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Erster Abschnitt.

Sibirien.

Durch Sibirien.

Nach Joest, Durch Sibirien 1883; Kennan, Sibirien; Krahmer, Sibirien und die sibirische Eisenbahn, 2. A. 1900.

1

Es ist ein ungeheures Ländergebiet, das Rußland im Osten des Uralgebirges seit dem 16. Jahrhundert nach und nach sich unterworfen hat. Wer konnte, als Jermak Timofejew, ein Kosakenführer, 1578 den ersten Zug nach Sibirien unternahm, voraussehen, daß daraus im Lauf der Zeit ein Landbesitz von 248 000 Quadratmeilen, ein Land fast 1 ½ mal größer als Europa, 2 1/3 mal größer als das europäische Rußland, 25mal größer als Deutschland entstehen würde? Wir sind immer noch gewöhnt, mit dem Wort Sibirien die Vorstellung von unerträglicher Kälte und arger Unwirtlichkeit zu verbinden. Und 's ist ja wahr, Sibirien hat ein ganz rauhes Klima und im Vergleich zu den entsprechenden Breiten von Europa und Amerika eine niedrigere Jahrestemperatur. Wladiwostok, der südlichste Punkt im äußersten Osten liegt etwa in der Breite von Nizza und Florenz und hat nur eine mittlere Temperatur von 4,5°C., während Deutschland eine solche von 8-9° hat. Im weitaus größten Teil von Sibirien übersteigt die mittlere Temperatur noch nicht 0°. Und welche merkwürdigen Gegensätze zwischen Sommer und Winter zeigt das kontinentale Klima Sibiriens. Blagowjeschtschensk am Amur (50° nördl. Breite) hat im Januar eine mittlere Temperatur von -25,5°, im Juli von  20,7°, Jakutsk im Januar -41,8°, im Juli  17,3°, Werchojansk gar im Januar -48,9°, im Juli  15,4°. Dennoch ist nicht ganz Sibirien das unwirtliche Land, das wir uns gerne vorstellen. Selbst die Kälte des Winters wird bei dem ruhigen Zustand der Atmosphäre, dem Fehlen stürmischer Winde, dem klaren, wolkenlosen Himmel leichter ertragen. Das kalte Ostsibirien mit seiner durchsichtigen, ruhigen, trockenen und reinen Luft hat ein gesünderes Klima als viel begünstigtere Länder. Und in dem riesigen Gebiet finden sich nicht nur in den Gebirgen ungeheure, noch lang nicht ausgebeutete Mineralschätze, nicht nur in den Riesenströmen ein unerschöpfter Reichtum an Fischen, nicht nur unermeßliche Waldgebiete (in Westsibirien 17 000 Quadratmeilen, in Ostsibirien gar 65 000 Quadratmeilen) mit einem allerdings rasch zusammenschwindenden Reichtum an Pelztieren, sondern auch weite Strecken, deren treffliche schwarze Erde dem Ackerbau die denkbar besten Verhältnisse darbietet. Zum großen Teil ist Sibirien ein eigentlich reiches Land, dem nur die genügende Bevölkerung und die rechten Verkehrswege fehlen, wir dürfen jetzt fast sagen, bisher gefehlt haben.

2

Der Seeweg wird ja nie eine größere Bedeutung für den Handelsverkehr haben. Zwar ziehen drei gewaltige, wasserreiche Ströme nach Norden, und längst schon haben die Schiffe im Norden Europas den Weg nach Osten gesucht. Aber einen großen Teil des Jahres sind die Ströme gefroren. Der schwedische Professor Nordenskjöld ([?] 1901) hat auf drei Fahrten die sogenannte nordöstliche Durchfahrt zu finden gesucht und wirklich 1875 und 1876 die Jenissei-Mündung erreicht und auf der dritten Fahrt 1878-79, freilich erst nachdem seine »Wega« über 264 Tage eingefroren gewesen war (28. September 1878 bis 18. Juli 1879), Alaska und den japanischen Hafen Yokohama erreicht. Er hat damals geschrieben: »Ich halte die Fahrt von Europa durch die Beringstraße in der geeigneten Jahreszeit für ungefährlich und glaube, daß auf diesem Weg ein bedeutender Handel angebahnt werden kann.« Diese Voraussage hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Welche Gefahren den Befahrer jener Meere treffen können, zeigt das traurige Los der Expedition der »Jeannette«.

So bleibt nur der Landweg. Das ist nun freilich bei der ungeheuren Ausdehnung und schwachen Bevölkerung des Gebietes ein höchst umständlicher und beschwerlicher Weg. Von verschiedenen Reisenden ist diese Überlandreise ausgeführt und geschildert worden. Wir wollen einen von diesen, Joest, auf einer solchen begleiten. Die Reise von Wladiwostok am Japanischen Meer nach Deutschland entspricht in der Länge ungefähr einer Tour von Köln über den Nordpol an der andern Seite unseres Globus herunter bis in die Nähe der Sandwichs-Inseln oder der von Gibraltar durch Afrika nach dem Kap der guten Hoffnung und wieder zurück. Hören wir, wie Joest uns das sibirische Postwesen beschreibt:

Nach kurzem Aufenthalt ging's weiter über die holperige, sumpfige Straße, der Regen floß in Strömen, pudweise Pud, russisches Maß = 16,380 kg. schleuderten die drei Rosse vor dem Wagen den Kot uns an die Köpfe, und als wir glücklich die nächste Poststation erreicht hatten, gab es keine Pferde zur Weiterreise. Naß, schmutzig und frierend traten wir in das Posthaus, eine erbärmliche Holzhütte, durch eine Bretterwand in zwei Hälften geteilt, deren Boden zum Schutz gegen die Flöhe mit frischem Gras bestreut war und deren eine Hälfte uns als Wartesaal eingeräumt wurde.

Nach Landessitte bestellten wir gleich den sorgenbrechenden Samowar, und mein trefflicher Reisebegleiter begann Tee zu bereiten. Der Russe trinkt bekanntlich fortwährend und zu jeder Tageszeit Tee; mit Tee heizt er seinen Magen im Winter, Tee kühlt ihn im Sommer. Den Samowar und seine Einrichtung kennt jeder. »Samowar« heißt zwar »Selbstkocher«, doch bedarf es immer, will man nicht zu viel Zeit verlieren, der vereinten Anstrengungen mehrerer Leute, bevor die Maschine gehörig gefüllt und geheizt ist. Russen haben aber immer sehr viel »time« und sehr wenig »money«, daher für russische Ideen der Samowar ein Ideal ist. Den Tee trinkt man aus Gläsern, eine Sitte, an die sich der Fremde zuerst gewöhnen muß, sonst verbrennt er sich die Fingerspitzen. Russische Teetrinker haben an diesen Extremitäten die reinen Hühneraugen.

Die meisten Sitten der Russen haben übrigens durchaus nicht, ebenso wie die anderer Völker, in irgend einer tiefer liegenden »nationalen Eigentümlichkeit« ihren Grund: die sogenannte gute Sitte verbietet es allerdings, mit der Mütze in der Hand oder mit dem Pelz bekleidet ein Zimmer zu betreten, aber wohl nur darum, weil die Pelze meist übel riechen und die Kopfbedeckungen von wegen der bekannten Tierchen nicht salonfähig sind. Wenn aber der Russe Zigaretten raucht, den Tee im Samowar bereitet und ihn aus Gläsern trinkt, so tut er das nur, weil ihm Zigarren, Spirituslampen, Kaffee und Porzellan zu teuer sind. Zigarren und Kaffee sind für ihn Luxusartikel, die man nur in den Häusern der Reichen und auch da nur selten findet, und Spiritus zu verbrennen hält der Russe überhaupt für eine Entweihung, den trinkt er lieber selbst und verbrennt Holzkohlen.

Während wir Glas auf Glas schlürften, unterhielten wir uns über die Einrichtung der Post im russischen Reiche. Abgesehen vom europäischen Rußland, das seit den letzten Jahren mit einem beinahe kompletten Eisenbahnnetz bedeckt ist, dessen noch fehlende Maschen durch Dampfer verknüpft werden, strecken sich von den beiden Endpunkten dieses Netzes, von Jekaterinburg und Orenburg, nur zwei Fahrstraßen wie Fühlhörner nach Osten aus, auf denen schon seit Jahrhunderten aller Verkehr zwischen seinen zentral- und ostasiatischen Besitzungen vermittelt wurde. Von der längsten Strecke, etwa 7000 Kilometer vom Amur nach dem Ural hin, zweigen sich nördlich die Straßen nach Jakutsk und dem Ochotskischen Meer, sowie den Jenissei und Ob entlang ab, während nach Süden ein Weg über Kjachta nach China, dann weiter westlich drei Straßen, den Flüssen Jenissei, Ob und Irtisch stromaufwärts folgend, in den Altai, ins Land der Kirgisen, bis nach Turkestan hineinführen und sich hier wieder mit der von Orenburg nach Osten führenden Straße verbinden.

Auf dieser ganzen Strecke, welche die Hälfte unseres Erdumfangs bedeutend übertrifft, befinden sich in Abständen von 15-30 Kilometern Poststationen, deren Unternehmer sich gegen einen von der Krone gezahlten Zuschuß verpflichten, Winter und Sommer, zu jeder Stunde des Tages oder der Nacht die Briefpost oder Passagiere nach der nächsten Station im Wagen zu befördern, so lange die von der Krone bestimmte Anzahl Pferde disponibel ist. Je nach dem Verkehr der Straße schwankt diese Zahl der Pferde zwischen drei und sieben »Paaren« – ein Paar nach einem nur bei Russen möglichen Sprachgebrauch aus drei Tieren bestehend – und für ein Paar Pferde zahlt der Reisende in Ostsibirien und der Amur-Provinz 6 Kopeken per Werst (also etwa 15 Pfennig pro Kilometer), in Westsibirien nur die Hälfte. Über die vorgeschriebene Zahl von Tieren muß der Posthalter außerdem ein Paar Kurierpferde bereithalten, braucht aber Pferde, die von einer Tour zurückkommen, nicht eher herzugeben, bevor sie nicht mindestens drei Stunden lang geruht haben.

Die Entfernungen nach den nächsten Stationen, den Fahrpreis (Progon) dahin, die Qualität des Weges, ob Brücken oder Fähren zu erwarten sind und dergleichen, alle derartigen Notizen findet der Reisende unter Glas eingerahmt, mit offiziellem Siegel und Stempel versehen, in jeder Poststation aufgehängt. Ferner muß der Posthalter ein Buch führen, in das genau verzeichnet wird, zu welcher Stunde und mit welchem Kutscher die Briefpost oder ein Reisender durchgekommen sind, und in dieses Buch trägt er ebenfalls den Namen des Passagiers bei dessen Ankunft ein; sind keine Pferde vorhanden, also die vorgeschriebene Anzahl von Tieren unterwegs, was der Reisende aus dem Buche genau kontrollieren kann, so muß dieser eben warten, bis jene zurück sind und ihre drei Stunden ausgeruht haben, und der, dessen Namen zuerst eingetragen ist, bekommt zuerst Pferde, es sei denn, daß einer durch seinen Paß zu einem Vorzug berechtigt ist. Vor allem haben nämlich die Post selbst und kaiserliche Kuriere Anrecht auf Pferde, dann folgen Inhaber eines Blanko-Passes vom General-Gouverneur ausgestellt, dann Besitzer von Krons-Pässen und zuletzt gewöhnliche Sterbliche mit ebenso gewöhnlichem Reisepaß; ein höherer Paß gibt jedem das Recht, innerhalb des Rayons einer Station dem weniger Begünstigten die Pferde auszuspannen, ein Recht, von dem jeder rücksichtslos Gebrauch macht.

In jeder Station befindet sich ein Wartezimmer, meist ganz freundlich und rein gehalten, hier kann jeder Passagier ohne Zahlung drei Tage wohnen und der Posthalter muß ihm überdies Heizung und Licht liefern, ebenso gegen eine kleine Vergütung einen Samowar mit heißem Wasser.

Mit einem Bindfaden an die Wand gesiegelt befindet sich ein zweites Buch auf jeder Station, worin Reisende ihre eventuellen Beschwerden einzutragen haben, und welches viermal jährlich von einem Beamten revidiert wird, beziehungsweise werden soll, das aber zuweilen auch für poetische Ergüsse oder Räsonnieren im allgemeinen über Wetter und dergleichen benutzt wird.

Die russisch-asiatische Posteinrichtung, die in der Theorie beinahe vollkommen ist, ließe auch in praxi wenig zu wünschen übrig, wenn der Russe nicht in seiner unerschütterlichen Indolenz vollkommen gleichgültig gegen Geldverdienen wäre.

Daß kein Reisender die Absicht hat, in irgend einer dieser Steppenstationen sich unnötig lang aufzuhalten, ist sogar für einen Russen selbstverständlich, aber nie würde es dem Posthalter einfallen, frische Pferde vorspannen zu lassen, bevor ihn der Passagier nicht in längerer Rede dazu aufgefordert hat. Zunächst werden Ausflüchte gemacht, niemand versteht sich besser auf das Lügen als der russische Bauer, und erst nach langem Schreien, Schelten, Fluchen oder gar Prügeln werden endlich die Pferde aus dem Stalle geholt und angespannt.

Bei jeder Station muß der Reisende umsteigen und selbst in dunkler Nacht oder bei grimmigster Kälte mindestens eine Viertelstunde verhandeln; er kann nur von Station zu Station seine Fahrgelder bezahlen, und schon hieraus erhellt, daß es für einen Ausländer, der des Russischen nicht vollkommen mächtig, beinahe unmöglich ist, die Überlandreise allein auszuführen.

Stunde auf Stunde verrann, trübselig saßen wir in der Hütte, während draußen der Wind heulte und der Regen die Fensterscheiben oder vielmehr das Ölpapier peitschte, und erst gegen Abend meldete ein mäßig betrunkener Kutscher, daß es wieder losgehen könne.

Da ich keine Lust hatte, die ganze Nacht hindurch, in steter Gefahr, bei jedem Stoß herauszufallen, ohne Rücklehne zu sitzen, so verkroch ich mich auf den Boden der Karre, und halb kniend, halb sitzend schlief ich, so gut es ging, während mein Begleiter ein Gespräch mit dem Kutscher anknüpfte, um sich wach zu halten.

Diese Kutscher (russisch: Jämschtschik) bilden eine ganz besondere Spezies unseres Menschengeschlechts, und ich habe mir oft die Frage vorgelegt, welche Existenz eigentlich beneidenswerter sei, die des Postpferdes oder seines Jämschtschik; letztere vereinigen die Natur des Eisbären und des Kamels, der Amphibie und der Riesenschlange; bei einer Kälte, die Quecksilber gefrieren macht, fahren sie ebenso munter wie bei der brennendsten Hitze und dichtestem salzigem Steppenstaub, und ebensowenig verläßt sie ihr Gleichmut, wenn sie tagaus tagein bei strömendem Regen in fußtiefem Kot arbeiten müssen. Nur wenn sie einmal sich wirklich satt gegessen haben, wobei sie allerdings fabelhafte Quantitäten vertilgen, werden sie unzugänglich und unbeweglich, und nur Schnaps oder Trinkgeld kann sie dann aus ihrer Schläfrigkeit erwecken. Will man sie auf der Fahrt bei guter Laune erhalten, so gestatte man ihnen, zu rauchen. Um sie dabei zu verhindern, ihr fürchterliches sibirisches Kraut zu verbrennen, schenkte ich ihnen immer von meinem amerikanischen Tabak, den sie wegen seines beißenden Geschmacks ungeheuer liebten. Als Papier zur Zigarette gebraucht der Russe jeden Fetzen vom Postpapier bis zum Pappdeckel, mit Vorliebe aber alte Zeitungen, und ich zerriß manche »Kölnische« zu solchem Zwecke.

Sind die Jämschtschik keine Eingeborenen, so unternehmen sie die Reise hier ans Ende der Welt, zu der meistens ein Mord oder Totschlag zu Hause die Veranlassung bildete, auf Regierungsunkosten, und dann macht sie das Leben in dieser Einöde durchgehend zu gutmütigen, grundehrlichen Menschen. Ihr Hauptverkehr beschränkt sich auf ihre Pferde, und von diesen nehmen sie dann im Laufe der Jahre Pferdemanieren und Pferdenatur an.

3.

Am 10. Juni 1881 brach Joest von Wladiwostok auf und fuhr zunächst auf einem kleinen Dampfer zur Endstation des Postverkehrs. Hier bestieg er zum ersten Male einen jener beräderten Marterkasten, die dem Verkehr vor allem dienen, Troika genannt, d.h. Dreigespann, ein kleiner, offener Karren ohne Sitz und Rücklehne. Auf diesem unbehaglichen Fahrzeug wurde durch uninteressante Gegenden nach Norden gefahren.

Nach einigen Tagen wurde der Chanka-See erreicht. Auf diesem und seinem Ausfluß, dem Ussuri, konnte nun auf kleinem Dampfboot die Reise fortgesetzt werden. Erquicklich war sie nicht. Hier zuerst stürzten sich mit satanischer Blutgier die berüchtigten Plagegeister dieses verrufenen Erdstrichs auf uns herab, die Moskitos, welche Gesichter und Hände in kurzer Zeit zu geschwollenen Klumpen umgestalteten. Beide Ufer des Ussuri sind flach und die Gegend unbeschreiblich trostlos. Am siebenten Tag der Reise war Chabarowka am Zusammenfluß des Ussuri und des Amur erreicht und damit der erste Abschnitt der Reise vollendet. Der Riesenstrom fließt von da noch 1000 Werst (1 Werft = 1,067 Kilometer) zu seiner Mündung. Der Reisende aber hatte ihm 2000 Werst aufwärts zu folgen, ehe er seine Überlandreise recht beginnen konnte. Achtzehn Tage und Nächte dauerte dieses zweifelhafte Vergnügen. Man kann sich schwer ein trostloseres Bild als den meilenweit überschwemmten Amur vorstellen: nichts als eine unendliche, trübe, fahle Wasserfläche; nur öde gelbe Wassermassen und darüber ein bleierner Himmel. Bei Tag war die Kälte empfindlich, nachts stürzten sich Milliarden von Mücken und beinahe unsichtbaren kleinen Fliegen, Moschka, auf uns harmlose Reisende. Diese Moschka sind eigentlich noch schlimmer als die Mücken; sie dringen mit Vorliebe in Nase und Ohren ein, stechen durch Handschuhe und Stiefel und bereiten die unerträglichsten Schmerzen. So ging die Fahrt tagelang fort; die melancholische Landschaft wird angenehm nur durch den Durchbruch des Stromes durch das Khingan-Gebirge unterbrochen. Vorbei ging's an der schmutzigen Chinesenstadt Aigun (etwa 30 000 Einwohner) und der nahen russischen Stadt Blagowjewschtschensk, der Residenz des Gouverneurs der Amurprovinz. Am 9. Juli, am 28. Tag der Stromfahrt, war Strjetensk an der Schilka, einem der Quellflüsse des Amur, erreicht, die erste Stadt in Transbaikalien.

Die Schiffahrt war nun zu Ende, die eigentliche Überlandreise begann. Dazu wurde ein eigener Reisewagen oder Tarantaß um 285 Rubel gekauft. Eigentlich ist ein solcher nicht unbedingt notwendig, da der Posthalter ebenso wie Pferde auch die Kibitka oder Telega von Station zu Station zu liefern verpflichtet ist; aber es ist entschieden vorzuziehen, ein paar Hundert Rubel mehr auszugeben, um monatelang in seinem eigenen Gefährt sitzen zu können, das man sich ganz wohnlich einrichten kann. Am 11. Juli begann die mühsame Fahrt in dem nicht sehr bequemen Fuhrwerk. Das schnelle Fahren, verbunden mit dem fortwährenden Schellenlärm des Mittelpferdes, sowie der Mangel irgend eines Gegenstandes, auf dem das Auge ruhen könnte, üben anfangs eine eigentümliche Wirkung auf den Reisenden aus. Von der Möglichkeit zu lesen ist natürlich nicht die Rede; selbst Rauchen ist bei dem Stoßen und Schütteln des federlosen Wagens mit Schwierigkeiten verbunden, man findet nur schwer den Mund mit der Zigarre, und hat man sie glücklich zwischen den Zähnen, dann beißt man sie ganz gewiß bei dem nächsten Stoß mitten durch. Es ist selbst schwer zu denken oder seine Gedanken zusammenzuhalten, man wird absolut gleichgültig gegen alles, was um einen vorgeht, man raucht kalt, ohne es zu merken, man trinkt einen Schluck Wasser und denkt, es sei Kognak. Auch das Schlafen ist anfangs unmöglich. Man befindet sich durchgängig im Zustand halber Bewußtlosigkeit. Von den Nöten, die es auf dieser Fahrt je und je gab, wenn der Reisende nachts auf einer Station ankam, bis er von dem durchaus betrunkenen Personal sich neue Pferde verschaffte, erzählt Joest ergötzliche Geschichten. So ging die wilde Fahrt durch eine öde, langweilige Gegend, vorbei an Nertschinsk, wohin früher Sträflinge in die Bleibergwerke verschickt wurden, und an Tschita, der Hauptstadt von Transbaikalien (mit nur 1500 Einwohnern). In Werchne Udinsk, einer Stadt an der Selenga, unternahm Joest einen Ausflug nach der berühmten Handelsstadt Kjachta an der chinesischen Grenze. Dann ging es weiter, und bald war der große Baikalsee (34 000 Quadratkilometer, über 600 Kilometer lang, über 80 Kilometer breit) erreicht, über diesen konnte man mit dem Dampfschiff fahren.

Im Winter ist der See mindestens fünf Monate zugefroren, dann wird der Verkehr auf Schlitten vermittelt. Man passiert den See dann an seiner schmalsten südlichen Stelle, und eine solche Tour soll äußerst anziehend und aufregend sein, da sie immer mit mehr oder weniger Gefahr verbunden ist. Die Pferde wie die Kutscher, meist ein Burjate, sind ausgesuchtes Material; man saust an irgend einer Stelle des steil abfallenden Ufers hinab, wobei die Pferde mehr gleiten als springen und fegt dann in gestrecktem Galopp über die Eisfläche, so daß man die Strecke bis zum andern Ufer in unglaublich kurzer Zeit zurücklegt. Dabei soll das Eis krachen und donnern wie Kanonenschüsse. Die Dicke des Eises ist immer begrenzt, und durch unberechenbare Temperaturwechsel oder Bewegungen des Sees bilden sich fortwährend größere oder kleinere Risse im Eis; die ersteren umgeht man, über letztere wird hinweggesetzt. Dabei bedenke man, daß der See an einzelnen Stellen 1100 Meter tief ist.

Auf der anderen Seite des Sees gings nun aufwärts, durch hübschen Wald und blühende Wiesen in das Paris Sibiriens, die Residenz des Generalgouverneurs von Ostsibirien. Irkutsk, 1879 beinahe vollständig abgebrannt, machte damals dem Reisenden durchaus keinen imponierenden Eindruck (jetzt gilt es als eine der schönsten und am besten eingerichteten Städte Sibiriens, obwohl die Straßen ungepflastert und schlecht beleuchtet sind; 1897: 51 000 Einwohner). Immerhin bot die Stadt dem Reisenden manches Interessante. 4275 Werst waren nun zurückgelegt. 3408 Werst, etwa 487 Meilen waren noch bis Jekaterinburg zurückzulegen. Am 24. Juli ging es weiter. Hier gab es Gelegenheit, einen russischen Abschied kennen zu lernen. »Die ganze Familie meines Begleiters versammelte sich im Saal eines Hauses, ein kurzes Gebet wurde gesprochen, man bekreuzte sich einige Sekunden lang in russischer Weise, und nun begann nach russischer Sitte eine endlose Abküsserei. Man küßt sich gegenseitig dreimal, also im ganzen sechsmal und muß diese Zeremonie von Urahne, Großmutter, Mutter, Kind und Dienstmädchen und ebenso in der männlichen Linie durchmachen, wobei das schöne Geschlecht meist in Tränen schwimmt und das starke regelmäßig nach Branntwein duftet.«

Nun ging's durch eine bevölkertere Gegend, vorbei an zahlreichen Dörfern, die zum Teil einen wohlhabenderen Eindruck machten, und wohlgepflegten Ackerfeldern nach Westen. Streckenweise führte der Weg durch schönen Birkenwald, doch ist die Planlosigkeit und Barbarei zu bedauern, mit der überall die Wälder verwüstet werden. Es ist, als ob der Russe keinen Baum sehen könnte, ohne ihn umzuhauen. Das Wetter blieb schön. Die Hitze war sogar bei Tage oft unerträglich und so stark, daß meine Hände und Gesicht sich bald mit Blasen und blutigen Rissen bedeckten; dagegen herrschte nachts wieder eine solche Kälte, daß sie mich oft trotz meiner Decken und Mäntel vor Zittern und Zähneklappen nicht schlafen ließ. Alle diese Plagen waren aber unerheblich, verglichen mit der furchtbaren Qual, die uns wieder Milliarden der schon erwähnten kleinen Fliegen, der Moschka, verursachten. Ich hatte nie Insekten in solchen Massen zusammen gesehen. Über Herden weidender Pferde waren sie zu schwarzen Wollen zusammengeballt und eben eine solche Wolke umgab unsern Wagen. Die Leiden, die wir dabei erduldeten, zu schildern, ist eben unmöglich. Glücklicherweise verschwanden diese Blutsauger wie fortgezaubert, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwunden war. Unser Kutscher trug übrigens ebenso wie alle Bauern, die uns begegneten, oder die Kinder, die Pilze und Beeren im Wald suchten, eine Maske aus dichtgeflochtenem Pferdehaar, die den ganzen Kopf und Hals einschloß.

Am 14. Tag nach der Abfahrt von Irkutsk wurde das Gouvernement Jenisseisk erreicht, und fünf Tage nach der Abfahrt waren sie am Ufer des Jenissei, der hier etwa eine Werst breit ist, übrigens keinen bedeutenden Eindruck macht. Am Flusse liegt Kraßnojarsk (1899: 27 000 Einwohner), die Hauptstadt des Gouvernements; sie war kurz vor der Ankunft des Reisenden vollständig niedergebrannt und bot deswegen einen jämmerlichen Anblick dar. Im Fortgang der Reise wurde der Weg immer schlechter, obgleich die Dörfer und Ansiedlungen zahlreicher wurden. Bei Atschinsk am Tschulym wurde die Grenze Ostsibiriens überschritten, und nicht lange darauf Tomsk, die Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements (1897: 52 000 Einwohner), die größte Stadt Sibiriens, erreicht. Hier hätte eigentlich die Überlandreise aufhören können, da von hier aus eine Dampfschiffahrtsverbindung mit Tjumen, der Endstation der Uraleisenbahn, besteht. Die Dampfschiffe gehen den Tom abwärts bis zur Mündung in den Ob, folgen dem Ob bis zur Einmündung des großen Nebenflusses Irtisch, fahren diesen aufwärts bis Tobolsk, wo der Tobol mündet, fahren dann in den Tobol ein bis zu dessen Nebenflüßchen Tura, an dem Tjumen liegt. Die ganze, 2677 Werst lange Flußpartie wird meist in sechs bis acht Tagen zurückgelegt. Da aber das nächste Boot erst in acht Tagen ging, zog Joest vor, die kürzere (1562 Werst = 223 Meilen lange) Überlandreise über Omsk nach Tjumen anzutreten. Eine Zeitlang führte der Weg durch fruchtbare, von Tataren und Russen bewohnte Gegenden. Dann lenkte er in die öde Steppe ein, mit seltenen und armen Dörfern. Omsk am Irtisch (1897: 37 000 Einwohner, 1899: 50 000 Einwohner) ließen sie links liegen und fuhren nun ohne Poststraße durch eine Gegend, die mit jeder Werst fruchtbarer und belebter wurde, vorbei an großen und wohlhabenden Dörfern und zahlreichen Windmühlen, nach Nordwesten. Allmählich hob sich das Terrain, der Weg wurde schöner, hübsche Dörfer und beinahe romantische Fels- und Wasserpartien kamen zum Vorschein. In der Ferne sahen wir häufig große Erz- und Hüttenwerke. Endlich war in der Morgenfrühe bei Nebel und feuchter Kälte Jekaterinburg erreicht, die Überlandreise war beendigt. Von Strjetensk bis Jekaterinburg hatte der Reisende in 26 Tagen und Nächten 4958 Werst, über 708 deutsche Meilen zurückgelegt. In 2½ Monaten war die ganze Reise ausgeführt.

Daß diese Reise, zur Winterszeit ausgeführt, ihre besonderen Beschwerden hat, bedarf keines weiteren Nachweises.

4.

Wenn auch die Gegend, die der Reisende in Sibirien durchzieht, selten ein höheres Interesse erregt, so fehlt es doch nicht an interessanten Begegnungen und Beobachtungen. Freilich ist nicht viel Rühmliches von der Bevölkerung zu berichten, es müßte denn die Gastfreundschaft sein, der man je und je begegnet. Unter den minder anziehenden Eigenschaften, die der Reisende wahrnimmt, fällt zunächst die Unreinlichkeit ins Auge. Der große Durchschnitt aller Russen wäscht sich nur einmal in der Woche. Zwar badet der Russe regelmäßig alle Woche einmal, während der übrigen Wochentage genügt ein flüchtiges Befeuchten der Hände. »Wascheinrichtungen nach europäischer Idee gibt es nicht, und ich kann hier vorgreifend erwähnen, daß ich auf der ganzen unendlichen Strecke von Wladiwostok bis ins europäische Rußland hinein erst in Kasan wieder eine Waschschüssel vorfand, so wie wir sie bei uns in jeder elenden Dorfkneipe sehen können.«

Eines der häßlichsten und verbreitetsten Laster ist die unter hoch und nieder weit verbreitete Trunksucht, von der die Reisenden unglaubliche Geschichten erzählen. In Chabarowka fand Joest einen Artillerieoffizier, der wegen fortwährender Betrunkenheit im aktiven Dienst unmöglich geworden war und den der Gouverneur mit der Aufsicht über eine Kanone betraut hatte, welche mit ehernem Mund den Leuten im Tal die zwölfte Stunde verkünden sollte. Der Gouverneur verband mit der Anstellung die Klausel, daß der Geschützkommandant bis zur zwölften Stunde nüchtern bleiben müsse, ein Befehl, der dem Wackeren viel Seelenschmerz verursachte. Anfangs ertönte die Kanone regelmäßig punkt 12 Uhr; allmählich aber merkte man in Chabarowka, daß die Vormittage immer kürzer wurden. Der Artillerist half sich eben aus dem Dilemma, seinen Durst zu stillen und sein Versprechen nicht zu brechen, dadurch, daß er die Kanonenuhr etwas vorstellte, und heutzutage schwankt in Chabarowka Mittag immer zwischen 10 und 12 Uhr.

Der Amerikaner Kennan kam Ende November 1885 tief in der Nacht in ein Dorf, in dem alles, der Postmeister, der Kutscher, der Starost (Gemeindevorstand), der Pope (Pfarrer) und alle andern Leute vollständig betrunken waren. »Es schien unmöglich, frische Pferde zu bekommen; endlich nach einigen Wartestunden kam wirklich ein nüchterner Mensch herein und meldete, die Pferde seien für uns eingespannt. Der betrunkene Postmeister wollte nun seinen Ärger und seine Autorität zur Geltung bringen. Er schalt den Kutscher derb aus, und legte ihm schließlich sogar eine Ordnungsstrafe von 50 Kopeken auf (1 Rubel à 100 Kopeken Silber, gesetzlich = 2,15 Mark). Ich weiß nicht, ob, weil er es gewagt, nüchtern zu bleiben oder weil er gebührlicherweise die Pferde eingespannt hatte. Als wir abgefahren und der ganze Lärm hinter uns lag, fragte ich den Kutscher: »Was ist denn im Dorfe los? Alles ist ja betrunken!« »Es wurde eine neue Kirche geweiht,« erklärte er ernst. »Eine Kirche?« rief ich verwundert aus. »Weiht man denn bei euch so die Kirchen ein?« »Ich weiß nicht,« gab er zur Antwort. »Oft wird getrunken. Nach der Messe war Gulajnia (eine Art musikalische Unterhaltung), und da müssen etliche zuviel getrunken haben.« »Etliche?« sprach ich. »Sie wollen wohl »alle« sagen. Sie sind der einzige nüchterne Mensch, den ich hier gefunden habe. Wie kommt es, daß Sie nicht auch ein Gläschen zu viel getrunken haben?« »Ich bin kein Christ,« antwortete er ruhig. »Ich bin Burjate.« Die Burjaten, die in Transbaikalien und westlich vom Baikal wohnen, haben eine mongolische Sprache, sind den Mongolen verwandt und der Religion nach meist Buddhisten. Als Christ mußte ich verstummen vor der ihm unbewußten Ironie seiner Worte. Der einzig nüchterne Mensch in einem Dorf mit 3 – 400 Einwohnern war Heide und ein christlicher Beamter legte ihm die Buße von 50 Kopeken auf vielleicht nur, weil er sich nicht wie die andern vollgetrunken hatte.«

Diese Geschichte zeigt zugleich, wie wenig die russische Kirche, deren Popen auch Joest auf seiner Reise meist betrunken antraf, um die sittliche Hebung des Volkes sich bemüht. Eine andere Geschichte, die die moralische Wertlosigkeit vieler sibirischen Geistlichen ins Licht stellt, erzählt Joest: »In einem kleinen Kirchdorf mußten wir auf Pferde warten und näherten uns deshalb zum Zeitvertreib einer kleinen, lebhaft gestikulierenden, sich teilweise prügelnden Gruppe von Menschen beiderlei Geschlechts, die vor der Kirchtüre versammelt war. Ich verstand von den Reden kein Wort und sah nur, wie ein vollkommen betrunkener Priester einen andern Menschen mit Faustschlägen behandelte. Mein Begleiter teilte mir den Sachverhalt mit, daß es sich um die Taufe eines Säuglings handle, welche der Pope vorzunehmen sich weigere, bevor die Eltern oder Paten die Summe von 12 Rubeln bezahlt hätten. Der Küster hatte ohne Ermächtigung des Priesters die Glocken geläutet und wurde deshalb von letzterem abgestraft. Weinend erzählte die junge Mutter, sie und ihre Verwandten besäßen zusammen nur 11 Rubel und würden den zwölften gern später abzahlen, wenn der Pope nur den jungen Weltbürger zum Christen machen wollte. Der betrunkene Diener Gottes lachte aber die Gesellschaft aus, und ich verstand die Worte: »12 Rubel oder nitschewo« (nichts). Ich schenkte der Frau den Rubel, zum Danke wollte mir der Pope die Hand küssen. Im selben Moment sprang aber mein Begleiter, eine wahre Hünengestalt, vor und versetzte dem Priester die fürchterlichste Ohrfeige, die ich jemals in meinem Leben appliziert gesehen habe.«

In der Verwaltung dieser weiten Gebiete zeigt sich vielfach noch der alte Krebsschaden der russischen Verwaltung, die Unredlichkeit und Neigung zu unehrlicher Bereicherung. Hievon erzählt Joest ganz unglaubliche Geschichten. Eine Anzahl wohlhabender Burjaten überbrachte einmal einem Gouverneur eine Summe von 50 000 Rubel zur Gründung eines Gymnasiums für junge Burjaten. Seine Exzellenz nahm die Summe mit verbindlichem Dank entgegen. Als er aber bald darauf auf einen höheren Posten abberufen wurde, fand der Nachfolger zwar die Summe in die Bücher eingetragen, aber keinen Kopeken in der Kasse. Er berief die angesehensten Burjaten zu sich und setzte ihnen auseinander, ein Gymnasium sei eine kostspielige Sache; unter 100 000 Rubel lasse sich eine ihrer würdige Anstalt nicht herstellen. Die braven Burjaten gingen etwas verstimmt von dannen, brachten aber nach einiger Zeit weitere 50 000 Rubel dem Gouverneur. Bald darauf wurde auch dieser Gouverneur befördert. Der dritte Gouverneur kam und fand 100 000 Rubel auf dem Papier, aber keinen Schatten in der Kasse. Er ließ die Burjaten kommen und setzte ihnen den Tatbestand also auseinander: »Seht, ihr Kinder, das Geld ist weg, und wenn es der Gouverneur selbst gestohlen hätte, so kann ich nichts für euch tun; denn der ist jetzt ein großer Mann in Petersburg. Und wenn ihr euch an den Kaiser selbst wendet, so kann euch das nichts nützen, man wird die Unterhandlungen bis zum Tod eures früheren Gouverneurs hinziehen und dann vielleicht sagen: ,Er war der Dieb', aber euer Geld bekommt ihr doch nie wieder.« Bekümmert gingen die Burjaten von dannen und verzichteten vorläufig auf ein Gymnasium.


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