Andreas Gryphius
Catharina von Georgien
Andreas Gryphius

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Die Andre Abhandlung.

Chach Abas. Seinelcan.

Der SchauPlatz verändert sich in das Königl. Gemach.

Chach. So liß der Reusse sich auffs letzte noch bewegen?

Sein. Nicht sonder Muh! jedoch weil man das Schwerdt zu legen
Kein ander Mittel fand; gab er diß Stück vns zu.
Vnd so erlangen wir von diser Seiten Ruh.

Chach. An einer Seiten Ruh! Ach Ruhe! wenn wir krigen!
Wenn wir besprungen Tag vnd Nacht zu Felde ligen.

Sein. Der eine Feind beut vns numehr als Freund die Hand /
Nu fält die gantze Macht die wir vor dem getrant
Auff den der vns noch dreut. Der / welchen Zwey nicht zwingen /
Läst jhm von einem nicht den werthen Sig abdringen.
Bißher griff man getheilt der Türcken Lager an.
Nun fecht der gantze Perß.

Chach.         Wo er nicht sigen kan.

Sein. Wie? hofft der keinen Sig vor dem die Welt erzittert?
Auff dessen Wort der Grund der Erden sich erschüttert?
Vor dem der Feinde Macht vnd Anschlag stets gefehlt!
Der mehr Triumph / als Jahr / als Tag' als Stunden zehlt?

Chach. Vnd numehr vnterligt.

Sein.         Wer wird die hohen Sinnen
Den vnerschöpfften Mutt die Tugend binden können
Die in dem Hertzen lebt?

Chach.         gelebt! vnd nu nicht mehr
Sie schmachtet. Sie vergeht / sie stirbt.

Seinel.         Was greifft der Ehr
Der grossen Seelen ein?

Chach.         Diß was kein Schwerdt wird dämpffen

Sein. Kan Osman wider vns mit einem Vortheil kämpffen?

Chach. Ach leider! du verstehst die Hertzens Wunde nicht.
Meint man das Osman vns die starcken Kräffte bricht?
Diß Kind dem wir gewohnt obsiegend zugebitten?
Dem wir sein Land mit Asch vnd Pfeilen überschütten?
Daß vnter disem Fuß sol schwer von Ketten stehn?
Vnd noch den sauren Gang deß Bajazeten gehn.
Nein! Osman! nein! gejrrt! Es sind weit schärffer Klauen /
Die vns durch dise Brust biß in das Hertz gehauen /
Es ist ein ander Feind der dise Seele plagt;
Der disen Leib zerfleischt vnd an den Glidern nagt;

Sein. Es sind / wie ich versteh / die Königlichen Sorgen.

Chach. Ists möglich daß dir noch sey vnser Leid verborgen?

Sein. Ein grosses Hertz' erschrickt nicht über grosser Last.

Chach. Vns hat ein höher Schmertz die Glider angefast /

Sein. Find't jhre Majestet mit Kranckheit sich beschweret?

Chach. Ein jnnerlicher Brand hat vnser Marck verzehret.

Sein. Schafft dem kein Artzt nicht Rath?

Chach.         Der Artzt sucht vnsern Tod
Er schertzt mit vnser Angst / er lacht in vnser Noth.

Sein. Solt' einer diß zu thun sich dörffen vnterstehen?

Chach. Du sihst wir müssen nur in höchstem Ach vergehen!

Sein. Man suche disen Brand zu dämpffen durch sein Blut
Vnd mehrer Aertzte fleiß.

Chach.         Kein ander lescht die Glut.
Die Hand die vns verletzt weiß einig rath zu finden /
Die vns die Wunde schlug kan einig vns verbinden.

Sein. Wehm hat deß Himmels schluß so grosse Macht verlihn

Chach. Die mir an Himmels statt / der Fürstin Catharin.
Holdseeligste Feindin! vnüberwundne Schöne!
Haubt das verdint daß Phrat vnd Rha vnd Tyger kröne!
Gefangne die vns fing! die vns in Ketten schlegt!
Anmuttig wenn sie weint! frisch wenn jhr Grimm sich regt!
Vnd für jhr Ehre steht. Die nicht zu überbitten
Durch den der alles zwingt! die auff kein grimmes Wütten
Deß rauhen Eyfers gibt. Wir haben zwar dein Land
Doch du hast vnser Hertz / Rach über Rach! verbrand!
Princessin wir gestehns'. Du hast vns vor bekriget!
Doch hat dein Auge mehr als deine Faust gesiget.
Doch als dein hoher Geist sich in die Worte fand;
Verging Chach Abas gantz. Es mangelt' vns Verstand
Es fehlt vns an Vernunfft / noch fehlt es vns an Kräfften
Die mächtig deine Seel' an vnsern Geist zu häfften /
Vns steht das grosse Reich auff wincken zu gebott /
Wir selbst stehn dir zu Dinst / vnd finden nichts denn Spott.

Sein. O Persens heisse Pest! ist diß was Abas drücket?
Warumb das Vnthir nicht stracks von der Welt gerücket?

Chach. O Blinder! du verstehst nicht was die Liebe kan!
Kom her bethörter Mensch; schaw deinen Fürsten an!
Gib acht auff sein Gesicht / auff sein stets-heisses sehnen /
Auff den erblasten Mund / vnd jmmer neue Thränen /
Auff den der Chaldar offt mit Flam vnd Schwerdt gedreut /
Der keiner Feinde Grimm / ja nicht den Tod gescheut /
Der wo der Tag entsteht vnd weicht / die Welt gezwungen /
Der gegen Sud vnd Nord die Waffen fort gedrungen /
Vnd auff der Völcker Kopff mit stoltzen Füssen sprang!
Den hält die strenge Macht der stoltzen Lib' im zwang.

Sein. Ists möglich das diß Weib / die nur der Persen schaden /
Die so erhitzt gesucht in vnserm Blut zu baden /
Die mit den Feinden spilt / vnd feindlich vns verletzt /
Die sich dem Siger selbst hochmüttig widersetzt /
Die voll von Aberwitz ein Creutz pflegt anzubeten
Die nur nicht werth / mein Fürst / für sein Gesicht zu tretten;
Sey Vrsach diser Pein?

Chach.         Wie? darfst du für vns schmehn /
Die dein geborner Fürst mit Lust pflegt anzusehn?
Vnd mit entsetzung ehrt? darff sich ein Knecht vermessen
Zu lästern was vns lib? hast du so bald vergessen
Wer Abas sey vnd du. Kom aber zeig vns an
Ob du ein Weib gesehn daß man jhr gleichen kan?

Sein. Mein Fürst / ich geb es nach daß keine sey zu finden
An Schönheit / an Verstand.

Chach.         an Kunst zu überwinden.

Sein. An Tugend.

Chach.         Vnd an Zucht.

Sein.                 An Herrligkeit.

Chach.                         An Ruhm

Sein. Die nicht / weit vnter jhr.

Chach.         O aller Blumen Blum!

Chach. Welch Alabaster kan der Stirnen Schnee erreichen?

Sein. Die zarte Lilie muß den edlen Wangen weichen.

Chach. Der Nasen Helffenbein.

Sein.         Die Lippen von Corall
Der Augen helle Stern.

Chach.         das Hertze von Metall!
Das Hertz ist nur zu hart. Wie wol pflegt sie zu gehen?

Sein. Man siht die Majestet Personlich in jhr stehen.

Chach. Die Weißheit schmückt jhr Haupt.

Sein.         Wolredenheit den Mund

Chach. Ach! der mein blödes Hertz biß auff den Tod verwund

Sein. Die Salbe zu der Wund' ist in deß Fürsten Händen.
Die dise Pein erregt kan auch die Schmertzen wenden.

Chach. Sie kan! ja wenn sie wil.

Sein.         Man thut gezwungen woll
Wenn man den Ernst verspürt; was man frey willig soll.

Chach. Die Libe läst sich nicht durch Zwang zu wegen bringen.

Sein. Wie manche wündtschet ihr daß man sie möchte zwingen!

Chach. Die ist auß manchen nicht / was blib wol vnversucht?
Was hat man nicht gewagt? doch sonder eine Frucht.
Sie wündtscht ehr Flammen Pfahl vnd höchste Noth zu leiden;
Als daß sie wolt ein Har von jhrer Ehr' abscheiden.
Sie fält wo man mit Macht jhr raubt das werthe Pfand /
Durch Rew vnd Eyfer hin / wo nicht durch eigne Hand.

Sein. Die Zeit wird unverhofft noch jhren Hochmutt wenden.

Chach. Sie kan die Schönheit wol / nicht vnsre Schmertzen enden.

Sein. Ein Weib verändert leicht.

Chach.         Was kan verstockter seyn
Als ein hartnäckicht Weib?

Sein.         Ihr Ehrgeitz wurtzelt ein
Weil jhre Majestet sie als ein Diener grüsset.
Die Gunst sterckt jhren Trotz / so bald der Frevel büsset;
Betraur't er den Verlust! man sucht was man verlacht;
Wenn Zeit vnd Mittel fort. Der Fürst schlag auß der acht
Das angenehme Bild.

Chach.         Was sagstu?

Sein.                 Diß / er stelle
Sich nur als ob sein Hertz die Band' /

Chach.         O bitter Helle

Sein. Zurissen vnd /

Chach.         Was denn?

Sein.                 Daß er von Libe frey.
Ihr Wahn wird bald vergehn.

Chach.         Ha! schlechte Phantasey!
Läst sich wenn Haus vnd Dach entbrand die Flamme decken?
Läst sich der lichte Blitz bey trüber Nacht verstecken?
Ein Wort / ein schneller Blick / ein Seufftzer macht zu nicht
Was ein erdichtet Haß vnd falscher Zorn verricht.

 

Imanculi. Seinelcan. Chach Abas.

Iman. Durchläuchtigster Monarch der Reuß ist gleich ankommen.

Sein. Er hat gesetzte Zeit sehr wol in acht genommen.

Chach. Ruff Imanculi stracks der Länder Fürsten ein.
Seinelcan du schaff an daß der Gesandt erschein.

 

Chach Abas mit den Fürsten auß Persen / Der Gesandte auß Reussen.

Der SchauPlatz bildet ab den Königl. Verhör Saal.

Gesa. Der hochgewündtschte Tag / hochmächtigster der Helden
Die Persen je gekrön't / Fürst den mit Ruhm wird melden
Was nach vns leben sol / der offtbegehrte Tag
Der Wolg vnd Phrat verknüpfft / vnd auff den Donnerschlag
Der Waffen / vns entdeckt die angenehme Sonne /
Deß Fridens hohe Lust / der grossen Völcker Wonne;
Der Tag ist numehr dar / der / dem das weite Land
Der Reussen zu Gebot; reicht die vertraute Hand
Als Bruder vnd vmbfast mit frölichstem Gemüte
Eu'r wolgeneigtes Hertz das voll von fester Güte
Sich vns zu Pfande gibt / der Feinde Trotz verschwindt.
Nu sich der strenge Nord vnd reiche Sud verbind.
Wer gräntzt vnd ferne wohn't! wer von dem Schluß wird hören;
Wird beider eine Macht mit ernstem Schrecken ehren /
Vnd fürchten die er Hass't vnd zitternd schau'n wie sehr
Sich beider Prächtig Reich / durch Einigkeit vermehr.
Vergön't dann höchster Fürst / das weil ich frölich scheide;
Mir nicht sey unerlaubt zu rühmen was beneyde
Der nichts denn Vnheil sucht / vergönt daß man erfahr
Das Czar euch Ewig Hold / das Chach biß auff die Bar
Für vnserm Czaren steh. Vergönt daß ich erzehle
Daß es dem werthen Pers an keiner Tugend fehle
Daß an dem grossen Hoff mir so viel Gunst erzeugt;
Als auch den Vndanck selbst zu Danck vnd rühmen neigt.
Doch eh ich gantz zurück / O Ruhm der Helden / kehre;
Ist Noth daß ich zuletzt höchst bittend was begehre /
Doch mehr mein Czar durch mich / er der so viel nachgibt;
Der mehr gemeine Ruh als grossen Vortheil libt;
Helt an / vmb eine Fraw / der Bande zu entschlagen /
Die in Iberien vor dem die Cron getragen /
Vnd nun gefangen traur't. Es sey daß Sie verletzt
Den der sie jtzt noch strafft! daß sie sich widersetzt
Der höhern Majestet! wir suchen nicht zu rechten /
Vil minder jhre Schuld weitläufftig zu verfechten /
Czar bildet fest' jhm ein daß Abas mehr verzeih'
Als eine Fraw verwürckt; wie schuldig sie auch sey.
Er wo man Bürgen heischt bürgt künfftig für Verbrechen
Die sie verschwern sol. Da Czar auch anzusprechen
Durchlauchtigster Monarch vmb etwas das jhr sucht;
Versichert euch diß fest / ihr sucht nicht sonder frucht.

Chach. Was vnserm Bruder Czar ohn alles Falsch versprochen;
Sind wir für vnser Theil steiff / fest vnd vnverbrochen /
Zu halten stets gemeint. Eur wolgemeinter Fleiß /
Verdint mehr Ehre denn Chach selbst zu geben weiß.
    Der mächtigste Monarch der Reussen müsse leben!
Die / die Er frey begehrt / hat (wie die Recht' es geben)
Reich / Cron vnd Hals verschertzt / doch lassen wirs geschehn /
Daß sie vor Abends noch sich möge freye sehn.
Wie Czar so embsig sucht. den Gott der höchst erhebe!

Gesand. Der Persen Sonn vnd Wonn Chach Abas herrsch' vnd lebe.


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