Andreas Gryphius
Catharina von Georgien
Andreas Gryphius

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Chach Abas. Seinelcan.

Der SchauPlatz verändert sich in das Königl. Gemach.

Chach. O Teu'r! vnd mehr denn teu'r von vns erkauffter Frid!
O Grausamster Verlust den je diß Hertz erlid!
Tyrannin vnser Seel! kömst du auß Abas Händen!
Sol man vmb Persens Heil dich in dein Land heim senden!
Dich! die durch Blut vnd Krig kaum in die Fessel bracht!
Dich vmb die vnsre Seel so jämmerlich verschmacht!
Daß dich dein Gurgistan gekrönt vnd jauchtzend schaue /
Vnd ruffe daß der Arm zu schwach für eine Fraue?
Erweicht ein bebend Weib nun weder Glimpff noch Pein?
Muß Chach nach so vil Sig / Knecht oder Hencker seyn?
Muß Reussen bald auff Land bald auff vns selber Wütten?
Muß er bald Feind bald Freund mit kämpffen vnd mit bitten
Diß was man libt vnd hass't vns auß der Faust entzihn?
Muß Ruh' vns in der Schlacht vnd in dem Frid entflihn?
Ha Frid! vnd warumb hat vom Friden man gehöret?
Warumb hat diser Traum den weisen Kopff bethöret.
Weg Friden! greifft zur Wehr! es gelte Blut vnd Brand!
Es gelte Reich vmb Reich! last vns mit frischer Hand
Zureissen was man schrib. Stost alles über Hauffen
Was Rha vnd Tyger schloß! wenn nichts dadurch zu kauffen
Als vnser Leid vnd Schmach. Wie rasen wir so blind;
Wenn wir die höchste Schuld an vnserm Vnheil sind!
Was schreibt man Reussen zu was diser Mund verbrochen?
Wo wandelt' vnser Geist als wir so bald versprochen
Leichtfertig / sonder Noth / was der Gesandte bat?
Czar bitte! wenn nur Chach Macht abzuschlagen hat!
So Reussen auch mit Recht vmb dise Fraw darff bitten /
Kan Abas mit mehr Recht auff sie den Grimm außschütten;
Auff sie / die / was vns trew leichtfertig vmbgebracht
Vnd dise Cron getrotzt / vnd dises Schwerd verlacht /
Vnd disen Thron geschimpfft / die frembden Schutz gesuchet
Die vns noch täglich höhnt / vnd in den Banden fluchet.
(Ergrimme rechte Rach!) es schaw die grosse Welt /
Was Abas pochen sey. Der harte Donner fält
Auff den verdamten Kopff. Sie sol auch sterbend fühlen
Wie heiß der Zorn entbrand / den nicht jhr blut zu kühlen /
Ja nicht jhr Tod vermag! Gefang'ne du bist hin!
Du hast den kurtzen Rest der Stunde zu Gewin
In der man sich bedenckt wie deine Zeit zu schlissen.
Du solst für Reich vnd Sohn du solst für Meurab büssen.
Für Meurab! aber Ach! was geht der Hund dich an?
Ist so ein scharffes Recht das jemand straffen kan /
Der von der Schuld nicht weiß / vil minder selbst verbrochen!
Gesetzt auch! daß du Mann vnd Schweher hart gerochen /
Vnd für dein Königreich dich wider vns gesetzt!
Du hast dein Schwerdt mit Recht / wir stehn es zu / gewetzt.
    Princessin Ach diß Hertz! diß Hertz muß leider brechen!
Dein Richter muß für dich vnd deine Fehler sprechen!
Princessin! Ach der Grimm der heisse Zorn verschwind't
So bald dein süsser Nahm sich auff die Lippen findt.
Sol Chach denn / höchste Lust! Ach! sol dich Chach denn lassen!
Verdinet seine Gunst nichts als ein strenges hassen?
Ist dir diß grosse Land? diß weite Reich zu klein?
Wilst du vil liber frey als vnsre Fürstin seyn?
Ja wol! biß! biß denn frey! vnd trag diß libe Zeichen
Mit dir auß Persen weg; das alle Schlösser weichen
Wenn sie die Lib' auffsprengt / vnd dencke wer dich libt
Vnd wer dich / werthe Fraw / dich teuren Schatz / dir gibt!
Geh' vnd zeig allen an / daß Abas nicht sein Leben
So würdig schätzt als dich / vnd doch dich dir gegeben
Der Abas selbst zu schlecht! Geh vnd zeig allen frey
Daß Abas halt' auff Wortt' vnd selbst sein Meister sey!
Geh' hoher Geist geh hin! hilff Phrat vnd Rha verschlissen!
Geh! werd' ein FridePfand / ein Zil dem Blutvergissen
Das Perß vnd Reussen kränckt. Geh! schaff vns beyden Ruh
Vnd bringe selbst die Zeit in höchster Wollust zu!
    Doch wird Chach ohne dich / wird Chach auch leben können?
Chach dem der Himmel nicht dich Lust der Welt wil gönnen?
Läst Chach dich selber denn auß seinem Reich entflihn?
Vnd (wo der Wahn nicht falsch) villeicht zu andern zihn /
Die minder sind denn er? Ach was sind alle sachen
Die Fürsten hir berühmt! die Fürsten herrlich machen!
Was ist doch jhre Lust als eine leere Pracht!
Man gibt auff jhren Glantz nicht auff die Bürden acht /
Man siht auff jhr Gesicht / nicht auff verdeckte Schmertzen
Nicht auff die rauhe Qual durch Angst bestürmter Hertzen /
Man wündtscht zum Frid vns Glück; wir finden nichts denn streit.
Gantz Persen jauchtzt in Wonn'; hir raset grimmes Leid /
Der Reuß ist vnser Freund vnd schlägt vns dise Wunden
Die nicht der Feind vermag. Die Fürstin ist gebunden;
Vnd zwingt den / der sie band Wie ein zuschmettert Schiff
Auff hart-bewegter See bald in das Schwartze tiff
Deß grausen Abgrunds stürtzt / bald durch die blauen Lüffte
Mit vollem Segel rennt / bald durch die engen Klüffte
Der scharffen Klippen streicht; so handelt vns die Noth
Versprechen / Eyfer / Lib / Haß / Rache / Qual vnd Tod.
Schaw an die Seelen Angst! wo sind wir hin verdrungen?
Wir sind durch eignen Mund zu diser That gezwungen
Die vnser Geist verflucht! er macht vnd bricht den Schluß.
Er thut nicht was er wil; vnd wil nicht was er muß.

Seinel. Hochmächtigster Monarch! wofern ein Knecht darff wagen
Rath bey so schwerem Werck / dem Fürsten vorzuschlagen.
So steh es / bitt ich frey / was mich sein werthes Heil
Vnd aller Wolfart heist. Mir ist diß Leben feil
Für Abas Cron vnd Haupt.

Chach.         Wir kennen deine Treue
Erklär vns was dich dünckt. Meld ohne Furcht vnd scheue
Machst du durch deinen Schluß auch die Gefangne loß?

Sein. Durchlauchtigster Monarch; zwar jhre Schuld ist groß /
Doch grösser ist die Gunst die Abas zu jhr träget /
Noch grösser ist jhr Trotz der dise Gunst außschläget.
Wie daß sein hoher Geist denn die so trefflich acht
Die Persens Königreich vnd König selbst verlacht?
Wie aber? schickt man sie denn vngestrafft von hinnen?
Kan man wol harter Straff' als Freyheit hir ersinnen?
(Wofern es Freyheit heist den meiden der vns ehrt /
Der ein gebunden Weib als eine Göttin hört.)
Die jtzt vor Ubermuth wer Chach vnd sie vergessen;
Wird wenn sie nur von hir jhr Vnglück recht ermessen;
Vnd fühlen das sie hir im Kercker mehr denn frey /
Doch dort in Gurgistan / mehr als gekerckert sey!
Chach wird sich zweyfels ohn nicht sonder Schmertzen finden;
Doch wissen wir daß Chach sich selbst könn' überwinden /
Den Niemand überwand! Abwesend seyn vnd Zeit
Lescht alle Flammen auß. Man sigt in libes Streit
Wenn man den Feind nicht siht. Itzt rühm ich nicht den Helden
Den Trapezunt mit Ruhm / mit zittern Stambol melden /
Deß Bosfers grosse Stadt war nu in seiner Hand
Als sein ruhmdürstigs Hertz auff die Iren' entbrand /
Der Brand nam überhand / doch fil die Lust zu krigen /
Die Tapfferkeit schliff ein / vnd starb in so vil sigen;
Biß jhn sein Mustaphas als auß dem Traum erweckt /
Vnd / das die Läger voll von Murren / frisch entdeckt.
Wol sprach er! rufft herbey die Völcker die vns dinen /
Die frech jhr Oberhaubt zu meistern sich erkühnen!
Der Tag sol zwischen vns vnd jhnen Richter seyn
Ob Wollust oder Wir dem Regiment zu klein.
Alsbald das Heer sich fand ist Mechmet selbst erschinen
Irene neben jhm voll funckelnder Rubinen
Voll schimmernd-heller Pracht / doch gläntzt jhr Angesicht
Mehr als der Kleider Gold vnd Diamante Licht.
Wer nur vorhanden; start auff Anblick diser Sonnen /
Die auch das kaltest' Eyß mit einem Stral gewonnen /
Ein jeder gab sich bloß vnd schalt den Fürsten frey /
Vnd rieff; das seine Lib an nichts zu tadeln sey!
Die ists! sprach Mechmet / die vns einig kont enttzünden
Doch lernt; das nichts vermag' vns Sinn vnd Hand zu binden /
Das Mechmet allzeit sein! eh' man es recht gewar
War schon die Sebel bloß / die Faust in jhrem Har /
Der Stahl in jhrem Hals! hir sah man jhre Leichen /
Vnd dort in seiner Hand der Wangen röth' erbleichen.

Chach. Er war in disem Stück ein Vnmensch gleich als du.

Sein. Es ist die Meynung nicht das man was Mechmet thu
Nur (was vil leichter scheint.) man lasse willig fahren
Was selbst nicht bleiben wil vnd man nicht kan bewahren.

Chach. Bewahren? wie? wer führt wer hilfft jhr auß dem Ort?

Sein. Ach! jhre Majestet / vnd jhr außdrücklich Wort.

Chach. Geredet eh' bedacht vnd in der Eil gesprochen!

Sein. Der Persen grosser Fürst hat nie sein Wort gebrochen!

Chach. Wir wurden übereilt wie man außdrücklich sah.

Sein. Diß laufft der Majestet deß Fürsten vil zu nah.

Chach. Wird diß was vns so werth auß vnser Hand genommen?

Sein. Vmb ein noch wehrter Gut den Friden zu bekommen.

Chach. O Teur erworben Gut! O hochgelibtes Pfand!

Sein. Ist jhrer Majestet was liber als jhr Land!

Chach. Durch vnser Wort bist du Princessin vns vertorben!

Sein. Wie / wenn als Menschlich ist / sie längst vorhin gestorben!

Chach. Der schickung were diß nicht vnser eigne Schuld!

Sein. Diß schickt der Himmel auch. Drumb tragt es mit Geduld.

Chach. Wer wird die Wunde doch die sie vns schlug verbinden?

Sein. Die Zeit die Mittel kan zu allen Wunden finden.

Chach. Ach warumb sind wir selbst auff Mittel nicht bedacht!

Sein. Gold band die Freyheit selbst.

Chach.         Hir ist es sonder Macht.

Sein. Man kan / die einmal frey / noch einmal wieder fangen

Chach. Man fängt den Leuen kaum der einmal ist entgangen.

Sein. Man schaw' ob durch verzug nichts zu erlangen sey.

Chach. Wo bleibt denn vnser Wort; Sie sey vor Abends frey?

Sein. Wie wenn sie selbst als frey noch wolt alhir verzihen?

Chach. Sie? die nichts libers sucht als fern von hir zu flihen!

Sein. Man bitt jhr alles an.

Chach.         Der / die nichts achten mag /

Sein. Der Baum der lange stund fält auff den letzten schlag.
Was schadets daß man noch zu letzt was möglich wage.
Vnd jhr Ruhm / Ehre / Macht ja Cronen selbst vorschlage?

Chach. Es wird doch nur vmbsonst ja wol fürs letzte seyn
Doch; laß vns etwas Ruh! vns fält was sonders ein.

Reye der von Chach Abas erwürgeten Fürsten.

Chor.

Die leichte Handvoll Jahr
Die vns deß Himmels Licht auff diser Erden schencket;
Rennt nach der schwartzen Bar /
Diß Leben wird in Angst vnd Thränen gantz erträncket
Die Blumen eh' als sie gefunden /
Sind mit dem Mittag offt verschwunden /
Der Taw hat kaum das Feld genetzet /
Vnd ist nicht wenn die Sonn entsteht /
Ein Funck' hat kaum das Aug ergetzet;
Wenn er in seine Nacht vergeht.
Ein Schiff reist durch die See /
Ein Vogel durch die Höh /
Der Schatten durch das Land
Der Sturmwind über Sand
Die Pfeile siht man kaum durch die getheilten Lüffte streichen /
Doch nichts läst hinter sich deß zugeschwinden ganges Zeichen /
So schnell ja schneller fleucht diß Leben /
Das wir eh' enden als anheben.
Wir sind kaum in diß Licht geboren /
Vnd sind schon von dem Tod erkoren
Den wir offt vnerkänt erleiden!
Wir kommen; vnd man heist vns scheiden.

GegenChor.

Doch Chach der Mörder riß
Den kurtzen Faden ab / vnd setzte Kling vnd Zangen
In vnsre Brust / er bliß
Diß Lebens Lichtlin auß eh' es die Zeit verhangen!
Was nützt es seinem Stahl entrinnen;
Wenn schwartze Gifft kont vns gewinnen?
Was halff es jhm die Hande bitten /
Wenn er mehr Freund als Feind beschwert?
Vil fillen hin durch grimmes Wütten;
Mehr sind durch Meuchelmord verzehrt /
Er brach mit grauser Hand
Auch deß geblüttes band /
Schertzt offt mit Eyd vnd Bund /
Vnd trat was fil vnd stund /
Doch sterben war vns leicht / er kont vns erst den Tod vergällen /
Durch aller Folter Art. Sein Grimm entbrand als Glut der Hellen.
Pfahl / Mörsel / Spiß / Bley / Beil vnd Stangen /
Rohr / Säge / Flamm / zuschlitzte Wangen /
Entdeckte Lung' / entblöste Hertzen /
Das lange zappeln in den schmertzen /
Wenn man vns Darm vnd Zung entrückte!
Das war was Abas Aug' erquickte.

Chor vnd GegenChor zusammen.

O Richter diser Welt dem Printzen zu gebott!
Wie lange sihst du zu?
Hat denn der Bluthund noch / trotz Zeit! trotz Recht! vnd Gott.
Auff seinem Throne Ruh!
Wilst du HErr der Welt nicht wachen /
Vnd deß Grimms ein Ende machen!
Wilst du vnsern Tod nicht rächen?
Wilst du nicht mehr Vrtheil sprächen?
Gehn so viler tausend Schmertzen /
Richter / dir nicht mehr zu Hertzen?
Lässest du auff eines wincken
Gantze Reich' im Blut ertrincken?
Ernster Richter! übe Rache!
Wache! grosser Gott erwache.
Wache! Wache! Wache! Wache;
Rache! Rache! Rache! Rache.

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