Andreas Gryphius
Verlibtes Gespenste & Die gelibte Dornrose
Andreas Gryphius

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Kornbl. Ju / ich ho noch wull wos. Jhr wisst Gestrenger Herr. Wen me eme e Ding raicht unde redlich zusayt: se soll mes halden. Nun hot mer der erbere und beschedene Jockel Dreyecke enne bitte ze gewahren versprochen.

Wilhelm. Jsts also geschehen Dreyecke?

Jockel. Je ju / iche ha em wul was zu gesayt / aber nich daß Ding dos ha meenet.

Kornblume. Je ne / bedenckt ech ok raicht. Jhr sayt mirs ju mit em Handschlage zu / ßwer och woß ok wer. Vnde do ich den der noch ümme Durnrusen bat / do welt er liber nischte dervon wissen.

Bartel. Jche ho dirs gesayit / du solst vu Durnrusen schwegen.

Wilhelm. Halt du dein Maul / und laß die Parten reden. Sage Kornblume was du zu sagen hast.

Kornblume. Derzu se isse e alt rächt in ünsem Durffe / wen inner inne Jungfer bey ihren hilfft derhalden: so sool se seene sein. Wen se ok suste wil. Drüm meente ech wull Gestrenger Herr / ßwere keene übele Sache / wen ihr Durnrusen unde mir wällt mit Gott und rächte zesammen halffen und die beede Frinde do / meen Vetter unde ihren Nanne derzu bereden daß se mite ze fride wern.

Salme. Ja saht olle här / Ja doß wer schine / doß wer e frassen! Je Kurnblume! Hust de mers nicht zugesait / doß is gleichwul unfründlich doß inner wil zwey Weeber uff e mohl nahmen.

Kornblume. Jch ho der da Teuffel unde seene Mutter zugesait.

Salome. Nicht zugesait? je hust de mer nicht da Tholer unde da Robengülden uff de Zusage gegahn?

Kornbl. Leug Teuffel leug / Ney selde eme sulch dull Ding im Fasnacht Dinstige tromen? Jch ho ech ju dos Gäld gegahn doß er met Durnrusen selt reden / unde selt mer meene Kuh su lange unterhalden.

Salome. Je ja de saist aber och de welst mich nehmen!

Kornbl. Nahmen? je wos sait iche / do er mich zwee oder dreemohl froit ob ich ech nahmen welde / wen mich Durnruse ju nicht hon wälde? Sayt ich nich. S'wer üm e Bedencken ze thun?

Salome. Je nu / hust de nicht Zeit genung gehott dich ze bedencken?

Wilhelm. Jch glaube nicht / daß so viel Händel auf einem Tage in dem Königlichen Parlament zu Paris vorkommen. Doch ich wil euch nicht lange auffzihen. Tretet dort in jenen Winckel biß ich mich etwas bedencke.

Er stehet auff und gehet etliche mahl auff und nider.

Salome. De must mich han / de salst mich han / sich Durnrusen ze trutze will ich dich nahmen.

Kornbl. Je will ich a Loch in de Walt loffen hundert Meilen lang / du alde Bockreüterische Vettel!

Salome. Was? greiffst de mich noch in meime Jhrlichen Namen an? dos soll der schwer uffbrechen.

Wilhelm auff und nider gehend.
Jch sehe wohl / wo ich mir nicht ein Ansehen mit ernst mache / wird man künfftig nicht vil auff mich geben gutt /gutt!
Er setzet sich wider und fähret fort.
Heran ihr Leute / du Bartel Klotzman und du Jokel Dreyecke. Jhr seid zwey alte grein- und zancksichtige Haderkatzen und Tumultuanten / die ihr euch nicht schämet / Jahr aus Jahr ein / so einander zu schmehen und zu schimpffen / daß ihr dem gantzen Durffe Schande und Spott anthut / traget auch kein Bedencken umb eines in äügigen Hannes . . .

Klotzman. Herr a hat zwee Oogen.

Wilhelm. Vnd flöigen Hundes willen / all Nachbarn in Rumoribus zu bringen / ewre Arbeit stehen und ligen zu lassen / und das rechtliche Ambt so liderlich zu bemühen. Weil ich dann sehe / daß ihr euch uf eure alte Thaler verlasset / und darauff pochet / daß ihr ein wenig Ansehen im Dorffe habt / muß ich versuchen / ob / und wie euch der Kützel zu vertreiben / Du / Bartel Klotzman solst heute drey Schock alte harte Reichsthaler Straffe erlegen / nachmal den Hund dreymal auff deinen Schultern das Dorff auff und nider tragen / darauff ein virtel Jahr in dem Stocke sitzen / mit Händen und Füssen geschlossen / auch in zwey Jahren wider in den Kretscham noch zu einiger Kirchmees / Hochzeit / oder Gefatter Essen gelassen werden.

Bartel krimmet sich in dem Haubte.
Ey / ey Gestrenger Herr / je doß iß ju gor ze scharff . . .

Wilhelm. Stille mit der Fidel.

Aschewedel. O wie wird mirs gihn!

Wilhelm. Du / Jockel Dreyecke. Weil du die Händel angefangen / solst du zwey Schock Vngerische Gülden / baar unzertrennet in einer Summa vor Sonnenschein den Gerichten erlegen: ein halb Jahr mit Händen und Füssen geschlossen in dem Stocke sitzen / nachmahls inner mindern Sächsischen Frist Haus und Hoff verkauffen / und dich aus dem Dorffe backen. Wird man dich darinnen betreten. So solst du deine Straffe nicht wissen.

Jokel. Ey jey / jey / jey / jey / daß iß a teur Haan.

Beide stehen und sehen einander eine ziemliche weile betrübet an.

Jokel. Je hartzer liber Herr / ie machts doch nicht a su scharff / schunet doch menner gro Hore / unde menner ormen Kinder.

Wilhelm. Schweig man mus exemplum statuiren. Du Kornblume / ob sich wol die Zusage / die dir Jokel gethan hat / noch dispaziren lisse: Jedennoch weil die Jungfer Dornrose gerettet. Soll sie / dafern sie ihren Willen drein gibt / dir verheyratet werden / und der laame Hahn / welcher ohne diß den Gerichten verfallen / sey dir von mir auff die Hochzeit verehret.

Kornbl. Och wu iß e saliger Mensch uff der gantze Wallt als iche! Och woß sayt Durnruse! O geschwinde / geschwinde oder mey arm Hartze verglimmet.

Dornrose. Weil es das Recht und Richter mir zu erkennen: mus ich mirs gefallen lassen.

Jokel. O hartze liebe Kinder: O ich bie nicht müh büse / O thut mer ok eene Vorbitte.

Bartel. O bitt / bitt / siß huch Zeet. Jch will garne meen Willen drein gahn.

Salome. Je se hüre ich wull / Sie kriget en Mann unde iche krige nischte?

Wilhelm. Du solst dein Theil schon krigen.

Salome weinet überlaut.
Ja Durnruse kriget Kornblumen / ha / ha / a / a / a / ha!

Kornblume. Gestrenger Herr Aringarius. Jch bedancke mich des guten Spruchs / iß ober noch su vil durch Bitte ze derhalden / se derbormet euch ok menner liben Durnruse / unde lust ihrem Vater wos vu der Stroffe noch.

Dornrose. Jch bitte gleichsfals inständigst und Ehrengeflissenst vor meines libsten Vetter.

Wilhelm. Sie sind dieser Vorbitte nicht würdig.

Jokel und Bartel. Je dos der barme dans derbormen kan / unde dans Ogiht.

Kornblume. Wu wos müglich zu derbitten Gestrenger Herr Aringaries.

Wilhelm. Sie haben nicht verdinet daß man sie durch einen löcherichgen Zaun ansehen solte. Jedennoch wil ich aus genaden Sie eurer Vorbitte genissen lassen / und vor dises mal ihnen die Straffe nicht schencken / damit ihr es recht verstehet / sondern nur auffschieben. Werdet ihr euch inkünfftig in dem wenigsten vergreiffen / so werde ich schon zu vexequiren wissen.

Jokel. Ney / ich will mich hütten / Gott sol mers halffen.

Bartel. Jch will mers wul lussn enne Witzige seen.

Wilhelm. Stracks gebet einander die Hände / und lebet hinfüro einträchtig und Schwägerlich.
Abwerts. Was gilts ich wil Fride unter meinen Vnterthanen stifften. Du Matz Aschewedel! du bringest dein Vrtheil schon selbst mit / und weil ich die Vnterthanen mit Wachen und Vnkosten / nicht gerne beschwere / du auch dem Bader nicht viel heil Geld zu geben hast / so schicke heute nach dem Pfarren / morgen umb achte / solst du einen Turm auffsteigen / der voll Fenster ist / und folgends in der Lufft marestiret werden.

Aschew. Je Gestrenger Herr Haringaries seid er tull oder Tühricht wurden / Siß ju nimmermühr eur Arnst.

Salome. Je Herr / wen ich ok die Kuhe krigete / O lost mich ok de Kuh behalden.

Wilhelm. Die Kuhe sol dem jenigen zugestellet werden / dem sie gehörig / und ob woll du Salome wegen deiner Hexerey / Cöplerey und allerhand verübten Händel / lange den Holtzstoß verdinet hettest: Wil ich doch Genade vor Recht gehen lassen. Vnd weil man den Meister ohne dieses aus der Stadt holen muß / solt du zusehen / wie Aschewedel Abschied nehmen wird. Nachmals sollen dir die Ohren abgeschnitten werden / die Stirne mit einem glüenden Eysen gezeichnet / zuvor aber die Flöhe von dem Rücken mit Ruten zum tügen abgejaget werden.

Salome fället auf die Knie und schreyet.
O Genode / Genode / Genode! O Herr ich hoß nich su büse gemeenet.

Aschewedel auff den Knien.
O Herr / ich hoß nicht verstanden: Jch bi noch ze jung.

Salome. O Gestrenger Herr / ich wil garne guts thun.

Aschewedel. O ich wil garne frümer warden / O Herr! Jch wil Eur Narr werden.

Salome. O hartzer liber Herr: ich will Eure Kasemutter ich will eure Schleussern werden.

Wilhelm. Man hat an euch nichts zu erhalten. Drumb immer fort / iedoch wo ihr hirmit versprechet euch zu bessern.

Salome und Aschewedel. O ja / ja / ja / ja / ja / O / ja.

Wilhelm. So soll euch hirmit das Leben geschencket seyn mit dieser ausdrücklichen Bedingung / daß ihr euch morgen zusammen treuen lasset.

Kornblume. Selde sich doch inner liber sechs mohl hengen lussen / asse dan alden groilichen Beer namen.

Aschewedel. Ja du hast gut sayn / s's Laben is Lib.

Wilhelm. Stracks gebet einander die Hände und bessert euch. Wo nicht: So wird das letzte ärger werden als das erste.

Jokel. O wie wor mir vor a su bange!

Bartel. O wie enge wor mir dar Peltz.

Kornbl. Das seen Wunder der Libe!

Dornrose. Also wird treue Keuschheit gekrönet.

Aschew. Och / wie schwingelte mer für der Litter!

Salome. Au wie krümmerte mich der Rücken! Nu war achts / noch bekumme ich an hübschen jungen Monn dervon.

Kornblume redet mit seinem Vetter in geheim hernach fanget er an.
Gestrenger Herr Arengarius. thüt uns die grusse Genode unde kummet hinte zu uns ze gaste / unde Moren oder wenne wer wärn künnfertig warden / zer Hochzig.

Wilhelm. Es wird sich geben / heute sollet ihr meine Gäste sein.

Salme. Jche och Gestrenger Herr!

Wilhelm. Jhr beyde sollet indessen in den gehorsam gehen / doch sols euch an essen und trincken nicht mangeln.
Stehet auff und spricht in dem hingehen.
Also muß man den Bauren den Pflug keilen.

Die andern treten alle hinter ihm hinein / biß auff Kornblumen / welcher die Zuseher folgends anredet.

Do saht ers / welch e tumb Ding ß' üm die Libe iß. Es giht wull enne weile krum unde seltzam: doch wen mes ok recht unde redlich meenet / se leuffts noch wull uff e gewündscht Ende naus hin. Nu ihr lieben Frauen / Jungfern und Herren: Jch bete ich garne ze Goste. Jhr hürt aber daß ich salber soll ze gaste gihn. Wellt er aber a su wul thun / unde wellt über Moren züm mer zur Huchzig kummen / se selt er mer olle wilkummen sein / ok kummet hübsch zeetlich doß me de Kirche nicht verseumet / und giht och hibsch zeetlich wider ze Bette / doß er mer de Braut nicht unfn irste Obett ze tude tantzet / den ich war se müh han müssen. Vnd himit giude Nacht.


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