Andreas Gryphius
Catharina von Georgien
Andreas Gryphius

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Catharina.

              O Haupt vnd Feldherr deiner Glider!
      Der du den Kampff für vns versucht /
      Vnd durch dein Blut / was Gott verflucht /
Gesegnet: für dir fall ich nider!
Nimm' an was ich nun dir zum Opffer sol vergissen
      Mein zwar durch Schuld beflecktes Blut.
      Doch durch dein Blut wird rein vnd gut
Was auß den Adern muß zu deinen Ehren flissen.

Das zarte Fleisch bebt ob den Plagen!
      Vnd zittert für der rauhen Noht;
      Der frische Geist rufft nach dem Tod
Behertzt der ängsten Angst zu tragen!
Ach! daß nur einmal mir vergönt für dich zu sterben!
      Die kurtze Pein ist ja nicht wert
      Der Ehren die du mir beschert
Daß mein / doch nichtig nichts / muß dir zu Ruhm verterben.

Verterben! nein! es wird erhalten
      Mein Bräutgam! was man für dich wagt!
      Die haben den Verlust beklagt /
Die in der Erden Lust veralten.
Wer wil nicht was die Zeit vns endlich doch wird nehmen
      Als ein Geschencke dem vertraun?
      Den wir unsterblich werden schaun
Vnd der vns ehren wird wenn sich die Welt wird schämen.

Ach Heyland! laß mich nu nicht wancken!
      Nun mir der letzte Feind zusetzt
      Vnd alle Marter auff mich hetzt!
Ach stehe bey in disem Schrancken!
Beut du mir selbst die Faust vnd hilff mir vberwinden
      Alleine bin ich vil zu schwach /
      Mit dir wil ich durch Angst vnd Ach
Den Sig / das Licht / den Weg / zu dir / Erlöser / finden.

Beherschten Reiche! seyd gesegnet!
      Gott beut mir höher Cronen an.
      Diß was die Welt nicht geben kan /
Die Freyheit ist mir heut begegnet.
Mein Kercker! eingeweyht durch seufftzen-schwangre Thränen
      Den auch mein Blut besprengen soll /
      Ade! nun wird der Seelen wol
Die auff die Stunde fühlt erfüllt ihr langes sehnen.

 

Catharina / Salome mit dem gantzen Frauen-Zimmer.
Der Blutrichter mit den Soldaten vnd Henckern.

Cath. Wir Salome sind frey! der Höchste reist die Bande
Deß langen Kerckers auff! vnd führt vns auß dem Lande
Da Tod vnd Marter herscht / in das gewündtschte Reich /
Der ewig steten Lust. Wir lassen dise Leich
Dem Chach zum Lösegeld. Der Geist ist dem befohlen
Der vns ins Vaterland wil auß dem Elend holen
Nemm't jhr das Ebenbild der leidenden in acht;
Vnd habt von vns zu letzt / O Libsten! gute Nacht!
Ihr habt mit vns behertzt das schwere Joch getragen!
Der Donner der vns traff / hat auch nach euch geschlagen!
Dennoch blib eure Trew' vom Weter vnbewegt /
Ob wir schon in dem Staub von vnserm Thron gelegt!
Habt danck für disen Dinst / den wir jtzt nicht belohnen!
Wir wolten (möcht es seyn!) nicht vnsers Bluttes schonen
Wenn euch zu helffen wär! Ach / aber vns're Cron
Fil mit der Freyheit hin! das Glück hat Gut vnd Thron
Vnd Schätz vnd Geld geraubt! wir haben nichts behalten
Als den gebundnen Leib der jtzund soll erkalten!
Ach! lernt wie vnversehns der Erden Lust vergeh!
Auff wie nicht festem Grund' all vnser Hoffen steh'
Vnd schlagt was euch die Welt; was Abas an mag bitten
Großmüttig auß der acht! es sind nur reine Sitten
Die den gerufften Geist begleiten für Gericht
Wenn Gott nach vnserm Thun / den letzten Schluß außspricht.
Ade! traurt nicht vmb vns! wir sind nicht zubeweinen!
Der HErr! der Herren HErr wird vns voll Lust erscheinen
Wir gehn durchs Finsternüß zu Gott der Licht von Licht
Beschwer't doch vnsern Tod mit euren Thränen nicht.
Beklagt die / die sich hir ob jhrer Sünd ergetzen /
Vnd auff vergänglich Gut den Grund der Hoffnung setzen /
Es ist nicht winselns Zeit / glaubt! es ist jauchtzens wert
Daß vnser Bräutgam vns die Marter-Cron beschert.

Salo. Ach! hat vns Reussen diß / hat Perß vns diß versprochen!

Cath. Chach hat nicht heut auffs erst was er versprach gebrochen!

Salo. Hilff JEsus hilff! sol diß nun vnser Heimzug seyn?

Cath. Ja freylich! ja! wir gehn zu Gott ins Leben ein.

Salo. Muß jhre Majestet so kläglich von vns scheiden!

Cath. Man muß was JEsus schickt / ohn widerwillen leiden.

Salo. Ich glaube Gott verstopfft für vns sein gnädig Ohr.

Cath. Geduldig Salome! schreib nicht dem Höchsten vor.

Salo. Ich bin behertzt mit jhr mein Leben zu verliren

Cath. Gott heist vns nur allein / nicht dich zur Marter führen.
HErr wir gehn willig hin! welch Eyfer steckt vns an!
Wer ist der über vns mit Vrsach weinen kan?
Mißgönt man vns die Cron? wir fangen an zu leben
Vnd trotzen Perß vnd Tod! wer wil den Mutt begeben?
Schaut JEsus geht voran! ein Augenblick beschwert
Die Ewigkeit erquickt. Creutz / Messer / Zang vnd Herd
Sind Staffeln zu der Ehr'. Itzt wird der Traum erfüllet
Der / als vergangne Nacht vns Sorg vnd Schlaff vmbhüllet;
Auff disen Außgang wiß. Gurgistans Reich ist hin!
Wir haben von der Cron nur Dornen zu Gewin!
Nur Dornen! die wir noch als alle Lust verschwunden
Den Rosenblättern gleich / auff disem Har gefunden
Die Thränen filen vns als Perlen auff die Schoß /
Als diser Augenbrun schir vnauffhörlich floß.
Der Purpur ist entzwey / der Zepter gantz zustücket;
Als man vns von dem Thron in Staub vnd Stock gedrücket!
Vmbsonst sind Meurab / Reuß vnd Tamaras bemüht
Zu wenden vnser Leid das vnauffhörlich blüht /
Vnd täglich fruchtbar wird. Der endlich an vns setzte
Vnd auß den Dornen riß / vnd (wie es schin) verletzte;
Ist (Zweifels ohn) der Tod. Die Lust die vns empfing
Als der geschwinde Sturm der Wetter vberging
Zilt auff das seel'ge Reich das JEsus vns erworben.
Auff! Gott schenckt vns die Cron wenn wir / wie Er gestorben!

Salo. Ach! wie wird Tamaras der wertte Fürst gequält
Der leider! alle Tag vnd Augenblicke zählt /
Der jede Stunde wündtscht der Mutter Hand zu küssen
Der Mutter! die (O Gott!) hir muß jhr Blut vergissen!
O grosser Printz! vmbsonst ist was man kan versucht!
Eu'r vnauffhörlich fleiß trägt leider! herbe Frucht.

Cath. Wird er / wie jeder sol / Gott vber alles liben;
So kan sein Hertze nicht der Vntergang betrüben.
Wofern er nicht für Gott die Mutter wagen kan;
Ist er nicht vnser Kind vnd geht vns gantz nicht an.
Ade! die Zeit verleufft! nemmt dise letzte Küsse /
Ihr die ich zwar in Arm doch mehr ins Hertz einschlisse /
Der vns nun von der Welt vnd eurer Seiten nimm't
Hat wie vnd wenn jhr vns nachfolgen solt bestimmt.
Cassandra nimm den Ring. Ihr / dise Perlen schnure;
Den Demant Salome / Serena die Saphire.
Nemmt an zu guter Nacht die Steine von dem Har /
Die Ketten vnd was noch von Schmuck vns vbrig war /
Vnd denckt an vnsern Tod. Hirmit bleibt Gott befohlen!
Wofern der Höchst euch noch wird in Gurgistan holen;
So zeigt dem Tamaras vnd allem Land-Volck an;
Der möge nicht vergehn der wie wir sterben kan.

Blutr. Princessin man begehrt jhr in dem grossen Sale
Der Prister ist bestellt.

Cath.         Last auß dem Jammerthale
Last auß der Hell' vns gehn! was sind die Thränen noth!
Was macht jhr?

Jungf.         Wertte Fraw wir wündtschen vns den Tod
I. Sol jhre Majestet so kläglich von vns scheiden?
II. So kläglich vntergehn. III. O mehr denn herbes Leiden!
IV. Bißher hab ich mein Land vnd Eltern nur beklagt;
Sie war stat beyder mir / sie die von Trost vns sagt /
Wenn schir das Hertze brach. Mit jhr fil vns die Bürde
Princesse ja nicht schwer. Es schin kein Vnfall würde
In jhrer Gegenwart vns vnerträglich seyn:
Nun greifft der neue Schmertz vns in die Seelen ein /
Vnd reist die Wunden auff die kaum die Zeit gelindert.
Die Glut der Angst entbrent / die Hoffnung ist gemindert
Was sag ich? Sie ist hin! wer hilfft vns ferner? Cath. Gott
Der aller Vater ist / der Waysen auß dem Kott
Vnd Witwen auß dem Staub / vnd Todten von der Bare
Kan retten / wenn Er wil. Glaubt daß Er euch beware
Vnd bleibt jhm Ewig trew.

Salo.         Ach kans nicht möglich seyn;
Daß wir zu vnserm Trost beywohnen jhrer Pein?

Blutr. Drey mögen / vnd nicht mehr / sie in den Sal begleiten

Jungf. Ach last vns mit.

Blutr.         Ich darff Befehl nicht vberschreiten,
Es kostet meinen Kopff.

Cath.         Stelt euren Geist zu Ruh
Vnd setzt vns ferner nicht mit trübem Weinen zu.
Wir haben satt gelebt / vnd können nichts begehren
Das vns die grosse Welt noch mächtig zu gewehren.
Wir haben Kirch vnd Cron beschützt mit Rath vnd Schwerdt
Armenien beherscht. Der Persen Land verhert /
Deß Schwehers trüben Fall / deß Libsten Blut gerochen /
Der blinden Libe Joch deß Todes Pfeil zubrochen.
Vnd steigen in der Blütt deß Alters auff die Bar
Doch mehr als im Triumph zu vnserm Schlacht-Altar.
Wo wir diß vnser Fleisch zum Opffer vbergeben
Dem der sich selbst für vns liß in ein Holtz erheben.
Die Erden stinckt vns an / wir gehn in Himmel ein.
Betrübt euch Libste nicht! die Pein ist sonder Pein!
Die Zähren schwächen schir die vnbewegten Sinnen!
Wil man euch vnsern Tod zu schauen nicht vergönnen?
Gedult! doch dint jhr vns in disem Zimmer mehr
Fallt Gott für vns zu Fuß / wündtscht daß Er vns erhör /
Vnd selber kämpffen helff' / vnd Stärck' in Angst verleihe/
Daß er begangne Schuld / die vns befleckt / verzeihe
Vnd vns im Tod erquick' vnd rett' auß allem Leid.
Ade mit disem Kuß biß in die Ewigkeit.

 

Reyen der Tugenden / deß Todes vnd der Libe.

Die Tugenden.
Erschreckte Sterblichen; welch Zittern stöst euch an?
Wenn man dem zarten Fleisch zusetzet /
Vnd Schwerdter auff die Hälse wetzet;
Wie daß jhr so verzagt ob dem was tödten kan!
Muß man diß leben lose Leben
Den Jahren nicht zur Beute geben?
Warumb denn so gelibt was man verlihren muß?
Wie daß jhr doch nicht auff wolt setzen
Vor diß was Ewig kan ergetzen /
Die Vnruh / dise Last / die Thränen / den Verdruß!
Erbebt vor dem / der Leib vnd Seele
Kan in deß grausen Abgrunds Höle
Durch ein erzörntes Wincken stürtzen
Vnd euch was ewig lebt abkürtzen.
Tod. Diser Pfeil der mit dem Blut
Gottes selbst genetzt /
Der mich vmbpfing euch zu gut
Heilt wenn er verletzt!
Libe. Diser Pfeil der durch das Hertz
Gottes selber drang /
Tödtet Furcht / vnd Qual / vnd Schmertz
Vnd der Folter Zwang.
Tod. Dise Fackel leuchtet zwar
Euch auß diser Welt;
Dennoch führt sie von der Bar
In deß Himmels Zelt.
Libe. Diser Fackel heisse Glut
Steckt die Geister an
Daß man mit entbrandtem Mutt /
Vor Gott tretten kan.
Tod. Wem vor disem Bogen graut
Kent noch Welt noch sich;
Wer die Erden recht durchschaut
Wündtscht nicht mehr als mich.
Libe. Wer nicht disen Bogen libt
Kent noch sich noch Gott.
Vnd bleibt hir vnd dort betrübt
Ja ist lebend todt.
Tod. In mein weisses Ehrenkleid
Ward Gott selbst verhüllt
Als Er eurer Seelen Leid
Durch sein Leid gestillt.
Libe. Meine Purpur ist gefärbt
In deß Höchsten Blut
Als Er euch am Creutz ererbt
Ein unendlich Gut!
Tod. Schliß ich euch die Augen zu;
So schlisst ihr vilmehr
Dises streiten sonder Ruh /
Disen Kampff ohn Ehr!
Libe. Wem für meiner Flammen Macht
Erstarrt Aug vnd Licht;
Siht in heylig-höchster Pracht
Gottes Angesicht.
Tod. Die jhr in den Banden schmacht
Wendet euch zu mir
Ich brech auff der Kercker Macht /
Oeffne Block vnd Thür.
Libe. Wündtscht ihr euch von Banden frey:
Kommt zu mir allein.
Libe sprengt die Kett entzwey /
Bricht durch Stahl vnd Stein.
Tod. Hass't jhr dises Thränenthal:
Bitet mir die Hand:
Ich führ auß dem Folter-Sal /
In das Vaterland.
Libe. Eilt jhr in das Reich der Lust
Ich geh euch voran!
Mir ist diser Weg bewust
Den man tretten kan.
Tod. Was ist stärcker als der Tod!
Libe. Libe gilt noch mehr!
Tod. Der Tod endet Leid vnd Noht
Libe. Libe krönt mit Ehr!
Tod. Der Tod hebet alles auff!
Libe. Nur die Libe nicht!
Tod. Wenn sein Pfeil in vollem Lauff;
Libe. Den die Libe bricht.
Reine Lib' herscht für vnd für
Tod. Die durch mich bewehrt.
Libe. Trägt der ew'gen Crone Zir
Tod. Die durch mich beschert.
Hab ich nicht Gott selbst bezwungen
Libe. Nach dem ich jhn band:
Tod. Den ich an das Creutz gedrungen /
Libe. Ich bott dir die Hand /
Tod. Rechtschaffne Libe wird nur in dem Tod erkennet:
Libe. Wer libt wird durch den Tod von Libe nicht getrennet
Tod. Der libt ohn alle falsch wer biß zum Tode libt;
Libe. Wer libend stirbet wird nicht durch den Tod betrübt.
 
Die Tugenden.
Wer biß zum Tode libt wird ewig stehen /
Vnd kan im Tode nicht vergehen.
Es hilfft nicht daß man kämpff vnd ringe
Das Ende krönet alle Dinge /
Wer angefangen / muß vollbringen /
Wo er ein Sige-Lid wil singen.
Wer biß zum Brand-Pfahl Gott getreue
Wer nicht für Zang vnd Schwerdt ist scheue /
Wer mit der Grufft verwechselt Stat vnd Thron
Derselb erlangt die herlichst Ehren-Cron.

 << zurück weiter >>