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Vierte Szene

Ein kleiner Ausschank neben dem Kramladen im Häuschen des Krämers Torarin. Über eine Stufe, durch ein nur verhangenes Pförtchen rechts, gelangt man in den Laden. An der Rückwand ist ein Fensterchen. Auf dem Brettchen Meerzwiebel und Aloe. Links an der Wand offener Herd mit Rauchfang. Davor wiederum ein verhangenes Türchen. Es verbindet mit dem Schlafstübchen. Vor dem Kamin roher, länglicher Tisch und Holzschemel. – Die Wintersonne fällt grell durch das Fenster. – Man hört draußen Dudelsackmusik und zeitweilig das Jauchzen tanzender Männer. – Unweit des Herdes sitzt Kathrin mit einem Strickstrumpf. – Die Ladenschelle klingt. In der nach dem Laden führenden Tür erscheint Sir Archie. Er ist in dem prächtigen Aufputz eines Feldobristen der schottischen Söldner. Der Strolch aus der Mordnacht ist in ihm nicht wiederzuerkennen. Seine Bewegungen sind langsam und vornehm. Allerdings hat sein Betragen im ganzen etwas Lauerndes.

Sir Archie

Verzeiht, ihr wackren Leute.

Kathrin

die ihn bisher nicht bemerkt hat, erschrocken

Herr, was wünscht Ihr?

Sir Archie

Ihr habt da einen Kram, ich will was kaufen.

Kathrin

Ging denn die Schelle?

Sir Archie

Oh, ganz tüchtig, Frauchen,
ganz laut, so daß ich wie ein Dieb mir vorkam.
Wenn ihr den Laden so allein laßt
und es auch nicht hört, wenn eure Schelle lärmt,
so kann es euch passieren, guten Leutchen,
daß man euch wirklich mal die Kasse ausraubt.

Kathrin

Ja, ja, da habt Ihr wahrlich recht, mein Herr. –
Was darf es sein? Womit kann man Euch dienen?

Sir Archie

Verzeiht, ich bin zu lang für Eure Tür.
Erlaubt, daß ich eintrete.

Kathrin

Oh, die Schwelle.

Sir Archie

der eine Stufe nach unten übersehen hat und gestolpert ist

Pardauz! Hier fällt man mit der Tür ins Haus.

Kathrin

Wir sind nicht abergläubisch, nehmen's nicht
als schlimmes Zeichen.

Sir Archie

Recht so, nein, ich auch nicht.
Verzeiht, wenn ich mich setze.

Er tut's.

Ich bin fremd hier,
nicht grade in Schweden, aber hier zu Marstrand!
Da ist mir vieles, was ich sehe, neu:
der Leute Sitten und Gebräuche, wie
sie hausen und so fort. Ihr habt's hier traulich.

Kathrin

Wenn's Euch bei uns gefällt, Herr, rückt heran,
wärmt Euch 'nen Augenblick an unserm Feuer!

Sir Archie

Ihr seid sehr gütig. Doch ganz unbesorgt!
Ich falle Euch gewiß nicht lästig. – Sagt,
die Schotten, die hier draußen sich belustigen
und dies und das aus Eurem Laden kaufen,
betragen sie sich recht, so wie es sein muß? –
Habt Ihr zu klagen, haltet nicht zurück!

Kathrin

Sie sind bescheiden und bezahlen redlich.

Sir Archie

Nun, Gott sei Dank: denn dies ist ihre Pflicht.
Seht doch, da hängt das Bildnis meines Königs
und mehr des Euren allerdings. Doch diente
ich Seiner schwedischen Majestät, bin ich
auch Schotte. Und sie war mir stets,
ich möchte sagen, ein huldreicher Freund. –
Allein, mir kommen Zweifel. Dies ist doch
der Schank und Kram des Händlers Torarin?

Kathrin

Gewiß. Da seid Ihr ganz am rechten Orte.

Sir Archie

Sprecht, fragte wohl schon jemand nach Lord Archie?

Kathrin

Bis jetzt, Euer Gnaden, nein, ich wüßte nicht.

Sir Archie

Niemand? Wie?

Kathrin

Und wer sollte das wohl sein?

Sir Archie

Ein Schiffspatron, der Ladung hat nach Leith
und der uns mit nach Schottland nehmen könnte.

Kathrin

Das möchte wohl für Schiffer Frederik
ein Handel sein.

Sir Archie

Ja: Frederik, so heißt er!

Torarin kommt, winterlich vermummt, aus dem Laden herein.

Torarin

Gott sei mit dir, Kathrin!

Kathrin

Da ist mein Bruder.

Sir Archie

Ah so, Ihr seid nicht Schiffer Frederik?

Torarin

Der bin ich nicht, Euer Gnaden, mit Erlaubnis,
doch komm' ich von ihm her und habe Botschaft.
Wir hatten beide wiederum Verhör –
will heißen, Herr, Gerichtstermin zu Bohus.

Kathrin

Schon wieder war Termin?

Torarin

Ja doch! schon wieder!
und wird noch oftmals sein und immer nutzlos,
sosehr auch Pfarrer Arnesohn sich abmüht. –
Der Schiffer Frederik läßt sich entschuldigen,
Eure Lordschaft. Doch sein Weib ist sterbenskrank
und wird sich wohl vom Bett nicht mehr erheben. –

Kathrin

Nun, Herr, ist's dieses Schiff nicht, ist's ein andres,
Gelegenheit nach Schottland gibt's genug.

Torarin

Ja, sie hat recht. Nun denke doch, Kathrin,
schon hat man wieder eine neue Spur.
Sie führt zu den Seeschuppen hier in Marstrand.
Der Pfarrer ruht nicht.

Sir Archie

Welcher Pfarrer ruht nicht?

Torarin

Sie ruhen beide nicht: der tote nicht
noch der lebendige, des toten Sohn.
Und mir vor allem läßt es keine Ruhe.

Sir Archie

Man sagt, Ihr schenktet hier den besten Branntwein;
man kann es brauchen, gebt mir doch davon.
Ein Pfarrer ist gestorben? ... Von was spracht Ihr?

Torarin

Wenn Ihr so fragt, so muß ich glauben, Herr,
Ihr wißt von dem nichts, was in aller Mund ist.

Sir Archie

Beinahe scheint es so. Was ist es denn?

Torarin

Die grauenvolle Bluttat von Solberga.

Sir Archie

Halt, doch vielleicht! Mir dämmert etwas. War
das wohl ... gleich, gleich ... gewiß! Hieß er nicht Arne?
Man sprach von einem Gottesmann und Geizhals.

Torarin

Daß er unrecht erworbnes Gut gehäuft,
ist nichts als eitel Lüge und Verleumdung.

Sir Archie

Doch war der Pfarrer reich? Sagt! Oder ist
auch das ein Märchen nur von bösen Leuten?

Torarin

Ach, reden wir von anderen Dingen, Herr!

Seufzend, seine Bewegung verbergend, geht Torarin ins anstoßende Zimmer.

Kathrin

Eure Lordschaft hörten, wie mein Bruder seufzte.
Ich bitt' Euch, laßt ihn, fragt nun weiter nicht.
Und diene Euch zu wissen, hoher Herr,
daß drei entmenschte Wichte, wie man meint,
wie reißende Tiere nachts ins Pfarrhaus zu
Solberga brachen, sengten, plünderten
und alles ohne Gnade meuchelten,
vom alten Pfarrer bis zur Enkelin,
Knecht, Magd, Vikar und alles, was darin war.

Sir Archie

Oh, oh, ist das ein Ding, was heut geschah,
oder 'ne Moritat aus alten Zeiten,
von der nur noch ein unverbürgt Gerücht geht?

Kathrin

Es ist ein Ding, was heut geschah, Eure Lordschaft.

Sir Archie

Und von den Tätern hat man keine Spur?

Kathrin

Die Täter sind im Hackefjord ertrunken.

Sir Archie

Im Hackefjord? – wie das? – der dick vereist ist?

Kathrin

Sie haben in der Sturmnacht sich verirrt.
Den Raub fortführend auf des Pfarrers Schlitten,
den Schimmel der Pfarrei davorgespannt,
gerieten sie in eine offne Stelle.

Sir Archie

Daß sie so endeten, gilt für gewiß?

Kathrin

Bei allen nicht, allein, die meisten glauben's.

Sir Archie

Doch spricht man ja von einer neuen Spur,
wie Euer Bruder sagt, hierher nach Marstrand.

Kathrin

Spricht er davon, so glaubt er nicht daran.

Torarin kommt wieder herein.

Torarin

So ist's. Sie hat nicht unrecht. Eure Lordschaft.
Ich sah die Mörder vor der Tat, als sie
im Hof zu Branehög die Messer schliffen.
Nun kenn' ich jeden Menschen hier zu Marstrand.
Ich kenne jedes Gäßchen und Quartier,
fast alles fremde Volk, was sich am Hafen
herumtreibt: und da ich nichts denken kann,
als wie ich Pfarrer Arnes Mörder finde
und auf den Richtblock bringe – 's ist so, Herr –,
so hätt' ich sie zu Marstrand längst entdeckt.
Denn auf den ersten Blick müßt' ich sie kennen. –

Sir Archie

Wie sahn sie aus? Du sagst, du habest sie
erblickt, als sie, ich weiß nicht was, verrichtet.

Torarin

Häßliche Teufel waren's, alle drei.
Berußt, wie Kohlenbrenner. Nüstern, wie
von Pferden. Wülst'ge Mäuler, feucht und rot.
Rote Pupillen, weißgefletschte Zahnreihn.

Sir Archie

steht auf

Was macht die Zeche, Frauchen?

Kathrin

Oh, es lohnt nicht.
Will denn der gnäd'ge Herr schon wieder gehn?

Sir Archie

mit Bezug auf die zunehmende Dudelsackmusik und den Tanzlärm vor dem Haus

Die Leute draußen werden mir zu lustig.

Elsalil erscheint und schreitet langsam quer durchs Zimmer gegen die Ladentür. Sie streckt beide Hände vor und hat den Kopf zurückgelegt wie eine Blinde. Sie findet ihren Weg langsam und nachtwandlerisch. Ihr herrliches blondes Haar fällt offen fast bis zu den Fersen. Sie trägt nur ein langes, um die Hüften zusammengenommenes Hemd und gleicht so genau Berghild in der Mordnacht. Das Fleisch des Mädchens in seiner Blässe, die ganze Erscheinung hat etwas Immaterielles. Sir Archie vom Augenblick an, als er Elsalil erblickt, zur Bewegungslosigkeit erstarrt.

Was gibt's? –

Kathrin

die Elsalil im Rücken hat

Was steht zu Diensten, Eure Lordschaft?
Ist Euch nicht gut, Herr?

Sir Archie

Nein! Ihr trefft es.

Kathrin

Riecht
in Essig! – Essigwasser, Torarin!

Torarin

Stützt Euch an mir, Herr! So! Was stieß Euch zu?

Sir Archie

Boshafter Höllenzwang. Laßt, 's ist vorüber.

Kathrin

Wie so etwas nur plötzlich kommen kann?
Eure Lordschaft sind ganz grün im Antlitz.

Sir Archie

Laßt nur.
Mir tunkt was auf im Hirn. Ich weiß es selbst nicht,
was diese tolle Äfferei bedeutet. –
Nun ist es gut. Es ist nun fort! Nein, nein!
Verdamm' mich Gott! Das half! Es ist verschwunden.

Die Erscheinung Elsalils hat sich in der Tat während der letzten Worte durch die Ladentür entfernt.

Mein Becher! Ah!

Er stößt ihn aus Versehen um, so daß er auf die Diele rollt.

Ihr seht, ich bin ein Tölpel!
nicht nur ein Narr, ein Schwächling oder sonst was.
Nochmals den Becher bis zum Rand voll Branntwein!

Kathrin

Da habt Ihr recht, das stärkt das Herz, Mylord.

Kathrin geht und verschwindet, um den Branntwein zu holen, im Laden.

Sir Archie

Wo blieb mein Schemel? Gebt. Ich muß mich setzen:
das heißt, ich will. Das Übel ist vererbt,
es stammt aus dem Geschlecht der Thans von Roß,
durch eine Urgroßmutter eingeschleppt.
Ihr seid erschrocken! Welch ein dummer Zufall!
Ich auch! Ich selber war erschreckt, weiß Gott.
Wir sind doch alle Binsen vor dem Herrgott.

Torarin

Aß Euer Gnaden etwa schlechten Fisch?
Dagegen hilft armenische Erd' in Essig.
Oder habt Ihr den bösen Anfall oft?

Sir Archie

Nicht oft. Den letzten hatt' ich vor dem Feldzug.
Doch eben der, der Feldzug, war beschwerlich,
ihm dank' ich's, wenn das Übel wieder ausbricht. –
Genug. Vergeßt's! 's ist nicht der Rede wert.
Tausend! Ich bin in Todesschweiß gebadet. –
Gemach, gemach! Es stirbt sich nicht so leicht.

Kathrin kommt mit dem Branntwein.

Kathrin

Das Mädchen ist im Laden, Torarin.
Denk doch, sie steht und sie hantiert herum,
als ob sie wieder bei Besinnung wäre.
Und doch ist's nur im Traume, wie es scheint.
Wie kam sie wohl – sahst du sie denn – durchs Zimmer?

Torarin

Im Laden vorn ist Elsalil? 's ist seltsam.

Kathrin

Ja, seltsam. Denn noch eben lag sie fest
auf ihrer Bettstatt hinten in der Kammer,
von wo kein andrer Weg zum Laden führt,
als hier durchs Stübchen und an uns vorüber.

Torarin

Saht Ihr ein Mägdlein durch die Stube schreiten?

Sir Archie

Ich? Nein! Beim heiligen Blute Christi, nein!
Ihr täuscht Euch! Nein!

Torarin

Herr, seid nicht ungehalten.
Ein krankes Mägdlein lebt bei uns im Haus,
ein armes Waisenkind und meine Nichte.

Sir Archie

Wie? Was? Sprecht klar! Ihr macht mich ganz verwirrt.
Vergebt. Euer Stübchen ist zu eng. Lebt wohl denn.
Ich bin gewohnt in freier Luft zu atmen.
Und hört:
Macht meinen schottischen Jungen und auch mir,
wenn Euch dran liegt, ein gut Stück Geld zu nehmen,
die Fahrt nach Schottland aus und gebt mir Nachricht.
Im Goldnen Anker hab' ich mein Quartier.

Er ist aufgesprungen, hat seinen Zobelmantel umgeschlagen, Barett und Handschuh genommen und geht. Vor der Ladentür stutzt er

Wo ist das Mädchen?

Torarin

Welches?

Sir Archie

Nun, Ihr wißt doch,
das unsichtbar hier durch das Zimmer ging.

Kathrin

Seine Lordschaft meinen unsre arme Nichte?

Torarin

zu Kathrin

Ist's richtig, was du sagst: im Laden dort?

Sir Archie

Wo? Hier im Laden? Wo ich jetzt hindurch muß?

Kathrin

Herr, geht getrost, sie hört und sieht Euch nicht.

Sir Archie

O doch. Glaubt's nicht. Sie weiß wohl, was sie vorhat.
Vielleicht kann man sie durch den Vorhang sehen.

Er guckt vorsichtig, wie durchs Schlüsselloch.

Torarin

leise

Kathrin, der Herr beträgt sich wunderlich;
mir scheint, es ist mit ihm nicht ganz geheuer.

Sir Archie

mit Entschlossenheit

Dies ist kein Weg für mich. Ich bleibe hier,
und saß' ich wie die Ratze in der Falle.

Er nimmt brüsk den verlassenen Platz am Tisch wieder ein.

Frauchen, ein drittes Glas von deinem Branntwein!

Kathrin

Es ist uns leid, wenn Euch das Mädchen stört.

Sir Archie

Dawider ist am Ende nichts zu machen.
Am Ende pochen Weiber auf ihr Anrecht.

Torarin

Kathrin, du führst sie besser gleich zu Bett
und sperrst sie diesmal ab in ihrer Kammer.

Zu Sir Archie

Wohl glaublich, daß ihr Anblick Euch entsetzt.
Denn sie war bei der Mordnacht und entkam
ihr nur als ein lebendiger Leichnam, Herr!

Sir Archie

Erzählt mir nichts. Ich weiß genug. Ich weiß es.
Wofür hat sie im Schlafe mich besucht?!
Doch warum schnüffelt sie so durch die Luft,
als ob sie so was wie ein Mannsbild wittre?

Torarin

Tut sie denn das?

Sir Archie

Ja doch, im Laden dort!

Torarin

Sieh zu, Kathrin!

Sir Archie

Nein, laßt. Sie kommt schon selber.

Torarin

Ihr irrt, Herr, wir sind ehrenhafte Leute.
Glaubt nicht, daß sie von solchem Schlage ist.

Sir Archie

Wir werden sehn.

Torarin

Kathrin, bei Gott, da kommt sie!

Sir Archie

Nun also. Freilich. Und ich halte stand.
Hier liegt mein Flederwisch. Wir wollen sehen.

Langsam und genau wie das erste Mal erscheint Elsalil wieder, mit zurückgelegtem Haupt und geschlossenen Augen scheint sie einer Witterung nachzugehen. Mit vorgestreckten Händen nähert sie sich in gerader Linie mehr und mehr Sir Archie. Dieser hat mit den letztgesprochenen Worten seinen Degen gezogen und vor sich hingelegt. – Elsalil hat sich nun Sir Archie so weit genähert, daß ihre Handflächen seinen Scheitel berühren. Langsam umfaßt er das Mädchen und zieht es auf seinen Schoß nieder.

Kathrin

Sie weiß nicht, was sie tut, Herr.

Sir Archie

wild, befehlend, mit der Hand das Schwert berührend

Packt euch fort jetzt!

Torarin und Kathrin ziehen sich erschrocken zurück.

Nachtwandlerin, kommst du aus Gräbern? Sprich!
um mich am hellen Tage heimzusuchen?
Und hat der alte Filz in seiner Grube
die größre Menge seines Guts versteckt,
da du auf deinem Scheitel so viel Gold
mit dir herauf schleppst? Berghild heißest du.
Der Alte rief dich Berghild. Du gestorbene,
eiskalte Jungfrau, die mein Stich durchdrang,
komm enger an mich, daß ich dich erwärme.

Elsalil

Ja, ja, ich friere! Wärme ... wärme mich.

Sir Archie

So flüstr' ich dir ins Ohr, weshalb ich hier bin.
Als Räuber, der nach deinem Honig aus ist.
Du schmelzendes Wachsgebilde mir im Arm,
du kühles Wabenhaus, was pocht in dir
so hart, so laut, als wollt' es dich durchbrechen?
Nein, nicht doch, hier sind Hügel, und darunter
hämmert ein Bergmann, hämmert blondes Gold
im süßesten der Schächte. Blond – wie blond! –
und jung – wie jung! Unwirklich-wirkliches
Geschöpf aus Schnee, innen ganz voller Glut,
die fiebernd tritt auf deine heiße Lippe.

Elsalil

Ich habe dich gesucht, Herr, weißt du das?

Sir Archie

O längst! Ich weiß es längst, wie du mir nachschleichst.
So, näher, näher! – Und ich weiß es längst,
daß keine Rettung ist vor deinen Küssen,
und ob auch deine Küsse giftig sind
und töten. Seit der Stunde, wo du mich
mit blut'gem Munde sterbend küßtest, brennt
und rast in mir und höhlt mich aus das Gift! –
Ja, ich bin tot, obgleich ich lebe, wie
du lebst, obgleich du tot bist. Welch ein Dasein!
Doch nun ist's gut, nun bist du bei mir.

Elsalil

Ja,
nun bin ich endlich bei dir.

Sir Archie

Sieh, du liebst mich
mit wilder Glut, und doch nicht minder heiß
sinnst du auf Rache. Haß und Liebe geben,
Empuse, dir dein trügerisches Dasein.
Ich weiß, daß du voll Tücke bist. Was tut's?
Du wirst die Kehle plötzlich einmal mir
mit deinem Wolfsgebiß durchreißen, wenn
du scheinbar dich in Liebesglut mir preisgibst.
Was tut's? Es geht auf Tod und Leben, mag's doch.
Ein Höllenspaß muß teufelsmäßig sein,
hundsföttisch toll, mit Englein ist schlecht buhlen.

Elsalil

erwacht, stutzt, reißt sich los, springt zurück

Jesus, Maria, Mutter Gottes, hilf mir!

Sir Archie

ist ebenfalls aufgesprungen, streicht sich über die Stirn

Auch mir, wenn's sein kann. Ich bin ganz von Sinnen.

Elsalil

Was ist mit mir geschehn? Wer bist du denn?

Sir Archie

brüsk, ganz verändert

Tu mir die Liebe, sage erst, wer du bist!

Elsalil

Ich bin nicht Berghild. Ich bin Elsalil.

Sir Archie

Berghild? Wer spricht von Berghild? Wer ist Berghild?

Elsalil

Berghild ist meine Schwester auf dem Pfarrhof.

Sir Archie

Hier ist 'ne Schenke und kein Pfarrhof, Kind.

Elsalil

Bin ich bei Oheim Torarin?

Sir Archie

So scheint es.

Elsalil

Und wer bist du?

Sir Archie

Ein Mann, ein Mensch, was mehr?

Elsalil

Ich fürchte mich vor dir! Ich rufe Hilfe!

Sir Archie

Das wäre töricht, beides: dich zu fürchten
und also auch das Hilferufen. Ich
bin nur im Kriege furchtbar, nicht im Frieden.
Der Müßiggang steigt mir zu Kopf. Mein Hirn
gärt und treibt Blasen, wie ein stehender Wein.
Da, Krämersnichte, schwatz nicht, nimm das Goldstück.

Wirft seine Börse hin.

Elsalil

Ich will kein Gold von Euch.

Sir Archie

Dann laß es bleiben.

Er knöpft an seinen Handschuhen.

Der Himmel mag es wissen, was mir einfiel.
Ich will nicht sagen, daß du häßlich bist,
davon braucht nicht die Rede sein am Ende.
Allein, vergleich' ich dich mit jener, die
mein nebelndes Gehirn mir vorgespukt,
so ist der Irrtum mir ein wenig peinlich.

Elsalil

Ich seh' Euch nicht zum erstenmal.

Sir Archie

Warum auch?
Ganz Schweden kennt mich.

Elsalil

Laßt mich sinnen, Herr.
Ich war wohl lange krank und lag bewußtlos?
Mich traf etwas. Helft mir. Was war es doch?

Sir Archie

Da sieh du zu.

Elsalil

Ich kann mich nicht besinnen.

Sir Archie

Ich habe die Besinnung wieder.

Elsalil

Bleibt, Herr.

Sir Archie

Für diesmal ist es besser so. Ade!

Er geht. Elsalil schreitet ihm nach, der Ladentür zu. Als er verschwunden ist, erscheinen Torarin und Kathrin.

Elsalil

Wißt ihr, wen ich jetzt eben sah? Wer hier war?

Torarin

Du hast die Sprache wieder, Elsalil?
So war es wohl ein Wundertäter.

Kathrin

Jesus!


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