Paul Haller
Marie und Robert
Paul Haller

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ZWEITER AKT

Frau Schödler geht mühsam vom Fenster zum Tisch, Blumenstöcke tragend. Es ist ganz still im Zimmer. Sie steht am Tisch, Blätter und verwelkte Blüten ablesend. Ihren Stock hat sie an die Tischkante gelehnt; mitten in die Stille fällt er zu Boden. Sie fährt auf, wendet sich um.

Frau Schödler. Her Jesis, wi bin i verschrocke! (Nun geht sie langsam, furchtsam gegen die Tür und öffnet diese halb.) Ischt öpper do? (Es bleibt still. Sie geht zur Kammertür und sieht in die Kammer, kommt zurück, den Kopf schüttelnd, und spricht für sich.) Bhüetis Gott vorem böse Find; er geht herum wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Het s ächt öppis z bedüte? (Sie horcht auch am Fenster, kehrt wieder zum Tisch zurück und tritt nachher vor die Kommode, über der der Totenkranz ihres Mannes hängt.) Es ischt mr wi vor, es gäb no es Unglück hütt. Es lyt mr in allne Glidere. — — Das Hüsli ischt mynen und us dem Hüsli use gohni nid. — Die Gomode hani i d Eh ’brocht, mynen isch si, die cha mr niemer neh. (Sie streichelt liebevoll das polierte Holz, öffnet alle Schubladen und schließt sie sorgfältig mit dem Schlüssel, den sie zu sich nimmt. Den Kranz betrachtend.) Ätti, lieben Ätti, wenn ds au wüßtischt! Hinecht z Nacht hescht mr grüeft, as i verwachet bi dra. Wart nume, i chumen au zue dr under de Boden abe, s goht nümm lang, es ischt mr, i gspürs. De wirsch es langwylig gnue ha eläigge; rüef nume, i chume no so gärn us der böse Wält use. (Sie geht wieder zum Tisch und beschäftigt sich mit den Blumen. Man hört Schritte im Gang.) Öpper Frönder! Her Jesis Gott! (Sie wischt die Augen, blickt zitternd nach der Türe. Es klopft. Sie wagt nicht, Herein zu rufen. Es klopft wieder.) Herein! 117

Agent Müller. Gueten Obe, Frau. Ischt de Her Schödler dehäime?

Frau Schödler (für sich). De Her Schödler — de Her Schödler! (laut.) Näi, de ischt nid do.

Müller. I bi doch do am rächten Ort?

Frau Schödler. Wenn’r zum Robärt händ welle, jo.

Müller. Robert Schödler, richtig. Nid do? I han im doch schriftlechi Mittäilung lo zuecho, i wärd de Obe vorspräche byn em.

Frau Schödler (mißtrauisch). Händ’r öppis welle?

Müller (sich sehr ungeniert umschauend). Das ischt also das Objekt?

Frau Schödler. Was ischt das?

Müller. Ischt das das Hüsli, wo sött verchauft wärde?

Frau Schödler. Was verchauft? Wer säit öppis vom verchaufe? Us dem git s denn nüt, as’r s wüssed. Do inn hani gläbt, do inn wili stärbe. Niemer bringt mi do use, niemer het s Rächt. Mynen isch und myne mues s blybe.

Müller (erstaunt). Aber Frau Schödler — i ha doch gmäint — me het mir doch Bricht lo zuecho — —

Frau Schödler (drohend). Do inn gits käis Gschäft, händ’r ghört und verstande?

Müller (sich behutsam zurückziehend, lächelnd). Aha, so, so — de Her Schödler ischt also nid dehäime, wirt aber bald vo dr Arbäit cho. — Agänt Müller — i seig do änen i dr Wirtschaft, er chön mr nume Mittäilig mache, wen i söl überecho.

Frau Schödler (ihm nachrufend). As d mr nümm i Gstuben ie chunscht, Goxöfeliryter galörige! I dr Wirtschaft äne? Do bischt grad am rächten Ort; het di ächt de säb do dure gschickt? Darf er nümm sälber cho, as 118 er settig Spione mues bruche? (Plötzlich aufjammernd.) O du allmächtiger Gott! O du allmächtiger Gott! (Sie sinkt in den Lehnstuhl und weint. Dann steht sie auf und tritt wieder an den Tisch, um in ihrer Arbeit fortzufahren. Man hört Schritte im Gang.)

Robert (kommt ohne Gruß. Sein Gesicht ist finster, seine Rede kurz und hart. Die Mutter bleibt am Tisch, ohne sich nach ihm umzublicken). Ischt niemer do gsi?

Frau Schödler (brummt etwas Unverständliches).

Robert. Öb niemer do gsi seig?

Frau Schödler. Sischt emel niemer meh do, wenn d mi nid zellscht.

Robert. Ist de Her Müller do gsi?

Frau Schödler. De chauscht en jo i dr Wirtschaft äne go sueche.

Robert. I dr Wirtschaft? Was het de det äne z tue?

Frau Schödler (giftig). Was het de do inn z tue? (Sie tritt plötzlich auf ihren Sohn zu, so daß sie sich an ihm halten muß.) Röbi, Röbi, was wit dyner alte Mueter zläid tue? Muesi uf d Chneu falle vor dr, vorem äigne Chind? Bueb, ums Gottes Barmhärzigkäit wille! (Sie bricht schluchzend zusammen. Robert hält sie und führt sie zum Lehnstuhl.)

Robert. Wüssed’r öppis anders, Mueter, as das Glump z verchaufe? Säged mr s nume, was hani no anders?

Frau Schödler. Doblybe, nume doblybe! De Vatter het mr grüeft, i bi bald underem Bode, es ryßt jo an allnen Eggen a mr. Denn chöned’r mi useträge, i säge nüt meh drzue.

Robert. Ihr händ guet säge, Mueter. Aber wenn’r gseh und ghört hätte, was hütt ’gangen ischt, so wurded’r anderscht rede. Das chani nümm und das tueni nümm! 119 Mit dr Bolizei händ si müesse cho, as mr händ chönne schaffe, euseren e paar. Z mitzt dur si dure häm-mr müesse Spitzruete laufen und Näme ghöre, wo mr süscht no käine het ’dörfe säge. D Füscht händ si gmacht und oni Bolizei wer s is übel ’gange. Mäinscht, i häig uf dr Stroß häi dörfe? Si häm-mr ufpasset vorem Dorf und wenn si mi verwütscht hätte — — Wyt obe dure bini am Bärg noh — süscht weri scho lang dehäime. Und iez all Tag dewäg, morn wider und übermorn —

Frau Schödler. O Her Jesis Gott!

Robert. Rächt händ si, Mueter, und de schlächt Hund mache, das chani nümm und das tueni nümm. Gchündt hani hütt und furt wili, furt is Amerika ie, woni wider de blau Himel darf aluege.

Frau Schödler. Und di alt Mueter, Röbi? Chauscht mi nid z Tod schloh und mi verschare, eb d furtgohscht? I bi dr doch überleschtig.

Robert. Z erscht göhm-mr i d Stadt ie. Usem Hüsli bringi no öppis use, as mr zläbe händ für dr Afang. Nume de do äne mues es nid ha, nume de nid! Was het dr Agänt do äne z tue?

Frau Schödler. Er het gsäit, er warti däne, bis d häi chömischt.

Robert. Säged iez sälber, Mueter, hani no d Wahl? Söli doblybe, bis si mr d Hütten überem Chopf azünde!

Frau Schödler. I säge nüt meh. — Wen iez d Wält undergieng, es wer e Gnad für mi.

(Man hört draußen Stimmen und Schritte im Gang.)

Robert. Losed, iez wirt er dänk cho. — Chömed, i will ech hälfe. (Er führt die Mutter sorgfältig, mit unbeholfener Liebkosung in die Kammer.) 120

Müller. Aha, de Her Schödler ischt häicho. Gueten Obe, Her Schödler.

Robert. S ischt rächt, as Si chöme. S mues öppis go byn is.

Müller. I ha öppis zue mr gnoh do äne und au das Objekt echly agluegt. Nidwohr, bi dem hindere Nußbaum ischt d Gränze?

Robert. Vom hindere Nußbaum bis an Hag und vo dert grad näbem Schopf vüre. Wäm-mr no zerscht use go luege?

Müller. Vilicht spöter, wenn s Ine rächt ischt, Her Schödler. Z erscht were do no Froge z erledige. I ha doch mit Ine z verhandle, Her Schödler?

Robert. Mit mir, jawohl, mit wem süscht?

Müller (mit komischer Ängstlichkeit sich umsehend). So so, ja ja. Nume, es war do Iri Frau Mueter oder Schwigermueter — —

Robert. Das Häimet ischt myne, vom Vatter g’erbt.

Müller. Vom Vatter g’erbt, richtig. Das ischt, was i ha welle wüsse. Si möchten also so rasch wi immer möglich verchaufe?

Robert. Verchaufe wili; das häißt, wenn Si öppis Rächts wüsse.

Müller. E vortäilhafti Gelägehäit, natürlich. Si wänd wahrschynlich furt vo do, dr Stadt zue.

Robert. Emel das Häimet möchti iez absy. Und zwor wer s mr am liebschte, wenn s en Frönden überchem. Wen i do im Dorf wett verchaufe, s hätt gnueg i dr Nöchi, wo d Händ drnoh strecke.

Müller. Also nid in Hier verchaufe. Es vortäilhafts Angebot vo uswärts. So etwas chönnti vilicht vermittle. Nur, für moderni Landwirtschaft äignet sich das 121 Ding nicht mehr. Hingäge bringt dr induschtrielli Ufschwung anderi Gelägehäite: Warehüser, Gschäftshüser, Läden und Wirtschafte. Wi mr gsäit wird, söl do im hindere Grundstück beräits e Fabrik usgsteckt sy.

Robert. So, das wüsse Si scho? Denn wil ene no grad öppis drzue säge. D Here müend das Hüsli nid ha, as si chönen e Stroß mache do hindere. Grad das darf nit sy, Her Müller.

Müller. Aha, i begryfe, Her Schödler. Ganz wi Si mäine; ganz, wi s in Irem Beliebe lyt. Mr wärde scho etwas anderes finde.

Robert. Und no öppis müend Si wüsse; s ist am beschte, mr seige graduse, so verstoht men enand. Uf dem Wäse het myn Nochber, de Wirt Läder, großi Hipoteke. Blybi do und er chündt mr das Gält, so ischt de ganz Bättel syne. Und wenn s hütt de Wirt Läder het, so händs mornderigs d Here. Das gyget zäme zwüsche dene, wi wenn si ghürote were. Iez, wenn s en Frönde chauft, so verryßt ene d Säite und s Spil ischt verdorbe. Wäge desse bini zu Ine cho, Her Müller, wil me wäis, as Si s nid mit de Here händ.

Müller. Rächt händ Si, Her Schödler, i cha nid anderscht säge. Und Rächt, as Si mi is Vertroue zoge händ, i danke höflich. Do wil ich Ine gärn behülflich sy. I chan Ine scho iez d Versicherig geh, daß das innert churzer Frischt söl erlediget sy. Bi myne wyte Gschäftsbeziehunge cha das nid fehle. Ich glaube, es chunt mr do en Gschäftsma z Sinn, der mit Freude wird zuegryfe. De wird do vilicht en Arbäiterwirtschaft boue; denn händ Si dem große Her do äne no d Konkuränz vor d Nase gstellt. 122

Robert. A dem lyt s mr nid. S ischt nume, as er s nid überchunt, das chönnti nid lyde. (Aufgeregt umhergehend.) Das mues nid sy und das darf nid sy, lieber wili do uf dem Plätzli verräblen und verrecke, so wohr as de Himel überem Ärdbode hanget. — Das verstöhnd Si nid, Her Müller; s macht nüt, s ischt my Sach, es ghört nid zum Gschäft.

Müller (der den Aufgeregten listig und manchmal lächelnd beobachtet). I begryfe, Her Schödler. Und wahrlich, Si müend z fride sy mit mr, so wohr as i dr Agänt Müller bi. (Sich wieder umsehend.) Iri Frau Mueter het also rächtlich nüt z säge drzue, si het käi Atäil am Wäse?

Robert. I säges jo, mynen ischt di ganz Sach. Und wägem Prys, das söl denn nid lang Aständ geh. Do wäm’mr bald äinig wärde, Si wüssen iez, was mr d Hauptsach ischt. So natürlich, as beed Täil z fride sind.

Müller. Je mehr Si darin Eggegekomme zäige, umso rascher wirds möglich sy, Iri Wünsch z befridige. Apropos, zwüschen use, wen i darf froge, wi stoht s iez au mit dem Sträik bi Zubler & Cie? Si schaffe nid dert, Her Schödler?

Robert. Wo wetti süscht schaffe? Hütt ischt gsträikt worde.

Müller. Si chömen aber vo dr Arbäit iez?

Robert. I ha gschaffet.

Müller. Si händ g’arbäitet. Si händ sich nid lo ufwysen und sind Iren äigene Wäg ’gange. Das ischt ehrewärt, das zügt vo Charakter. Und sehr klueg ischt das, as Si nid Händel wänd mit dene Here, bevor di Sach mit dem Hus erlediget ischt.

Robert (mißtrauisch werdend). Jo, jo aber — i ha gmäint — — 123

Müller. Si händ gmäint, dr Agänt Müller seig doch wäge syner Arbäiterfründlichkäit bekannt. Ganz richtig, Her Schödler, rächt verstande bin ich ganz uf dr Arbäitersyte. Die berächtigte Forderunge mues me doch anerkenne, durchus und überal. Im einzelne Fall aber, zum Byspil bi Zubler & Cie., do loht si ufpasse, do hätti g’urtäilt wi Si und hätt käineswägs mitgmacht.

Robert (auffahrend). Rächt händ si, eusi Arbäiter, tusigmol Rächt!

Müller (erstaunt, forschend und unsicher). Käini Mißverständnis, Her Schödler, käini Mißverständnis! Jawohl händ si Rächt, ganz richtig. Wer säit etwas anderes? Aber trotzdem, dr Äinzelni cha syni Gründ ha, wi gsäit — — und um wider uf euses Gschäft zrugg z cho, i hätt no en andere Vorschlag, de wahrschynlich rascher zum Zil füehrti. Es lyt Ine doch an rascher Abwicklung dr Agelägehäit, nidwohr?

Robert. Und das wer?

Müller. I mache ne s Anerbiete, das Wäse sälber z überneh mit dem Verspräche, s i dem Sinn wyter z verchaufe, wi mr abgmacht händ. Das hätt de Vortäil, as Si scho hütt us der Sach were, und uf mini Redlichkäit dörfe Si Vertroue ha, das wüsse Si iez.

Robert. Das gfallt mr nid — und überhaupt, vo hütt uf morn mues es nid sy. D Mueter ischt au no do und mir ischt di alt Häimet au lieb.

Müller. Si troue mir nid, Her Schödler. I gseh scho, Si händ d Befürchtung, i tet nid in Irem Sinn und Gäischt handle. Mr chönnte das jo vilicht schriftlich im Vertrag formuliere; denn hätte Si e Garantie, wenn das bi myner anerkannte Zueverlässigkeit und Gschäftserfahrung notwändig erschynt. 124

Robert. Ufem Papier hani nüt. Do mache d Schryber, was si wänd und wer underschrybt, ischt verchauft.

Müller (unwillig). Das ischt e Mäinig, und jedi Mäinig cha faltsch sy.

Robert. Und my Mäinig ischt, mr blybe bi dem, wo mir vorig abgmacht händ. Überhaupt, wi gsäit, i hangen a dem Häimet, und wenn s nid müeßt sy, i wurd mi Seel nid dewäg drum handle.

Müller (aufstehend). Mr blyben also bim Alte. Denn chönnte mr iez vilicht use, es Plänli ufneh und is über de Prys äinige, wo Si als Minimum wette feschtsetze.

Robert (geht wieder in großer Unruhe auf und ab, für sich murmelnd).

Müller. Wie mäine Si? (Er erhält keine Antwort.) Isch es gfellig?

Robert (am Fenster stehend). Jo, i chume. Göhnd Si nume, i chume grad. I mues dr Mueter no gschwind öppis säge. (Agent ab.)
Wen i wüßt — — Wenn s de Sackermänt doch mitem Wirt hät? (Er läßt sich auf die Bank fallen, den Kopf in die Hand gestützt.) Us dem Hus use, won i worde bi und won i gwont bi mynerläbtig! — Gschaffet hani, wer cha mr öppis säge? (Die Mutter kommt aus der Kammer mit verweinten Augen.)

Frau Schödler. Isch es fertig? Muesi afeh rume?

Robert. Nüt ischt fertig, i cha immer no Näi säge. — — Überhaupt — i säge nid jo, Mueter, i cha nid.

Frau Schödler. Was wit denn mache?

Robert (nach kurzem Besinnen). Probiere wäm’mr no äinischt öb’s nid mitem schaffe goht. (Die Mutter sieht ihn groß an, hebt mühsam die Hände wie zum Segen. Robert ab.) 125

Frau Schödler. Gott Lob und Dank im höchschte Himel obe! (Sie bleibt noch einen Augenblick stehen.)

Marie (blickt zuerst durchs Fenster, kommt dann scheu zur Türe herein, sieht sich um und legt einen Brief auf den Tisch. Sie bleibt zögernd stehen, wie Frau Schödler aus der Kammer kommt). Nüt für uguet, Frä Schödler, as i nume so ietrampet bi.

Frau Schödler. Du myn Troscht, Marei, so lang as I i dem Hüsli inn bi, muescht gwüß s Rächt ha wi euseräis.

Marie. Hoffetli blybed’r no rächt lang drinn, Frä Schödler.

Frau Schödler (mit giftigem Blick). Das gäb de lieb Gott, und hütt isch es emel no euse. Stell ab, Marei, hescht öppe zum Robärt welle?

Marie. Wen i es Wort chönnt rede mit em, wer s mr nid urächt. Aber er ischt efange so en Ufprotzige worde gäg mr, i darf en bald nümm aluege.

Frau Schödler. Prezys glych het er s mit mir, mit dr äigne Mueter. Lueg, s Mannevolch ischt halt eso, me wäis nie, wo me si darf alänge. Nimm em s emel s Gottswille nid für bös uf, Marei.

Marie. S goht em bös, gäled Frä Schödler? Wen er numen au wett glaube, as s nid all Lüt bös mäine mit em!

Frau Schödler. Bhüetis näi, das mäine mr nid. Worum au? Mr wone jo lang gnue näben enand, as mr wüsse, wi s gmäint ischt.

Marie. Er sött echly Zuetroue ha, wen em öpper wil hälfe.

Frau Schödler. S Zuetroue ha, a dem lyt s. O wi rächt hescht doch au, und lueg, so wohr as i dostohne, all Tag sägi zuenem: d Marei ischt doch no e gueti gäg 126 dr, wenn si scho — jo, jo — churz, e gueti isch si und wenn di di ganz Wält sött verloh —

Marie. Säged em s nume, s ischt meh Woret drinn, as r sälber glaube.

Robert (rasch eintretend, zur Mutter). Furt ischt er, Mueter. Zwor het ers nid welle begryfe, het aghalte und gmäint, s mües abselut sy. Me hätt chönne mäine, s ghei em s gröscht Gschäft is Wasser. (Marie bemerkend.) Jäso, du bischt do. (Sein Gesicht verfinstert sich, er will hinausgehen.)

Marie. Robärt!

Frau Schödler (zu gleicher Zeit). Zu dir wil si, Röbi, dänk au. Mit mir het si doch nüt z verhandle. Was goht s mi a, was ihr händ mit enand? (Sie geht in die Kammer.)

Robert. Hescht öppis welle?

Marie. S Gägeteil i brecht dr gärn öppis.

Robert (mißtrauisch). Was ischt?

Marie (zu ihm tretend, ihn bei der Hand fassend). Robärt, i cha dem Züg nümm zueluege. I mues dr säge, was hütt ’gangen ischt bi eus äne, as d wäischt, was d z erwarte hescht.

Robert. So red.

Marie. Myne wil dr s Gält chünde, das ischt en usgmachti Sach.

Robert. Das wirt dänk si Zyt ha.

Marie. Hütt no, Röbi, wenn d mr no öppis wit glaube.

Robert. Hütt no, hütt? — Wohär wettischt du das wüsse?

Marie. I säg dr, was i wäis, was i gseh und ghört ha; mach denn drmit, was d wit. De Theophil het hütt wider en böse Tag, de wäischt jo, win er ischt, vor dir bruchi mi nid z verstecke. Am Morge het er trunke, 127 s sind Here do gsi und händ lang verhandlet mit em, und sider fahrt er im Hus umenand win es gchrüselets Hornussi. S het mr welle sy, s seig öppis wäge Gält, aber gschyt worde bini nid drus und froge hani nid dörfe. Vorig ischt do dr Agänt däneghocket, het gsäit, er warti uf di, het ums Hüsli umegredt und das und säb welle wüsse. De Theophil het bald duß gha, as er bstellt seig und het em es Bott to. Do uf dys Hüsli, Robärt, eb s nume verchauft gsi ischt! Aber de Schryber ischt au nid uf de Chopf gheit, het Usflücht gha und Äxgüsi und het doch nid Jo und nid Näi gsäit. Do nohär ischt Mynen uf und ab i dr Herestube, het wider gschwätzt vor em ane und gwüetet und trunke. Won i äinischt iechume, stoht er vor mi ane: Jez isch fertig do äne, säit er und het mr uf d Auge gluegt, wi wenn s mi agieng. Was ischt fertig? worum? hani gfroget. Use mues er mr! fahrt er uf. Hätt em nume scho lang gchündt, dem Schlycher! Was er no gfluecht het, cha dr nid säge; aber Ärnscht isch’s em, süscht stiendi iez nid do, glaub s nume. En Rot ha dr, das isch s äinzig: Bring em Gält dure, was d grad do hescht, as s em di erscht Wuet nimmt. Sid ere Zyt het er s eso, wen em bars Gält under d Auge chunt, langt er drnoh und cha alls drob vergässe. Und den isch es doch wider, wi wen er s nüt eschtimierti, er lohts ligge, wo s ieders Chind cha verwütschen und ufgschribe het er scho lang nüt meh. I verstoh i Gotts Name nid, was alls z bedüte het. Aber as s dr an Hals goht, das wäisi. So han en no nie gseh wi hütt; ums Gotts Wille, bring em, was d hescht, und versprich und verschwör di, süscht isch es am Änd mit dr. 128

Robert (höhnisch). Bring em, was d hescht! — Bring em s nume! — Nüt hani, nid sövel.

Marie (ihn bei der Hand fassend und gegen den Tisch ziehend). Do, Röbi, do het s jo Gält! Lueg doch nume, es lyt jo scho lang do.

Robert. Was ischt das? — Wi chunt das do häre?

Marie (mit feinem Lächeln). Usem Himel oben abe.

Robert (zitternd die Noten in der Hand haltend und zählend). Hundert — zweu — drü — vier — feufhundert. — Wo hescht du das Gält här, Marei? — — I ha doch gsäit — — de wäischt doch — — i wil käis Gält vo dr, nüt wili us euem Hus use.

Marie (leise). I ha s au nid vergäbe, de darfsch es scho neh vo mr.

Robert (läßt noch immer die Noten durch seine Hand laufen, in schwerem Kampf. Dann wirft er sie plötzlich auf den Tisch). Wen i aber nid wil? Wenn dr zum letzte Mol säge, as i käin Lump und käin Bättler bi?

Marie (mit Tränen bittend). Röbi!

Robert. Zwüschen eus stoht no öppis anders, de wäisch es so guet as i. — Lueg mi nid so a, de bringsch es nid fertig.

Marie. Was stoht den iez no zwüschen is, du?

Robert. Es brochnigs Wort, wenn d’s äinischt graduse wit wüsse.

Marie. Wen i s aber wil guetmache? Wen i wäge desse do inn stoh und dr ahalte?

Robert (auflachend). Guetmache? mitem Gält? — Worum nid, s ischt wohr, de bischt jo rych worde.

Marie. Das hani iez nid verdienet.

Robert. Marei, mr wänd Fride ha, i bi nid vergäbe drüedryßgi worde sider. Nimm dys Gält und loh mi lo 129 machen und räble win i wil. (Er geht ans Fenster, hinausblickend.) Los du, dyne, de Theophil! Was ischt mit em, was het er? So han en no nie gseh.

Marie (angstvoll um sich blickend). Was tuet er? Was macht er? — Er chunt doch nid do dure? (Man hört Lärm, Stimmen, darauf Schritte im Gang. Sie will zuerst in die Kammer fliehen, besinnt sich dann und bleibt stehen, entschlossen, aber zitternd.) Was cho mues, mues cho. (Sie wirft eine Zeitung auf das Geld, das auf dem Tische liegt. Robert steht mehr gegen die Türe hin.)

Theophil Leder (angetrunken, in kaum verhaltener Erregung). Ischt de Müller Agänt nümm do?

Robert. Was wit mit em?

Theophil. Do ha sött en, do vor mr zue, as em mit de Füschte chönnt zäige, was er ischt.

Robert. Zu dem chunscht z spot, er ischt scho lang furt. Was ischt mit em?

(Frau Schödler kommt aus der Kammer, sie bleibt erschrocken an der Türe stehen.)

Theophil (Marie erblickend). Was tuescht du do äne?

Marie (leise, zur Erde blickend). I ha öppis z tue gha, d Frä Schödler wil mr öppis verchaufe.

Frau Schödler. E wi gseht s aber au us in euser Gstuben inn! Wer hätt aber au ’dänkt, as Her und Frau Läder hütt do ie cheme! Stelled ab, Her Großrot, es goht fürs Umestoh.

Theophil (zu Marie). Mach iez und lueg, as öpper i dr Wirtschaft ischt! (Zu Robert.) De Müller ischt doch do gsi. Was het er welle?

Robert. Er ischt scho lang furt. Er het gmäint, i sött em abselut das Häimet verchaufe und het to win en prellte Jud, as ers nid übercho het. Fallt mr doch 130 nid y, solang i gsundi Glider ha und cha schaffe. So lang, isch s mr, sötti au chönne zahle, was mi choscht.

Theophil. Hescht em s nid ’geh, uf Ehr nid? De hescht en doch bstellt gha.

Robert. Furt ischt er, mr händ nid ghandlet.

Theophil. Das ischt rächt vo dr, das hätti nid ’dänkt. Dere frönd Raubvögel bruche mr nid in eusem Dorf inn, und das ischt erscht no en Sozi, äine vo de schlimmschte. Und denn, Schödler, wen äine s Rächt druf het, so isch es mi, as d mir das nid vergisischt. Vergäbe wili nid de Guet gmacht und Gedult gha ha, won i hätt chönne s Rächt verlange. Da säg dr, as d wäischt, wora as d bischt.

Robert. Bis iez hani richtig zeiset und s nechscht mol wird s dänk au no länge.

Theophil (zu Marie). Bischt du iez immer no do? Was hescht du do z lose?

Marie (mit erkämpfter Festigkeit). I möcht iez au äinischt wüsse, was goht zwüschen euch beedne. I hätt scho lang es Rächt druf gha.

Theophil. Das sind Mannegschäfti, do hescht di du nid dry-z müschle.

Marie. Do blybi iez, i han au en Wille.

Frau Schödler (flüstemd zu Marie). Her Jesis, Marei, gang doch! Gang doch um Gotts Wille!

Theophil (sie wütend anblickend.) Wart nume du! Das het me drvo, we men es arms Mäitli usem Dräck use zieht. — Äis chauscht no wüsse, wäge myne: De Müller het mr Gält gstole — (Marie tritt erbleichend zurück.) I dr Herestuben isch es glägen imene Briefumschlag und won i gschwind use bi, mues er s verwütscht ha. I chan em s bewyse, öpper ander ischt nid im Hus gsi 131 hinecht de ganz Oben und i dr Herestuben erscht rächt nid. Gstole, blutt ewägg gstole, Schödler; i chönnt en verwürge, wen i en do hätt.

Robert. Er ischt mr vo Anfang a nid suber vorcho; aber das hätt em glych nid zuetrouet.

Theophil. Und do überen ischt er cho mit; i wäis s, i ha s gseh, as er do ie ischt. Du wirscht mr müesse Züge sy, was er gsäit und gmacht het, und s chunt dr wohl, wenn d chauscht säge, de wüssischt nüt drvo.

Robert. En Schölm bini no nie gsi! So wohr as i dostohne, i wäis nüt vo dem Gält, i ha das Gält niene gseh.

Frau Schödler. E aber au, aber au, eso öppis! O Her Jesis, was für es Unglück!

Theophil. Um so besser für di, Schödler. Wer säit öppis vo dem? Aber bis froh, as d nid ghandlet hescht mit so äim. Son en verdammte Schlycher, wo bi jedem zweute Wort d Ehrlichkäit im Mul het und rede wil win en Glehrte! Und denn dewäg! Hänke sött me so äin; hätte mr nume de Galge no ufem Hübel hinde, wo se si früehner ufknüpft händ! Do händ si no gwüßt, was Grächtigkäit ischt; do het’s no ghäiße: Wer stilt, was en Strick wärt ischt, mues dra hange und zwüsche Himel und Ärdbode verfule. So händ s ene s gmacht, Schödler, di Alte; aber z verschräcke bruchscht wäge desse nid, es goht di jo nüt a.

Marie (mit tonloset Stimme). Wivil Gält isch es gsi, Theophil?

Theophil. Feufhundert Fränkli, i säge s jo, imene Briefumschlag.

Robert (in höchster Erregung auf Marie blickend). Wivil? 132

Marie. De muescht niemer faltscher im Verdacht ha. I has gnoh, Theophil.

Theophil. Was? — Was het das z bedüte?

Marie. Tue doch nid eso; i ha s ’brucht für d Hushaltig.

Theophil. Feufhundert Franke? I d Hushaltig?

Marie. I säg dr s denn däne. Iez tue doch nid win es Uvernünftigs. S Schödlers wärde nid müesse mäine, dy Frau näm, wo si nüt verlore het.

Theophil (mühsam sich beherrschend). Guet so, iez mach, as d übere chunscht.

(Marie geht gegen die Türe, bleibt aber hinter ihrem Manne stehen, die Blicke auf den Tisch gerichtet.)

Mit dir hani no zrede, Schödler. S sind bös Zyte, i cha dr s säge, au für euseräin. Und as i lang Gedult gha ha, das wirscht mr müesse zuegeh. Aber iez chani mi Seel nümm anderscht, i mues das Gält ha, gang s wi s wel. I wil dr s grad use säge; won i iecho bi, ha dr welle chünde, alls uf äinischt. Jez wil d nid ghandlet hescht mit em Müller, dem Zuchthüsler, wili s halbiere. Aber s Halb muesi ha, de wirscht müesse drum luege.

(Robert ist über diese Eröffnung auf die Bank hinter dem Tisch gesunken. Der Wirt ist immer näher getreten und hat zuletzt die Hand auf die Zeitung gestützt, unter der das Geld liegt. Marie folgt ihm auf den Zehen in höchster Angst, während Robert die Zeitung festzuhalten sucht. Wie Theophil mit der Hand eine Bewegung macht, fällt der Geldbrief zu Boden, Marie stößt einen Schrei aus, er wendet sich um, aufbrausend im Zorn, sie noch da zu sehen. Unterdessen bückt sich Robert nach dem Brief und steckt ihn in die Tasche.)

Theophil (zu Marie). Immer no do? — He du verd... Iez wäm’mr doch luege — — — (Er dringt auf sie ein, die zurückweicht.) 133 Ghörscht du do hi oder ghörscht zu eus übere? Isch es nid gnueg, as d em nohlaufscht, wen i furt bi, und mi zum Gspött machscht vorem ganze Dorf? Muescht no cho, wen i sälber do bi?

Robert (ihm von hinten in den Arm fallend). I hulf Ruejh ha do inn, i mim Hus!

Frau Schödler (die schon lang das Spiel mit Gebärden begleitet hat). Hand ewägg, Röbi, um Gotts Wille! S ischt nid euses Spil, es goht is nüt a.

Theophil (zu Robert). I dym Hus? So, Hüchler, was het denn my Frau drinn z tue, he? Wo schlüfed’r ame zäme, ihr zweu subere Tierli, wo? Do, i dym Hus, i dem Stal inn, wo si highört hätt? Iez wäisi s äinischt, iez gsehn is äinischt, iez brucht mr s käin Chnächt und käi Magd meh cho i d Ohre z chüschele. Aber iez müend’r s au wüssen und erfahre, as i nid blind bi. (Reißt sich von Robert los und stößt seine Frau weit von sich, daß sie gegen die Wand taumelt.) Huer!

(Marie lehnt an der Wand, verbirgt das Gesicht in den Händen.)

Robert (vor Theophil hintretend). Iez, no äinischt: Fride do inn, süscht hesch es mit mir z tue!

Frau Schödler. Röbi, ums Gotts Wille nid! Loh si mache, s ischt nid eusi Sach.

Theophil (vor Robert zurückweichend). S wirt immer besser, s wirt immer luschtiger. Nimm si doch dert, si ischt jo scho lang dyne! (Robert will sich Marie nähern.) Wit si lo sy oder nid? Mit mir chunt si, zu mir dure ghört si. Marsch iez, häi mit dr! Und dir wili denn säge, was mit dem Gält mues goh.

Frau Schödler. Iez sim’mr verlore, o du allmächtiger Gott! Uf d Chneu abe, Röbi, uf d Chneu abe! 134

Robert (nach einigem Besinnen). Das wer also dy Mäinig? Für das bischt mr is Hus iecho? Iez wäisi doch äinischt, wora — i ha s jo scho lang gwüßt. Und iez mues s aber au ganz fertig sy, mit beedne, verrissen und abto, abto und vergässe. Mit euem Hus wili nüt meh ha. — Do! mached iez sälber us, was’r händ mit enand, ihr zweu! (Er wirft den Geldbrief dem Wirt vor die Füße. Marie bricht zusammen, rafft sich wieder auf und flieht aus der Türe.)

Theophil (den Brief aufhebend). Was ischt das? Was söl das? — — O du verdammte, verfluecht — — Das ischt die Hushaltig, do ischt das Gält hicho! (Er eilt hinaus, man hört Lärm und Geschrei.)

Frau Schödler (auf die Knie fallend). Hergott hilf! Hergott hilf!

Robert (bleibt zuerst stehen, erschreckt nach außen horchend). Was fallt em y? — Im Tüfel ischt alles zuez’troue. — D’ Marei! — D’ Marei lohscht mr am Läbe! (Er eilt hinaus.)

Frau Schödler (am Fenster). Röbi, Röbi, nüt Böses! — Iez — er uf en dar — si händ enand — si töden enand — lueg nid, Hergott, heb d Auge zue! — (Man hört einen dumpfen Fall und Verstummen des Lärms.) Do fallt er — do lyt er, grad uf dr Pfluegschar — wenn s dem nid de Rugge verbricht — Bhüetis de Hergott vorem böse Find — aber rächt gscheht s dr, rächt; de hesch es nid anderscht um is verdienet.

Vorhang

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