Christian Dietrich Grabbe
Hannibal
Christian Dietrich Grabbe

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Die Ebene zwischen beiden Heeren

Hannibal (mit zwei Hauptleuten). Er kommt also – Das währt lange. – Nun, muß ich auch noch das Warten lernen? – Ha!

(Scipio der Jüngere tritt auf mit zwei Hauptleuten; Hannibal winkt die seinigen in einige Entfernung zurück, Scipio die seinen ebenso. Beide Feldherrn treten einander gegenüber und sehen sich lange stumm an.)

Hannibal. – – Scipio, ich muß wohl der erste sein, welcher in dieser Stunde redet, denn ich bin der ältere.

Scipio der Jüngere. Du bist es.

Hannibal. Wozu längerer Kampf zwischen Rom und Karthago? Haben die endlosen Kriege nicht beiden einsehen lernen, daß sie am glücklichsten sind, wenn Rom sich auf Italien, Karthago sich auf Afrika beschränkt?

Scipio der Jüngere. Dachtest Du so, als Du Spanien erobertest und die Alpen überschrittest?

Hannibal. Nein. Aber gerade meine Feldzüge lehrten mich seitdem, daß wir so denken sollten. – Du, jugendlicher Feldherr, stehst auf der Höhe Deines Ruhms, alles was Du bisher unternahmst, ist Dir geglückt – Doch bedenke, wie leicht wechselt die latinische Fortuna, wie schnell kann sich alles wenden in diesen zentnerschweren Augenblicken, die über unsre Häupter heraufziehn! – Siehe mich: den Hannibal, der Dein Land mit euren Niederlagen füllte, jetzt –

Scipio der Jüngere. Sehr ungelegen erinnerst Du mich daran, denn ich stehe hier, sie zu vergelten.

Hannibal. – Der Weise wählt das beste Gut und das geringste Übel, muß er einmal unter beiden wählen. Siegst Du heut, macht es Dich glücklicher? Du hast Lorbeers genug. Verlierst Du heut, ist all Dein erworbener Ruhm dahin.

Scipio der Jüngere. Was bietet Karthago?

Hannibal. Alle Besitzungen außer Afrika, volle Genugtuung den Fürsten der Numidier, die mit euch verbunden sind.

Scipio der Jüngere. Und nicht sich selbst und Dich unserer Gnade?

Hannibal. Römische Gnade! – Nein, eher wollen wir es mit eurer Ungnade zum letzten Mal versuchen!

Scipio der Jüngere (wendet sich zum Abgehn, kalt). Dann erwarte mit Deinen dünnen Haufen das Schicksal der Schlacht. Du, hättest Du mein überlegnes Heer, handeltest nicht anders, ständest Du an meiner Stelle.

(Mit seinen beiden Hauptleuten ab.)

Hannibal. Es erwarten? Nein, ich ruf es, es war mir oft eine helfende Göttin! (Gegen sein Heer.) Schlacht!

(Ab. Die Schlacht beginnt.)


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