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Siebentes Kapitel.
Auf der Admiralität und bei Lloyds.

Sir Charles Collingham wohnte weit draußen in Kensington in einem neuen roten Hause auf Campden Hill. Da mein Wagen vor der Thür bereit stand, gelangte ich in weniger als einer halben Stunde hin, und da es noch nicht zehn Uhr war, durfte ich hoffen, ihn noch zu Hause zu treffen.

Als ich ankam, war er aber bereits auf seinem Fahrrad ausgefahren, kehrte jedoch glücklicherweise gerade zurück, als ich nach ihm fragte.

»Kommen Sie, um etwas Neues zu hören, oder bringen Sie Nachrichten, Miß Fairholme? Wenn das erste der Grund Ihres Besuches ist, so kann ich Ihnen leider nicht dienen, wenn das zweite – und, bei Gott, nach dem Ausdruck Ihres lieben Gesichtchens glaube ich, Sie haben mir etwas mitzuteilen. Habe ich recht? Ha!« Mit der Gewandtheit eines jungen Mannes sprang er von seinem Rade und führte mich ins Haus.

»Ein ganz wunderbarer Geselle, dieser Amerikaner,« fuhr er in seiner abgerissenen, lebhaften Sprechweise fort, als ich meinen Bericht beendet hatte. »Es wird uns wohl nichts andres übrig bleiben, als ihm zu glauben, he? Also thatsächlich eingebrochen ist er? Na, jedenfalls ist er weiter gekommen, als wir, denn ich bin eben in Clarges Street gewesen und habe mich erkundigt, ob Freund Wood aufgetaucht sei, aber natürlich ohne Erfolg.«

»Aber, Sir Charles, wie wäre denn das auch möglich?« antwortete ich rasch. »Und wie können wir hier schwatzen und die Zeit vergeuden? Er ist entschieden entführt worden, und es ist doch bestimmt unsre Pflicht, dieser Spur zu folgen, ohne einen Augenblick zu verlieren. Er muß unbedingt befreit und gerettet werden.«

»Und die Papiere? Sie werden die Papiere wohl mitgenommen haben. Beim Himmel, Sie haben recht! Aber wie, wie in aller Welt, können wir die Jacht überholen? Wie das zu machen ist, möchte ich wissen.«

»Natürlich indem wir sie mit einem andern Schiffe verfolgen. Ich will alles bezahlen, aber, bitte, lassen Sie uns keine Zeit mehr verlieren. Könnten wir nicht ein Kriegsschiff bekommen?«

»Wahrhaftig, da haben Sie recht. Falls wir uns einen schnellen Kreuzer verschafften, wäre es vielleicht zu leisten. Hoffentlich gelingt es mir, die Herren auf der Admiralität zu überreden, wenn ich ihnen vorstelle, daß es eine Angelegenheit von der größten politischen Wichtigkeit ist, diese Papiere wiederzuerlangen.«

Hierauf fuhren wir auf dem kürzesten Wege nach der Admiralität in Whitehall, wo der General ohne Verzug vorgelassen wurde. Bald wurden wir einem Kapitän Pulteney vorgestellt, der, wie wir erfuhren, Sekretär des ersten Lords und wahrscheinlich ein sehr liebenswürdiger Mann war, gegen den ich jedoch alsbald eine tiefe Abneigung empfand, denn er begann sogleich Schwierigkeiten zu machen, wobei er, wie es mir vorkam, einen höhnischen und überlegenen Ton annahm.

»Was könnten wir denn abschicken? Wir haben ja nicht ein einziges Schiff,« sagte er, andre Anwesende anredend, als ob er andeuten wolle, daß die ganze britische Flotte aufgehört habe, zu bestehen. »Und außerdem, wenn ich wirklich ein Kanonenboot oder einen Aviso zur Verfügung hätte, welchen Kurs sollte ich ihm denn anweisen? Was soll es suchen? Die ganze Geschichte hat weder Hand noch Fuß, und ich bin unbedingt dagegen.«

»Dann will ich mich an Sir George selbst wenden,« antwortete mein lieber General kalt. »Wir können diesen Punkt besser mit ihm besprechen,« und wieder mußten wir eine Wanderung antreten, wobei uns Kapitän Pulteney brummend und mürrisch folgte.

Allein Sir George Fitz Hugh stellte sich auf Kapitän Pulteneys Seite. Die vorliegenden Nachrichten seien zu dürftig, und es sei nichts Bestimmtes bekannt, weder in Hinsicht auf die Papiere, noch auf Kapitän Wood.

»Sehen Sie, Sir Charles, Sie haben ja gar keinen Anhalt wegen dieser Papiere. Sind sie gestohlen oder unterschlagen worden, oder wie sollen wir es nennen? Wer weiß denn etwas Bestimmtes darüber oder über irgend einen andern Punkt? Ihnen ist weiter nichts bekannt, als daß sie verschwunden sind, gerade so wie Kapitän Wood verschwunden ist. Daß dieselben Leute sich beider bemächtigt haben, ist doch nur eine Vermutung, aber wie können wir das wissen? Sie nehmen zu viel als selbstverständlich an, mein lieber General. Wenn wir auch den Fall setzen wollen, daß sie gestohlen worden sind, woher wissen wir, daß sie sich jetzt an Bord dieser Jacht befinden? Die ganze Geschichte ist weiter nichts, als eine Reihe von Vermutungen. Daß ich daraufhin die Verantwortung für eine solche Anordnung übernehmen soll, können Sie nicht verlangen. Das müssen wir dem ersten Lord überlassen.«

»Wann erwarten Sie denn den?« fragte ich ungeduldig. Diese Schwierigkeiten und Verzögerungen verdarben mir die Laune, und ich sah, daß auch Sir Charles einem Zornausbruch gefährlich nahe war. Nur dadurch, daß er hartnäckig schwieg, vermochte er, sich zu beherrschen.

»Er ist stets nachmittags hier, wo er auf dem Wege nach dem Oberhause auf dem Bureau vorspricht. Wenn Sie es wünschen, können Sie ihn dann sehen,« sagte der Unterstaatssekretär des Marineamtes.

»Heute nachmittag! Also wahrscheinlich noch gute vier Stunden von jetzt an. Abgeschmackt!« rief ich hitzig. »Wo jeder Augenblick kostbar ist! Diese Seeräuberjacht hat jetzt schon einen Vorsprung von vierundzwanzig Stunden. Kommen Sie, Sir Charles, wir wollen anderswo hingehen. Es gibt auch noch andre Schiffe als Kriegsschiffe – Dampfer, Jachten sind zu Dutzenden zu mieten. Warum zögern Sie denn? Will mir denn gar niemand helfen?«

Vielleicht lag in meinem Tone einige Wärme, denn als Sir Charles und ich gingen, hörte ich in meiner Nähe eine Stimme, die sagte: »Donnerwetter, ist das eine kleine Furie!«

Von Whitehall fuhren wir über den »Strand« nach der City, und der General führte mich nach Lloyds. Er kenne den Sekretär, sagte er, und er sei überhaupt mit der Art, wie dort die Geschäfte behandelt würden, vertraut, mit der wunderbaren Organisation und der großartigen Einrichtung, worüber sie verfügten und die sie in stand setzten, beinahe von Stunde zu Stunde Nachrichten über alle Schiffe zu erhalten.

Allein der Sekretär, ein ernster Herr mit einem schlauen Zwinkern in den Augen, schüttelte sehr zweifelhaft den Kopf, als er die ganze Geschichte gehört hatte.

»Wir werden wohl schwerlich im stande sein, diese Jacht zu ermitteln – wenigstens dürfte es einige Zeit in Anspruch nehmen – wenn sie die Absicht hat, sich versteckt zu halten. Natürlich können wir ihre Spur auf dem Flusse bis Southend auf der einen und North Foreland auf der andern Seite verfolgen. Wenn sie aber von da an einen geraden östlichen Kurs einschlägt, so geht ihre Spur in der Nordsee verloren.«

Nach diesen Worten schlug er eine auf dem Tische stehende Glocke an und erteilte dem darauf eintretenden Beamten einige Anweisungen.

»Setzen Sie sich mit den Signalstationen an der Themse stromabwärts in Verbindung, ebenso mit denen an der östlichen und südöstlichen Küste und fragen Sie, ob eine dieser Beschreibung entsprechende Jacht – es ist die ›Fleur de Lis‹ – gesehen worden ist. Sie ist bei uns eingetragen, und Sie können das Nähere aus unsern Büchern feststellen. Fragen Sie, ob sie gesehen oder angesprochen worden ist, und wenn das bejaht wird, welchen Kurs sie steuert. Das erfordert nicht länger als eine halbe Stunde. Inzwischen können Sie sich auch erkundigen, welche Dampfer zu einer Verfolgung zur Verfügung stehen. – Das ist doch Ihre Absicht, nicht wahr?« fragte er uns, worauf er, nachdem wir seine Frage zustimmend beantwortet hatten, mittels eines auf seinem Pulte mündenden Sprachrohres einen zweiten Untergebenen herbeirief.

»Verspricht das Erfolg?« fragte Sir Charles zweifelhaft.

»Warum nicht? Natürlich müssen Sie Polizeimannschaften mitnehmen, denn es ist nicht nur notwendig, die Jacht zu überholen, sondern Sie müssen den Entführern auch Schrecken einflößen – immer vorausgesetzt, daß Sie die ›Fleur de Lis‹ einholen und sie zweifellos erkennen, was beides nicht sehr wahrscheinlich ist.«

»Das habe ich dieser jungen Dame auch vorgestellt. Wir müssen erst die Jacht fangen und uns zunächst über jeden Zweifel hinaus überzeugen, daß es die ›Fleur de Lis‹ ist, bevor wir einen Schritt weitergehen.«

»Sehr richtig. – Aha, Trevor,« sagte er zu dem andern Beamten, der jetzt eintrat, »lassen Sie mich so rasch als möglich wissen, welche Dampfer zu einem besondern Auftrag gemietet werden können. Größe gleichgültig, aber er muß mindestens fünfzehn bis sechzehn Knoten laufen und heute nachmittag seeklar sein. Mietpreis monatlich oder wöchentlich, alles einbegriffen – Bemannung, Kohlen und Kapitän an Bord. Vor allen Dingen schnell. Haben Sie mich verstanden? – Wer wird an der Fahrt teilnehmen? Sie müssen, wie gesagt, einige Polizeimannschaften an Bord haben, für den Fall, daß eine Verhaftung vorzunehmen ist. Wollen Sie dafür sorgen, Sir Charles?«

»Ich möchte gern mitfahren,« sagte ich jetzt.

»Aber liebes Kind,« wandte Sir Charles ein, »das ist der reine Wahnsinn. Zunächst halte ich es für sehr unwahrscheinlich, daß unser Dampfer die Jacht einholt, aber falls er das doch thut, so gibt es sicher Unannehmlichkeiten, wenn es nicht gar zum Kampfe kommt. Nachdem diese Spitzbuben einmal so weit gegangen sind, werden sie ihre Beute nicht so leicht herausgeben. Sie können unmöglich mitgehen, Miß Fairholme.«

»Unthätig zu bleiben, kann ich nicht ertragen; ich muß etwas thun,« entgegnete ich.

»An Bord eines Dampfers würden Sie auch unthätig sein,« sagte der Sekretär. »Hin und her segeln, wahrscheinlich bei recht schlechtem Wetter, und dabei nicht zu wissen, was zu Hause vorgeht, würde Ihre Geduld auch auf eine schwere Probe stellen. Ich bin der Ansicht, daß es für Sie verständiger wäre, einen andern Ausweg für Ihre Thatkraft zu suchen.«

In diesem Augenblick trat der erste Beamte mit einem Blatt Papier in der Hand wieder ein.

»Eine kleine Dampfjacht ohne Flagge,« las er laut, »ist gestern abend gegen acht Uhr an North Foreland vorbeigekommen, und ein Dampfer – ohne Zweifel derselbe – ist heute morgen um fünf Uhr von Beachy Head aus gesichtet worden. Sein Kurs war anscheinend W.S.W. zu W. Seitdem ist nichts von ihm gesehen worden. Start Point und Lizard sind angewiesen, besonders auf die Jacht zu achten und zu berichten.«

»Wie mir scheint, sucht sie den Atlantischen Ozean zu erreichen,« meinte der Sekretär, »das ist wenigstens eine naheliegende Vermutung. Wenn sie aber erst einmal im offenen Meere ist, wer kann dann sagen, was aus ihr wird?«

»Könnte man ihr nicht von Plymouth oder Falmouth aus zuvorkommen?« wandte ich ein. »Wie berechnen Sie ihre Geschwindigkeit nach der Strecke, die sie bis jetzt zurückgelegt hat?«

»Ihr Vorschlag ist nicht übel, Miß Fairholme. Ich sollte denken, daß sich die Jacht bald nach Mitternacht auf der Höhe von Start und in den frühen Morgenstunden auf der von Plymouth befinden müßte. Ich könnte an unsern Agenten telegraphieren und ihn beauftragen, einen Schleppdampfer hinauszuschicken, und Sir Charles müßte die Güte haben, für Polizeimannschaften mit einem Befehl zum Anhalten und zur Durchsuchung der ›Fleur de Lis‹ zu sorgen.«

»Das will ich übernehmen und außerdem auch noch einen von meinen Offizieren mitschicken. Ich habe besondere dienstliche Gründe, diese Jacht aufbringen und durchsuchen zu lassen. Im ganzen glaube ich, daß dies der Weg ist, der den sichersten und raschesten Erfolg verspricht. Von hier oder irgend einem andern Hafen aus könnten wir einen Dampfer kaum in weniger als vierundzwanzig Stunden zum Auslaufen bringen, und das wäre ein bedenklicher Zeitverlust.«

»Kann ich auf dem Schleppdampfer mitfahren?« fragte ich, denn ich hatte meine Absicht noch keineswegs aufgegeben.

»Ganz unmöglich,« erwiderte der Sekretär. »Auf diesen Booten gibt es keine geeigneten Unterkunftsräume, und Sie würden die Nacht ohne jeden Komfort auf dem offenen Deck verbringen müssen.«

»Das würde mich nicht abschrecken, aber irgend jemand, der Mr. Wood und alle andern Verhältnisse kennt, muß den Schlepper begleiten.«

»Mein Offizier, Swete Thornhill, kennt ihn doch, nicht wahr?«

»Ja, aber die andern Leute und die Bedeutung der Sache kennt er nicht.«

»Dann schicken Sie den Yankee mit. Der wird den Verhältnissen gewachsen sein. Vermögen Sie, den aufzufinden?«

»Sehr leicht. Er ist ans Telephon angeschlossen, und auch seine Adresse ist mir bekannt.«

Nachdem wir in Hinsicht auf die Kosten unbeschränkte Vollmacht erteilt hatten, verließen wir Lloyds und nahmen die Zusicherung mit auf den Weg, daß das Menschenmögliche gethan werden solle.

Als ich später Mr. Snuyzer telephonisch anrief und ihm mitteilte, was ich gethan hatte, drückte er seine Billigung aus.

»Eine zweite Nacht außerhalb des Bettes ist zwar keine sehr verlockende Aussicht für mich,« meinte er brummend, »aber es geschieht ja um einer guten Sache willen. In Ihrem Plane liegt Sinn und Verstand, und es ist gar nicht unmöglich, daß er gelingt. Die einfache Verfolgung war ein thörichter Gedanke. Sie würden die Jacht im Leben nicht eingeholt haben. Außerdem kann ich Sonnabend wieder in London sein, und das ist von der größten Wichtigkeit.«

»So?« fragte ich gleichgültig.

»Ganz entschieden. Sonntag fahre ich mit dem Dampfer ›Chattahoochee‹ der Great River-Linie nach New York.«

»Was? Warum denn? Was ist der Grund … Haben Sie etwas ermittelt?«

»Hier ist das vorläufige Verzeichnis der Reisenden der ›Chattahoochee‹. Sehen Sie sich die Namen einmal an. – Haben Sie's? Herzog und Herzogin von Buona Mano.«

»Sie sind wirklich ein ganz wunderbarer Mensch, Mr. Snuyzer,« antwortete ich und reichte ihm, von der größten Bewunderung hingerissen, die Hand.

»Aber das ist noch nicht alles. Haben Sie das Verzeichnis bis zu Ende gelesen? – Nun?«

Meine Blicke trübten sich, mein Kopf schien sich zu drehen, ich fühlte mich schwindelig und schwach, denn dort am Ende des Verzeichnisses stand der Name: Kapitän William Wood.«

»Sehen Sie, Miß, ich hatte recht. Ich lese in ihren Karten, als ob sie offen vor mir auf dem Tische lägen. Der Richtige wird gewaltsam zurückgehalten, der Falsche wird mit tadellosen Ausweispapieren ausgerüstet nach New York gebracht, um sich mit einem Schlage alles anzueignen, was er ergattern kann. Es ist die höchste Zeit, daß jemand hinübergeht. Vielleicht wird es Mr. Wood selbst sein. Falls es mir gelingt, ihn aus dem Kahn herauszubringen, so wäre es freilich am besten, wenn er selbst über die Pfütze führe und seine Interessen wahrnähme; das wäre bei weitem das Beste, aber irgend jemand muß unter allen Umständen gehen.«

»Mr. Snuyzer,« sagte ich, einem plötzlichen, unwiderstehlichen Triebe gehorchend, »wenn Sie Freitag abend nicht wieder hier sind, werde ich nach New York fahren.« –

Sowie wir uns zum Gabelfrühstück an Tisch gesetzt hatten, teilte ich meiner Mutter diesen Entschluß mit.

»Ich reise Sonntag nach New York,« sagte ich ganz gelassen.

Zuerst schienen die Worte keine Bedeutung für meine Mutter zu haben, und ich mußte sie mehr als einmal wiederholen, bis ihr deren Sinn klar wurde.

»Allein kann ich natürlich nicht reisen,« fuhr ich in derselben nüchternen Weise fort, »das heißt, ich würde das sehr ungern thun; du mußt mich also begleiten. – Liebes Mütterchen,« bat ich, »sei einmal nicht ungemütlich. Es ist eine Sache von der größten Wichtigkeit; ich muß unbedingt gehen – ich kann nicht anders.«

»Natürlich hängt es mit dem unleidlichen Kapitän Wood zusammen? Lieber Himmel, wenn wir doch nie etwas mit ihm zu thun gehabt und uns ihm gegenüber nicht so rasch gebunden hätten. Ich weiß nicht, was ich von ihm denken soll, oder ob man ihm trauen kann. Wenn er dich nun hinterginge, oder jetzt durchgebrannt wäre?«

»Mutter, etwas Derartiges darfst du nicht einmal andeuten. Ich habe unbegrenztes Vertrauen zu ihm, wie er das gewiß auch zu mir hat. Um seinetwillen mache ich diese Reise, und, verzeih' mir, Mutter, du magst thun oder sagen, was du willst, ich werde mich dadurch nicht abhalten lassen, zu gehen.«

Darauf konnte sie weiter nichts erwidern, und ich benutzte die Gelegenheit, das Eisen zu schmieden, solange es heiß war, indem ich noch an demselben Nachmittag unsre Plätze bestellte und die vorgeschriebene Anzahlung machte. Auch Mr. Snuyzers Name stand in dem Verzeichnis der Reisenden, und das war mir eine Beruhigung, denn ich entnahm daraus, daß er am vollständigen Erfolge seiner nächsten Maßnahmen nicht zweifelte. Wenn er die Jacht abfing und Willie befreite, brauchten Mutter und ich nicht zu reisen, und ich hätte in diesem Falle die Anzahlung gern geopfert. Was Willie thun würde, konnte ich natürlich nicht vorauswissen.

Allein die Zeit verflog, es wurde Freitag, dann Sonnabend, ohne daß ich die geringste Nachricht erhielt. Wie ich diese Tage Überstand, vermag ich jetzt kaum noch zu sagen. Mutter sah, daß ich unglücklich war, und sie versuchte, die liebe Mutter, in dem Glauben, daß mir unsre übereilte Abreise Sorgen bereite, mich zu deren Aufgabe zu überreden.

Aber mein Entschluß wurde nur um so fester. Der Tag verging, ich hoffte aller Hoffnungslosigkeit zum Trotze, doch in den innersten, geheimsten Falten meines Herzens stieg eine furchtbare Angst auf, die mich fast wahnsinnig machte, allein ich kämpfte mutig dagegen an. Wenn ich ihr nur im geringsten nachgab, so würde ich, dessen war ich mir wohl bewußt, vollständig zusammenbrechen.


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