist.« Damit ist also diesen Gerichten die Berechtigung vor Vornahme der Tortur gegeben gewesen. Von der Kompetenz des Halsgerichts und somit auch von der Tortur frei waren nach XIX, 13: »Erstlich unsere Minister, Personen von Unserem Hofstaat und unmittelbaren Hofstellen, von fremden Gesandtschaften auch Hofbefreite, Künstler und Gewerbführer von Unserem Hoflager.

Andertens: Die wirklichen Landleute Herren und Ritterstandes nach Massgabe der den Landesständen verliehenen Privilegien.

Drittens: Unsere Räte und Beamte, ausländischen Standespersonen, auch jene ansehnlichere Personen, welche unter den adeligen Gerichtsstand gehörig sind.

Viertens: Geistliche;

Fünftens: Unsere Kriegsleute und alle jene, welche nach Inhalt der von Uns zwischen den deutscherbländischen Civil- und Militär-Stellen gesetzgebig ausgemessen untern 31. Dezember 1762 erlassenen Jurisdictionesnormae der Militär-Gerichtsbarkeit untergeben sind.

Sechstens: Die wirklichen Studenten und alle jene akademischen Mitglieder, Kunstverwandte und Freiheitsgenossen, welche der Universitäts-Gerichtsbarkeit unterworfen sind, haben auch in Malenzsachen daselbst Urteil und Recht zu nehmen, alle nach Maass der den hohen Schulen erteilten Freiheiten und nachgefolgter zielgebigen Verordnungen.« Diese Ausnahmen wollen nur besagen, dass die Betreffenden diesen Rechtssatzungen nicht unterstehen. Es ist jedoch keineswegs damit auch bestimmt, dass sie überhaupt nicht der Tortur nicht unterzogen werden könnten, sofern die Bestimmungen ihrer zuständigen Gerichtsbarkeit die peinliche Frage zuliessen. Bei dem Prozess herrschte das Inquisitions-Verfahren. Artikel XXVII § 1 schreibt hierzu vor: »Ohne rechtmässige Inzichten oder Anzeigungen kann weder mit der Spezial-Inquisition, vielweniger mit der Verhaftnehmung, scharfen Frage oder eine Aburteilung vorgegangen werden; es haben demnach die vorgehenden redlichen Anzeigungen gegen eine gewisse Person als vermutlichen Täter allemal zu ersterwähnten Malenzverhandlungen den Grund zu legen. – § 2. Rechtmässige Anzeigungen sind lauter solche Umstände, welche zwischen der begangenen Tat und dem Täter einen schicksamen Zusammenhang haben, also, dass hieraus ein vernünftiger Argwohn und Vermutung entspringet, kraft dero man einen wahrscheinlichen und zuweilen ganz bündigen Schluss auf eine gewisse Person als den Übeltäter machen könne. – § 3. Diese Anzeigungen, Argwohn und Vermutungen pflegen teils aus der Tat selbst, teils aus der Person des verdächtigen Täters, oder des Beschädigten, und sonderheitlich aus den Umständen des Orts, der Zeit, der Art, der Gelegenheit, und teils aus anderen Sachen, als vom Hörensagen, vom Sehen, aus einer Schrift, Zeichen oder einige Werkzeuge, mit welchen die Untat verübt worden, herrühren, und lassen sich ihrer Unendlichkeit halber nicht eigends bestimmen, sondern es kommt hierinfalls das meiste auf das vernünftige Ermessen des Richters an.

Entwurf des Grades der peinlichen Tortur des Feuers. Prager Tortur. – Aus C. C. Theresiana.
Erklärung der Buchstaben.
A. Der Inquisit, wie selber von der Seite in vollzogener Ausdehnung bei diesem Grad des Feuers, auf der Folter anzusehen kommt.
B. Der Scharfrichter, welcher auf der Leiter steht, dass selber des Inquisiten Füsse zwischen den seinigen habe und mit dem rechten unten auf den Sprossen aufstehet, mit dem linken Fuss aber auf den Sprossen kniet. In beiden Händen haltet er zwei angezündete Buschen Unschlittkerzen F., deren jeder aus zusammengebundenen Kerzen besteht und fahret mit selben dem Inquisiten auf die beiden Seitenteile der Brust, oder latera pectoris in der mittleren Gegend zwischen der Achsel und der Weiche (oder Ilia) in der Rundung 3 bis 4 mal beiderseits zugleich herum.
C. Die Achselhöhle, so von der rückwärts gedrehten Schulterhöhe verdeckt.
D. Die Weichen oder Ilia.
E. Die beiden Warzen, welche mit der Brennung verschont werden müssen.
F. Die zwei angezündete und etwas schief an den Leib des Inquisiten zu haltenden Buschen Unschlittkerzen, welche dergestalt angehalten werden müssen, damit die in dem brennenden Buschen befindliche erste Kerzen mit dem Docht an den Leib des Inquisiten angehalten, von den übrigen aber die Flammen auf die zu brennenden Teile frei spielen können; diese Brennung, so auf beiden Seiten gleichsam durch 3 runde Zirkeln L vorgestellt wird während der ausgesetzten Zeit der Peinigungsart 10 bis 11 mal wiederholt.
G. Der die Handhebel der Walze festhaltende Knecht, damit sich selbe nicht umdrehe.
H. Der Inquisit, wie selber nach vollzogener Brennung seitwärts zu sehen ist.
K. Der von vorne anzusehende Inquisit nach vollzogener Brennung.
L. Die in allen drei Vorstellungen A K und H des Inquisiten gebrannte Flecke oder Zirkeln.
M. Der rückwärts stehende Knecht, der im Erforderungsfall die Lichter abputzet.

§ 4. Je mehr, je natürlicher, je begreiflicher durch solche sich hervortuende Umstände die Verknüpfung zwischen der Tat und dem verdächtigen Täter sich darstellt, desto wahrscheinlicher und näher wird der Verdacht und Vermutung; dahero auch die Anzeigungen dreierlei sind: nämlich die entferntere, die sehr nahe, auch die allernächste. Die erstere sind, welche zwar öfters, jedoch nicht allemal auf das Verbrechen zutreffen, sondern zuweilen fehlen und also hieraus kein sicherer Schluss von der Tat auf den Täter gefolgert werden kann. Die anderen hingegen sind jene, die mit dem angebrachten Verbrechen meistenteils genau verknüpfet sind und eben darum entgegen die Person, so hiermit beschwert ist, einen bündigen Vermutungsgrund an Händen geben. Von welch letzteren Anzeigungen auch einige, nämlich die dritte Gattung, so geartet sind, dass sie als allernächste und fast unzweifentlich geachtet werden können und wenigstens einen halben Beweis ausmachen.« Wie aus dem Angeführten zu ersehen ist, begnügt sich die Theresiana nicht nur damit, Gesetze zu verzeichnen, sondern bildet auch eine Strafprozessordnung und liefert auch sozusagen juristische Commentare, wie sie sonst nur von dem Lehrstuhl der Universität her zu vernehmen sind. Auf die mangelhaften und zweifelhaften Anzeichen der Täterschaft übergehend, wird bemerkt: »§ 10. Solche unechte Anzeigen und Argwöhnigkeiten sind zweierlei. Einige, die an sich selbst zwar ganz unzugänglich, jedoch zu dem schon vorhandenen anderweitigen Beweis in etwas behilflich sind; andere hingegen, die ihres gänzlichen Ungrunds halber allerdings zu verwerfen kommen. Zu den beihelflichen Anzeigen gehört unter anderen all jenes, was von der Gesichtsbildung, Geburt, Nation, Herkunft, Anverwandtschaft, Profession, Religion, Leibeszeichen, Gemütsbeschaffenheit, Veränderung der Farbe des Angesichts, stammelnder Sprache, wie auch von Zittern, Beben und dergleichen herrührt. Jetzt bemeldete Umstände treffen zwar öfters mit einem Verbrechen zusammen, pflegen aber vielmal zu betrügen und haben an sich selbst keine rechte Verknüpfung mit den Lastertaten; sie machen demnach für sich selbst keine rechtmässige Anzeigung aus, sondern sind nur blosse Nebenbehelfe und wirken so viel, dass eine bereits vorhandene rechtliche Anzeigung dadurch gestärkt oder geschwächt werde.

Entwurf der Anlegung der Schraubstiefel. Prager Tortur. – Aus C. C. Theresiana.
Erklärung der Buchstaben.
A. Der auf einen Stuhl H sitzende Inquisit.
B. Der Scharfrichter, welcher mit der linken Hand den Fuss des Inquisiten hält, mit der rechten aber den Schraubenschlüssel umdreht und dadurch die beiden Teile der Schraubstiefeln aneinander zieht.
C. Der neben der linken Seite des Scharfrichters knieende und dem Inquisiten seinen rechten Fuss in der Lage hallende Knecht.
D. Der hinter dem Inquisiten stehende Knecht, welcher demselben die beiden Hände auf der Brust kreuzweise zusammenhält.
E. Der Ort, wo die Anlegung des oberen Eisens, so einen starken Mannszoll tief unter der Kniescheibe geschehen muss, weil ansonsten, sofern das Eisen an der Kniescheibe zu liegen kommt, das Band der Kniescheibe oder Ligamentum patelae gedrückt würde, wodurch die Artikulation des Kniees selbst Gewalt leidete, folglich eine Extravasation in der Höhle der Knieartikulation entstände, wodurch eine Steifheit oder Anchylosis erfolgete.
F. Der Ort oberhalb dem Knöchel, wo das Ende der Eisen aufzuliegen kommt,
G. Eine halbe Elle hoher Schemmel, worauf die beiden Füsse des Inquisiten vorwärts gerade ausgestreckt mit den Färsen aufzuliegen kommen.
H. Ein Lehnstuhl, so eine Elle hoch ist.
K. Die beiden Hände des Inquisiten, so von dem rückwärts stehenden Knecht D. zusammengehalten werden.

§ 11. Was sich hingegen nur auf abergläubische oder zauberische Künste, Bluten der entseelten Körper, Wahrsagereien, überirdische Offenbarungen, Aussage besessener Leute oder Gespenster, öffentliche Pasquillen und unter verdecktem Namen übergebene Beschuldigungen gründet, oder sonst ohne natürlichen Grund oder Wahrscheinlichkeit angebracht wird, kann von Rechtswegen nicht einmal einen Behelf, umsoweniger eine redliche und rechtmässige Anzeigung ausmachen, und sollte hierauf mit keiner Inquisition, geschweigens weiter verfahren werden.

§ 12. Da hiernächst der Unterschied zu wissen ist, was für Anzeichen zur Nachforschung und was für einige zur Inhaftirung, das was für einige zur Tortur nötig und erklecklich seien, so kann zwar überhaupt zur Richtschnur genommen werden, dass zur blossen Spezial-Inquisition auch die entferntere doch redliche Abneigung hinreichend; dahingegen zur gefänglichen Einziehung nahe, und zur scharfen Frage allernächste Anzeichen und Vermutungen erforderlich sind. Wir haben aber gleichwohl um den Unterschied der entfernteren, der nahen und der allernächsten Anzeigungen desto begreiflicher zu machen, somit zu deutlicheren Unterricht der peinlichen Richter, in dieser allgemeinen Halsgerichtsordnung die Sache dahin eingeleitet, dass zu Ende dieses Artikels die gemeinen Anzeigungen zur Inquisition, den im 29. Artikel die gemeinen Anzeigungen zur Verhaftnehmung, und endlich im 38. Artikel die gemeinen Anzeigungen zur peinlichen Frage, und zwar nur beispielsweise, weil alle verdächtige Fälle und Umstände zu beschreiben nicht möglich; und endlich in dem anderten Teile bei jedweder Missetat auch die dahin einschlagenden sonderbaren Anzeigungen angeführt werden.

§ 13. Es werden demnach hierorts Beispiele von gemeinen Anzeigungen zur Spezial-Inquisition beigerückt. Wobei vor Allem zu merken, dass zur Inquisition, sonderlich gegen herumstreichende schlechte Leute, zu denen man sich der Tat wohl versehen kann, sogar starke und nahende Anzeigungen nicht von nöten, sondern gemeine Vermutungen genug seien.

Dergleichen sind:

Erstlich: Auch eines einzigen Zeugen Aussage, obgleich sonstens wider ihn Bedenken vorfielen.

Andertens: Das gemeine Geschrei, so von etlichen unverdächtigen, ehrlichen Leuten herkommt, und öfters wiederholt wird, giebt auch eine gute Anzeigung bevorab, wenn der Verdächtige eine solche Person ist, welche auch dergleichen vor diesem mehr begangen hat, oder derentwegen sehr verdächtig gewesen ist.

Drittens: Wenn ein Täter auf einen, ohne Frage gütlich und freiwillig ausser der Pein bekennet.

Viertens: Hierher sind zu ziehen alle nachfolgenden Wahrzeichen und Vermutungen zum Gefängnis und zur peinlichen Frage; denn eine Vermutung, so zu Gefängnis und Tortur genug, ist vielmehr zur Inquisition erheblich.«

Der bemerkte 29. Artikel handelt »von der gefänglichen Einziehung und denen hierzu erforderlichen Anzeigungen«. Es ist dies ein bemerkenswerter Artikel, der in Einzelnem sogar unserer heutigen Gesetzgebung oder Praxis bei der Untersuchungshaft zum Muster dienen könnte, von dessen völligen Wiedergabe wir jedoch hier absehen müssen. Es sei nur angeführt §12, der älteren ähnlichen Bestimmungen ziemlich gleich kommt: »Zumalen aber zur gefänglichen Einziehung vor allem erforderlich, dass man hiezu genügsam Anzeigung habe, als werden derenselben einige gemeine Beispiele, die fast bei allen Lastern eintreffen können, hier angeführt, als nämlich:

Erstens: Wenn der Verdachte eine solche verwegene oder leichtfertige Person von bösem Leumund und Gerücht ist, dass man sich der Missetat zu ihm versehen möge; oder

Andertens: da er dergleichen Missetat zu üben sich vormals unterstanden oder wirklich geübt und man ihn derselben glaubwürdig bezügen.

Drittens: Wenn er an gefährlichen und zu der Tat bequemlichen Orten oder Zeiten gefunden worden.

Viertens: Wenn ein Täter in der Tat, oder dieweil er auf dem Wege dazu oder davon gewesen, gesehen worden, oder eine solche Gestalt, Kleider, Waffen, Pferd und anderes habe, als wie der Täter bemeldetermassen gesehen worden.

Fünftens: Wenn der Verdachte bei solchen Leuten, die dergleichen Missetat üben, Wohnung oder Gesellschaft hat.

Sechstens: wenn er des Beschädigten Feind und grosser Missgönner gewesen, ihm vorher gedroht, oder aber einen grossen Nutzen von der Missetat zu gewarten hat.

Siebentens: wenn ein Verletzter oder Beschädigter aus guten Ursachen jemanden der Missetat selbst zeihet, darauf stirbt, oder bei seinem Eide beteuert.

Achtens: wenn jemand einer Missetat halber flüchtig wird.

Neuntens: wenn ein Übeltäter auf einen andern in und ausser der gütlichen oder peinlichen Frage bekennt, von welchem die Übeltat wohl zu vermuten, er auch deswegen im Verdacht oder Geschrei ist. Um so weniger ist

Zehntens: mit der gefänglichen Einziehung anzustehen, wenn ein untadelhafter Zeuge auf jemanden, der der Täter sei, von eigenem Wissen aussaget. Wie denn auch

Elftens: jenen Falles, wenn der Täter sich selbst freiwillig angegeben und keine Sinneverrückung bei ihm zu verspüren ist, derselbe auf sotane Angabe gefänglich angenommen werden soll. Überhaupt aber ist

Zwölftens: anzumerken, dass im Fall der Richter noch nicht gar genügsame Anzeigen zur Verhaftung hatte, doch deren inne zu werden verhofft, er sonderlich bei solchen Leuten, denen der Arrest oder Gefängnis an ihren Ehren verkleinerlich ist, von weiten auf dieselbe fleissig Achtung geben lassen soll, damit sie mittlerzeit nicht entrinnen mögen!«

Nach der Verhaftung sollte an dem Beschuldigten »nach Erfordernis der Umstände« sogleich eine Durchsuchung am Leib und auch eine Durchsuchung seiner Wohnung vorgenommen werden, ferner auch sofort ein summarischer Verhör vorgenommen werden. »Welche Vorsicht gar heilsam und nötig ist, indem zu öftern ein so eilfertiger Verhör und Ausfragung mehr herausbringet als hernach, wenn der Inquisit Zeit gehabt mit Ausflüchten sich zu bedenken und seine Missetaten durch erdichtete Unwahrheiten und festgefasste Verstockung zu vermänteln.« Bemerkenswert ist hierbei der § 15 des 30. Artikels: »Wobei jedoch zur allgemeinen Regel anzumerken, dass in kleineren, besonders gemeine Untertanen und arme Leute betreffenden Malefizhandlungen, so viel es tunlich ist, auf das schleunigste verfahren werden soll. Weshalben in derlei minder beträchtlichen Verbrechen, wo gleich aus dem summarischen Verhör sich abnehmen lässt, dass zu vollständiger Überführung des Täters es an noch einer weitschichtigen Kundschaftseinholung und einer langen Inquisitions-Vorführung bedürfen würde, vielmehr in Sachen abzubrechen und gestalten Dingen nach justizmässiger ist, dass der verdächtigte Täter nach Wahrscheinlichkeit der Vermutungen mit einer willkürigen Strafe beleget werde, als dass er durch eine langwierig fortsetzende Untersuchung noch länger in dem Ungemach des Arrestes schmachten solle, allermassen ansonst öfters der allzulang anhaltende Arrest viel schwerer und empfindlicher, als die auf solch ein geringes Verbrechen ausgemessene Strafe selbst ausfallen würde.«

Was das Verhör betrifft, so sollte der Beschuldigte auf gewisse Mithelfer nicht namentlich befraget werden, ausser er wollte keinen namhaft machen trotzdem für das Vorhandensein solcher starke Vermutungen bestehen. Auch sollte auf eine andere nicht unter Klage gestellte Schuld nicht befragt werden, welches jedoch »einen Abfall leidet bei gemeinschädlichen Bösewichtern wie auch in Lastern, die wiederholt zu werden pflegen.« Auch sollte nicht der Versuch gemacht werden, mit Versprechungen von Gnade oder Strafmilderung ein Geständnis zu erlangen, auch nicht Drohungen und Schläge angewandt werden. Wollte der Inquisit gar nicht oder nicht gebührlich antworten, so dürfte ihm zwar mit einem schärferen Verfahren gedroht werden, doch wenn dieses nicht nützte, so müsste bei dem Obergericht um weitere Verhaltungsmassregeln angefragt werden, ebenso wenn der Betreffende Wahnsinn oder Stummheit simulierte. »Und überhaupt (XXI, 36) ist bei jedesmaliger Verhörung eines Inquisiten auf alle desselben Regungen und Gebärden, als Entsetzen, Furcht, Zittern, Farbveränderung, Gelassenheit, Herzhaftigkeit und was sonst einigen Behelf zu dessen mehreren Beschwerdung, oder Unschuldsaufklärung abgeben kann, genau acht zu haben und unter dem Artikel, wo was dergleichen vorfallet, Anmerkungsweise beizurücken.«

Zur Strafverhängung war Geständnis oder Überweisung nötig. Ersteres musste »klar, deutlich, umständlich, gründlich, gerichtlich und beständig sein.« Ein unklares Geständnis wurde durch Widerruf entkräftet. Doch wenn zum Geständnis noch Überweisung trat, so war der Täter trotz seines etwa später erfolgten Widerrufs mit der ordentlichen Strafe zu belegen. Es kann angenommen werden, dass diese Überweisung nicht ganz unerschütterlich stehen müsste, sonst liesse sich nicht gut erklären, wozu dieser Punkt noch besonders hervorgehoben wurde, da doch die Überweisung überhaupt zur Bestrafung genügte.


 << zurück weiter >>