Moritz Hartmann
Reimchronik des Pfaffen Maurizius
Moritz Hartmann

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I. Traumgesicht:
Von dem Weibe in der Wüste.

          Ich lag im Bette und las im Buch
Vom Evangelium Johannes,
Das Buch des feuervollen Mannes,
Das reich ist an prophetischem Segen und Fluch.
Ich las vom Weibe, das da ächzend
Da draußen liegt in der Wüstenleere,
Vergehend in dem Wunsch, verlechzend,
Daß sie gebäre;
Aber sie gebieret nicht. –
Und ich entschlief, und ein Traumgesicht
Trug mich zur Wüste, und ich sah
Ein Weib sich winden in Mutterwehen,
Fruchtlos im Schmerze fast vergehen –
Und das Weib hieß Germania.
Sie aber konnte nicht gebären;
Und da war Niemand, sie zu pflegen,
Den Schmerz ihr zu lindern, den bitterschweren,
Die Hand ihr unters Haupt zu legen,
Den Schweiß ihr von der Stirn zu wischen
Und einen Labetrunk zu mischen. 97

Und zu den Menschen kamen allerlei
Gespenster und verschiedene Kreaturen
Und sprachen und schwuren:
Wir kommen aus der Wüstenei,
Wo uns geboren hat Germania.
Und es war kein Zeuge da,
Um vor den Menschen Zeugniß zu geben,
Daß sie in Wahrheit von Germania leben,
Und sie glaubten ihnen nicht!

Und Einer kam noch, und er trug eine Kron
Und Szepter und Wehrgehänge,
Und nach ihm ging eine bewaffnete Menge,
Und er sprach: Ich bin Germania's erstgeborner Sohn.
Und sie glaubten ihm aus Furcht. –
Da umzogen viel Wolken den Himmel
Und – – –


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