Paul Haller
Marie und Robert
Paul Haller

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DRITTER AKT

Zwei Monate später. Marie und ihre Kinder tragen schwarze Schürzen als Zeichen der Trauer. Die Stube ist leer. Dämmerung. Man hört, daß die Haustüre geöffnet wird, dann leichte Schritte im Gang.

Miggi (sich schüchtern umsehend). Mueter! — — Mueter!

Marie (noch in der Kammer). Jo.

Miggi. Wo bischt au?

Marie (heraustretend). Bst! — Mach lyslig, wäischt, d’ Frä Schödler ischt chrank und cha das Glärm nid ha. Was ischt?

Miggi. Mr händ gar nid gwüßt, wo d’ bischt.

Marie. Ihr dumme! I chume jo grad wider. — Los, gang häi und säg im Elise, es söl dr e Fläsche Wy geh, roten alte hinder dr Öpfelhurd.

(Miggi ab. Marie scheint in großer Unruhe zu sein. Sie geht ans Fenster, mit sich selbst sprechend. Dann kehrt sie zur Kammer zurück und führt Frau Schödler heraus, die sehr zusammengesunken erscheint und nicht mehr allein gehen kann. So lange sie auf der Szene ist, kommt sie deshalb nicht mehr aus dem Lehnstuhl.)

Marie. Isch ech nid echly besser uf, Frä Schödler?

Frau Schödler. De Schnuf, Marei, dr Oten und s Härz! Es het mr halt gar ufs Härz gschlage.

Marie. Im Stuehl isch es vilicht ringer as das ewig Ligge. (Sie geht wieder ans Fenster.) S chönnt hinecht no cho wättere. Wenn s nid so spot wer im Johr, i säitti, s häig Hagel im Gwülch.

Frau Schödler. Isch es scho am Ynachten oder händ myni Auge dewäg ab’geh?

Marie (vom Fenster zurückkommend). Was mäined’r? 136

Frau Schödler (für sich). O wi feischter! — S feischteret innevör und feischteret ussevör und feischteret langsam bis under de Boden abe. (Plötzlich laut rufend.) Marei!

Marie (neben ihr). Do bini, do stohni jo.

Frau Schödler (sie krampfhaft an der Hand fassend). Do bischt, do. — Es förcht mr eso, wen i eläigge bi.

Marie. I blyben iez nochly byn ech. Ir müend nid Angscht ha.

Frau Schödler. Du, Marei, säg iez äinischt, isch es ächt au so feischter underem Bode? So feischter as z Nacht am Äis, we men all Schalisiläde zuehet?

Marie. Was reded’r au immer vom Stärbe? Ir sind doch iez emel nonig a dem.

Frau Schödler (leise betend).
Wenn ich einmal soll scheiden,
So scheide nicht von mir.
Wenn ich den Tod soll leiden — —

Marie (wieder am Fenster). Er chunt nonig.

Frau Schödler. Hescht du öppis gsäit?

Marie. Er chöm nonig, hani gsäit.

Frau Schödler (auffahrend). Jä chunt er hütt?

Marie. Hütt sött er cho, süscht het s gfehlt.

Frau Schödler. He du allmächtiger Gott, si wärde doch nid! Aber d Wält ischt schlächt, i ha s immer gsäit, Marei. Es ischt käi Grächtigkeit meh, es ischt nümm wi ame.

Marie. Si chönen em nüt tue, si müend en lo goh, händ nume nid Chumber, Frä Schödler.

Frau Schödler. I glaube s nid, bis en do ha. — Wen er do inn stoht und säit: Mueter, do bini, si häm-mr nüt dörfe tue, denn glaubis. O Her Jesis, häilige Häiland, wer hätt au a so öppis ’dänkt? — I gsehn en 137 nümm, Marei, de chauscht ein denn no d'Hand geh vo mr, wen er äinischt chunt. Aber du wirscht dänk iez au nüt meh welle ha mit em.

Marie. Ihr tüend au immer, wi wen er s mit Flyß gmacht hätt. Es Unglück isch es gsi, das hani züget und gschwore vorem Richter und do stohni iez no drzue. Am Hals het er en packt, won er uf mi los ischt win en wüetige Stier, gäg dr Schür dure het er en gstoße, as i ha chönne flieh. Do ischt de Theophil gstürchlet am Abwehrstäi näbem Tennstor und hindertsi umgfalle, uf de Pflueg ischt er gfallen und het dr Äkte verbroche; was cha de Robärt drfür? Wer het s gseh weder i und cha säge, es seig anderscht ’gange?

Frau Schödler. Das sägi jo au, Marei. Und wenn s du nid wit ha, was chöne si sägen i dr Gstadt inn? Säg du, was chöne si drwider ha? Und wenn s e Grächtigkäit ischt — — — O mys Härz! O Hergott, wi muesi au lyden und räblen und ha doch mynerläbtig nüt Böses gmacht. I ha niemerem d Sach gnoh, es cha mr niemer nüt nohsäge.

Marie. Warted iez nume, bis de Robärt häichunt, es wirt ech denn scho wider besser, wenn’r die Freud erläbe.

Frau Schödler. I gsehn en nümm, i ha s Zuetroue nid.

Marie. Und i wäis, as er chunt. Es wirt hoffetli niemer mäine, i häig en faltschen Äid to. Wen er nid chem — hütt no giengi i d Stadt ie und säitti no äinischt, was i gschwore ha. I d Ohren ie wett ene s brüele: De Robärt ischt uschuldig! Mueter, ir müend en wider ha, eue Bueb, i versprich ech s. Vo mir müend’r en ha, i han en grettet, mynen ischt er, i chan en geh, wem l will. (Ins Dunkel starrend, immer aufgeregter, nur noch für 138 sich sprechend.) Es ischt mr, i gsäch en, i gsehn en dur d Feischteri und dur d Mure dure. Lueg, win er lauft uf dr Stroß, win er d Arme verrüehrt! Frei bini! rüeft er, as d Lüt zämelaufe. Frei! Wen äine zwee Monet i dr Chefi gsi ischt und wäis, es goht uf Läben und Tod. Und denn underäinischt käi Tür meh vor em, käini Mure meh um en ume, käin Rigel, käi Chefiluft! Frei! — Jez lauft er, iez chunt er. O häiligi Freud, wen i dörft warte, bis er do ischt!

Frau Schödler. Es ischt eso feischter, Marei.

Marie. Jo, es ischt feischter, i wil ech iez Liecht mache. (In jubelnder Freude.) Liecht müend’r iez ha, Mueter, as’r gsehnd, wi s goldig Glück usem Himel Obenabe chunt. (Sie zündet die Lampe an.)

Frau Schödler. Was säischt au, Marei, de redscht eso lyslig?

Marie. Häiter mues iez wärde, wi we mr do im schönschte Tanz- und Freudesaal were. (Sie zündet noch einige Kerzen an und verteilt sie im Zimmer, stellt dann einen Strauß leuchtender Astern auf den Tisch. Frau Schödler in die Ohren rufend.) De Röbi chunt häi, Mueter, händ’r denn nid au Freud?

Frau Schödler (auffahrend). De Röbi? Wo? Wo ischt er?

Marie. Warted iez nume, i wäis, as er chunt. I goh iez übere, i ha s Chind gschickt go e Flasche Wy hole, aber das ischt guet no m Tod schicke. I bring ech s denn no gschwind dure — vilicht — wen er nonig do ischt.

(Marie geht hinaus. Frau Schödler versucht zuerst aufzustehen, sinkt aber kraftlos zurück.)

Frau Schödler. I cha nümm — es ischt i Gotts Name nüt meh mit mr — — Häiliger Gott — — barmhärziger Häiland — — Häiland — — — (Sie läßt den Kopf auf die Brust fallen und schlummert ein. Schritte im Gang.) 139

Robert. Gueten Oben, und do weri wider.

Frau Schödler (im Schlaf murmelnd). Jo — — — Jo.

Robert (sich über sie beugend). Mueter!

Frau Schödler (aufwachend). Röbi! — E du myn Troscht, und i ha gschlofe! — Händ s di lo goh, händ s di würkli lo goh?

Robert. I bi freigsproche.

Frau Schödler. Hergott, myn Hergott, Dank häigischt tusigmol im Himel obe! Ame. (Sie versucht wieder aufzustehen.)

Robert. Was händ’r, Mueter?

Frau Schödler. I cha nümm. Mys Härz, Bueb, mys Härz, i bi chrank gsi, de wäischt nid wie. (Mühsam sprechend.) Aber s chunt iez denn scho besser.

Robert. Chrank sind’r? Wer het ech denn ghulfen und Liecht gmacht? (Die Kerzen erblickend.) Und dewäg do? Was ischt das?

Frau Schödler. D Marei. Si ischt e gueti, de glaubsch es nid.

Robert. Ir hätted öpper ander chönnen astelle.

Frau Schödler. Wer? Säg wer? Und die ischt vorem sälber cho, i han ere nid bruchen azhalte.

Robert. Hüttemorge hätti nonig ’dänkt, as i hinecht do seig.

Frau Schödler. S git e Grächtigkeit, hani s nid immer gsäit, Röbi?

Robert. Grächtigkeit? Was wüssed doch ihr, was Rächt ischt? I han amen au gmäint, i wüß es, aber iez bini anderscht ’brichtet. Öb dr Aflikat es guets Mul het, uf das chunt s a vor Gricht, so vil hani iez glehrt und verstande. Wen alls wohr wer, was myne gsäit het vo mr, so weri en Häiligen und chönnt mi lo abätte. 140

Frau Schödler. De hescht emel immer gfolget. S cha niemer säge, as me di nid zum Gueten aghalte häig.

Robert. Jo, nume z brav bini gsi, ganz anderscht as ihr, Mueter. Käis Würmli hätti vertrampet, aber drfür au nie zue’griffe, won es Glück am Wäg glägen ischt. Bis i mi bsunne gha ha und im Gwüssen en Brief gschribe, ischt zwänzgmol en andere vrby und het s ufgläse. S Gwüssen ischt di schlächtischt Läitere, wen äinen Obsi wil.

Frau Schödler. Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. Het s nid de lieb Häiland sälber gsäit?

Robert. Aber iez wäisi au, wi s goht. Iez hani s ghört, und zwor vo de Heren und Gstudierte, wi si vore schläcken und hinde byße, wi si s Rächt im Mul händ und de Vortel i de Gedanke, wi men us dr schnuergredschte Woret e zähmol verdräihti Lug macht. Iez söl käine meh cho und säge, i seig z dumm und z ehrli zum Rychwärde.

Frau Schödler. De redscht aber au vom Rächt und Woretverdrähje! Isch dr nid guet ’gange vor dene schlächte Richtere und hescht nid Grächtigkeit gfunde byn ene?

Robert (auflachend). Grächtigkeit? De Nochber hani z todgschlagen und laufe frei i der Wält ume!

Frau Schödler. Röbi, Röbi, käi Sünd! Um Gottswille, so redt me doch nid! Gottes Hand het di bhüetet. Het nid d Marei en Äid to, wer cha denn drwider sy?

Robert. Äid hi oder här, uf de chunt s mr nid a. Was i sälber wäis, a dem muesi mi hebe. — Und a dem chan i mi hebe. Züge bruchi käini, wen i wil wüsse, as i 141 uschuldig bi. Hani nid sälber es Gwüsse? (Er läßt sich schwer auf die Bank hinter dem Tisch fallen. Pause.) Han ech verschreckt, Mueter?

Frau Schödler. De chauscht äim aber au Angscht mache.

Robert. I bi müed und sturm im Chopf. Sind iez z friden und mached ech käini Gedanke!

Frau Schödler (mühsam, leise). Isch dr nid au, es feischteri efange? Chönnt me nid Liecht mache?

Robert (besorgt). Ir händ jo Liecht. Was ischt? Was händ’r?

Frau Schödler (schwach). Mys Härz! — — O mys Härz! Chönntischt mr nid is Bett hälfe?

Robert. Söli dr Marei rüefe? Die cha besser gschire mit ech as i.

Frau Schödler (sehr mühsam). Jo — — d Marei! Näi — wart — los no — — lueg dert — — lueg! (Mit äußerster Anstrengung sich aufraffend, heiser herausschreiend.) De Bös — — dert im Egge! Wer wil er von is, di oder mi? — — Lueg, lueg — — o, win er rasslet und schnufet — — Auge wi Pfluegsredli — — mys — — mys — — Härz — — (Sie sinkt zusammen.)

Robert (hinauseilend). Marei! — — Marei! (Es bleibt ganz still. Die Lichter brennen hell. Nach kurzer Zeit kommen Marie und Robert herein, leise.)

Marie (der Kranken die Hand auf die Stirne legend). Wi goht s, Mueter Schödler?

Frau Schödler (kaum hörbar). Jo — — — — — — jo — —

(Sie tragen sie auf dem Stuhl in die Kammer. Zuerst Robert, später Marie kommen zurück.)

Robert (indem er die brennenden Kerzen wegnimmt und den Strauß auf die Seite stellt). Das chani nid lyde — — furt mit dem, furt, furt! Was söle die Bluemen um mi ume? 142

(Er setzt sich hinter den Tisch und stützt den Kopf in die Hand. Seine Augen gehen irrend umher und bleiben schließlich an der Kammertüre hangen. Marie, aus der Kammer kommend, bleibt vor der Kommode stehen, ohne Robert anzusehen. Während kurzer Zeit bleibt es still zwischen den beiden.)

Robert. Was mäinscht wäg dr Mueter?

Marie. S cha sy, si überhaut s no äinischt. Scho nächt isch es fascht glych gsi. Jez schloft si und schnufet wider fascht win es Gsunds.

Robert. Dank häigischt denn, as d ere gluegt hescht! I ha nid emol gwüßt, as si chrank ischt.

Marie. Guet Nacht. Rüef mr denn, wenn s öppe sött bös goh.

Robert. Blyb iez nochly do, es ischt mr, mr hätte no zrede mitenand. — (Marie schweigt.) Wi stoht s iez bi euch äne?

Marie. Worum? Was mäinscht?

Robert. Und do, wägem Hus und de Schulde, was mues iez goh?

Marie. I ha nüt z säge drzue. D Chind müesen en Vogt ha, häißt s, de wirt denn scho wüsse, wo dure.

Robert. Und i mache, as i furtchume, lieber hütt as morn. Aber i mues dr no öppis abbätte vorane.

Marie. As Vergangnig söl me nid rüehre. Was wit iez alls wider vüreryße?

Robert. Für mi isch es nid vergange. I mues rede, süscht wurgets mr d Seel ab. Du hescht mr Gält ’brocht, und i ha di verrote.

Marie. De hesch es jo guet gmacht, bischt mr nid z Hülf cho?

Robert. Und ha dr de Ma — — — lueg, wen i scho uschuldig bi — — — 143

Marie. Robärt, wenn s doch äinischt mues gredt sy, so wäm’mr enand nid alüge. D Lüt händ es Wäse gha und ’briegget, as d Bäch gloffe sind — — aber numen i wäis, was das Hus für e Höll gsi ischt und iez für es Paradies, as er nümm do ischt. — Und iez chani und wili nümm drglychetue. Zwee Monet bini schwarz gsi ussevör und heluf innevör — — das ischt iez fertig — — D Lüt söle mira dänken und s Mul offha: iez wili sy, win i bi und wi s mr ums Härz ischt. (Sie reißt sich die schwarze Schürze ab.) Und dir hani s z verdanke, Robärt, das säg dr iez au no grad — wenn d scho nüt hescht chönne drfür.

Robert (der ihr mit großem Erstaunen zugesehen hat). Nüt drfür chönne?

Marie. Wenn d scho käin böse Gedanke gha hescht. — —

Robert. Käin böse Gedanke? (Aufstehend und hart vor sie hintretend, aber mit abgewandten Augen.) Und i säg dr, töde hani en welle.

(Marie weicht vor ihm an den Tisch zurück, halb erschrocken und halb erwartungsvoll blickend.)

Robert (nach einer Pause, aus großer Seelenqual heraus). Jez wäischt, worum as i furt wil.

Marie (nach einer neuen Pause, leise). Worum hescht das dinne nid gsäit?

Robert. Wenn si nid sälber so gschydt sind? Hätti sölle säge: Sind um Gotts Wille so guet und tüem’mi is Zuchthus? — Wäischt, worum as en tödt ha?

Marie (erschrickt).

Robert. Verschrick nume, aber uf dr faltsche Gspur bischt doch. De wäischt jo, win er mi ’druckt het. S ischt mr immer gsi, dewäg wärde d Landvögt di alten Äiggenossen agluegt ha, wen er a mr verby ischt. 144 De wäischt, win er mr s Säil um de Hals ume gläit het und d Here sind hinder em gstande: Zieh zue, zieh zue! Aber das wäischt nid und chauscht dr s nid usdänke, was so mene Halberghänkten i dr Seel umewüehlet, wen er nid wäis, i welem Augeblick as em d Läiteren under de Füeßen ewägg goht. Und denn, wenn si uf äin Schlag d Wält umchehrt und dr ander hanget doben und du hescht s Säil i de Hände! Wi s dr den i d Händ vürefahrt und de Rachgäischt ufgumpet i dr Seel inn, das hescht no nie erfahre.

Marie. Also wäge desse hescht en tödt?

Robert. Was säittischt drzue? Wi chem dr vor dewäg?

Marie (nach einer Besinnungspause entschlossen). Röbi, worum mache mr iez wider Versteckigs vorenand? (Leise) I wil dr hälfe, wenn d s nid sälber chauscht säge. Wäge myne hesch es gmacht.

Robert. Dynetwäge! Worum sötti s ablaugne? (Weich.) Zäh Johr hani s verdruckt und verwurget, aber traumet hani all Nacht vo dr, Marei, und ha di so lieb gha wi vor und eh. (Geheimnisvoll.) Und äinischt bini durs Holz dure gloffe; es ischt mr gsi, es seig Nacht, chuum het men en Stamm möge gseh und do und dert en giftige Schwumm i de Büsche. Gsuset het s abem Bärg und s Wätter ischt wi di wild Jagd ob de Bäume noh gfahre. Denn wider ischt e schöni Tanzmusig cho, aber wyt ewägg. I dr Eintracht, hani ’dänkt, dert het de Schödler Röbi Hochset — i ha s doch gwüßt, i hätt doch au sölle drby sy. Jäso, hani ’dänkt, i bi jo de Röbi, was tueni denn do im Holz uß? D Marei wirt dänke — — Denn wider s Wätter ob de Bäumen und d Füchs händ ’bulle. Do lyt öppis vor mr zue i de Tannlene, hert am Wäg. Rot het s zündt und e gspässigi 145 Form gha. Won i gryfen und luege, isch es de Theophil, Bluet uf dr Stirnen und d Chleider vorabe voll Bluet, d Auge verdräiht und s Mul off, es grusigs Luege. Wäischt, was i ’dänkt und is Holz ie grüeft ha, as d s Wätter und d Füchs nümm ghört hescht? Do lyt er, hani ’brüelet, und iez het en en andere z todgschlage! — — Was ischt? Worum schnufischt eso?

Marie (schwer atmend). Wyter, wyter, verzell nume.

Robert. Aber under Tags hani nie käin böse Gedanke gha, gwüß Gott nid. Nume do, won er mr i d Finger cho ischt, i wäis sälber nid wie, und won i di ghöre Hälfio brüele näb mr zue, do fahrt mr d Wuet in Chopf und s Bluet i d Auge, as i nume no Rots gsehne vor mr und in wider tod wi dert i de Tannlene. Dasmol mues es käin andere gmacht ha, het s grüeft i mr inn, und den ischt alls versunken und verschwunde vor und hinde, nume syni Auge hani no gseh und drhinder di glänzig Pfluegschar — — — (In der Erinnerung schauernd.) Wer wäis, was im ene Möntsch inn ischt und was dr Augeblick cha machen us em?

Marie (leise). Reut s di iez, Robärt?

Robert. Reue? Was ischt das? Hani s sälber gmacht und hätti anderscht chönne? Isch es nid cho wi de häilig Gäischt? Freigsproche bini, das het dänk au öppis z bedüte. De Hergott lueget s vilicht ganz anderscht a as d Möntsche, wenn si wüßte, wi s ’gangen ist.

Marie. Du hescht en bequeme Hergott.

Robert. Emel gschydter ischt er as mir, glaub s nume. Dir het er d Auge verha, as d nid gseh hescht, was ’gangen ischt, as d chönischt dr Äid tue. Hätt em öppe sölle drvor sy, wen er mi nid im Zuchthus het welle ha? 146

Marie. En faltschen Äid, Röbi.

Robert. Faltsch und nid faltsch. De Hergott nimmt en für rächt a. Dir ischt wäge desse nüt ab’gange, du bischt so guet und grad wi vorane.

Marie. Du Lieben und Guete, du! Wen iez aber das Läbe nid eso äifach wer und dym Hergott syn Wäg ganz anderscht, as du mäinscht?

Robert. Was mäinscht mit dem?

Marie (aufstehend). Wenn s bschlosse wer im Himel obe, as de Möntsch dur d Sünd dure mues, wen er im anderen öppis wil z liebtue? Wen er alls müeßt geh, was er het — d Ehr und de guet Namen und s uschuldig Gwüsse drzue? As er nüt meh darf bhalte, räin nüt meh as d Liebi? — As er z erscht i d Höll abe mues, eb em d Himelstür ufgoht?

Robert (erschreckt). Marei — —

Warie (mit gedämpfter Simme, aber fest). Du hescht mr alls verzellt, Röbi — Ufrichtigkäit gägen Ufrichtigkäit: Mäinscht, i häig d Auge nid by mr gha? Alls hani gseh. I ha dr Äid to und ha gwüßt, as er faltsch ischt.

Robert. Das ischt nid wohr, das glaub dr hütt nid und morn nid! Wenn d mi no nie agloge hescht, iez hescht mr nid d Woret gsäit. So öppis hescht nid gmacht! Gloge hescht — säg: i ha gloge!

Marie (sich setzend). Glaub s oder nid, das tuet nüt drzue und nimmt nüt drvo. — — — Röbi, wäischt worum as i s gmacht ha?

Robert (zu ihren Füßen fallend, das Haupt in ihren Schoß verbergend). I wäiss jo — — i ha s jo immer gwüßt, as d mi lieb hescht. Z Nacht hani s gwüßt und am Tag hani s gwüßt — du Liebi, du Myni! Glaub s doch nid, glaub s doch niemerem, as d mr nid lieb seigischt! (Seine Worte 147 gehen in Schluchzen über, sein Leib zuckt und zittert an ihren Knien. Sie streicht ihm liebevoll mit der Hand übers Haupt, ihre Stimme klingt träumerisch, wie aus weiter Ferne.)

Marie. Im Früehlig isch es zwölf Johr gsi. — Wäischt no du? Amene schöne Morge, wo mr no zämen i d Stadt ie uf d Arbet sind. Silbernäbel im Schachen und di goldig Sunne drüber ewägg, di erschte Lerchen im Glanzhimel obe, Schlüsselblüemli zäntume ganzi Matte voll und Chriesibluescht schneewyß uf de Bäumen und ufem Wäg, as me d Füeß drinn gschläikt het — Bluescht und Bluescht und Bluescht. — (Robert bleibt schweigend, den Kopf in ihren Kleidern vergraben.) Wen i e Bitt chönnt tue, zwölf Johr müeßten ewägg zwüschen use, gstrichen und verrisse — denn wetti wider dert afeh, wo mr säbmol ufghört händ, im Schachewägli, im Chriesibluescht, under de grüene Widebösche. (Sie streicht wieder über sein Haupt, ihre Finger spielen mit seinen Haaren. Dann nimmt ihr Gesicht plötzlich einen härtern Ausdruck an.) Worum nid? Worum het er käi Verbarme mit is? S Läbe het er is ’geh und d Wält und alli gueten und böse Gedanke, nume s Zruggläse het er verbotte. Käis Jöhrli, käis Wörtli, käis Fingerverrode! Jedi Minute müem’mr mitschläike, wo hinder is lyt, du und i, vo färn a und vorfärn und vürsi bis d Wält undergoht. (Robert hebt den Kopf und blickt sie an, ihre Rede mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgend.) S ist nid anderscht, es ischt mr, mr seige wyt ufem Meer uß eläiggen i mene chlyne Schiffli, du und i, Sturm und Wällen ob und under is, Blitz und Donner, niemer cha hälfe — und wenn si s no chönnte — ghörscht, wi sie rüefen am Ufer: Niemer darf z Hülf; were si ’blibe, wo mir sind, mir di Braven und Fromme! — Und iez wider 148 d Wälle, Röbi, hushöch und bärgteuf, uf und ab mitem Schiffli, teufer und teufer i d Wasserwüeschti. Käin Möntsch und käin Hergott, nume mir zweu, du und i — du und i — de Röbi und d Marei —

Robert (mit flammenden Augen ihre Gestalt verschlingend und leidenschaftlich ihre Rede fortsetzend). Und denn dert uß, zwüsche Läben und Tod, dr Abgrund under is, dert bischt myne, Marei — dert sind alli zwölf Johr versunken und vergange — dert ischt niemer meh zwüschen is — s Wätter toset, s Wasser brönnt vom Blitz, wo drinn badet, äis Für di ganz Wält; Himel, Ärde, Höll zu äim Chlumpe verschmulze — dert wirdi, was i no nie gsi bi — dert machi, was i no nie gmacht ha — dert gischt mr, was d mr no nie ’geh hescht — dert sim’mr nume no äin Möntsch, du und i, wer wil is us enand ryße?

Marie (zitternd vor Erregung, sein Haupt umfassend). Jo — — jo — — Röbi —

Robert (wiederum seinen Kopf in ihrem Schoß bergend, dann, nach einigen stummen Augenblicken, plötzlich aufspringend, zurückweichend). Was hani gsäit? Bin i das gsi, wo do gredt her? (Sich im Zimmer umsehend.) Ischt niemer do ? — — Käin Möntsch. — — Du dert im Egge hinde, bischt du wider do? Los nid uf en, Marei, was de säit, dem vermag i mi nüt! Das chunt vo näume, wo de Schödler Röbi nid dehäimen ischt. — Nid dehäime? Wäisi, won i iez highöre? (Seine Hand betrachtend.) Bluet? Lueg, wi s tropfet ab mr abe, es ischt mr, de Bode seig rot bis vor d Tür usen und veruß erscht rächt. — Veruß, bi euch äne. — Los, du, stoht nid de Pflueg no dert? Es ischt mr, i häig s gseh glänze, won i häicho bi, vo dr Pfluegschar. De mues mr furt, hütt no! (Er steht von 149 ihr abgewandt, nachdenklich, hie und da zusammenschauernd. Marie sitzt mit brennenden Augen, unbeweglich.) Marei, iez wirscht sälber begryfen, as i nümm cha do sy. Was sötte mir zweu iez no näben enand?

Marie. Was mr immer hätte sölle: enand liebha.

Robert. Immer sölle? Wäischt, was es geb drus?

Marie (mit großer Wärme). Was du nid kennscht und i no nie gha ha: es großes Glück. (Robert schüttelt den Kopf.) Röbi, worum underäinischt käin Glaube meh? (Lächelnd.) Gfall dr öppe nümm?

Robert. De gfallscht mr wi käini, glaub doch nid settigs! Aber d Chind, Marei, dyni Chind! Di ganzi Zyt muesi a d Chind dänke.

Marie (mit gesenkten Augen). Müend si nid wider en Vatter ha?

Robert. Aber nid so äine. De Vatter z todschloh und d Chind i d Arm neh? D Auge, di glychen Augen, und di glänzig Pfluegschar drhinder! Zwüschen eus lyt es Wältmeer! Wyter as d Sunn im Himel obe, sim’mir von enand ewägg.

Marie. An enand ’bunde sim’mr, wenn d Wält us enand goht, mir blybe zäme.

Robert. Mord und Mäinäid — das sprengt dr Rübis und Stübis usenand. Dinamit ischt es Gfätterlizüg.

Marie. Mord und Mäinäid — das stoht uf dr glyche Syte. Chum mit mr vor Gricht, si tüend is as glych Ort.

Robert. Stärben ischt nüt — aber läbe, zweu bin enand Tag und Nacht und käis im andere dörfen i d Auge luege —

Marie. Es grusigs Ghäimnis, Robärt! Äis eläigge wurd s töde, zweu lüpfe s wi nüt. S Schönscht i dr Liebi ischt das, wo niemer darf wüsse. 150

Robert. Zu dem bini nid gmacht. Wenn du das chönntischt, so bini es Chind gäg dr.

Marie. Du mäinscht, es seig en Hergott im Himel obe.

Robert. I ha nie öppis anders gwüßt.

Marie. Er ghört di nid, rüef und bätt, so lang as d wit!

Robert. Rächt het er, wen er uf d Möntsche nid lost — ischt nid äine schlächter wo ischt dr ander?

Marie. Do chani nüt meh säge. (Sie sinkt erschüttert auf einen Stuhl. Robert geht auf und nieder. Pause.) Was dänkscht iez vo mr, Robärt?

Robert. Nüt dänki, i ha gnueg a mr sälber.

Marie. Säg d Woret, i ha dr si au gsäit! Wäischt, wi me so cha wärde?

Robert. A d Mueter hani ’dänkt. I ha si ganz vergässe. I chönnt jo wäg ire nid furt. Sött me nid luege, was si macht?

Marie. Vorig het si gschlofe.

Robert. Los, was ischt das?

(Er eilt in die Kammer. Marie folgt ihm langsam, mit müden, schleppenden Schritten. Ihre Gestalt scheint plötzlich Frische und Kraft verloren zu haben. Das Zimmer bleibt einen Augenblick leer. Dann hört man Schritte und Kinderstimmen im Gang. Miggi und Berteli kommen Hand in Hand, die Kleine weint.)

Miggi (ebenfalls mit weinerlicher Stimme). Do isch si io au nid — Mueter!

Marie (aus der Kammer tretend). Sind ihr do? Und S Chly, ischt das nonig im Bett?

Miggi. Wo bischt au, Mueter?

Marie. Do bini. Worum chömed’r?

Miggi. S Elise macht gar nüt mit is. Worum chunscht au nid? 151

Marie. Los, gang iez und säg em, d’Frau Schödler seig gstorbe, i mües no en Augeblick do sy. Es söl iez machen und s Chly undere tue, süscht chömi denn sälber.

Miggi. Darfi denn nid wider do dure cho?

Marie (sich besinnend). Wol, wenn s Berteli schloft, bis dar blybscht no byn em.

(Die Kinder gehen ab. Marie, deren Schritt wieder lebhafter geworden ist, öffnet das Fenster, um den Laden zu schließen, stellt dann den Strauß wieder auf den Tisch und entnimmt ihm einige Blumen, mit denen sie in die Kammer zurückkehrt. Nachher kommt Robert heraus, mit verweinten Augen.)

Robert. Was hani au welle? (Er tritt vor die Kommode, über welcher der eingerahmte Kranz hängt. Den Kasten von der Wand abhängend und den Kranz herausnehmend, spricht er für sich. Marie kommt ebenfalls heraus, er gibt ihr den Kranz.) Jez mues si emel nümm zum Hus us, das hätt si nid überstande. I dr Häimet stärbe, das ischt de schönscht Tod.

Marie. Do oder dert, wenn s nume gstorben ischt. As s äinischt ufhört, das dunkt mi s Schönscht am Läbe.

(Sie geht mit dem Kranz wieder in die Kammer. Robert langt die große, eisenbeschlagene Bibel vom Wandbrett, legt sie vor sich auf den Tisch und schlägt den 90. Psalm auf. Er liest in leierndem Schulton, aber doch mit steigender Wärme.)

Robert.
Ein Gebet Moses, des Mannes Gottes.
Herr Gott, du bist unsere Zuflucht für und für,
Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden,
Bistu Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Der du die Menschen lessest sterben, und sprichst: Kompt wider Menschenkinder. 152
Denn tausent Jar sind für dir, wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.
Du leßt sie dahinfahren, wie einen Strom, und sind wie ein Schlaff, gleich wie ein Gras, das doch bald welck wird.
Das da früe blüet, und bald welck wird, und des abends abgehauen wird und verdorret.
Das macht dein Zorn, das wir so vergehen — und dein Grim, das wir so plötzlich — dein Grim, das wir so plötzlich dahinmüssen — —
Denn unser Missethat stellest du für dich — (Er blickt zusammenfahrend auf.) für dich — unsere unerkandte Sünde ins Liecht — für — deinem Angesichte.
(Eine große Erschütterung ist über ihn gekommen. Er steht auf.)
Unsere unerkannte Sünde ins Licht?
(Dann fällt er vor dem Tisch auf die Knie, die Hände zum Gebete faltend.)

Marie (heraustretend und ihn erstaunt, befremdet betrachtend). Was ischt das? Was machscht?

Robert (aufstehend, in scheuer Verlegenheit). Bätte hani welle. Lyt nid d Mueter ufem Todbett? (Marie schweigt.) I mues di lo mache, Marei, eläigge weri verchauft — i mues di lo mache, wi wenn d immer do gsi werischt, wi we mr zämeghörte, mir zweu. (Marie schweigt, mühsam die Tränen zurückhaltend.) Dank häigischt, Marei!

Marie (sich aufraffend). Wenn gohscht iez furt?

Robert. Wenn d Mueter underem Boden ischt.

Marie. Iez bischt frei, Röbi, iez het di niemer meh. Was us mir wirt, cha dr jo glych sy.

Robert. Glych sy? — Marei, de wirscht doch nid — das wirscht mr nid au no welle z Läid tue?

Marie. I ha dr süscht scho gar vil z Läid to. 153

Robert. Wen i müeßt dänke, de miechischt öppis Dumms — wen i das ghöre, so sprungi abem Schiff, wo s Meer am teufschten ischt.

Marie. Das darfscht nid, süscht sim’mr jo wider bin enand.

Robert. Wen i wüßt, win i mues rede, wen i d Wort hätt — Was chani säge, de losischt jo doch nid uf mi? Jo, wen i nümm häichem a mene Obe — wer frogti drnoh? Aber du? Chauscht nid d Chind uf d Schoos neh und säge: Ihr zweu sim’mr ’blibe, für euch bini do und für euch blibi do?

Marie. Sind s dyni Chind, Robärt?

Robert. Myni Chind, wi mäinscht das? I ha gmäint, de hangischt a nene.

Marie. Wi a mene Gfätterlizüg. (Tonlos.) I geb si, wen i öppis Bessers drfür überchem.

Robert (erschüttert). Öppis Bessers? Git s öppis Bessers?

Marie (nach einer Pause). Säg mr nume, was d dänkscht,

Robert. Was cha do en Ma no säge?

Marie. Säg mr s nume, wi schlächt as i bi, de dänksch es jo doch. De gsehscht ekäis subers Blätzli meh a mr.

Robert (mit Überwindung). ’glaubt hätti s nie. Bim Hergott, so öppis hätti nie ’glaubt! Myner Mueter hätt me s Härz müessen usem Lyb ryße — (Aufbrausend.) Z vil ischt z vil, das chani nümm ghöre, das hätti nie ’dänkt vo dr! Wehrt si nid es Uvernümftigs uf Läben und Tod, wenn de Jeger as Näscht chunt?

Marie. E faltschi Rächnig. Drü ghöre drzue. Für dyni Chind alles.

Robert. Für mini Chind? Marei, e settigi Liebi — — näi, näi, das verstohni nid, das wili nid verstoh. So wycht men im Gsetz us, so gumpet men übers Wort Gottes 154 ewägg. Iez glaubi erscht, as mr nüt meh z tue händ mitenand.

Marie. So chani iez goh?

Robert. I cha di nid heben und wil di nid hebe. As mr dewäg usenand cheme, hätti nie ’dänkt.

Marie. Röbi, Röbi, schick mi nid furt! (Niederfallend) Lueg do, i fallen uf d Chneu vor dr, no nie vor eme Möntsch, nid emol vorem Hergott. Schlächt bini und du en Häilige, aber wäge dyne, nume wäge dyne, wäge wessen ächt süscht? Säg mr alli Schand, i ghöre s jo gärn, wenn s vo dir chunt. Gim’mr Schleg, gim’mr d Ruete, du bischt jo myn Vatter! Mach mit mr, was d wit, was dr d Wuet oder d Liebi ygit, i wil mi nid wehre, i wil mi nid verrode — — wen i nume darf do inn blybe, im hinderschten Eggeli, wenn di nume darf aluege! Röbi, du myn Troscht und mys Läbe, du Guete, du Liebe, du Häilige, du Richter und Hergott, du Böse, du Böse — du — Röbi!

(Sie hat seine Knie wie mit Ketten umschlungen, er sucht sie aufzuheben, sie gleitet an ihm empor und bedeckt, sein Haupt umfassend, sein Gesicht mit wilden Küssen. Robert versucht sich ihrer zu erwehren, dann erlahmt sein Widerstand, er zittert, umschlingt sie ebenfalls und erwidert ihre Küsse. Sie stehen in völliger Vergessenheit.)

Robert (unter Lachen und Weinen). Marei, O du gueti — bösi —

Marie (das Haupt an seiner Schulter, selig lächelnd). Gäl, das hättischt nid ’dänkt? — O du dumme Bueb du, du kennscht mi jo gar nonig, du hescht jo käi Ahnig, was euseräis tuet für es äinzigs guets Wörtli. Isch iez nid cho, wi s het müesse? — Mynen und dyne — — was wäm’mr iez no? 155

Robert (sie mit Küssen überschüttend). Nüt wäm’mr — alls! — Dynen und myne — —

Marie (die Augen schließend, ganz hingegeben, leise). Enand liebha — liebha — und stärbe mynetwäge, we’mr doch nid anderscht chöne binenand blybe.

Robert. Alls, was du wit — alls!

(Man hört Schritte im Gang. Miggi kommt leise herein.)

Miggi (noch unter der Türe). Mueter, s Chly schloft iez. (Da sie nicht beachtet wird, tritt sie näher.) Mueter!

Robert (auffahrend). Marei, lueg dert!

(Marie löst sich von ihm und blickt verstört nach dem Kinde. Robert ergreift es am Arme, zieht es an sich und stellt es zwischen sich und sie, während Marie abwehrend, beschwörend die Hände gegen ihn erhebt.)

Robert. Do hi! Do hi ghörscht!

Marie (aufschreiend). Röbi!

Robert (mit der Linken das Kind haltend, die Rechte zum Himmel streckend.) Nie über di ewägg — so wohr as en Hergott im Himel ischt.

(Marie bricht bei seinem Schwur lautlos zusammen. Das Kind entwindet sich seiner Hand. Er bleibt nachdenklich stehen.)

Miggi (wirft sich weinend zu ihr nieder). Mueti! — — — Mueti!

Vorhang

 


 


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