Wilhelm Hauff
Gedichte
Wilhelm Hauff

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Abschiedslied

Auf den 6. März 1823

                  Zum letztenmal willkommen in dem Bund!
Wir grüßen euch nach alter Burschensitte,
Willkommen! ruft euch jeder frohe Mund,
Wir schließen euch in unsre traute Mitte.
Noch einmal, eh die ernste Stunde flieht,
Laßt uns, ihr Brüder, hoch die Becher schwingen,
In vollem Ton, aus warmer Brust soll laut erklingen
Das Hochgefühl, das jedes Herz durchglüht.

Mit euch, mit euch ziehn in die Ferne hin
Die Herzen alle, die dem Bund geschlagen;
O möchte mit euch stets die Liebe ziehn,
Die ihr für uns in treuem Sinn getragen! –
Und trennte euch von uns so manches Land,
Vergesset nimmer eurer Brüder Scharen,
O möget ihr in treuer Brust die Flamme wahren,
Die in uns webte an des Neckars Strand.

Noch einmal schwebt auf unsern Kreis herab,
Entflohne Geister mancher frohen Stunde,
Vergangenheit, entsteig dem dunkeln Grab,
Gib uns noch einmal deine frohe Kunde!
Zeig uns die Bilder der entschwundnen Lust!
Sind alle Töne schon mit dir verklungen?
Die tönen noch! Es blieben uns Erinnerungen,
Die nie verklingen in der treuen Brust.

Es ist kein Traum, was uns so hehr umschwebt,
Drum laßt den festen Glauben nicht ermatten!
Zur Wahrheit wird's, was kräftig in uns lebt,
Wirft auch das Leben seine dunkeln Schatten.
Drum achtet's klein, was draußen euch bedroht –
Ihr standet hier für Freiheit und für Ehre,
So wollet stehn dem Vaterland zu Schutz und Wehre,
Dies euer Ziel im Leben wie im Tod!

Dem Bunde Heil! Heraus du blanker Stahl,
Daß sich auf dir der alte Schwur erneue!
Reicht Hand in Hand, es töne der Pokal,
Wir schwören euch, ihr schwört uns ew'ge Treue.
So schwören wir im Angesicht der Welt:
Wie dunkel auch die Zeiten sich gestalten,
Das Hochgefühl fürs Vaterland soll nie erkalten,
Wir halten treu, wie auch der Würfel fällt.

Lebt wohl, lebt wohl! Ihr folgt des Schicksals Ruf,
Lebt wohl, lebt wohl! Ihr wackern, treuen Seelen!
Was der Begeistrung Flamme in euch schuf,
O mög es euch zum guten Kampfe stählen!
Ihr steht gewappnet mit des Geistes Kraft,
Drum tretet mutig in des Kampfes Schranken,
Und gilt es hart, ihr werdet stehn und nimmer wanken,
Ihr echten Söhne deutscher Burschenschaft.

 


 


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