Johann Wolfgang Goethe
Wilhelm Meisters Wanderjahre
Johann Wolfgang Goethe

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Neuntes Kapitel

Der höchst bedeutende Tag war angebrochen, heute sollten die ersten Schritte zur allgemeinen Fortwanderung eingeleitet werden, heut sollte sich's entscheiden, wer denn wirklich in die Welt hinaus gehen, oder wer lieber diesseits, auf dem zusammenhangenden Boden der alten Erde, verweilen und sein Glück versuchen wolle.

Ein munteres Lied erscholl in allen Straßen des heitern Fleckens; Massen taten sich zusammen, die einzelnen Glieder eines jeden Handwerks schlossen sich aneinander an, und so zogen sie, unter einstimmigem Gesang, nach einer durch das Los entschiedenen Ordnung in den Saal.

Die Vorgesetzten, wie wir Lenardo, Friedrichen und den Amtmann bezeichnen wollen, waren eben im Begriff, ihnen zu folgen und den gebührenden Platz einzunehmen, als ein Mann von einnehmendem Wesen zu ihnen trat und sich die Erlaubnis ausbat, an der Versammlung teilnehmen zu können. Ihm wäre nichts abzuschlagen gewesen, so gesittet, zuvorkommend und freundlich war sein Betragen, wodurch eine imposante Gestalt, welche sowohl nach der Armee als dem Hofe und dem geselligen Leben hindeutete, sich höchst anmutig erwies. Er trat mit den übrigen hinein, man überließ ihm einen Ehrenplatz; alle hatten sich gesetzt, Lenardo blieb stehen und fing folgendermaßen zu reden an:

»Betrachten wir, meine Freunde, des festen Landes bewohnteste Provinzen und Reiche, so finden wir überall, wo sich nutzbarer Boden hervortut, denselben bebaut, bepflanzt, geregelt, verschönt und in gleichem Verhältnis gewünscht, in Besitz genommen, befestigt und verteidigt. Da überzeugen wir uns denn von dem hohen Wert des Grundbesitzes und sind genötigt, ihn als das Erste, das Beste anzusehen, was dem Menschen werden könne. Finden wir nun, bei näherer Ansicht, Eltern- und Kinderliebe, innige Verbindung der Flur- und Stadtgenossen, somit auch das allgemeine patriotische Gefühl unmittelbar auf den Boden gegründet, dann erscheint uns jenes Ergreifen und Behaupten des Raums, im großen und kleinen, immer bedeutender und ehrwürdiger. Ja, so hat es die Natur gewollt! Ein Mensch, auf der Scholle geboren, wird ihr durch Gewohnheit angehörig, beide verwachsen miteinander, und sogleich knüpfen sich die schönsten Bande. Wer möchte denn wohl die Grundfeste alles Daseins widerwärtig berühren, Wert und Würde so schöner, einziger Himmelsgabe verkennen?

Und doch darf man sagen: Wenn das, was der Mensch besitzt, von großem Wert ist, so muß man demjenigen, was er tut und leistet, noch einen größern zuschreiben. Wir mögen daher bei völligem Überschauen den Grundbesitz als einen kleineren Teil der uns verliehenen Güter betrachten. Die meisten und höchsten derselben bestehen aber eigentlich im Beweglichen und in demjenigen, was durchs bewegte Leben gewonnen wird.

Hiernach uns umzusehen, werden wir Jüngeren besonders genötigt; denn hätten wir auch die Lust, zu bleiben und zu verharren, von unsern Vätern geerbt, so finden wir uns doch tausendfältig aufgefordert, die Augen vor weiterer Aus- und Umsicht keineswegs zu verschließen. Eilen wir deshalb schnell ans Meeresufer und überzeugen uns mit einem Blick, welch unermeßliche Räume der Tätigkeit offenstehen, und bekennen wir schon bei dem bloßen Gedanken uns ganz anders aufgeregt.

Doch in solche grenzenlose Weiten wollen wir uns nicht verlieren, sondern unsere Aufmerksamkeit dem zusammenhängenden, weiten, breiten Boden so mancher Länder und Reiche zuwenden. Dort sehen wir große Strecken des Landes von Nomaden durchzogen, deren Städte beweglich, deren lebendignährender Herdenbesitz überall hinzuleiten ist. Wir sehen sie inmitten der Wüste, auf großen grünen Weideplätzen, wie in erwünschten Häfen vor Anker liegen. Solche Bewegung, solches Wandern wird ihnen zur Gewohnheit, zum Bedürfnis; endlich betrachten sie die Oberfläche der Welt, als wäre sie nicht durch Berge gedämmt, nicht von Flüssen durchzogen. Haben wir doch den Nordosten gesehen sich gegen Südwesten bewegen, ein Volk das andere vor sich hertreiben, Herrschaft und Grundbesitz durchaus verändert.

Von übervölkerten Gegenden her wird sich ebendasselbe in dem großen Weltlauf noch mehrmals ereignen. Was wir von Fremden zu erwarten haben, wäre schwer zu sagen; wundersam aber ist es, daß durch eigene Übervölkerung wir uns einander innerlich drängen und, ohne erst abzuwarten, daß wir vertrieben werden, uns selbst vertreiben, das Urteil der Verbannung gegen einander selbst aussprechend.

Hier ist nun Zeit und Ort, ohne Verdruß und Mißmut in unserm Busen einer gewissen Beweglichkeit Raum zu geben, die ungeduldige Lust nicht zu unterdrücken, die uns antreibt, Platz und Ort zu verändern. Doch was wir auch sinnen und vorhaben, geschehe nicht aus Leidenschaft, noch aus irgendeiner andern Nötigung, sondern aus einer dem besten Rat entsprechenden Überzeugung.

Man hat gesagt und wiederholt: ›Wo mir's wohl geht, ist mein Vaterland!‹; doch wäre dieser tröstliche Spruch noch besser ausgedrückt, wenn es hieße: ›Wo ich nütze, ist mein Vaterland!‹ Zu Hause kann einer unnütz sein, ohne daß es eben sogleich bemerkt wird; außen in der Welt ist der Unnütze gar bald offenbar. Wenn ich nun sage: ›Trachte jeder, überall sich und andern zu nutzen!‹, so ist dies nicht etwa Lehre noch Rat, sondern der Ausspruch des Lebens selbst.

Nun beschaue man den Erdball und lasse das Meer vorerst unbeachtet, man lasse sich von dem Schiffsgewimmel nicht mit fortreißen und hefte den Blick auf das feste Land und staune, wie es mit einem sich wimmelnd durchkreuzenden Ameisengeschlecht übergossen ist. Hiezu hat Gott der Herr selbst Anlaß gegeben, indem er, den babylonischen Turmbau verhindernd, das Menschengeschlecht in alle Welt zerstreute. Lasset uns ihn darum preisen, denn dieser Segen ist auf alle Geschlechter übergegangen.

Bemerket nun mit Heiterkeit, wie sich alle Jugend sogleich in Bewegung setzt. Da ihr der Unterricht weder im Hause noch an der Türe geboten wird, eilt sie alsobald nach Ländern und Städten, wohin sie der Ruf des Wissens und der Weisheit verlockt; nach empfangener schneller, mäßiger Bildung fühlt sie sich sogleich getrieben, weiter in der Welt umherzuschauen, ob sie da oder dort irgendeine nutzbare Erfahrung, zu ihren Zwecken behülflich, auffinden und erhaschen könne. Mögen sie denn ihr Glück versuchen! wir aber gedenken sogleich vollendeter, ausgezeichneter Männer, jener edlen Naturforscher, die jeder Beschwerlichkeit, jeder Gefahr wissentlich entgegengehen, um der Welt die Welt zu eröffnen und durch das Unwegsamste hindurch Pfad und Bahn zu bereiten.

Sehet aber auch auf glatten Heerstraßen Staub auf Staub in langen Wolkenzügen emporgeregt, die Spur bezeichnend bequemer, überpackter Wägen, worin Vornehme, Reiche und so manche andere dahinrollen, deren verschiedene Denkweise und Absicht Yorik uns gar zierlich auseinandersetzt.

Möge nun aber der wackere Handwerker ihnen zu Fuße getrost nachschauen, dem das Vaterland zur Pflicht machte, fremde Geschicklichkeit sich anzueignen und nicht eher, als bis ihm dies gelungen, an den väterlichen Herd zurückzukehren. Häufiger aber begegnen wir auf unsern Wegen Marktenden und Handelnden; ein kleiner Krämer sogar darf nicht versäumen, von Zeit zu Zeit seine Bude zu verlassen, Messen und Märkte zu besuchen, um sich dem Großhändler zu nähern und seinen kleinen Vorteil am Beispiel, an der Teilnahme des Grenzenlosen zu steigern. Aber noch unruhiger durchkreuzt sich einzeln, zu Pferde, auf allen Haupt- und Nebenstraßen die Menge derer, die auf unsern Beutel auch gegen unser Wollen Anspruch zu machen beflissen sind. Muster aller Art und Preisverzeichnisse verfolgen uns in Stadt- und Landhäusern, und wohin wir uns auch flüchten mögen, geschäftig überraschen sie uns, Gelegenheit bietend, welche selbst aufzusuchen niemand in den Sinn gekommen wäre. Was soll ich aber nun von dem Volke sagen, das den Segen des ewigen Wanderns vor allen andern sich zueignet und durch seine bewegliche Tätigkeit die Ruhenden zu überlisten und die Mitwandernden zu überschreiten versteht? Wir dürfen weder Gutes noch Böses von ihnen sprechen; nichts Gutes, weil sich unser Bund vor ihnen hütet, nichts Böses, weil der Wanderer jeden Begegnenden freundlich zu behandeln, wechselseitigen Vorteils eingedenk, verpflichtet ist.

Nun aber vor allen Dingen haben wir der sämtlichen Künstler mit Teilnahme zu gedenken, denn sie sind auch durchaus in die Weltbewegung mit verflochten. Wandert nicht der Maler mit Staffelei und Palette von Gesicht zu Gesicht? und werden seine Kunstgenossen nicht bald da-, bald dorthin berufen, weil überall zu bauen und zu bilden ist? Lebhafter jedoch schreitet der Musiker daher, denn er ist es eigentlich, der für ein neues Ohr neue Überraschung, für einen frischen Sinn frisches Erstaunen bereitet. Die Schauspieler sodann, wenn sie gleich Thespis' Wagen verschmähen, ziehen doch noch immer in kleineren Chören umher, und ihre bewegliche Welt ist an jeder Stelle behend genug auferbaut. Ebenso verändern sie einzeln, sogar ernste, vorteilhafte Verbindungen aufgebend, gern den Ort mit dem Orte, wozu ein gesteigertes Talent mit zugleich gesteigertem Bedürfnis Anlaß und Vorwand gibt. Hierzu bereiten sie sich gewöhnlich dadurch vor, daß sie kein bedeutendes Brettergerüst des Vaterlandes unbestiegen lassen.

Hiernach werden wir sogleich gemahnt, auf den Lehrstand zu sehen; diesen findet ihr gleichfalls in fortdauernder Bewegung, ein Katheder um das andere wird betreten und verlassen, um den Samen eiliger Bildung ja nach allen Seiten hin reichlich auszuspenden. Emsiger aber und weiter ausgreifend sind jene frommen Seelen, die, das Heil den Völkern zu bringen, sich durch alle Weltteile zerstreuen. Dagegen pilgern andere, sich das Heil abzuholen; sie ziehen zu ganzen Scharen nach geweihter, wundertätiger Stelle, dort zu suchen und zu empfangen, was ihrem Innern zu Hause nicht verliehen ward.

Wenn uns nun diese sämtlich nicht in Verwunderung setzen, weil ihr Tun und Lassen ohne Wandern meist nicht denkbar wäre, so sollten wir diejenigen, die ihren Fleiß dem Boden widmen, doch wenigstens an denselben gefesselt halten. Keineswegs! Auch ohne Besitz läßt sich Benutzung denken, und wir sehen den eifrigen Landwirt eine Flur verlassen, die ihm als Zeitpächter Vorteil und Freude mehrere Jahre gewährt hat; ungeduldig forscht er nach gleichen oder größeren Vorteilen, es sei nah oder fern. Ja sogar der Eigentümer verläßt seinen erst gerodeten Neubruch, sobald er ihn durch Kultur einem weniger gewandten Besitzer erst angenehm gemacht hat; aufs neue dringt er in die Wüste, macht sich abermals in Wäldern Platz, zur Belohnung jenes ersten Bemühens einen doppelt und dreifach größern Raum, auf dem er vielleicht auch nicht zu beharren gedenkt.

Lassen wir ihn dort mit Bären und anderm Getier sich herumschlagen und kehren in die gebildete Welt zurück, wo wir es auch keineswegs beruhigter antreffen. Irgendein großes, geregeltes Reich beschaue man, wo der Fähigste sich als den Beweglichsten denken muß; nach dem Winke des Fürsten, nach Anordnung des Staatsrats wird der Brauchbare von einem Ort zum andern versetzt. Auch ihm gilt unser Zuruf: ›Suchet überall zu nützen, überall seid ihr zu Hause.‹ Sehen wir aber bedeutende Staatsmänner, obwohl ungern, ihren hohen Posten verlassen, so haben wir Ursache, sie zu bedauern, da wir sie weder als Auswanderer noch als Wanderer anerkennen dürfen; nicht als Auswanderer, weil sie einen wünschenswerten Zustand entbehren, ohne daß irgendeine Aussicht auf bessere Zustände sich auch nur scheinbar eröffnete; nicht als Wanderer, weil ihnen anderer Orten auf irgendeine Weise nützlich zu sein selten vergönnt ist.

Zu einem eigenen Wanderleben jedoch ist der Soldat berufen; selbst im Frieden wird ihm bald dieser, bald jener Posten angewiesen; fürs Vaterland nah oder fern zu streiten, muß er sich immer beweglich erhalten; und nicht nur fürs unmittelbare Heil, sondern auch nach dem Sinne der Völker und Herrscher wendet er seinen Schritt allen Weltteilen zu, und nur wenigen ist es vergönnt, sich hie oder da anzusiedeln. Wie nun bei dem Soldaten die Tapferkeit als erste Eigenschaft obenan steht, so wird sie doch stets mit der Treue verbunden gedacht, deshalb wir denn gewisse wegen ihrer Zuverlässigkeit gerühmte Völker, aus der Heimat gerufen, weltlichen und geistlichen Regenten als Leibwache dienen sehen.

Noch eine sehr bewegliche, dem Staat unentbehrliche Klasse erblicken wir in jenen Geschäftsmännern, welche, von Hof zu Hofe gesandt, Fürsten und Minister umlagern und die ganze bewohnte Welt mit unsichtbaren Fäden überkreuzen. Auch deren ist keiner an Ort und Stelle auch nur einen Augenblick sicher; im Frieden sendet man die tüchtigsten von einer Weltgegend zur andern; im Kriege, dem siegenden Heere nachziehend, dem flüchtigen die Wege bahnend, sind sie immer eingerichtet, einen Ort um den andern zu verlassen, deshalb sie auch jederzeit einen großen Vorrat von Abschiedskarten mit sich führen.

Haben wir uns nun bisher auf jedem Schritt zu ehren gewußt, indem wir die vorzüglichste Masse tätiger Menschen als unsere Gesellen und Schicksalsgenossen angesprochen, so stehet euch, teure Freunde, zum Abschluß noch die höchste Gunst bevor, indem ihr euch mit Kaisern, Königen und Fürsten verbrüdert findet. Denken wir zuerst segnend jenes edlen kaiserlichen Wanderers Hadrian, welcher zu Fuß, an der Spitze seines Heers, den bewohnten, ihm unterworfenen Erdkreis durchschritt und ihn so erst vollkommen in Besitz nahm. Denken wir mit Schaudern der Eroberer, jener gewaffneten Wanderer, gegen die kein Widerstreit helfen, Mauer und Bollwerk harmlose Völker nicht schirmen konnte; begleiten wir endlich mit redlichem Bedauern jene unglücklichen vertriebenen Fürsten, die, von dem Gipfel der Höhe herabsteigend, nicht einmal in die bescheidene Gilde tätiger Wanderer aufgenommen werden könnten.

Da wir uns nun alles dieses einander vergegenwärtigt und aufgeklärt, so wird kein beschränkter Trübsinn, keine leidenschaftliche Dunkelheit über uns walten. Die Zeit ist vorüber, wo man abenteuerlich in die weite Welt rannte; durch die Bemühungen wissenschaftlicher, weislich beschreibender, künstlerisch nachbildender Weltumreiser sind wir überall bekannt genug, daß wir ungefähr wissen, was zu erwarten sei.

Doch kann zu einer vollkommenen Klarheit der einzelne nicht gelangen. Unsere Gesellschaft aber ist darauf gegründet, daß jeder in seinem Maße, nach seinen Zwecken aufgeklärt werde. Hat irgendeiner ein Land im Sinne, wohin er seine Wünsche richtet, so suchen wir ihm das einzelne deutlich zu machen, was im ganzen seiner Einbildungskraft vorschwebte; uns wechselseitig einen Überblick der bewohnten und bewohnbaren Welt zu geben, ist die angenehmste, höchst belohnende Unterhaltung.

In solchem Sinne nun dürfen wir uns in einem Weltbunde begriffen ansehen. Einfach-groß ist der Gedanke, leicht die Ausführung durch Verstand und Kraft. Einheit ist allmächtig, deshalb keine Spaltung, kein Widerstreit unter uns. Insofern wir Grundsätze haben, sind sie uns allen gemein. Der Mensch, so sagen wir, lerne sich ohne dauernden äußeren Bezug zu denken, er suche das Folgerechte nicht an den Umständen, sondern in sich selbst, dort wird er's finden, mit Liebe hegen und pflegen. Er wird sich ausbilden und einrichten, daß er überall zu Hause sei. Wer sich dem Notwendigsten widmet, geht überall am sichersten zum Ziel; andere hingegen, das Höhere, Zartere suchend, haben schon in der Wahl des Weges vorsichtiger zu sein. Doch was der Mensch auch ergreife und handhabe, der einzelne ist sich nicht hinreichend, Gesellschaft bleibt eines wackern Mannes höchstes Bedürfnis. Alle brauchbaren Menschen sollen in Bezug untereinander stehen, wie sich der Bauherr nach dem Architekten und dieser nach Maurer und Zimmermann umsieht.

Und so ist denn allen bekannt, wie und auf welche Weise unser Bund geschlossen und gegründet sei; niemand sehen wir unter uns, der nicht zweckmäßig seine Tätigkeit jeden Augenblick üben könnte, der nicht versichert wäre, daß er überall, wohin Zufall, Neigung, ja Leidenschaft ihn führen könnte, sich immer wohl empfohlen, aufgenommen und gefördert, ja von Unglücksfällen möglichst wiederhergestellt finden werde.

Zwei Pflichten sodann haben wir aufs strengste übernommen: jeden Gottesdienst in Ehren zu halten, denn sie sind alle mehr oder weniger im Credo verfaßt; ferner alle Regierungsformen gleichfalls gelten zu lassen und, da sie sämtlich eine zweckmäßige Tätigkeit fordern und befördern, innerhalb einer jeden uns, auf wie lange es auch sei, nach ihrem Willen und Wunsch zu bemühen. Schließlich halten wir's für Pflicht, die Sittlichkeit ohne Pedanterei und Strenge zu üben und zu fördern, wie es die Ehrfurcht vor uns selbst verlangt, welche aus den drei Ehrfurchten entsprießt, zu denen wir uns sämtlich bekennen, auch alle in diese höhere, allgemeine Weisheit, einige sogar von Jugend auf, eingeweiht zu sein das Glück und die Freude haben. Dieses alles haben wir in der feierlichen Trennungsstunde nochmals bedenken, erklären, vernehmen und anerkennen, auch mit einem traulichen Lebewohl besiegeln wollen.

Bleibe nicht am Boden heften,
Frisch gewagt und frisch hinaus!
Kopf und Arm mit heitern Kräften,
Überall sind sie zu Haus;
Wo wir uns der Sonne freuen,
Sind wir jede Sorge los.
Daß wir uns in ihr zerstreuen,
Darum ist die Welt so groß.«

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