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Zum 9. Mai 1905

Schillers hundertjähriger Todestag

Schiller, göttlicher Dulder im Tode wie einstens im Leben,
Ein Jahrhundert verrann, aber dein Unglück besteht.

Seligsten Schauens Gefäß, das irdische Notdurft zerstörte,
Kämpfer und Priester des Lichts, sank dir zu früh doch die Nacht.

Hinter dir stieg unendlichen Nachruhms funkelndes Sternbild.
O des verspäteten Lohns, den du zu teuer bezahlst!

Denkt ihr nicht alle mit Grauen des bakelschwingenden Ruppsacks,
Der uns in Tagen des Mais Schillers Balladen verhunzt?

Spät erst mit reifenden Sinnen, wohl gar an der Schwelle des Herbstes,
Fanden den Ewigen wir, den der Barbar uns entrückt.

Staunend schauten wir da zu des Genius leuchtender Lichtbahn.
Flammend in dunkelster Nacht, schien er uns sichrer Besitz.

Siehe! es rückte der Zeiger. Erfüllt eines Säkulums Spanne,
Seit sein morschend Gebein ruht in der schützenden Gruft.

Spreizende Federn feiern geschäftig des Großen Gedenktag,
Und mit jeglicher Post fliegen Enqueten uns zu.

Wer du gewesen und was du uns seiest, forscht man begierig.
Wehe mir, stell' ich mich taub! Wütend zerfleischt mich das Blatt.

Wieder wie einst vom unermüdlich skandierenden Schulmann,
Schiller, göttlicher Held, der du ein Dulder dazu!

Droht dir das schlimmste Verhängnis, da sie am höchsten dich rühmen,
Denn vor des Feuilletons Schwulst reißt auch der Treueste aus.

Aber der Göttliche lächelt verzeihend aus himmlischer Klarheit:
Zwang ich der Sterne Gewalt, zwang ich das eigene Ich,

Glaubt es mir, Freunde, so hoff' ich auch siegreich noch zu bestehen
Eurer Magister Getu, eurer Skribenten Geschrei.


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