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Comedias nuevas escogidas de los mejores Ingenios de España Madrid 1652-1704.

(1862–1870)

Zweiter Band

La firme lealtad von Diego de Solis. Das ist nun ein ganz schlechtes Stück. Es hat alle Fehler der alten Spanier und nichts von ihren Vorzügen. Voll Unwahrscheinlichkeiten, Verkennungen, klassischen Anspielungen, langweilig dem Stoffe nach, und wenn die übrigen gewaltsam herbeigezogenen Situationen wenigstens mit Wärme und Wahrheit ausführen, hier kalt und ohne Schmelz der Sprache und Poesie.

La sentencia sin firma von Gaspar de Avila. Ein sehr gutes Stück, ohne Liebesintriguen, nur daß sich Juana de Zuñiga in die Thaten des bereits alt gewordenen Fernan Cortez verliebt, und ohne Entgegenkommen von seiner Seite, ihm sogar das Geständnis macht, wo sie dann am Schlusse vereinigt werden. Sonst die Rückkunft des Cortez, wo er infolge verleumderischer Anzeigen den Kaiser kalt gegen sich findet, der zuletzt die Sache seinem Sohn Philipp überläßt, der das ganze Verdienst der Anerkennung des Helden hinwegnimmt. Der Kaiser ist nebst den heimlichen Anschuldigungen noch durch Gedanken an seinen bevorstehenden Zug nach Tunis zerstreut und sein endliches Nachgeben wird hauptsächlich dadurch bestimmt, daß bei der Verlegenheit 12 000 Dukaten für seinen bevorstehenden Zug aufzubringen, plötzlich 10 Millionen aus der neuen Welt anlangen, daher auch der Begleiter des Cortez mit den Worten das Stück schließen kann:

el atreverse es valor
y en el buen suceso es ventura.

Auch im übrigen das Stück voll schöner, männlicher Gedanken. Nur der Spaßmacher Ossorio ist nicht sehr spaßig.

Fingir lo que puede ser von Roman Montero de Espinosa. Das ist nun ein Stück, von dem ich gern alles Schlechte sagen möchte, wenn ich mir nicht selbst gestehen müßte, daß ich es selbst sprachlich gar nicht verstehe. Ist das der konventionelle Ton der damaligen Galanterie? die Bedeutung der einzelnen Ausdrücke, das Band der Konstruktion bleibt mir undeutlich, dazu kam noch die Langewelle und die Hartnäckigkeit, es zu Ende zu lesen. Daß es albernes Zeug ist, leidet wohl keinen Zweifel. Und doch mußte es seiner Zeit ein beliebtes Stück sein.

La ciudad sin Dios von Claramonte. Da ist nun der Unsinn, aber der absichtliche, auf die Spitze getrieben. Daß alle Schändlichkeiten vorgenommen oder beabsichtigt werden, versteht sich von selbst: der Titel entschuldigt sie, obgleich nur spanische Naturen es aushalten konnten. Nicht ohne Genialität der König, der in ihnen einen Reiz für seine Blasiertheit sucht. Gott Vater spielt mit, der Prophet Jonas, der auf dem Theater von einem Walfische verschlungen und wieder ausgeworfen wird. Im übrigen die Verwirrung des Plans und der Personen aufs Aeußerste getrieben. Der Schluß bildet sich zum auto sacramental und hat wohl recht sehr angesprochen. (In der Nachwirkung macht sich das besser, im Lesen aber ist die Konfusion zu groß.)

La rosa de Alexandria von Luis Velez de Guevara. Die Geschichte der heiligen Katharina, welche die Gelehrten aller Völker in scholastischen Disputationen besiegt und zuletzt durch ein mit Messern besetztes Rad hingerichtet wird, wobei aber doch die Martern nicht sichtbar dargestellt werden. Ein gutes Stück im damaligen spanischen Sinne. Gute fließende Verse. Als Episode ein Landmädchen Tirena, naiv und keck mit ihrem Liebhaber, mit dem sie zerfällt, weil einmal der Teufel aus ihm spricht, sich aber zuletzt wieder mit ihm vereinigt. Ich freue mich an der Freude, die das damalige Publikum an dem Stücke haben mochte, das übrigens so unsinnig ist, als alle übrigen, nur weniger verworren. Merkwürdig die Geduld, die die Zuhörer bei langen scholastischen Disputationen hatten. Uebrigens führt die Heilige unter ihren Argumenten auch die alten Dichter an, Homer und Orpheus und Pindar: endlich sagt sie; aber lassen wir die Poesie, auch Sophokles spricht u. s. w. Die Spanier rechneten also die Handlung des Dramas nicht zur Poesie, was ein Licht über ihre ganze Behandlung desselben wirft, und die Lyrik, die ihnen den ganzen poetischen Wert des Dramas auszumachen schien.

Beispiellos ist aber die Liederlichkeit, mit der alle diese Stücke gedruckt sind. In einem der frühern Stücke ist eine doppelte Version eines und desselben Zwischenfalles; die werden nun in demselben Kontext hintereinander aufgeführt. In dem gegenwärtigen sagt auf einmal die heilige Katharina: Ich bin der Teufel; indes nur anzumerken vergessen ist, daß jetzt ein anderer, nämlich der Teufel, spricht. Einzelne Druckfehler bis zur völligen Unverständlichkeit.

El fuero de las cien donsellas von Luis de Guzman. So schreiben nun die Spanier ihre guten Stücke. Das Absurde ist ganz verbannt, die Sprache schon, die Gesinnungen erhaben, der Stoff wichtig und nationell erhaben: Die Abgewinnung des Tributs von 100 Mädchen an die Mauren. Da stellen sich die Edelleute, aber auch die Bauern und sogar die Mädchen unter ihrer Fahne zum Streit gegen die Unterdrücker. Damit es nicht an Heiterkeit fehle, ist unter den letztern als Feldwebel auch das Landmädchen Nise, das ihre Liebhaber betrogen hat und von ihnen betrogen wird, die aber ebenso enthusiastisch in den Kampf geht als die übrigen, nur daß sich kaum merklich immer etwas hineinmischt, das allenfalls auch Lachen erregen kann. Im zweiten Akte ein spanischer Knabe, der, weil er seinen Glauben nicht verleugnen will, gemartert und ans Kreuz geschlagen wird. Zum Schluß die Leonesen, die schon geschlagen sind, durch eine Erscheinung des Heiligen Yago ermuntert und zum Siege geführt, von woher sich das Schlachtgeschrei der Spanier für alle Zeiten, und die Stiftung des Ordens von San Yago herschreibt. Das sind nun Umstände, die das Publikum zur höchsten Begeisterung hinreißen mußten. Im letzten Aufzuge die beste Vorführung einer Schlacht, die ich noch irgend gefunden habe.

No ay contra el honor poder von Antonio Enriquez Gomez. Bedeutend langweilig. Lange Reden mit falschen poetischen Blumen und Beschreibungen eingemischt. Der letzte Akt voll Attrapen, die man kaum versteht, wenn man die Einrichtung des Theaters nicht vor sich hat. Schon der Titel sagt, daß da eine tugendhafte Frau ist, die alle Angriffe des Lasters von sich weist. Ihre letzte tugendhafte Tirade würde sogar sehr gut sein, wenn sie sich nicht am Schluß in vier oder fünf Zeilen von grammatikalischen Synonymen verstiege. Bezeichnend, daß der stürmische Kronprinz nichts einzuwenden hat, die Base der tugendhaften Frau zu heiraten, sobald er mit ihr im Dunkeln allein angetroffen worden ist.

La obligacion de las mugeres von Luis Velez de Guevara. Die Geschichte jener Büßenden, von der auch eine deutsche Ballade (ich glaube von Stolberg) existiert. Einem Spanier Don Alvaro, der an den Hof des Kaisers nach Prag reist, um die Ernennung des Infanten Carlos (Karl V.) zum deutschen Kaiser zu betreiben, ist der Held des Abenteuers. Der erste Akt so gut geschrieben als nur irgend möglich, aber schon der zweite gerät ins spanisch Weite und Wilde. Don Alvaro, statt am Hofe des Kaisers sein Geschäft zu betreiben, hat nichts Eiligeres zu thun, als zur Rettung der Ehre der Büßenden ihre Ankläger zum Kampf herauszufordern.

Da nun der König von Spanien, wie natürlich, diese Allotria übelnimmt, gerät Alvaro, obgleich sonst durchaus ernst gehalten, in vorübergehenden Wahnsinn, in welchem er Postpferde begehrt, sich auf dem Theater (natürlich ins Leere) hinaufschwingt, wobei der Diener Mendoza mit dem Munde das Posthorn nachahmt, und so abgaloppiert, gleich darauf aber wieder zu sich kommt, den falschen Ankläger, einen Herzog von Sachsen, in den Schranken besiegt, so daß die Ehre der büßenden Christerna hergestellt wird und der Kaiser vor Freude den Infanten Karlos zum Nachfolger in der Kaiserwürde ernennt. Also auch hier muß das spanische Nationalgefühl mitspielen.

Amor y honor von Luis de Belmonte. Höchst abgeschmacktes Zeug, was aber nicht hindert, daß der erste Akt sehr gut geschrieben ist. Ueberhaupt merkwürdig, wie bei den Spaniern jener Zeit die Freude an den übertriebensten Begebenheiten und das Wohlgefallen an dem eigentlich Poetischen der Schreibart Hand in Hand geht.

 

Dritter Band

La Llave de la honra von Lope de Vega. Da ist nun wieder mein alter Lope de Vega, ohne seine sonst häufigen Widersinnigkeiten, aber auch beinahe ohne Verwicklung, oder die vorhandene so kunstlos, daß sie kaum so genannt werden kann. Aber die Charaktere voll Wahrheit, die Tugend der Frau ohne Übertreibung, die Liebe des Mannes zu seiner Frau, ohne daß sie ihn unzugänglich machte für die Lockungen des Ehrgeizes. Der Bediente voll gesundem Humor und endlich die Rede, die Verifikation von einem Fluß, von einem Wohllaut, daß sie fast zur Musik wird, indes sie sich kaum über die Prosa erhebt. Wenn der Plan, die dramatischen Werke Lopes herauszugeben, zu stande kommt, nicht die Deutschen werden ihn zuerst erkennen, sie sind heutzutage zu unnatürlich; nicht die Engländer, sie sind zu einseitig in ihren Shakespeare verrannt; die Franzosen werden zuerst seine Naturwahrheit herausfinden, denn seit ihnen ihre klassische Form verleidet worden ist, sind ihre Bessern zugänglich für alles.

Más pueden zelos que amor von Lope de Vega. Wenn damals die Verwicklung neu war, daß eine verlassene Geliebte, oder vielmehr eine, die erst dadurch verliebt wird, daß ihr Geliebter eine andere heiraten will, ihm nachreist und in Männerkleidern die neue Braut in sich verliebt macht, so daß diese sie heiraten will, so mag das Stück interessiert haben. Sonst ist nicht viel Gutes daran als die Liebe, die erst durch die Eifersucht entsteht, und wie gleich anfangs ihre Entstehung geschildert wird. Nicht viel Natur, keine guten Späße, sonst Hauptvorzüge Lope de Vegas. Scheint auch in späterer Zeit geschrieben, wo schon Calderon die langen Reden und ihre blumigen Ausschmückungen in Mode gebracht hatte.

Engañar con la verdad von Geronimo de la Fuente. Ein konventionelles Stück mit vielfach dagewesenen Verwicklungen. Ein Ring, den die Herzogin dem Diener des Haupthelden schenkt und der dann in verschiedene Hände kommt, gegen einen des Königs ausgewechselt wird, ohne daß es sehr klappt und an dem nichts gut ist, als daß, indes er die peinlichsten Mißverständnisse hervorbringt, der beschenkte Diener durch das ganze Stück bis zum Ende nur immerfort urgiert, daß er dafür noch gar nicht das Geld bekommen habe. Uebrigens gut, zum Teil vortrefflich geschrieben.

La discreta enamorada von Lope de Vega. Der seltene Fall einer durchgeführten oder wenigstens durch den Verlauf immer genährten Intrigue. In der That nicht von der feinsten Art, und trotz der Heftigkeit der Leidenschaften in jener Zeit so stoßweise geführt, daß eben nur ein damaliges Publikum es für bar annehmen konnte. Der Anfang in der besten Lopeschen Manier, bald wird aber auch die discreta enamorada in den wirbelnden Hexentanz hineingezogen.

Sehr witzig die Erzählung der Gerarda, wie sie, der schlechten Gesellschaft (Compagnie) ihres Gatten überdrüssig, sich einen Fähnrich wählte, mit dem sie in Wort und Werk sechzehn Monate marschierte, bis der Neid die Trommel schlug und der Gatte, um die Geschützsalven auf seine Ehre zu hintertreiben u. s. w.

Á un traidor dos alevosos von Miguel Gonzalez de Cuñedo. Das schlechteste von all diesen Stücken, uninteressant, verworren und langweilig, im Stil bombastisch und ohne Reiz. Im dritten Akt nimmt es einen Anlauf, als ob es sich in dem Schicksal des Moriskenkönigs Abenhuneye konzentrieren wollte, dann folgt aber und schließt ein absurdes Turnier, in dem die zwei Liebhaberinnen in Männerkleidern mitkämpfen.

La Portugesa von Lope de Vega. Mag seiner Zeit sehr gefallen haben, wenn die Heldin des Stückes eine vortreffliche Schauspielerin war, die das Radbrechen des Portugiesischen graziös vorbrachte. Sonst lauter oft dagewesene Verwicklungen. Celia sogar ohne jene Kunst oder Natur (was auf eins herauskommt), mit der sonst Lope derlei Figuren auszustatten weiß. Ob die Liederlichkeit jener Zeit so groß war, daß eine muger principal vermummt zu einem Fremden aufs Zimmer kommt, um seine Bekanntschaft zu machen, und ob daher das Ereignis nur einen Schatten von Wahrscheinlichkeit hat, kann man jetzt nicht beurteilen. Zuletzt regnet es die improvisierten Heiraten, die Tausende von Dukaten und die allgemeine Zufriedenheit.

El maestro de danzar von Lope de Vega. Ein armer Edelmann, der sich in eine der beiden Töchter eines reichen Hidalgo verliebt und, ohne Aussicht, sie zu erhalten, sich im Hause als Tanzmeister aufnehmen läßt. Wer erwartet Studien zum spanischen Theater, da nicht, daß er während der Lektion sich das Mädchen nach und nach geneigt machen wird? Aber beim ersten Zusammentreffen hat sie sich schon in ihn verliebt, und die Tanzlektionen dienen nur dazu, um verdächtiges Beisammensein zu maskieren. Daneben läuft eine Intrigue der altern, bereits verlobten Schwester, die einen andern Liebhaber der jüngern auf Rechnung dieser letzten »genießen« will. Der Tanzmeister trägt die Briefe hin und her, verwirrt die Sache und erzeugt sehr wohlfeile und abgeschmackte Verwicklungen. Die Tanzlektionen machten wohl, als Neuheit, den Hauptspaß aus.

La fenix de Salamanca von Doktor Mira de Mescua. Ein sehr gutes Lustspiel mit all den äußerlichen Unwahrscheinlichkeiten, die den Spanier nicht störten, und den ganz gewöhnlichen Ereignissen, die er nicht satt bekommen konnte, beinahe ohne Hauptverwicklung, wenigstens sieht man das Ende schon beim Anfange voraus. Das ist nun in den beiden ersten Akten ein Hin- und Herschwätzen, das die Langeweile nirgends aufkommen läßt. Der dritte Akt ist schwächer und das Ende überstürzt, letzteres weil der Verfasser keinen Platz mehr hatte und der Zuseher gegen den Schluß wenig Geduld. Diese Doña Mencia, die als Mann verkleidet ihrem Liebhaber nachreist mit ihrer Zofe Leonor in gleicher Tracht, welche letztere als Bedienter mit dem Diener des Geliebten in einem Bette schlafen muß, der von ihrem Geschlechte keine Ahnung hat und noch die wunderlichen Empfindungen erzählt, die er von ihrer Nähe hat.

Lo que está determinado von Lope de Vega. Ich schäme mich fast, niederzuschreiben, daß das Stück, mit Ausnahme des dritten Aktes, mich sehr unterhalten hat. Ich schäme mich, denn es kommen darin so unerhörte Grausamkeiten vor – ein Großvater, der seinen Enkel ermorden läßt wegen eines Traumes, der ihm Gefahr durch jenen droht, und der dann wieder auf die Vermutung, daß sein mit dem Mord Beauftragter den Auftrag nicht vollzogen habe, diesem sein eigenes Kind zum Essen vorsetzt – also diese unerhörten Grausamkeiten haben mich nicht gestört, weil die Sache dadurch in die Reihe der Kindermärchen kommt, die alle unerhört grausam sind. Zugleich sind die ländlichen Scenen und der erste Akt, wie bei Lope alle ersten Akte, so gut, daß es mir Vergnügen gemacht hat. Lope hat nicht einmal allen Vorteil aus der allbekannten Fabel gezogen, sondern begnügte sich mit seiner bequemen Schleuderhaftigkeit, sich mit beliebten Knalleffekten abzufinden.

La dicha por malos medios von Gaspar de Avila. Das Stück ist so Übel nicht und nimmt gegen das Ende zu sogar den Anlauf zu einem guten, da Don Felix durch Thaten verdient, was ihm der König als scheinbarem Kuppler der Ehre seiner Schwester vornherein reichlich gewährt. Mag für die damalige Zeit auch Anspielungen auf Hofgunst und Kriegswesen enthalten haben, die ihm Beifall verschafften.

San Diego de Alcalá von Lope de Vega. Da ist denn doch des Absurden gar zu viel, und nicht einmal das eingemischte Halbkomische, sowie die vorkommenden Wunder schlagend genug. Da wir übrigens nicht den echten Glauben haben, so können wir auch nicht begreifen, wie die damaligen Leute in derlei Stücken wie in einem Spiegel sich selbst und ihre Ueberzeugungen wiederfanden. Wahrscheinlich zum Behuf irgend eines kirchlichen Festes geschrieben.

Los tres señores del mundo von Luis de Belmonte. Auch einmal ein historisches Stück, insofern man eine solche Zurichtung Geschichte nennen kann. Oktavianus in all der Glorie, die ihm Horaz und Virgil von der Schule her verschafft hatten. Lepidus, der bis zum Tode des Antonius mitspielt, ein schwacher Ehrenmann. Antonius ein Held, aber in seiner Liebe zur Kleopatra, die er erst im dritten Akte kennen lernt, so unbedingt aufgelöst, als nur die Karikaturmalerei es verlangen kann. Uebrigens gar nicht ohne Talent, ein lustiger Kapitän Labieno sehr gut, und das Ganze in damaliger spanischer Uebertriebenheit höchst wirksam.


Vierter Band

Obligar con el agravio von Francisco de Victoria. Das Stück hat mich so gelangweilt, daß ich fast fürchte, dem Verfasser unrecht zu thun, wenn ich sage, daß seine Verwicklungen und Mißverständnisse so ungeschickt und gezwungen sind, daß sie nur ein Schattenspiel mit abgenützten Figuren darbieten. Zugleich ist es ein immerwährendes Gehen und Kommen ohne Konsistenz und theatralischen Halt. Aber vielleicht hat mir die Langeweile vieles verborgen.

El lego de Alcalá von Luis Velez de Guevara. Auch für ein Kirchenfest bestimmt. In der Art wie alle diese Heiligengeschichten. Der Hauptheld ein mehr oder weniger dummer Kerl, der durch seine Demut und Frömmigkeit die Heiligenkrone erwirbt. Er wirkt diesmal wohlfeile Mirakel mit toten Vögeln, die er lebendig macht, mit Hühnern, die von selbst wieder in den Hühnerkorb zurücklaufen. Unglücklicherweise bekehrt er auch die liederlichen Personen beiderlei Geschlechtes, die bis dahin das Stück erheitert haben. Seines Zeichens ist er ursprünglich ein Schneider. Wahrscheinlich wurde er der Patron der Zunft.

Übrigens sehr wirksam seine Bekehrungsrede, wo er sich wenig mit Gründen abgibt, sondern nur immer die Worte: Tod, Ewigkeit, Hölle in das Lumpenpack hineindonnert.

No ay mal que por bien no venga von Juan Ruiz de Alarcon. Für uns ist dieser Don Domingo nicht sehr komisch, für die Spanier mochte er es sein, da er in seiner Bequemlichkeitsliebe und Natürlichkeit immer das Gegenteil von dem thut, was die damaligen Galane thaten, was dann zufällig eben gerade das Vernünftige ist. Endlich aber geht es ins Absurde über, der Hauptklippe der damaligen Poeten. Don Juan, ein tapferer aber liederlicher Mensch, will seinem beabsichtigten Schwiegervater sein Geld stehlen, da er in dessen Geiz den Hauptgrund seines Widerwillens gegen ihn voraussetzt. Er dringt daher mit falschen Schlüsseln in das Haus des letztern bei Nacht ein und findet dort seinen Nebenbuhler Don Domingo, den der Kronprinz dort eingesperrt hält, weil er ihn nicht bewegen konnte, sich dem von ihm beabsichtigten Aufruhr gegen seinen Vater anzuschließen. Don Juan erfährt von dem Eingesperrten den beabsichtigten Verrat und gibt dem König davon Nachricht. Dieser kommt, dringt mittels der falschen Schlüssel Don Juans in das Haus der Rebellen und nimmt dort seinen Sohn gefangen. Das ist nun das Übel, das zum Guten dient. Daß die Getreuen durch die Heirat mit ihrer Herzgeliebten belohnt werden, versteht sich von selbst.

Enfermar con el remedio. Von drei Genios: Calderon, Velez de Guevara und Geronimo Cancer, Variationen über das Thema, daß Vergessenwollen ein immerwährendes Erinnern ist. Der erste Akt ganz gut angelegt. Der zweite, beinahe besser geschrieben als der erste, mischt schon einen äußern Umstand (die Widersetzlichkeit des Volkes) hinein, der die innere Entwicklung stört. Der dritte Verfasser, als der Erbe der frühern, breitet diesen zwingenden Umstand noch mehr aus, und da ihm der Raum zu kurz wird, platzt er übereilt mit der Sinnesänderung und dem Schlusse heraus.

In diesem dritten Akt ist ein Theatercoup, der sich ganz gut machen könnte. Die Schwester der launischen Herzogin wird von dieser mit deren mißhandeltem Liebhaber im Finstern überrascht. Die Herzogin ruft nach Licht, und wie die Zofe mit Licht hereintritt, nimmt ihr die zu Ueberraschende dasselbe aus der Hand, als ob sie selber es gebracht hätte, und bleibt so unbekannt. Da die Sache aber weiter keinen Einfluß hat, so bleibt es ein vereinzeltes Theaterspiel.

Auch im zweiten Akt ist eine Art eifersüchtige Telegraphie mit Musik und Gesang zwischen den zwei Schwestern, welches aber auch nicht recht klappen will.

Los riesgos que tiene un coche von Antonio de Mendoza. Ein Haufe von Verwicklungen und Verwirrungen, denen ganz folgen zu können man aufmerksamer gewesen sein müßte, als ich es beim Lesen war. Eine verlassene Geliebte, Doña Angela, erreicht ihren Zweck der Vereinigung dadurch, daß sie die neue Geliebte ihres Ungetreuen durch eine Verwechslung von einem andern entführen läßt, der sie nun heiraten muß, weil die Entführung in einer Kutsche mit niedergezogenen Vorhängen geschah, wodurch ihre Ehre sich gefährdet findet. Daher auch der Titel des Stückes. Der Ungetreue, nachdem seine neue Flamme ihm entzogen ist, hat nichts dagegen, seine Verlassene zu heiraten, und auch der zum Kutscher verdungene Bediente findet eine Gesponsin.

Komisch allenfalls die Scene, wo Doña Angela, als Frau des Kutschers verkleidet, diesem letztern eine Ohrfeige gibt, und zugleich aufschreit, als ob sie den Schlag erhalten hatte, nebst dem, was darauf erfolgt.

El respecto en el ausencia von Gaspar de Avila. Das ist nun gewiß ein verstümmeltes Stück. Der zweite Akt macht uns mit Dingen bekannt, die der erste schon erklärt hat. Der dritte enthält einen Spaß, freilich in der Art des Hanswurst, der eine komische Wirkung haben konnte, das Stück schließt aber ohne Schluß. Entweder hat es der Verfasser nicht vollendet oder die unglaubliche Liederlichkeit der damaligen Buchdrucker hat es dermaßen verstümmelt. Auch ist es der Bogenzahl nach viel kürzer als die übrigen.

Der Grundgedanke übrigens ziemlich abgeschmackt (wenn kein anderer Schluß ihm eine Wendung gibt). Daß die stolze Juana alle Liebhaber abweist, weil sie in den König (Philipp I.) verliebt ist.

El conde Partinuplés von Doña Ana Caro, zehnte Muse aus Andalusien. Man weiß nicht, ist sie die zehnte Muse nur von Andalusien oder auch sonst überhaupt. Zuerst errät man nicht, was Partinuples für ein geradbrechter französischer Narr sein mag, denn die übrigen Personen haben alle Christennamen. Dann ist es eine Zauberkomödie, die erste in der Sammlung, denn auch in vielen übrigen gibt es Wunder genug, aber lauter theologische. Die Dame ist so übel nicht, aber nicht immer delikat. So sagt der Spaßmacher einmal, er sei von dem vorkommenden wilden Tiere am Hinterteile verwundet worden, er fühle das Blut fließen, das aber nicht sehr gut rieche. Im übrigen die zwei ersten Akte eine ganz vernünftige, gar nicht uninteressante Zauberkomödie. Aber der dritte Akt wirft alles um. Da kommt die verlassene Geliebte zu Pferd und fordert ihren Liebhaber zurück. Ein Turnier soll über die Hand der Prinzessin Rosaura entscheiden, und nun rollt alles mit einer Uebereilung ab, als wollte man die Zuseher noch bei Zeiten nach Hause senden. Für jeden der turnierenden Bewerber findet sich eine Heiratspartie, und die Königin Rosaura erhält ihren Grafen Partinuples, den sie schon im zweiten Akte hatte haben und behalten können.

Zugleich merkwürdig, daß in dem Personenverzeichnisse wie noch heute in der italienischen Oper und beim französischen Theater eine dama segunda und ein segunda barba (zweiter Alter) vorkommen.

El rebelde al beneficio von Tomas Ossorio. Die Ermordung des Prinzen von Oranien durch Baltasar Gerard, die natürlich als eine löbliche Handlung dargestellt wird. Gleich in der ersten Scene die Bartholomäusnacht als der Ruhm Frankreichs gepriesen, und als eine der Schändlichkeiten Oraniens die Gewissensfreiheit, die er seinem Lande geben will. Das Stück gut geschrieben und mit Geschicklichkeit für den damaligen Geschmack, wenigstens gibt es eine Menge spannender Scenen ohne Unwahrscheinlichkeit. Damit der göttlich wohlgefällige Mord doch auch einige menschliche Rechtfertigung habe, ist Oranien in die Geliebte Baltasars verliebt, und dieser erschießt ihn, als er eben seine teure Lopes und Calderons Zeitgenossen, Isabella notzüchten will. Das Stück endet mit der Flucht Baltasars durchs Fenster, wo er dann verfolgt wird. Der Dichter kündigt an, daß die Gefangennehmung und der Tod Baltasars einen zweiten Teil erfordern, den er aber einer gelehrtern Feder überlassen wolle. So konnte er doch sein Publikum wenigstens für diesen Abend mit einer patriotischen Schadenfreude entlassen.

El Español Juan de Urbino von Manuel Gonzalez. Ein wunderliches Ding, das aber nicht ohne Großartigkeit ist. Urbino, dessen Frau mit einem Liebhaber entfliehen will, indes seine Schwester, die in denselben verliebt ist, sich an die Stelle ihrer Schwägerin einschieben will, und dessen Ehre daher doppelt gekränkt ist, wie dieser, nach einer Reihe von Zwischenfällen, die ihn zweifelhaft machen, welche von beiden eigentlich die Schuldige ist, zum Schluß sein eigenes Haus anzündet, so daß der Verführer und die beiden Verführten, samt der Mitschuldigen, der Zofe Ines, in den Flammen umkommen. Bezeichnend für den Geschmack des damaligen Publikums übrigens, daß der Dichter sich nicht enthalten kann, in den prägnantesten Momenten poetische Stellen voll Gleichnissen und Bildern anzubringen, so daß man wohl merkt, daß die sogenannte Nachahmung der Natur der Poesie jener Zeit ziemlich ferne lag.

Lo que puede una sospecha von Doktor Mira de Mescua. Ich gestehe, daß ich dieses Stück nicht verstehe, Doña Ines ist die Schwester des Don Carlos, dann spricht sie aber wieder von ihm als von ihrem Geliebten. Es ist wahrscheinlich die Fahrlässigkeit des Druckers, der die Personen verwechselt und einer die Reden der andern gibt. Wenn einer das Ding studieren wollte, würde man wohl der Verwirrung Herr werden, und dann käme vielleicht ein gutes Stück heraus, um so mehr, als es sehr gut geschrieben und Mira de Mescua einer der besten Dramatiker jener Zeit ist. Mir fehlt aber die Lust zu solchen Untersuchungen, und ich lasse die Dinge nur so an mir vorüberrollen.

El negro del mejor amo bis in die Hälfte ein ganz vorzügliches Stück, bis sich der theologische Unsinn einmischt, der aber für jene Zeit ein höherer Sinn war. Dieser Rosambuco, ein gefangener Negerheld, der durch eine Erscheinung bekehrt wird und als demütiger Laienbruder alle Zeichen der Heiligkeit gibt, bis er zuletzt m Verteidigung seines Klosters gegen gelandete Seeräuber, gewohnte Heldenthaten erneuert und dabei zum Tode verwundet wird. Die Negerin Catelina, die in den künftigen Heiligen verliebt ist, der sich um sie nicht kümmert, und mit ihrem Kauderwelsch eine höchst ergötzliche Figur bildet. Ein wechselseitiges Liebesverhältnis zwischen zwei Todfeinden und ihren Schwestern, die zum Schluß durch den Heiligen zur Versöhnung und zur Doppelheirat gebracht werden. Das Stück war vielleicht für das damals spanische Sizilien geschrieben, wo das Kloster liegt, um dessen Errettung es sich handelt.


Fünfter Band

Oponerse a las estrellas. Von drei Ingenios, worunter sogar ein guter ist, Moreto nämlich, ohne daß darum sein dritter Akt besser wäre, als die übrigen: für Leute, die zwei Stunden überflüssig hatten und oft dagewesene Verhältnisse sich wiederholen lassen wollten, war das Stück so gut als ein anderes.

Aman y Mardocheo von Felipe Godinez. Das Stück hat schon das Gute, daß es sich an die Bibel hält und dadurch die gefährlichen spanischen Absurditäten vermeidet, übrigens geht es auch den Härten der Bibel mit Ermordungen ganzer Völker glücklich aus dem Wege. Der König höchst poetisch und sentimental. Esther gilt geradezu für eine Vorläuferin und Vorbild der Jungfrau Maria, wie sie denn auch der Liebesbote des Königs geradezu mit den Worten des englischen Grußes anredet. Auch dem Mardochäus wird sein Verbrechen, ein Jude zu sein, darum verziehen, weil er immerfort auf den künftigen Messias hindeutet, ja sogar die Jahre seiner Ankunft ausrechnet. Dagegen alles ist denn nun nichts einzuwenden. Freilich steht es unendlich unter der Esther Lope de Vegas.

Estados mudan costumbres von D. Juan Matos Fragoso. Sehr gut geschrieben, namentlich der Monolog des Prinzen im dritten Akte ein meisterhaftes Stück Poesie. Auch die Haltung der beiden Liebenden, wenn sie sich vermöge eines Kindertausches für Bruder und Schwester halten Lopes und Calderons Zeitgenossen, müssen, sehr gut, vor allem die Scene, wo Silvio durch die Glasthüre seine vermeinte Schwester beim Ankleiden betrachtet. Der Prinz hat große Aehnlichkeit mit dem im Leben ein Traum; die Entwicklung, daß die vertauschten Kinder schon früher einmal vertauscht waren und daher der Bruder die Schwester heiraten kann, etwas gewaltsam herbeigeführt.

El conde Alarcos von Mira de Mescua. Wenn jemand 30 Jahre später den Stoff des trefflichen Guillem de Castro neu bearbeitete, so sollte man denken, daß er die Greuel seines Vorgängers in etwas gemildert haben würde. Das ging aber nicht an, da die alte Romanze einmal da war und beobachtet werden mußte. Es gibt also auch hier die Infantin der armen Blanka das Herz ihres Kindes zu essen und das Blut desselben als Waschwasser, der Graf Alarcos setzt auf Befehl des Königs seine Geliebte in einem Kahn dem Wassertode aus. Das hindert aber nicht, daß z. B. die Rede Blankas vor ihrer Aussetzung von einer wunderbaren Schönheit ist, so wie die Scene, wo sie nach ihrer Rettung als Schäferin mit Alarcos zusammenkommt, obgleich ein wenig kokett, sich besonders in der Darstellung reizend machen mußte. Die Leute erkennen sich oder verkennen sich nicht nach langen Zwischenräumen, wie es eben dem Dichter bequem ist und am erfreulichen Ausgange wird es als ein glückliches Ereignis betrachtet, daß der alte König die blutjunge Tochter Alarcos' heiratet. Sogar eine Strophe aus der alten Romanze wird im Stücke gesungen.

Donde ay agravios no ay zelos von Francisco de Rojas. Wenn man die Komödie an den Vorrechten der Posse teilnehmen läßt, so ist das ein sehr gutes Stück. Die Intrigue, daß der Herr sich für den Diener ausgibt und der Diener für den Herrn, war damals, wenn auch nicht neu, doch wenigstens nicht abgenützt und hatte daher ihre volle Wirkung. Von Seite der Komik ist der dritte Akt der beste, und die Rede des Bedienten Sancho über die Ehre ist um nichts schlechter als die gleiche – fällt mir doch jetzt der Name nicht ein. Welch Zugrundegehen des Gedächtnisses! – als die gleiche Falstaffs. Auch die Scene der Zofe Beatriz sehr gut. Auch der Schluß, wo Sancho, um das Publikum nicht länger aufzuhalten, erklärt, er wolle die obligate Heirat mit dem Kammermädchen auf später verschieben.

El marido de su hermana von D. Juan de Villegas. Die Verwicklungen und Mißverständnisse etwas gezwungen, aber doch recht geschickt angelegt und im Stücke durchgeführt. Der jetzige Vormund-Regent von Barcelona hat nach dem Tode seines Herrn, da zugleich dessen Witwe mit einem halbtoten Kinde niederkam, dieses, eine Tochter – damit das Land nicht erblos bleibe, mit seiner eigenen, eben auch erst gebornen gesunden Tochter vertauscht. In die vermeintlich unterschobene Herzogin verliebt sich sein Sohn, und sie will ihn heiraten, also die Schwester den Bruder. Als das Unglück aufs Höchste kommt, zeigt sich, daß der mit der Verwechslung Beauftragte, da das halbtote gräfliche Kind sich wieder erholte, die Vertauschung unterlassen hat und also die Herzogin nicht die Schwester ihres Geliebten ist, was nun freilich sehr gezwungen herauskommt, um so mehr, als dieser Beauftragte das Faktum bis jetzt verschwiegen hat. Auch die zwei Liebhaber der wirklichen Schwester werden durch zwei Briefe, die sie dem tölpelhaften Bedienten für diese übergeben haben und durch dessen furchtsame Lügen in recht gut unterhaltene Mißverständnisse gebracht.

El licenciado Vidriera von D. Augustin Moreto Die ersten zwei Akte, obschon mit etwas spanischem Beigeschmack ganz vortrefflich und ganz des Verfassers der Doña Diana würdig. Auch das, was die deutschen Ästhetiker die Idee nennen: daß einer, der alles Löbliche, ja Große verrichtet, in Armut und Elend gerät und endlich zu Beachtung und Reichtum kommt, dadurch, daß er sich für einen Narren gibt, der glaubt von Glas zu sein, was die Leute unterhält, so daß sie sich ihn aus den Händen reißen. Das Ganze nach einer Novelle von Cervantes, wenn ich nicht irre. Der dritte Akt gerät etwas zu sehr ins Possenhafte, nach den Vorgängen der beiden frühern, mochte aber sehr unterhalten haben. Ich meine damit, daß dieses Possenhafte am Ende des zweiten Aktes zu plötzlich, zu augenblicklich fertig auftritt.

Nuestra señora de pilar von drei Ingenios. Es wäre schon einer zu viel. Übrigens nichts einzuwenden. Die Einführung des Christentums in Spanien durch den Apostel Jakob, der sogar einmal zu Pferde erscheint und die Heiden bekämpft. Es fehlt nicht an Ereignissen und Wundern, sogar der Teufel bemüht sich persönlich als Opposition, auch eine Art Blasphemie kommt vor, wenn der Gracioso Pasquin sich zum Christentum hinneigt, weil es einen Gott verehrt, der Brot und Wein sei. Gut die beiden komischen Personen in ihrer Bewerbung um die Kammerjungfer Livia.

El embuste acreditado von Luis Velez de Guevara. Hier ist denn doch der Unsinn gar zu weit getrieben. Eine schlechte Nachahmung des Vorfalls im D. Quixote, wo man dem Richter und seinem Knappen glauben macht, daß sie durch die Luft reisen. Aber dort ist es ein Narr und ein Dummkopf, die sich das weismachen lassen und hier eine zwar abergläubische, aber sonst vernünftige Prinzessin. Ein einziger guter Gedanke; daß die Meinung aller jener Weiber, die sich für Hexen halten, eben auch nichts sei als Selbsttäuschung. Für die damalige Zeit immer viel.

No ay burlas con las mugeres vom Doktor Mira de Mescua. Das würde ein vortreffliches Intriguenlustspiel sein, wäre der Schluß nicht. Alle diese Verwirrungen, Verwicklungen, Vermummungen sind mit so viel Geschick, ja Scharfsinn behandelt, das Ganze so unterhaltend und spannend, da erschießt D. Jacinta ihren reuigen Liebhaber, der eben kam, um Verzeihung zu erflehen, aber – er hat ihr in einem Anfalle von Eifersucht eine Ohrfeige gegeben, und das ganze weibliche Geschlecht muß gerächt werden. Sollte sich der Schluß dramatisch rechtfertigen, so müßte das ganze Stück anders geführt sein, aber so in der Mitte dieser spielenden Verwirrungen wirkt der Schluß wie eine dramatische Ohrfeige. Die Spanier von damals mochten einer andern Meinung sein.

Los amotinados de Flandes von Luis Velez de Guevara. Ein patriotisches Stück, um die Spanier für ihre üblen Erfolge in Flandern durch einzelne Großthaten zu trösten. Unendlich mittelmäßig, sogar halb unverständlich, da D. Diego, der die Liebesbewerbungen Isabellas, als schon anderweitig verliebt, anfangs zurückweist, zuletzt mit Freuden ihre Hand annimmt. Die beste Figur der Graf von Fuentes, der, obgleich sehr streng, doch seine Freude nicht zurückhalten kann, wenn er von einem unbesonnenen Liebesabenteuer hört.


Den sechsten Band dieser Comedias de diferentes autores kann ich leider nicht lesen, er ist so klein und so schlecht gedruckt, daß meine Augen es nicht aushalten.


Siebenter Band

La muger contra el consejo von drei Ingenios. Das Stück nicht übel, ein wenig im Geschmack der Doña Diana, ohne darum die Doña Diana zu erreichen. Der Grundgedanke sogar recht gut. Daß der verkleidete Liebhaber der Prinzessin Sirena, die in Trauer über ihren verstorbenen Liebhaber ihr Leben zubringen will, gegen sein Interesse, den Rat gibt, in ihrem Vorsatz zu beharren, so daß sie, des Unsinns ihrer Übertreibung halb bewußt, gerade dadurch veranlaßt wird, sich zum Gegenteile hinzuneigen. Mit einem Wort, daß sie immer das Gegenteil von dem thut, was er ihr rät, wohin er sie eben bringen will. Sonst auch gute Scenen. Der dritte Akt der schwächste.

El buen cavallero maestro de Calatrava von

D. Juan de Villegas. Eines jener Stücke, mit denen die Spanier die Großthaten ihrer Geschichte und den Ruhm ihrer alten Familien feierten. Hier ist es das Haus Girad, das der Großmeister D. Rodrigo durch alle Vorzüge eines damaligen Helden verherrlicht. Eine schöne Scene, wo er seinen Gegner Albanaldes im Zweikampfe bis zum Tode verwundet, auf dessen Verlangen im nahen Bache tauft. Endlich verliert er seine Geliebte, die der König seinem Bruder zugesagt. Mehr aus der Sache wäre es gewesen, wenn sie selbst den Bewerbungen dieses Bruders nachgegeben hätte, weil D. Rodrigo im Augenblicke, als sie ihn erhören wollte, sich erinnert, daß der Tag und die Stunde der Ausforderung des Mauren Albanaldes eben heute sei, und er fortgeht, weil die Ehre der Liebe vorgehe. Zuletzt stirbt er mit dem Wunsche zu sterben, bei Verteidigung eines verlornen Postens.

A su tiempo el desengaño von D. Juan de Matos. Da sind nun die Verwicklungen auf ihrem höchsten Punkt, so daß sie mehr zu Verwirrungen werden, teils weil sie so weit hergeholt, teils weil sie nur ihr eigener Zweck sind. Übrigens läßt für einen bereitwilligen Zuseher die Spannung keinen Augenblick nach. Der Gracioso hat ziemlich unwahrscheinliche, aber höchst komische Scenen und die Personen, wie Karten gemischt, geben ein unterhaltendes Spiel.

El sol á media noche y estrellas á medio dia von Juan de Villegas. Die Geschichte der Geburt Christi und der Anbetung der Könige. Das Ganze so unschuldig als die biblische Erzählung selbst. Den Anfang, halb als Vorspiel, macht der englische Gruß. Von den Königen ist die Hauptperson der schwarze Melchior, wahrscheinlich damit es nicht an Spaß fehlt, weil seine Diener das Spanische radbrechen. Auch die Liebe erhält ihren Teil durch seine Zärtlichkeit für seine Gattin. Das Kind wird geboren, Maria, die deutlich als vierte göttliche Person bezeichnet wird, beschneidet es selbst, bei welchem Akt die Hirtin Celia gegenwärtig ist, welche davon die Erzählung macht, was von einem Mädchen höchst wunderlich ist. Wenn es dem Publikum Spaß machte, hatte der Verfasser wohl nichts einzuwenden; die Hirten spielen eine große Rolle. Die Zuschauer fühlten sich wohl sehr glücklich. Ich freue mich in ihrem Namen.

El poder de la amistad von D. Agustin Moreto. Der Gedanke so ziemlich der nämliche wie in der Doña Diana des nämlichen Verfassers: die Liebe, die aus der Eifersucht entsteht, oder vielmehr dadurch hervortritt, nur daß der Gedanke dort sich mit psychologischem Fortschreiten naturgemäß entwickelt, hier aber ziemlich sprungweise geht. Daher auch jenes Stück ohne Vergleich besser, indes auch das gegenwärtige sein Verdienst hat. Zugleich auch der häufig wahre Satz, daß zwei echte Freunde mehr wert sind als Macht und Reichtum, denn der eine der beiden Freunde, die Helden des Stückes, lehrt ihn den Stolz der Prinzessin besiegen, der andere besiegt den Vater derselben im Kampfe.

Don Diego de Noche von D. Francisco de Rojas. Ein D. Diego de Mendoza, der eines unglücklichen Zweikampfes wegen aus Kastilien nach Aragon flüchtet, sich dort unter einem falschen Namen aufhält und nur des Nachts ausgeht, so daß beinahe das ganze Stück bei der Nacht oder vielmehr in verschiedenen Nächten spielt. Dort findet er die Schwester seines Hauswirts, verliebt in den Namen des kastilischen D. Diego, so daß er ihren Unterhändler mit sich selbst macht, für sie und an sie Briefe schreibt, sich aber dabei selbst in sie verliebt, indes der Vater eines andern Frauenzimmers, um sie den Bewerbungen des Prinzen von Aragon zu entziehen, seine Tochter brieflich demselben D. Diego de Mendoza zur Heirat anbietet. Auf diese Art er selber und ein anderer, kommt er in tausend Verwicklungen, die zuletzt mit einer Heirat mit der Tochter seines Hauswirts enden. Daß es dabei nicht immer ganz rein mit den Möglichkeiten abgeht, versteht sich von selbst, aber sonst unterhaltend, Schlag auf Schlag, ohne Redeblumen, sogar mit gedachten Anklängen, vortrefflich, eine der besten dieser Komödien.

La morica garrida von D. Juan de Villegas. Dieses Stück kann man wohl vortrefflich nennen. Wenn uns einerseits die katholischen Wunder stören, so tragen sie andererseits auch zur rein menschlichen Vortrefflichkeit bei. Der Hauptheld D. Carlos ist ein besonderer Verehrer des Rosenkranzes der Muttergottes, so daß ihm sogar seine Geliebte Mariana nachsteht. Da er ein verwechseltes Kind und eigentlich der Bruder seiner Geliebten ist, so wird das notwendig, damit sie am Schlusse ihren vermeinten Bruder Muhamed heiraten kann. Carlos kommt sogar in den Verdacht der Feigheit, da, als ihn Muhamed herausfordert, und auf seinen Schild das Bild der Maria vom Rosenkranz hat malen lassen, Carlos, um die Muttergottes nicht zu verletzen, sich rein verteidigend verhält, und vor seinem Gegner sich zurückzieht. Am ausgeführtesten aber ist die Figur der morica garrida. Natürlich hingebend, liebenswürdig und doch mit einem Anflug von maurischer Grausamkeit, da sie von den ehrfurchtsvollen Liebesanträgen eines Mauren Golben belästigt, dem begünstigten D. Carlos einfach rät, er solle ihn umbringen. Im letzten Akte, wo sie sich von Carlos ins Christenlager entführen läßt und sich so ziemlich verwundert, daß er sie im Bette allein gelassen hat, findet sie im Zelt ein Bild der Jungfrau Maria, wird eifersüchtig, und will zu ihren Eltern zurückkehren. Da sie den Grund nicht angibt und sich nicht bedeuten läßt, willigt Carlos endlich ein und da ist denn eine Scene voll so feiner und liebenswürdiger Spielintentionen, daß sie in Romeo und Julie kaum schöner vorkommen. Die derben katholischen Wunder und Gläubigkeiten abgerechnet, ein eigentlich durchdachtes Stück.

Cumplir dos obligaciones von Luis Velez de Guevara. Dasselbe Stück, mit einem passenderen Titel, das schon in einem frühern Bande unter der Benennung La obligacion de las mugeres aufgenommen ist; aber der verschiedene Titel hat den schleuderischen Buchhändler verleitet, es Wort für Wort noch einmal abzudrucken.

La misma concientia acusa von Moreto. Das Stück von vornherein sehr gut. Daß der ungerechte Onkel, der seinem Neffen den Thron von Parma geraubt, und ihn aufs Land verbannt hat, wo dieser sehr zufrieden lebt, jemanden abschickt, um ihn auszuforschen, ob er nicht heimliche Rachegedanken hege, wo er sich dann seiner entledigen will. Als aber Carlos sich als alles Ehrgeizes bar erklärt, hält der Herzog das für Verstellung und beschließt, ihn gefangen zu setzen. Sehr wahr; ebenso, daß das Mißtrauen des Herzogs in Carlos eben die ehrgeizigen Gedanken erweckt. Eben auch vortrefflich die Scene, wo Margarita, die Tochter des Herzogs, nachdem sie nachts in Männerkleidern Carlos aus dem Turme befreit hat, erst außer der Scene, nachdem sie sich bereits aufs Pferd geschwungen, zuruft, daß sie Margarita sei und ihn ihrer Liebe erinnert. Auf diese ganz löbliche Grundlage kommt nun die Vorliebe des Publikums für übertriebene und märchenhafte Vorfälle, und der vernünftige Autor hört wie ein verworrener Marionettenspieler auf.

El monstruo de la fortuna von drei Ingenios. Die Geschichte der Königin Johanna von Neapel, die schon Lope de Vega bearbeitet hat. Ich befinde mich bedeutend unwohl und habe daher das Stück in längeren Zwischenräumen gelesen. Weiß daher wenig davon, nur scheint es mir ziemlich zerworfen und zerfahren zu sein. Der Verfasser des dritten Aktes ist sehr bei Lope de Vega in die Schule gegangen, woran er sehr recht that, besonders der grimmige Scherz, wo die Königin eine Schnur wirkt, und ihr Gemahl sie fragt, wozu? und sie antwortet: um Euch aufzuknüpfen. Was dann wirklich später geschieht.

La fuerza de la ley von Agustin Moreto. Eines der wunderlichsten Stücke. Der König, das Urbild der Gerechtigkeit, zwingt gleich anfangs den Feldherrn Alexander, die Geliebte seines Sohnes zu heiraten, indes er doch in eine andere verliebt ist. Dieser gehorcht. Der Sohn des Königs aber ist nicht so gelehrig und sucht eine Zusammenkunft mit der Frau des andern, bei welcher Gelegenheit letzterer seine Frau zur Herstellung seiner Ehre tötet. Nun hat der Königssohn nach dem Gesetze beide Augen verwirkt. Alle Bitten um Gnade sind vergebens, bis der König, um dem Gesetze genug zu thun, befiehlt, daß man seinem Sohne ein Aug und ihm selber auch eines aussteche. Das wäre nun nicht wunderlicher als gar manches in der spanischen Komödie; das Wunderliche ist, daß jede vorkommende große Handlung oder blumige Tirade unmittelbar von dem Spaßmacher und der Zofe ins Lächerliche gezogen wird, so daß man glauben könnte, Moreto habe eine Parodie aller solcher Extravaganzen schreiben wollen. Das Publikum aber ließ sich wohl den Spaß mit sich selbst gefallen, schnappte aber unmittelbar in den Anteil an der ernsthaft gemeinten Handlung über. Diese Selbstironie kommt bei Moreto öfter vor.


Achter Band

Travesuras son valor ohne Autornamen. Sehr mit Unrecht, denn, die gewöhnlichen spanischen Übertreibungen und Übereilungen abgerechnet, eines der besten oder wenigstens wirksamsten Stücke. Übrigens ist schon der Titel zweifelhaft, denn am Schlusse wird es el exemplo en el castigo genannt, was mit dem tragischen Ausgange besser übereinstimmt. Übrigens ist dieser tragische Ausgang widerlich, da D. Sancho el malo trotz seiner travesuras ein edles Gemüt ist. Ein paar höchst wirksame und richtig empfundene Scenen. Eine, wo der Vater D. Sancho el bueno den Sohn zum Kampfe nötigt und von ihm verwundet wird, wo die Verzweiflung des letztern und die Besorgnis des Vaters um sein Entkommen ein vortreffliches Ereignis bilden. Ebenso eine zweite, wo derselbe Vater aufgefordert wird, ein Todesurteil zu unterschreiben, in dem der Name des Verbrechers ausgelassen ist, und D. Sancho der Vater, durch ein trauriges Vorgefühl verwirrt, seinen Namen, statt unter das Blatt, in eine leere Stelle in der Mitte schreibt, so daß er den Hinzurichtenden mit dem Namen D. Sancho bezeichnet. Wenn nun aber der Sohn wirklich infolge dieses Urteils hingerichtet wird, so ist das eine Grausamkeit gegen den Vater, die durch nichts zu entschuldigen ist. Die Spanier haben schon größere Verbrecher am Schlusse begnadigt und verheiratet. Wahrscheinlich wurde auch eine Variante mit einem glücklichen Ausgange gespielt und daher der Titel: Travesuras son valor.

Reynar por obedecer von drei Ingenios. Ich erinnere mich, schon vor Jahren im Deutschen etwas über dieses Stück gelesen zu haben. Enrique, der durch Gehorchen zur Regierung kommt. Er ist einmal seinem Vater gehorsam, der ihn fortjagt und ihm sogar einen Schlag mit dem Stocke gibt, welchen Stock er mit auf die Reise nimmt, und der in der Folge, aus Mangel eines andern, den Marschallsstab ersetzen muß, als ihn der Herzog von Ferrara zum Anführer seiner Truppen macht. Aus Gehorsam gegen diesen Herzog tritt er auf die Seite seiner Gegnerin, der Herzogin von Parma, über, siegt und wird Herzog von Parma, indes der von Ferrara sich mit Enriquens Schwester vermählt.

Alle diese spanischen Stücke muß man vornehmlich nach den ersten Akten beurteilen, die sehr sorgfältig geschrieben, ja sogar die Charaktere gut gehalten sind, wie hier vortrefflich, in der Folge geht alles drunter und drüber. Letzteres war einmal der Geschmack der Zeit. Die Ungeheuerlichkeiten, die Cervantes aus den Ritterromanen vertrieben hatte, flüchteten sich, obgleich sehr gemildert, in die Schauspiele, und als in der Folge sie der französische Geschmack auch dort verjagt hatte, war es aus mit der spanischen Poesie. Möge es der deutschen nicht ebenso ergehen!

El pastor fido von drei Ingenios. Wir haben keinen Sinn mehr für solche Schäfereien. Man muß die Geduld des damaligen Publikums, aber auch seinen Scharfsinn und seine Aufmerksamkeit bewundern, daß sie sich in allen diesen Orakelsprüchen und Kreuzverwandtschaften zurechtfinden konnten. Daß darin die Etikette der Galanterie genau beobachtet wurde, machte wohl den Hauptreiz aus.

Perderse por no perderse von D. Alvaro Cubillo. Bis in die Hälfte ganz gut, mit großen Schmeicheleien für die königliche Gewalt und offenbar mit persönlicher Beziehung auf Philipp IV. Im zweiten Akte die Vermummungen, wo die einander bekanntesten Personen sich trotz der fremden Stimmen nicht erkennen und die Leute am Thürteppich stehend sich behorchen, was eine oft vorkommende Verwicklung abgibt. Der dritte Akt völlig leer und langweilig, höchstens durch einige Prahlereien über Spanien gewürzt.

Del cielo viene el buen Rey von D. Rodrigo de Herrera. Ein böser König von Sizilien, zu dessen Besserung, während er im Bade ist, ein Engel seine Gestalt, nämlich seine Kleider, annimmt, während der König, um nicht nackt zu sein, eine Bauernjacke anzieht. Jedermann nimmt den Engel für den König und ist hocherfreut über seine vortreffliche Regierung. Der König, den jedermann für einen verrückten Bauer hält, kommt endlich ins Schloß, betrachtet sich in einem Spiegel und findet sich selbst unkenntlich. Er begehrt, daß der Spiegel ihm auch seinen Gegner zeigen soll (die schwache Seite der Situation), und der Engel mit Scepter und Krone stellt sich leise hinter ihn, so daß er ihn im Spiegel sieht und ihn herausfordert, was durch ein Kopfnicken angenommen wird. Sie kämpfen zum Schluß in den Schranken. Der König wird besiegt, bekennt seine Schuld, verspricht, sich zu bessern, und wird wieder in seine Gestalt und Würde eingesetzt. Das Ganze gut gehalten, nur überläßt sich der Verfasser zu sehr dem Bestreben, Bilder und Blumen anzubringen, wo sie am wenigsten hingehören, die Hauptsünde der damaligen Spanier.

El Marques de las Nabas von Doktor Mira de la Mescua. Ein so hübsches Stück als nur irgend eines. Gewöhnliche Liebesbegebenheiten, aber der Dialog so vortrefflich, ohne überflüssige Redeblumen, ein so angenehmes Geschwätz, daß man seine Freude daran hat. Der Marques selber ein Zwillingsbruder des Antonio im Kaufmann von Venedig. Er unterstützt die Abenteuer seiner Freunde und ist selbst leidenschaftslos. Im dritten Akt aber bricht der Unsinn herein wie ein gewappneter Mann. Der Marques hat, indem er seinen Freunden die Straße freihielt, einen halb dummen und halb schlechten Kerl im Gefecht getötet. Der erscheint ihm nun auf einmal als Geist und begehrt von ihm, daß er statt seiner mehrere Verbindlichkeiten erfülle, die er im Leben versäumt. Ja, als der Marques nicht gleich ans Werk geht, erscheint er ihm sogar ein zweites Mal, bei welcher Gelegenheit der Geist die Lichter auf dem Tische auslöscht, so daß der Gracioso im Herumtappen sogar einmal ausruft: er habe jetzt in ein eiskaltes Gesicht gegriffen. Zuletzt erfüllt der Marques mit Aufopferung mehrerer tausend Dukaten die Forderungen des Geistes, ja sogar die von dem Verstorbenen verlassene Geliebte bekommt einen Mann. Die übrigen Liebespaare bleiben in der Schwebe. Man glaubt, daß der Verfasser auf einmal wahnsinnig geworden sei. Die Schlußverse endlich erklären das Rätsel: der Dichter und das Publikum hielten die Geschichte für eine wahre Begebenheit. Das macht das Stück nicht besser, erklärt aber den beiderseitigen Anteil. Übrigens dürfte das Stück wohl auch verstümmelt sein, da wesentliche Umstände kaum berührt werden, was von einem so guten Dichter, als Mira de Mescua ist, kaum vorauszusetzen ist.


Neunter Band

El mejor amigo el muerto von drei Ingenios. Mag den damaligen Spaniern sehr gefallen haben. Hier tritt auch ein Toter auf, der der Schutzgeist des D. Juan ist, der ihn zu Anfang des Stückes auf eigene Kosten hat begraben lassen. Daß er ihn einmal aus dem Kerker befreit, mag hingehn, aber zuletzt bringt er gar eine Schwadron auf, die dem irländischen Feind der Königin von England den Sieg entreißt und macht, daß D. Juan sich mit dieser Königin vermählen kann. Der schlechteste Akt der dritte, der von Calderon ist.

Las Amazonas ohne Autornamen, vielleicht gar von Philipp IV., der ja auch für das Theater geschrieben haben soll. Wenn ein Stück die Amazonen heißt, so weiß man den Inhalt voraus. Sie wollen von vornherein alle Männer umbringen und verlieben sich hernach. Das geschieht denn auch treulich. Das Ganze mag hingehen, nur die Eifersuchtscenen mit ausgelöschten Lichtern und Verkennung der Personen sind abgeschmackt. Die Personen sind Nebelbilder, nur die zweitoberste der Amazonen hat zu Anfang einen Anflug von Charakteristik.

Vida y muerte de San Lázaro von Mira de la Mescua. Mochte dem damaligen Publikum einen eben so frommen, nur bedeutend unterhaltenderen Eindruck machen als eine Predigt gegen den Geiz und zur Anpreisung der Wohlthätigkeit. Weiß und schwarz ziemlich derb nebeneinander gestellt, demungeachtet der geizige Nebal nicht ohne Wirklichkeitszüge, Abigail das Muster einer Frau, Gattin und Tochter nach damaligen Begriffen und selbst nicht ohne Grazie. Lazaro der tadellose Mensch und Christ. Daß den Nebal zuletzt der Teufel holt und Lazarus in den Himmel erhöht wird, versteht sich von selbst.

La victoria del amor von D. Manuel Morchon. Knüpft von so vielen Punkten an und verwirrt und überstürzt sich so in der Entwicklung, daß davon nicht viel zu sagen ist.

La adultera penitente von drei Ingenios. Die beiden ersten Akte haben viel Gutes, nur wird der Teufel persönlich zu Dingen bemüht, die sich ohne ihn von selbst gemacht hatten. Aber freilich mußte die Ehebrecherin zuletzt eine Heilige und daher vom Teufel selbst versucht werden. Der dritte Akt, obwohl von dem sonst tüchtigen Matos, doch ganz verworren und abgeschmackt.

Gravedad en Villaverde von Juan Perez de Montalvan. Das Stück sehr gut, die Entwicklung etwas kunstlos, aber ganz in spanischem Geschmack, sowie daß das Landmädchen, sobald sie hört, vornehmer Abkunft zu sein, augenblicklich ihren Liebhaber aufgibt, der sich als Bauer verkleidet hat, sowie die Neigung ihr Recht erhält, als er ihr ebenbürtig sich gegenüberstellt.

El valiente justiciero von Moreto. Ein in jeder Hinsicht mangelhaftes Stück, der weitere Verfolg aber über Gebühr ausgedehnt und die etwas brutale Gerechtigkeitsliebe des Königs Don Pedro so sehr mit seiner sonstigen Grausamkeit und mit den Vorzeichen seines künftigen Todes durch die Hand seines eigenen Bruders zusammengemischt, daß kein ganzer Eindruck entsteht und wenn es auch, wie fast der Schluß darauf hindeutet, nur der erste Teil eines biographischen Doppeldramas sein sollte, so wird durch die Folge das gegenwärtige Stück nicht besser, da es als Episode denn doch zu sehr auf sich bestehend wäre.

El Job de las mugeres von Don Juan de Matos. Sonst sparen die Spanier den Unsinn für die spätern Akte auf, hier fängt er aber schon im ersten an. In der Folge bessert sich das Stück, denn wenn es auch ein Unsinn ist, daß die Königin, der in Abwesenheit ihres Gemahles die Regierung anvertraut ist, die ganzen Reichseinkünfte an die Armen verteilt, weshalb sie auch der Regierung entsetzt wird, so ist das in katholisch-kirchlichem Sinne kein Unsinn, sondern ein Verdienst. Eine Intrigue ganz gut: daß der Schurke und Kronprätendent einem der Großen glauben macht, daß die Königin einen Liebhaber des Nachts in ihrem Zimmer empfängt und dieser um sich zu überzeugen sich daselbst verbirgt, jener den andern Großen dieselbe Lüge sagt, und nun der Erstgekommene als der versteckte Liebhaber überfallen und beinahe getötet wird. Er entkommt aber, bringt ein Heer auf, dem sich auch der inzwischen rückgekehrte König anschließt und in dem, was ganz hübsch ist, auch die von der Königin so hochgehaltenen Bettler mit ihren Krücken und Stäben mitfechten, und so wird der Tyrann besiegt, die Königin, die als weiblicher Job schon auf dem Misthaufen lag, sieht sich vom Aussatz wunderthätig geheilt und tritt in ihre Ehren ein. Sie ist nämlich die heilige Elisabeth von Ungarn .....

El Rey Enrique el enfermo von sechs Ingenios. Eines der wunderlichsten Stücke; man merkt wohl, daß viele die Hand im Teige gehabt haben. Der König Enrique, fast das Muster eines Monarchen, verliebt sich, obgleich verheiratet, in die Frau des Marques von Villena und macht diesen, damit er sich von seiner Frau scheiden lassen muß, zum Großmeister von Calatrava. Der Marques – eine Art Negromant, da er entfernte, ja künftige Dinge im Spiegel sieht und zeigt – nimmt die Stelle, man weiß nicht recht, ob aus Gehorsam oder Ehrgeiz, an, erklärt sich sogar für impotent und trennt seine Ehe. Die Frau ergießt sich in ungeheuer lange, höchst gesteigerte Verwünschungen, die sich zuletzt aber doch in Liebesbesorgnisse umsetzen, dem Gedanken nach schön und wahr, im Ausdruck aber so gesteigert und grell, daß sie etwas Gemachtes bekommen. Zuletzt beschließt der König, die Macht seiner Großen zu brechen. Es verbreitet sich die Nachricht von seinem herannahenden Tode, und nun, man weiß nicht, ob als letzte Handlung seines Lebens, oder war die Nachricht seiner Lebensgefahr falsch – nun nimmt er den Großen den Überfluß, den sie sich von seinen Vorfahren ertrotzt, zurück, erlaubt aber auch dem Marques, seine Großmeisterstelle zurückzulegen und sich mit seiner Frau wieder zu verbinden.

 


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