Karl Gutzkow
Der Königsleutnant
Karl Gutzkow

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Zweiter Aufzug.

Das Prunkzimmer im Goetheschen Hause. Die Einrichtung ist einfach, aber gewählt. Besonders müssen an den Wänden Bilder in goldenen Rahmen angenehm hervorstechen. Meist sind es Landschaften. Die Möbel von Nußbaumholz, hier und dort mit Bronze verziert. Kanapee und Stühle mit weißen Interimsüberzügen. Zur Rechten vom Zuschauer zwei Fenster, jedes mit großgeblümten langen Vorhängen. Zwischen ihnen ein Spiegel, unter dem noch ein Platz für ein Landschaftsbild sein muß. Hinten und links vom Zuschauer Türen.

Erster Auftritt.

Gretel stäubt die Möbel ab. Dann Mittler.

Gretel. Ordentlich wie ein Ungewitter schwebt's über einem! Jeden Augenblick kann's losbrechen. Der Herr Rat sieht mich mit keinem Auge mehr an, die Frau Rat weiß mir auch nicht Schlimmes genug nachzusagen, und was hab' ich denn verbrochen? Kann ich denn dafür, daß der Mack ein gar so einfältiger Mensch geworden ist und nur noch für seinen Herrn ein Auge hat? Ich habe keinen Segen davon, daß ich ihm unsere Nummer sagte, und Vergnügen auch nicht. Erst ein Grüß Gott, als wenn ich mit ihm versprochen gewesen, und nun tut er. als kennt' er mich gar nicht mehr.

Mittler (blickt durch die Mitteltür.) Pst! . . . Kann man's wagen?

Gretel. Hier kann man nichts wagen.

Mittler. Er ist doch nicht bei Wege?

Gretel. Der Mack? Daß der Sie nur nicht erwischt. Der versteht keinen Spaß. Dem sollte 'mal einer in seinen Tornister gucken!

Mittler. Von wem spricht Sie denn?

Gretel. Vom Sergeantmajor!

Mittler. Wer fragt nach dem Sergeantmajor! Dem Königsleutenant gilt meine Erkundigung – Exzellenz schon ausgegangen?

Gretel. Just läßt er sich frisieren. – Machen Sie, daß Sie fortkommen! Der ist noch menschenscheuer als der Sergeantmajor.

Mittler. Hab' ich gehört. Das soll ja in der Tat ein ganz merkwürdiges Exemplar von einem Kavalier sein, sozusagen eine species hypochondriaca.

Gretel. Grob ist er.

Mittler. Hört' ich auch. Andere meinen wiederum – sehr fein.

Gretel. Ihnen würd' er hier bloß höflich die Türe weisen, wenn er Sie attrapierte –

Mittler. Warum?

Gretel. Weil er die Frauenzimmer nicht leiden kann!

Mittler. Bin ich –

Gretel. Wenn er hört, wie sie andere Menschen ins Unglück bringen können, hält er sie für eine Frau Bas'.

Mittler. Gretel. laß Sie jene schönere Vergangenheit, wo man noch um die verfängliche Adresse eines seidenen Bandes, um theatralische Verirrungen sich mißverstehen konnte! Jetzt leben wir in einer Schreckenszeit, wo die Guten, die Edeln zusammenhalten müssen – (will sie umarmen).

Zweiter Auftritt.

Mack. Die Vorigen.

Mack (von der Seite). Was ist das? Wer spricht hier? Exzellenz lieben das nicht. Margarete, was tut Sie da?

Gretel (fährt mit dem Wedel über Mittlern). Ich stäube ab, wie er sieht.

Mittler (zeigt an die Wand). Allerdings! Diese Bilder – sind meiner besonderen Obhut anvertraut. Ich pflege sie zuweilen zu inspizieren – zu revidieren –

Mack. Auch die Weibesbilder? Hier hat niemand was zu inspizieren und zu dividieren. Diese Zimmer sind das Quartier des Herrn Königsleutnants. Wer hier etwas zu suchen hat, den meld' ich Sr. Exzellenz. Soll ich – (will hinein).

Mittler. Um Gotteswillen, nein – Noch bin ich nicht vorbereitet. Adieu, leben Sie wohl! Auf Wiedersehen! (Springt hinaus.)

Mack. Gehört der ins Haus?

Gretel. Es ist der Hausfreund.

Mack. Auch bei Ihr wohl? Hm! Sie hat recht changiert – die Farbe gewechselt sozusagen –

Gretel (fährt in ihrer Arbeit fort, indem sie sich schnippisch abwendet). Gegenseitig.

Mack (bei Seite). Hübsch ist sie! Sehr hübsch! Aber –

Gretel (steckt die Gardinen zurück).

Mack. Zugelassen! Hier kein Tageslicht herein! Wir lieben das Dunkle in der Beleuchtung.

Gretel (macht wieder zu). Nu, nu, freß er einen nur nicht! Die Herren Franzosen haben hier zu befehlen! Schlimm genug, daß wir in solche Hände geraten sind! (Will ab.)

Mack. Marguérite – . . . Donnerwetter. Ordre pariert! Still gestanden!

Gretel (bleibt mit ihrem Kehrbesen stehen).

Mack (sich ihr zärtlich nähernd). Marguérite, wenn du wüßtest, warum ich gegen dich dies allerdings schnöde Betragen einhalten muß – Ein schmuckes Soldatenmädel gäbst du – aber – siehst du – es gibt Verhältnisse, wo die große Nation –

Gretel. Als der Herr Sergeant von Roßbach kam, sah die große Nation recht klein aus.

Mack. Ruhe! sacre nom de . . . Bist du auch so eine Rebellerin? Gretel, ich muß dir etwas sagen! Der Grund, warum ich dies sonderbare Betragen – Weißt du, was die Misogyne ist?

Gretel. Misegiene? Das ist wohl jetzt Seine Schöne? (Trocknet die Augen an der Schürze.) In Ihm hat sich ein redliches Mädchen grausam geirrt. Ich wünschte, Er hätte sich am Weidenbusch verhört und wär' in ein anderes Haus gezogen, als daß Er hierher gekommen ist, wo ich noch obendrein wegen der Einquartierung meinen Dienst verlieren werde.

Mack. Gretel! Weine nicht! Frankreich hält diejenigen schadlos, die um seinetwillen leiden. Frankreich war immer großmütig. Ein Platz, Gretel, als Marketenderin –

Gretel. Schäm' Er sich! (Will ab).

Mack. Margarete! Bleib'! Ja, du hast Grundsätze! Das wußt' ich schon in Aschaffenburg und logierte meinen General auch nur deshalb hierher, um zu sehen, ob du dich in ihnen befestigt hast. Aber siehst du, Gretel, mein mir sozusagen selber unerklärliches Betragen kommt – von der Misogyne her –

Gretel. Ich glaube, Er ist verrückt geworden. Wer ist denn das, die Misegiene?

Mack. Gretel, vor vier Jahren war ich blessiert und dabei sehr vergnügt, jetzt bin ich gesund und sehr melancholisch. Woher dieses? Ich habe die Misogyne.

Gretel. Melankolisch? Misegiene? – was sind denn das für Krankheiten?

Mack. Melancholie nennt man eine Trauer, die so schrecklich ist, daß sie gar keinen Grund und keine Ursache hat.

Gretel. Mein Gott, Mack, Er hat doch wohl nicht gar Kummer?

Mack. Dieses weniger, aber grundlosen Kummer nennt man Melancholie. Mein Herr haßt die Frauen, ich liebe sie folglich nicht mehr. Mein Herr weint sehr viel, ich lache folglich nicht mehr. Das nennt man Misogyne. Marguérite, für diese traurige Dienstbeflissenheit, bei welcher ich gänzlich meinen Charakter habe changieren müssen, bekomm' ich nach dem Krieg einst eine Stelle als Intendant auf den Schlössern meines Grafen.

Gretel. Ein Intendant! Ist das viel, Mack?

Mack. Sozusagen alles. Ein Intendant auf einem Schlosse, das ist die Herrschaft selber – wenn sie nämlich verreist ist.

Gretel. Und so einen Posten verschafft dir die schreckliche Krankheit, die Misegiene?

Mack. 800 Franken, frei Holz, frei Kost und Logis, aber lebenslänglich – keine Frau nicht!

Gretel. Keine Frau!

Mack. Ach!

Gretel. O!

Mack. Schreckliches Leiden!

Gretel. Die Misegiene! . . . Und die kann wohl gar nicht wieder kuriert werden?

Mack (mit zärtlichem Überwallen). Ja, Gretel, durch deinen Anblick kann sie's. Gretel, wenn ich mich vergäße – wenn ich die schönen Tage und schummrigen Mondnächte von Aschaffenburg bedenke – ich werfe die falsche Hülle ab, werfe die Aussicht auf die Schlüssel von allen Schlössern der Erde von mir! Ja, Gretel, laß uns wieder – fürs erste einen Kuß!

Gretel (hält ihn zurück). Nein, Mack! Ich bin ein gefühlvolles Wesen und will dein Unglück nicht. Bringt dir dein Abscheu vor meinem Geschlecht einen Posten und eine lebenslängliche Versorgung ein, so bin ich ein deutsches Mädchen und entsage. (Schluchzt.) Man halt in den Kriegszeiten schon viel erlebt, aber daß Einquartierung kommt, die die Misegiene hat, ist noch keinem Stubenmädchen vorgekommen. (Ab.)

Mack. Mein ganzer innerer Sergeantmajor ist in Rebellion. Wenn ich fahnenflüchtig würde –! . . . Halt! Ablösung kommt – (tritt militärisch an).

Dritter Auftritt.

Graf Thorane militärisch gekleidet, mit einem Buch in der Hand von innen eintretend. Mack.

Thorane. St. Jean! . . .

Mack. Mon général!

Thorane. Ça me fait beaucoup de plaisir de me rappeller le peu d'allemand, que j'ai appris dans ma jeunesse. Ick verstehen dieser ganzen Buch sehren gut.

Mack. Mais pourquoi la langue d'un pays –

Thorane. St. Jean!

Mack (in klagendem Tone) Mon général!

Thorane. Wir wollen immer sprecken deutsch!

Mack Bien obligé.

Thorane. Deutsch!

Mack. Wie Ew. Exzellenz befehlen.

Thorane. Zwar wird es sein eine Sack sehr difficile – allein es ist eine Pflikt, zu ehren die arme Land, die ist in der Notwendigkeit zu sehen uns als einen Feind . . . (zu Mack.) Ist das gewesen eine deutsche Sprak?

Mack. Superbe, mon général!

Thorane. Deutsch!

Mack. Vortrefflich!

Thorane. Entends-tu wenn ick weiß nicht der Wort zu sagen en allemand – tu les traduiras –

Mack. A votre service!

Thorane. Deutsch!

Mack. Zu dienen Exzellenz!

Thorane. Gut. – Diese Haus ist eine sehr commode(sieht ihn an).

Mack. Bequeme.

Thorane. Dieser Tableaux (sieht ihn an).

Mack. Gemälde –

Thorane. Gemälder sein sehr schöner Stücker von Kabinet. Aber ick glaube, der maître (sieht ihn an).

Mack. Meister –

Thorane. Meister des Hauses ist eine Mann sehr ein wenig impoli.

Mack. Unhöflich, stellenweise grob.

Thorane Ah!

Mack. C'est exécrable, comme ce –

Thorane. Deutsch!

Mack. Ein Schwerenotskerl – und die ganze Bande hier reif zum Aufhängen!

Thorane. Nicht so geschwind!

Mack. Aufhängen?

Thorane. Spreken!

Mack. Exzellenz! Es ist eine verfluchte Wirtschaft hier in dem Hause wie in der ganzen Stadt! Keine freundliche Miene, kein Respekt. Diese Frankfurter – Exzellenz, ich habe einmal eine Geschichte gehört von Einquartierung in einer Stadt namens Sizilien. wo auch einmal Franzosen plötzlich bei Nacht . . . ich sage nichts, wenn wir hier einmal das sizilianische Vesperbrot erleben!

Thorane. Les vêpres siciliennes! Der sizilianische Vesperbrot! Ich mir diesen Ausdruck werde merken. Aber, mein guter St. Jean, es kann nicht sein ein großer Vergnügen, zu haben fremde Menschen in seinen . . . propriétés.

Mack. Eigentümern –

Thorane. Auch es ist wahr. daß ist Deutschland sehr eine unglücklik Land . . .

Mack. Finden Sie das?

Thorane. Sehr eine unglücklik Land, weil es hier hat gehabt immer zwei Parteier, und die andere Nationen haben Nutzen gemakt von der Feindschaft von dieser zwei Parteier . . .

Mack. Deshalb haben wir im Elsaß auch vorgezogen, uns mit Deutschland gar nicht mehr abzugeben.

Thorane. Abzugeben? Ah, Abgaben! Zahlen der Abgaben. Es ist sehr eine unglücklik Land, welches hat zu viel der Souveränen, welche alle wollen leben von der Abgaben.

Mack. Einverstanden, Exzellenz. Aber Frankfurt ist eine freie Stadt und sehr reich und sie könnte sich's zur Ehre schätzen, wenn sie einmal an einen ordentlichen, schönen Fürsten käme, z. B. an Se. Majestät den König von Frankreich. (Es klopft leise.)

Thorane. On frappe

Mack Et bien timidement. (Sieht nach.)

Thorane. Wer ist? Ich nickt hoffe, daß es sind Damens –

Mack. Exzellenz, wo werd' ich erlauben, daß Damens – (zuckt die Achseln, geht an die Tür, hat geöffnet und blickt zurück). Der junge Sohn des Herrn Rat. (Meldet.) Le jeune fils du Conseiller!

Thorane. Entrez, mon ami!

Vierter Auftritt.

Wolfgang, elegant gekleidet und mit einem Galanteriedegen. Die Vorigen.

Wolfgang (verbeugt sich, wirft einen scharfen Blick auf Thorane, geht dann links und nimmt ein Bild herunter, mit dem er wieder hinausgehen will).

Thorane (sieht ihm verwundert zu. Wie Wolfgang an der Tür ist, ruft er ihm voll äußersten Zornes nach) Au voleur!

Mack. Halt den Dieb!

Thorane. Quelle impertinence, jeune homme?

Wolfgang. Pardon, Monsieur! C'est de la part de mon père

Thorane (zornig). Deutsch!

Mack. Allemand!

Wolfgang. Das Bild gehört meinem Vater und ich hole es in seinem Auftrage.

Thorane. Diese Bilder gehören an mir – und Herr Ihr Vater sind ein . . . voleur(sieht Mack an).

Mack (ebenso zornig). Spitzbube, – stellenweise Räuber –!

Wolfgang (faßt an seinen Galanteriedegen). Monsieur!

Thorane (zu Mack). Prends lui son épée!

Mack (nimmt Wolfgang, der sich zu wehren sucht, den Degen und behält ihn in der Hand). Allgemeine Entwaffnung!

Thorane. Junger Mann! Man nicht kommt mit der Degen in die Zimmer des Lieutenant du Roi! Sie werden mir lassen diese Bild, welche jetzt ist meine Besitzung.

Wolfgang. Monsieur, vos Besitzungen sont peut-être en France –

Thorane. En Allemand!

Wolfgang. In Deutschland?

Mack. Deutsch sollst du sprechen, Junger Rebell!

Thorane. C'est ça.

Wolfgang. Nun denn, Herr Königsleutnant! Mein Vater hat mich beauftragt, dieses Bild zu ihm hinauf zu holen, weil es noch nicht vollendet ist. Der Maler, Herr Seekatz aus Darmstadt, ist soeben angekommen und hat die Absicht, hier die letzte Hand anzulegen. Sie werden sich überzeugen, daß sowohl der Baumschlag –

Thorane. Pas trop vite!

Mack. Nicht so schnell!

Wolfgang (langsam sprechend). Daß – sowohl – der Baumschlag – (Bei Seite.) Muß ich meinem verhaßtesten Feinde noch deutschen Sprachunterricht geben.

Thorane. Was ist Baumschlag –

Mack. Baumschlag –? Der junge Mann will wohl Schlagbaum sagen, Exzellenz. Das ist der große Balken, welcher quer –

Wolfgang. Über die Stirn eines Dummkopfs geht. Baumschlag c'est le feuillage, Monsieur!

Thorane. Ah! (Lächelnd.) St. Jean! St. Jean!

Mack. Ins Malerische erstreckt sich nicht meine connaissance (tritt etwas zurück).

Thorane (setzt sich). Jeune homme! Ik lieben sehr der Malers und der schönen Künst –

Wolfgang (beiseite). Künste? Aha! die dramatischen Künste!

Thorane. Ik mir aben gefreut, zu sehen diese schöne Bilders in diesem Hause und justement dieser paysage(sieht sich nach Mack um).

Mack (zuckt die Achseln). Länderei –?

Wolfgang. Landschaft, mein Herr!

Thorane. Justement dieser Landskaft ist mir gewesen eine große Freude. Es ist einer so schöner blauer Luft darunter –

Wolfgang. Darüber –

Thorane. Daß ich gezwungen bin, immer zu denken an meine schöne Schloß in der schöne Land – die Provence.

Wolfgang (beiseite). Er ist's!

Thorane. Aber ik haben verstanden mit großem Vergnügen, daß der Meisters von diesem Landskaft noch leben?

Wolfgang. In Darmstadt, aber gegenwärtig eine Treppe höher in unserer Mansarde.

Thorane. C'est très heureux! Diese Deutschland haben einen Maler wie Claude Lorrain –

Wolfgang. Alle die Bilder, welche in diesem Zimmer aufgehängt sind, rühren von Malern her, welche sämtlich hier in Frankfurt leben.

Thorane. Ah! Diese Bilder sind gemalt in einem Geschmack, den ich liebe sehr, weil es ist der Geschmack der Natur und des Herzens.

Wolfgang (bei Seite). So kann nur ein rasend Verliebter sprechen!

Thorane. La peinture! Und der Musik! Und der Diktkonst! O wenn man ist gezwungen zu sein unter die Waffen, wenn das Auge muß sehen die horreurs de la guerre et on a le coeur sensible aux émotions(unterbricht seine Empfindung) o mon jeune homme, Sie sein nok zu jung, um zu begreifen mir und meine Schmerzen.

Mack (bei Seite). Jetzt kommt die Misogyne!

Wolfgang (für sich). Der Heuchler verstellt sich und tut, als ob er nicht von Belinden wiedergeliebt würde!

Thorane. Mein junger Freund! Es ist sehr eine schöne Empfehlung für Herrn Ihren Vater, zu lieben die schönen Könst und zu beschützen der Meisters, welche leben in unserer Nakbarschaft. Der Talent müssen sein cultivé –

Mack. Geackert.

Thorane. Auch das Studium mussen sein geackert – auch der succès mussen sein geackert und die Fürsten mussen sein des cultivateurs –

Mack. Ackersleu— Ne! Das stimmt nicht –

Wolfgang. Ich begreife vollkommen, was Sie sagen wollen, Exzellenz. (Bei Seite.) Übrigens ist auch er schon sehr geackert und hat tüchtige Furchen –

Thorane. Ich will maken der Bekanntschaft von die Könstlers alle, welche aben gemalt diese Bilder. Ich besitze eine schöne Schloß in die Provence an die Ufers der Meer Méditerranée zwischen Talern von Oliven und Orangen – o mein Freund. ein Baumschlag, so süße, so mélancolique –

Mack. Schwermütig!

Thorane. Eine so schwermütige Baumschlag! Der Naktigall singen in der Zweig – et les souvenirs . . . (bricht ab) mais passons là dessus.

Wolfgang (bei Seite). Die Sehnsucht scheint ihn zu verzehren.

Thorane. In diese Schloß sollen mir malen diese gute Malers von Frankfurt auch meine Erinnerungen an dieser Deutschland! Aber ik sehen, mein junger Mann, daß Sie noch nicht haben ein großes Vertrauen in mir! Die Bewohner dieser Stadt hassen uns, weil wir haben genommen Besitz von ihnen. Aber dieses ist gewesen eine Notwendigkeit von Krieg. Sie sind für Preußen, mein Freund, oder Sie sind für Österreich?

Wolfgang. Ich bin zu jung, über diese Dinge eine Meinung zu haben, allein das gesteh' ich, daß ich wenig Ursache habe, für die Franzosen zu sein.

Mack (räuspert sich martialisch). Hm! Hm! Hm!

Thorane. Ich weiß, die Jungen in Deutschland sind für der Haus Preußen und die Alten sind für der Haus Österreich. Aber wie können sie lieben einen König, der nicht liebt seine Vaterland? Frederic ist eine Mann von einer großen Genie, aber er sein ein Egoist, der nur will maken groß seinen Land und seinen Ruhm. Und was ik muß verakten an ihm, ist, daß er nicht liebt der Sprake seines Vaterlandes.

Wolfgang. Exzellenz sind ungerecht! Die deutsche Sprache ist noch nicht reif, alles das zu sagen, was ein Mann von Geist in unserer Zeit sagen möchte. Der gute Kopf will eine Idee nicht nur begriffen sehen, sondern auch gut vorgetragen, und so kommt es, daß Friedrich in einer Sprache schreibt und spricht, die gebildet ist, während die deutsche ihm leider noch zu gewöhnlich erscheinen muß.

Thorane. Raison de plus, um zu sein ärgerlik auf die Deutschen! L'exercise –

Mack. Das Exerzieren –

Thorane. Bête!

Wolfgang. Die Übung –

Thorane. Die Übung maken der Meister und wenn ein König schreibt der Sprake seines Landes, werden auk schreiben alle seine Untertanen dieser Sprake, und der Sprake wird haben davon den Vorteil. Par exemple! Wenn Sie wollen lieben, mein Freund, werden Sie maken ein Gedikte auf der Geliebte französisch?

Wolfgang (in Verlegenheit). Es kommt auf die Umstände an.

Thorane. Mais – mon ami! Wirklich Sie wollen spreken französisch, wenn Sie wollen sagen: Ik lieben dir?

Wolfgang. Wenn es nun zufälligerweise eine – Französin – wäre –

Thorane. Ah le petit coquin! Aben auk schon gekostet von der bösen Gift? Wer denn sein der angebetete Göttine?

Wolfgang (bei Seite). Ich zittre nicht! (Laut.) Eine dramatische Künstlerin!

Thorane. Une actrice, die der junge Enthusiast bewondert? – Vielleicht in Versen? Sie müssen mir zeigen die französischen Verse, welche Sie haben gemakt auf einer französischen Schauspielerin – Ha ha! Wie sie heißt?

Wolfgang (bei Seite). Ich werde seine Miene sehen. (Laut.) Demoiselle Belinde!

Thorane. Belinde? Eine Priesterin der Musen sehr unbekannte!

Wolfgang (bei Seite). Er kennt sie nicht?

Mack (bei Seite). Der junge Mensch hat kein Talent für die Misegiene!

Thorane. Aber die Verse! Die Verse! Allons donc! Geben Sie mir der Verse – Ik sie werde lesen.

Wolfgang (bei Seite). Ob ich sie ihm –

Thorane. Tenez! Tenez! St. Jean, gebe Er zurück diesem jungen Minnesingär seine Degen, denn er verdient sie zu tragen. Hier, mon ami! Ik reichen über diese Degen mit allen honneurs de la chevalerie et vous me donnerez vos vers galants!

Wolfgang (zieht sie aus der Tasche). Les voilà!

Thorane (Liest). A Belinde. – An Belinde, en lui donnant un ruban coloré – als ik ihr gaben ein gemalt seiden Band – Rekt? –

Wolfgang (bejaht). C'est ça!

Thorane. Charmant! (Er liest für sich.)

Wolfgang (hängt den Degen wieder ein).

Mack (für sich). Die Misegiene ist heute nicht stark bei ihm – so viel hat er seit drei Jahren nicht von Frauenzimmers gesprochen – (als wollt' er, während Thorane ließt, ein Gespräch mit Wolfgang anknüpfen, sich räuspernd). Hm! Hm!

Wolfgang (darauf nicht hörend und für sich). Wenn ich ihm sagte – das ist dieselbe, die du mir entreißen willst – Dieselbe, die vor dir flieht und dich dennoch anbetet! Ihn! Ihn! Mit seinen Achtundvierzigern, die er gar nicht verbergen kann . . .

Thorane (kommt sehr befriedigt auf Wolfgang zu und schüttelt ihm feierlich die Hand). Mein junger Freund! Dieser kleine Gedichte enthalten sehr viele von schöner Gedanken, viele von sanfter Gefühlnisse, allein es ist gemakt in einer Manière von sehr schlechter Französisch. Die Silbe sind nicht gezählt richtik, die Reime sind nicht gemakt für die Ohr, Rhétorique ist nicht nach der Regeln von Boileau und Aristote. Dennoch ik mir abe gefreut über der brillante Gedanke. Jeune homme, un jour quand vous serez pris de l'amour d'une – wenn Sie werden lieben eine deutsche Mädchen, werden Sie dichten auf ihr eine chanson auf deutsch und – Eh bien! – wissen Sie, was Sie mir können maken für eine complaisance?

Mack. Gefälligkeit.

Wolfgang (zugleich). Befehlen Sie, Exzellenz!

Thorane. Dikten Sie dieser schöne Gedanken noch einmal – aber auf der deutschen Sprake – wollen Sie maken diese Verse in eine deutsche chanson?

Wolfgang. Ich – werd' es – versuchen.

Thorane. Ik liebe nikt der Frauen, aber ik liebe mir zu freuen an der schönen Könst, wenn mein Geist war müde von der Politik et des fatigues de la guerre. St. Jean! Er weiß, daß ik will sehen keine Menschen um mir, excepté –

Mack. Die Frauenzimmer?

Thorane. S'entend de soi même. Aber dieser junge Mann soll sein immer um mir und ohne ihn zu melden ein. Nehmen Sie die Bildnis von diesem Claude Lorrain de Darmstadt. Er es soll maken d'après sa fantaisie und ik werde kennen lernen alle die braven deutschen Könstler de Frankfort und gerne bezahlen, was sie werden von mich verlangen. Denn es ist keine gute Zeit für der Konst. Und die, welche verjagen die Musen durch der Krieg, sollen sein gezwungen, sie zu rufen wieder zurück durch ihren Geld und Gesmaak, et de guérir les blessures, qu'on frappe à l'humanité. Adieu, mon ami, à revoir! (Ab zur Seite, winkt Mack, ihm zu folgen. Mack folgt mit Nachdruck.)

Wolfgang (allein). O das Schicksal spielt mir schadenfrohe Streiche. Statt mit meinem Gegner mich auf Tod und Leben schlagen zu können, gibt er mir eine – Übersetzung aus dem Französischen auf! Undurchdringliches Fatum, du schwebst über den Menschenhäuptern, wie der Adler, kreisend in luftiger Höhe über – über – über – Dies Pindarische Bild, das ich ein andermal ausführen werde, sagt zu viel und zu wenig für meinen Zustand! Wie geräuschvoll es draußen ist! Man möchte glauben, eine Schlacht sollte geliefert werden! Säbelklirren – Sporenrasseln – so hört sich's aus einer Wachstube an – (Er öffnet. Der Vorplatz ist voll Soldaten und Offiziere verschiedener Waffengattung, die alle eintreten.)

Fünfter Auftritt.

Offiziere von der Kavallerie und Infanterie. Wachtmeister. Gefreiter. Alle in den charakteristischen Uniformen der damaligen französischen Armee. Schleppsäbel, Sporen. Militärisches Auftreten. Alle sprechen untereinander lebhaft durch Gestikulationen. Althof. Wolfgang. Dann Mittler.

Althof (rasch durch die Mitte). Entrez Messieurs! Vous serez expédiés de suite. (Ab nach der Seite zum Grafen.)

Wolfgang (bei Seite). Armer Vater, der du deinen stillen Frieden so preisgeben mußt! Ich will ihm zum Trost wenigstens Seekatzens Bild hinauftragen. Vielleicht find' ich einen Dachstubenwinkel, um meine Übersetzung zu machen. Ich glaube, es ist gefährlich, diesen Schnurrbärten etwas abzuschlagen. Sie scheinen sich von der Schlacht bei Roßbach recht erholt zu haben. Aber wartet, Fritz von Preußen wird euch zeigen, daß er zwar auch französisch schreibt, aber nur auf dem Papier! Auf euerm Rücken werdet ihr bald erfahren, was er für ein kräftiges Deutsch versteht. (Ab durch die Mitte.)

Mittler (hat sich inzwischen hereingeschlichen und kommt nach vorn, sich immer dicht an der Wand haltend). Da bin ich wieder! Und ich darf hier sein; denn ich habe einen Auftrag, eine Kommission, ein Geschäft! Die Franzosen haben gewiß lange nicht getanzt; sie sind gar nicht mehr galant, und wenn mir nur mein Französisch nicht im Halse stecken bleibt! Hm. – (räuspert sich). Es scheint, als würde sich diese Audienz in die Länge ziehen. –

Althof (tritt mit Papieren von der Seite wieder herein und übergibt eins davon an eine Ordonnanz, die nach Empfang abgeht. Er selbst hält sich immer in der Nähe der hintern Tür). Les avertissements pour le cantonnement de Hanau.

(Ordonnanz ab.)

Mittler (steht vorn und spricht bei Seite.) Die Ankündigungen für die Einquartierung in Hanau! Aha, die Hanauer! Denen gönn' ich's.

Althof (zu einem andern). Une lettre au sénat de cette ville.

(Der Angeredete mit dem Briefe ab.)

Mittler (bei Seite). Ein Brief an den Senat dieser Stadt! Wird auch kein Liebesbrief sein.

Althof (winkt mehreren Offizieren, die näher treten). Messieurs! Une ordonnance du Roi!

Mittler (bei Seite). Meine Herren! Ein Befehl vom König!

Althof. Les duels sont défendus rigoureusement!

Mittler (bei Seite). Die Duelle sind auf's strengste verboten.

Althof. Chaque contravention dans l'armée de Sa Majesté sera punie par les peines concluses de cette ordre.

Mittler (bei Seite). Jede Übertretung dagegen bei der Armee Sr. Majestät wird bestraft werden durch die in dieser Ordre eingeschlossenen Strafen.

(Die angeredeten Offiziere ab.)

Althof (Zu einem Profoß). Communiquez les mêmes ordonnances aux soldats. Le duel est défendu le plus rigoureusement.

(Profoß ab.)

Mittler (bei Seite). Teilen Sie dieselben Befehle den Soldaten mit. Das Duell ist aufs allerstrengste verbo—

Althof (schlägt ihm leise auf die Achsel). Monsieur!

Mittler. Ah! Monsieur! – je foulais – fous tire, – que, que, que, que –

Althof. Sprechen Sie Deutsch, mein Herr, ich werde Sie vollkommen verstehen.

Mittler. Bitte recht sehr, Herr General, warum wollten Sie Sich die Mühe geben? Ich bin Sprachlehrer.

Althof. Ich bin der Leutnant Althof, Adjutant des Grafen Thorane, und vollkommen ungeniert, das Deutsche zu sprechen, weil es meine Muttersprache ist.

Mittler. Ei, was sie sagen, mein Herr. Und ein so täuschendes Französisch! Dürft' ich wohl wissen, wer Ihr Sprachmeister gewesen ist?

Althof. Die Geschichte, mein Herr! Ich bin aus dem Elsaß und habe für meine Lektionen nichts zu bezahlen gehabt.

Mittler. Richtig! Sie haben nichts bezahlt, aber Deutschland desto mehr – (Bei Seite.) Himmel. was red' ich –! Ich bin ganz konfus!

Althof. Was wünschen Sie von dem Königsleutnant?

Mittler. Eine Angelegenheit führt mich zu ihm – im Interesse mehrerer hochachtbarer Bürger hiesiger Freien Stadt. die bisher beteiligt gewesen sind an den Einnahmen und Ausgaben einer gewissen schöngeistigen Gesellschaft – so da heißet die französische Komödie – wenn ich die Gnade ohne Ehre – haben dürfte. –

Althof. Da kommt der Königsleutnant! Tragen Sie ihm selbst Ihre Sache vor! (Tritt etwas zurück.)

Sechster Auftritt.

Thorane. Mack. Die Vorigen.

Thorane (zornig und polternd). Der König sein indigniert über der Duell und es soll sein die strengste Strafe, wenn die Franzosen, anstatt sich zu lassen töten vor der Feind für der Vaterland, sich töten von einander selbst für der Dummheiten der falschen point d'honneur.

Mack. Punkt der Ehre –

Thorane. Punkt der Ehre.

Althof (korrigierend). Ehrgefühl. –

Thorane (ärgerlich). Meinen guten St. Jean haben manchmal sehr einen schlechten Lexikon. Wer ist dieser Mann?

Mittler (verbeugt sich tief).

Thorane. Was Sie wünschen, mein Herr –

Mittler. Exzellenz –

Thorane (ärgerlich über die Unterwürfigkeit, äfft ihm nach). Exzellenz!

Mittler (sieht ihn verblüfft an, besinnt sich, bei Seite). Himmel, ich hab' ihm zu wenig gegeben (verbeugt sich). Monseigneur!

Thorane (ebenso übertreibend). Votre Altesse!

Mittler (ganz verdutzt, bei Seite). Altesse? Königliche Hoheit? Er ist ja der Stellvertreter des Königs – folglich (verbeugt sich kräftig). Sire!

Thorane (zornig). Mein Gott! Der König von Frankreich verbieten der Duelle, und der Kaiser von Deutschland sollten verbieten der Komplimente. Wie Sie heißen?

Mittler. Mittler.

Thorane. Eh bien! Setzen wir uns. Was der Mittler will von der Thorane?

Mittler (bei Seite). Der Mittler von der Thora—! Jetzt hört alles auf!

Althof. Herr Mittler hat ein Anliegen wegen der hiesigen französischen Komödie.

Mittler. C'est ça!

Thorane. Eh bien! Also in der Deutschland es gibt eine französische Theater!

Mittler. Das französische Theater – (bei Seite) nein er machte das Theater zu einem Feminum, die Höflichkeit erfordert, daß ich ihn in seinem Irrtum lasse! – (laut). Die französische Theater ist in Deutschland das – wollt' ich sagen – die Rendezvous der schönen Welt.

Thorane. Eh bien! Was wollen diese Rendezvous der schönen Welt?

Mittler (radebrecht aus Höflichkeit). Die Rendezvous wollen der Unterschrift Ew. Exzellenz für – der gewisse Pässe. Diese edeln Schauspieler haben nämlich viel Schulden gemacht und sie wollten abreisen, ohne sie, wie man zu sagen pflegt, zu bezahlen. Dies widerstreitet unsern städtischen Gewohnheiten, ja die städtischen Gewohnheiten erlauben sogar für diesen unerlaubten Fall einen erlaubten Akt der Selbsthilfe. Meine Freunde haben die Absicht, die Garderobe und die Dekorationen der vortrefflichen Gesellschaft zu verkaufen und sich für die Schulden bezahlt zu machen; das Verhältnis wäre jetzt aufs schönste ausgeglichen, nur fehlen noch die Pässe, um diese braven Künstler in Länder zu expedieren –

Thorane (steht auf). Wo man spielt der Komödie ohne die Garderobe und der Dekorationen? Nein, mein Herr. das ist eine Grausamkeit gegen meine Landsleute. Diese armen Könstler sind verloren, wenn sie nikt haben Kostüme, womit sich zu kleiden, und keine bunten Tapeten für der Fantasie! Und sie sollen abreisen –? Die Könstler sollen bleiben in Frankfort und verdienen so viel Geld von meine Offiziers, bis sie können bezahlen die Schulden an ihre Freunde. So verdienen wir alle. Sie verdienen ihr Geld, die Könstler verdienen der Garderobe und der Offiziers verdienen der Vergnügen. Sind Sie zufrieden mit diese (sieht auf Mack) résolution?

Mack. Abschlägige Antwort –

Mittler. Sie ist würdig – eines – Königs – Salomo. (Wendet sich, da ihn Thorane ignoriert, gezwungen zum Gehen und erblickt Wolfgang.)

Siebenter Auftritt.

Wolfgang mit einem Papier. Die Vorigen.

Mittler. Freuen Sie sich, lieber Wolfgang, Se. Exzellenz haben soeben beschlossen, daß die französischen Akteurs hier bleiben.

Wolfgang. Das konnte man erwarten.

Mack (bedeutet Mittlern, daß er entlassen ist). Pst!

Thorane (zugleich). Allerdings! Ik mussen aber Vergnügen – für der Armee –

Mittler (der Thoranes Sprachfehler immer aus Höflichkeit wiederholt). Für der Armee –

Wolfgang. Und für Sie selbst.

Mack (zugleich). Pst!

Thorane. Du tout, mon ami. Ik nikt besuchen der Theaters. Aber Sie, mein Freund, Sie werden sein glücklich, zu sehen noch lange die gute Freundin, auf welker Sie aben gemacht die slekte französische Verse –

Wolfgang (blickt nieder).

Mittler (bei Seite). Der weiß das auch schon! (übermäßig laut). Ei, ei –

Thorane. Was ist das? – Was Sie maken noch hier für der Lärm?

Mittler. Der Lärm? Ich, Exzellenz –

Thorane (zu Althof). Oder heißen es das Lärm?

Mittler. Das Lärm! Die Lärm! Der Lärm! Wie Sie wünschen, Ew. Gnaden – allein ich – (hält sich den Mund zu).

Althof. Dieser brave Mann ist so höflich, Herr General, daß er sogar Ihre Sprachfehler wiederholt.

Thorane (ärgerlich zu Mittler). Adieu; Esclave!

Mack. Slowake, Adjes!

Mittler. Erlauben Sie, ich bin Professor – man könnte in gewissen Fällen wirklich über die oder der oder das Lärm streiten – es kommt nur auf die Schulen an, wo sotanes Lärmen stattfindet, ob Knaben oder Mädchensch—

Thorane. Silence! Sie sollen nikt maken so vieler der Komplimenter. Sie sollen sagen, wie ik. Ik sage, Adieu, Mittler! und Sie sollen sagen –

Mittler. Adieu – Thorane! (Staunend über dies Preisgeben aller Etikette.) Die Welt geht unter. (Ab.)

Thorane (zu Wolfgang). Eh bien, mon ami! Und Sie aben schon gemakt der Übersetzung?

Wolfgang. Vielleicht zu rasch, als daß sie gelungen sein könnte.

Thorane. Der Tiktkunst müssen maken rasch, wenn sie soll kommen aus – du ciel (sieht Mack an).

Mack (zeigt gen Himmel).

Thorane. Ciel!

Mack (zuckt gerührt die Achseln). Ach Gott!

Althof (übersetzt). Himmel!

Mack (eifersüchtig). Das sagt' ich ja!

Thorane. Der gute St. Jean aben übersetzt sehr wahr! Denn es sind so viele Saken, die man nikt kann sagen, sondern die man nur kann fühlen und zeigen an – mit der Blick –

Wolfgang. So wird es wohl auch mit meiner Übersetzung sein.

Thorane. Eh bien! Écoutons! (Setzt sich.)

Wolfgang (zieht ein Papier und räuspert sich).

Thorane (stutzt plötzlich über etwas, was ihm befremdet). Mais –

Mack (springt auf). Mon général!

Thorane. Hier ist etwas in der Zimmer, was mich ist fremd –

Althof. Was befehlen Sie, Herr General?

Thorane. Es ist etwas geschehen in dieser Zimmer, was mir makt nicht ruhig.

Mack (bei Seite). Jetzt kommt die Misegiene!

Thorane. Für der Auge ist hier etwas, was mir makt Unruhe – ah, je me rapelle – der schöne Landskaft von der Maler Seekatze? Aben Sie bestellt der Maler Seekatze?

Wolfgang. Er war sehr glücklich über Ihren Beifall.

Thorane. Aber auch der andere Malers, ik will sie alle sehen –! Alle Malers von Frankfort sollen sein morgen in diese Zimmer. Aber diese leere Platz an die Wand genieren meine Auge, welche ist gewöhnt, dort zu sehen ein Bild! St. Jean, holen mir der schwarze Bild!

Mack. Exzellenz (flehentlich) die schwarze –

Thorane. Holen mir die schwarze Bild!

Mack. Herr General? – (Mit gemachter Rührung ab.) Heute ist die Misegiene recht stark!

Thorane. Sie sind immer mein Gast, junger Freund, ik wünsche, daß Sie essen oft an meine Tafel – Sie dürfen nehmen und sehen alle meine Uhren und Ringer und Tabatièren, aber nicht ik wünsche, daß Sie sollen sehen – eine Sake – welche ist eine verborgene Sake –

Mack (kommt mit einem schwarzen Kästchen).

Thorane (nimmt es). Hier! Diese Bild!

Wolfgang (bei Seite). Nur ein Kästchen ist es – aber gerade wie das, was Belinde hat!

Thorane. Diese Bild sein verschlossen! Sie sein das Porträt von einer Engel und von einer Bösewicht – es sein die Züge von einer Kind, das nicht kannte der Dankbarkeit, die Züge von einer Braut, die nicht kannte der Treue, die Züge von einer Schwester, die ist nicht wert von eine Bruder. Ist sie noch in der Leben, – sie nikt soll sehen die Likt des Tages – und wenn sie schon ist gestorben und sie hat gefühlt der Reue vor dem Thron des ewigen Gottes . . .

Mack (bei Seite). Jetzt hat sie ihn!

Thorane (erwacht aus seinem Gefühl, hängt das Bild auf, er unterdrückt eine Träne, um sich zu ermannen). Ah –

Althof. Mon général, l'heure de la parade –

Thorane. Die Zeit von der Parade auf der Roßmarkt. Encore dix minutes für der Gedikt von die junge deutsche Diktär! Commencez, mon ami. (Setzt sich erschöpft.)

Wolfgang. »An Belinde, als ich ihr ein seidenes Band schicken – wollte

Thorane. Wollte?

Mack. Voulait!

Thorane. C'est la même chose! Was der Herz aben gewollt, aben der Herz auch getan.

Mack (bei Seite). Sie hat ihn heute recht fest.

Wolfgang (liest langsam, aber ohne alle eigene Teilnahme).

       Kleine Blumen, kleine Blätter –
Streuen mir mit leichter Hand –
Gute junge Frühlingsgötter –
Tändelnd auf ein luftig Band!

Thorane. Charmant! Charmant! (Wiederholt.)

       Kleiner Blumen, kleiner Blätter
Streuen mich mit leikter And –
Gute junge . . . (Stockt).

Wolfgang. Frühlingsgötter –

Wolfgang, Thorane (beide zusammen):

   Tändelnd auf ein luftig Band.

Thorane. Tändelnd! C'est, en plaisantant, joli! Très joli! Continue!z

Wolfgang (liest).

           Zephyr, nimm's auf deine Flügel –

Thorane. Savoir: le ruban, der Band?

Althof. Der Zephyr soll nehmen das Band –

Thorane. C'est ça! C'est ça!

Wolfgang (liest mit derselben geringen Teilnahme):

              Zephyr, nimm's auf deine Flügel,
Schling's um meiner Liebsten Kleid!
Und so tritt sie vor den Spiegel
All in ihrer Munterkeit.

Sieht mit Rosen sich umgeben,
Selbst wie eine Rose jung:
Einen Blick, geliebtes Leben,
Und ich bin belohnt genung!

Thorane (steht auf). Ravissant, c'est trop touchant!

Eine Bliek, geliebte Leben,
Und ik bin belohnt genung!

Wolfgang:

          Fühle, was dies Herz empfindet!
Reiche frei mir deine Hand,
Und das Band, das uns verbindet,
Sein kein schwaches Rosenband!

Thorane (umarmt ihn und drückt ihn an sein Herz). A mon coeur, jeune ami! Dieser Verse haben gegossen Wohllaut tief in meine Seele, die ist sehr malade. Und wenn Sie auch nicht sind erhört von dieser grausamen actrice française, die wird sein wie all Frauenzimmer sein, falsch, treulos, undankbar, – o so hat sie doch angesehen der deutsche Diktkonst mit einem Lächeln so freundliche, so süße, daß Sie können sagen:

Eine Bliek, geliebte Leben,
Und ik bin belohnt genung!

(Er umarmt ihn nochmals und geht durch die Mitte ab.)

Mack (geht an Wolfgang vorüber und gibt ihm, da auch er und diesmal in Wahrheit gerührt ist, die Hand). Jetzt weiß ich, was gut gegen die Misegiene ist. Frankreich dankt Ihnen! (Folgt Thorane.)

Althof. Nein, junger Mann, nehmen Sie für dies liebliche Gedicht den Dank eines Deutschen, der mit schwerem Herzen unter den Fahnen Frankreichs kämpfen muß! (Schüttelt ihm die Hand. Ab.)

Wolfgang. Meine – Schmerzen machen Euch – Vergnügen? Lern' ich so, was ein Dichter ist? (Betrachtet sinnend sein Gedicht.)

(Der Vorhang fällt rasch.)


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