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Sibylle. Camille.
Sibylle.
Was es nur gegeben hat?
Camille.
Ich begreif's nicht.
Sibylle.
Claudine war eben schon zurück, als der Alte durch die Seitentüre mit den Bedienten hinausschlich.
Camille.
Jetzt wird's über uns hergehn.
Sibylle.
Wir haben's ja nicht gesagt.
Claudine tritt herein.
Claudine.
Wo ist mein Vater?
Sibylle.
Guten Abend, Nichtchen, Ihr wart heut bald wieder zurück; die Nacht ist dazu so schön.
Claudine.
Mir ist nicht wohl; mich schläfert. Wo ist mein Vater? Ich möcht ihm gute Nacht sagen.
Camille.
Ich höre ihn draußen.
Gonzalo. Crugantino.
Gonzalo.
Noch einen Gast, meine Kinder, so spät.
Crugantino.
Ich wünsche, daß mein unerwartetes Glück Ihnen nicht beschwerlich sein möchte.
Camille heimlich zu Sibyllen.
Das ist Crugantino, Schatz; er ist's selbst!
Sibylle.
Ein feiner Kerl!
Gonzalo.
Das ist meine Tochter.
Crugantino bückt sich ehrfurchtsvoll.
Das meine Nichten. Liebe Nichten, ein Glas Wein, einen Bissen Brot! Ich muß einen Bissen Brot haben, sonst schmeckt mir der Wein nicht.
Sibylle und Camille ab. Letztere gibt Crugantino verstohlene Blicke, die er erwidert.
Claudinchen, du warst bald aus dem Garten?
Claudine.
Die Nacht ist kühl; mir ist nicht ganz wohl. Darf ich mich beurlauben?
Gonzalo.
Noch ein bißchen; wach noch ein bißchen! Ich sagt's gleich, die Leute sind Lügenmäuler, Schandzungen.
Claudine.
Was meint Ihr, mein Vater?
Gonzalo.
Nichts, mein Kind! Als – daß du mein liebes einziges Kind bist und bleibst.
Crugantino hat bisher wie unbeweglich gestanden, Claudinen bald mit vollen Seelenblicken angesehn, bald die Augen niedergeschlagen, sobald sie ihn ansah. Claudinens Verwirrung nimmt zu.
Ihr habt eine Zither?
Crugantino.
Die Gespielin meiner Einsamkeit und meiner Empfindung.
Claudine vor sich.
Seine Stimme, seine Zither! Sollt er es gewesen sein? Pedro war es nicht, mein Herz sagte mir's; er war's nicht!
Gonzalo.
Das ist Claudinens Lieblingston.
Crugantino.
Dürft ich hoffen? Er greift drauf.
Claudine.
Ein schöner Ton!
Crugantino heimlich.
Sollten Sie diesen Ton und dieses Herz verkennen?
Claudine.
Mein Herr!
Sibylle und Camille, Bediente mit Wein und Gläsern. Indes Gonzalo sich beschäftigt am Tisch.
Crugantino heimlich.
Sollten Sie verkennen, daß eben der glückliche Sterbliche neben Ihnen, Götter, neben Ihnen steht, der vor wenigen Augenblicken –
Claudine.
Ich bitte Sie!
Crugantino.
Nichts in der Welt als Ihre Liebe oder den Tod!
Sibylle und Camille spüren.
Gonzalo.
Ein Glas! Wovon spracht ihr?
Crugantino.
Von Gesängen. Das Fräulein hat besondere Kenntnisse der Poesie.
Gonzalo.
Nun gebt uns einmal was zur Zither! Ein Bursche, der eine Zither und Stimme hat, schlägt sich überall durch!
Crugantino.
Wenn ich imstande bin.
Gonzalo.
Ohne Umstände.
Crugantino, meist zu Claudinen gekehrt.
Liebliches Kind!
Kannst du mir sagen,
Sagen, warum
Zärtliche Seelen
Einsam und stumm
Immer sich quälen?
Selbst sich betrügen
Und ihr Vergnügen
Immer nur ahnden
Da, wo sie nicht sind?
Kannst du mir's sagen,
Liebliches Kind?
Gonzalo scherzend zu Claudinen.
Kannst du mir's sagen! – das ist was auf deinen Zustand, Claudinchen. Ja, ein Lied war immer ihre Sache. Und sie fühlt darin wie ich; je freier, je wahrer, je treuer so ein Stückchen vom Herzen geht, desto werter ist mir's – Setzt Euch, mein Herr! – setzt Euch – Noch eins ! – Ich sage immer: Zu meiner Zeit war's noch anders; da ging's dem Bauern wohl, und da hatt er immer ein Liedchen. das von der Leber wegging und einem's Herz ergötzte; und der Herr schämte sich nicht und sang's auch, wenn's ihm gefiel. Das natürlichste das beste!
Crugantino.
Vortrefflich!
Gonzalo.
Und wo ist die Natur als bei meinem Bauer? Der ißt, trinkt, arbeitet, schläft und liebt, so simpel weg; und kümmert sich den Henker drum, in was für Firlfanzereien man all das in den Städten und am Hof vermaskeriert hat.
Crugantino.
Fahren Sie fort! Ich werde nicht satt, einen Mann von Ihrem Stande so reden zu hören.
Gonzalo.
Und die Lieder? Da waren die alten Lieder, die Liebeslieder, die Mordgeschichten, die Gespenstergeschichten, jedes nach seiner eigenen Weise, und immer so herzlich, besonders die Gespensterlieder. Da erinnere ich mich einiger; aber heutzutage lacht man einen mit aus.
Crugantino.
Nicht so sehr, als Sie denken. Der allerneuste Ton ist's wieder, solche Lieder zu singen und zu machen.
Gonzalo.
Unmöglich!
Crugantino.
Alle Balladen, Romanzen, Bänkelgesänge werden jetzt eifrig aufgesucht, aus allen Sprachen übersetzt. Unsere schönen Geister beeifern sich darin um die Wette.
Gonzalo.
Das ist doch einmal ein gescheiter Einfall von ihnen; etwas Unglaubliches, daß sie wieder zur Natur kehren; denn sonst pflegen sie immer das Gekämmte zu frisieren, das Frisierte zu kräuseln und das Gekräuselte am Ende zu verwirren, und bilden sich Wunderstreiche darauf ein.
Crugantino.
Gerade das Gegenteil.
Gonzalo.
Was man erlebt! Ihr müßt doch manch schön Lied auswendig wissen?
Crugantino.
Unzählig.
Gonzalo.
Nur noch eins; ich bitt Euch. Ich bin sehr gestimmt; wir alle sind gestimmt, denk ich; es ist uns wohl gegangen, und unsere Geister sind in Bewegung.
Crugantino.
Gleich.
Er stimmt.
Gonzalo.
Setzt euch, Kinder!
Sie ordnen sich um den Tisch, Crugantino neben an, Claudine hinten, Gonzalo dem Crugantino gegenüber; zwischen Claudinen und Crugantino schiebt sich Camille ein; Sibylle hält sich hinter Gonzalo.
Crugantino.
Ein Licht aus! Und das andere weit weg!
Gonzalo.
Recht! Recht! wird so vertraulicher und schauriger.
Crugantino.
Es war ein Buhle frech genung,
War erst aus Frankreich kommen,
Der hat ein armes Maidel jung
Gar oft in Arm genommen,
Und liebgekost und liebgeherzt,
Als Bräutigam herumgescherzt,
Und endlich sie verlassen.
Das arme Maidel das erfuhr,
Vergingen ihr die Sinnen.
Sie lacht und weint, und bet und schwur;
So fuhr die Seel von hinnen.
Die Stund, da sie verschieden war,
Wird bang dem Buben, graust sein Haar;
Es treibt ihn fort zu Pferde.
Gonzalo.
Wer kommt? O, Teufel! wer kommt? Einen zu stören in der schaurigen schönen Empfindung! Lieber eine Ohrfeige. Sebastian?
Sebastian, ein Bedienter mit Lichtern.
Sebastian.
Guten Abend!
Gonzalo.
Woher?
Sebastian.
Nur einen guten Abend. Ich suche Don Pedro überall, und kann ihn nicht finden.
Crugantino vor sich.
Ich glaub's wohl.
Claudine.
Ist's lang, daß er von Euch schied?
Sebastian.
Freilich. Überhaupt geht mir's heut nacht so schurkisch.
Gonzalo.
Nichts geraten? Trink eins auf den Arger. Wir haben auch hier einen neuen Gast, so spät noch.
Sebastian, ihn betrachtend und das Glas nehmend, vor sich.
Das ist ein Kerl, wie der, den ich suche! Schwank, feurige Augen, und die Zither –
Gonzalo.
Wo bleibst du heute? Bleib hier!
Sebastian.
Nein, ich muß Pedro finden, und sollt ich suchen bis an den Tag. Wo kommen der Herr her?
Gonzalo.
Von Sarossa.
Sebastian freundlich.
Den Namen?
Crugantino.
Crugantino nennt man mich.
Vor sich.
Alter Esel!
Sebastian, gleichgültig ins Glas redend.
So?
Sich herumwendend, ergötzt vor sich.
Hab ich dich, Vogel? Hab ich dich? Nun, Pedro, sei, wo du willst, den muß ich erst in Sicherheit bringen.
Laut.
Adieu!
Gonzalo.
Noch eins!
Sebastian.
Danke. Diener, meine Herrn und Damen.
Gonzalo.
Sibylle, geleit ihn.
Sebastian.
Laßt das Zeug.
Ab.
Crugantino.
Ein alter Freund vom Hause?
Gonzalo.
Der uns wieder einmal nach langer Abwesenheit besucht. Ein bißchen gerad zu, aber brav. Nun weiter unser Liedchen, weiter. Mich dünkt, ich seh ihn, wie ihn der böse Geist vom Herrn ängstiget, den Meineidigen, wie er zu Pferde in die Welt hinein haust und wütet.
Crugantino.
Wohl! Wohl!
Die Stund, da sie verschieden war,
Wird bang dem Buben, graust sein Haar;
Es treibt ihn fort zu Pferde.
Er gab die Sporen kreuz und quer
Und ritt auf alle Seiten,
Herüber, 'nüber, bin und her,
Kann keine Ruh erreiten;
Reit't sieben Tag und sieben Nacht:
Es blitzt und donnert, stürmt und kracht,
Die Fluten reißen über.
Und reit im Blitz und Wetterschein
Gemäuerwerk entgegen;
Bindt 's Pferd hauß an und kriecht hinein,
Und duckt sich vor dem Regen;
Und wie er tappt und wie er fühlt,
Sich unter ihm die Erd erwühlt:
Er stürzt wohl hundert Klafter.
Und als er sich ermannt vom Schlag,
Sieht er drei Lichtlein schleichen.
Er rafft sich auf und krapelt nach;
Die Lichtlein ferne weichen;
Irrführen ihn die Quer und Läng,
Trepp auf Trepp ab, durch enge Gäng,
Verfallne wüste Keller.
Ein Bedienter kommt unter die Türe. Sibylle sieht sich um, er winkt ihr, sie geht, um nicht zu stören, auf den Zehen zu ihm. Gonzalo, der's doch merkt, wird ungeduldig und stampft. Crugantino fährt fort.
Auf einmal steht er hoch im Saal,
Sieht sitzen hundert Gäste,
Hohläugig grinsen allzumal
Und winken ihm zum Feste,
Sibylle kommt leise hinter Claudinens Stuhl und redt ihr in die Ohren. Gonzalo wird wild, Crugantino singt.
Er sieht sein Schätzel unten an,
Mit weißen Tüchern angetan,
Die wendt sich –
Claudine mit einem Schrei.
Pedro!
Sie fällt ohnmächtig zurück, alle springen auf.
Gonzalo.
Hilfe! was gibt's! Hilfe!
Man labt sie mit Wein.
Was ist's, was ist's!
Sibylle.
Pedro ist verwundet! gefährlich verwundet.
Gonzalo.
Pedro! Helft ihr! Mein Kind! Mein Engel! Pedro! Wer sagt es?
Sibylle.
Sebastians Diener kam hereingesprengt, er suchte seinen Herrn hie.
Gonzalo.
Wo ist Bastian? Sie rührt sich nicht!
Sibylle.
Weiß ich's?
Gonzalo.
Wein! Sibylle, Wein! Camille, Wein! Meine Tochter! Meine Tochter!
Crugantino gerührt vor sich.
Und du, Elender! das ist dein Werk, deiner Torheiten. Dieser Engel!
Gonzalo.
Wein!
Sibylle. ohne Wein, vergeistert.
Herr!
Gonzalo.
Wein!
Sibylle.
Herr!
Gonzalo.
Bist du toll?
Sebastian. Wache.
Sebastian.
Hier! Ergreift ihn!
Crugantino.
Mich?
Sebastian.
Dich! Ergib dich!
Gonzalo.
Was ist das?
Crugantino wirft seinen Stuhl um und verrammelt sich hinter den Tisch und Claudinen, greift in die Taschen und zieht ein Paar Terzerole heraus.
Bleibt mir vom Leibe! Ich möchte nicht gern einem was zu Leide tun.
Sebastian auf ihn losgehend.
Damit ihr seht, daß sie geladen sind!
Er schießt eine nach der Decke, Sebastian weicht. Crugantino zieht den Degen, in der andern Hand die Terzerole.
Die für den, der mir nachfolgt!
Er springt über den Stuhl weg und schwadroniert sich durch die Kerls durch, hinaus.
Sebastian denen draußen.
Haltet! Haltet! Nach! Allons, nach!
Er geht zuerst.
Claudine die vom Schuß aufgefahren ist, sieht wild um sich her.
Tot! tot! Hast du's gehört? Sie haben ihn erschossen.
Springt auf.
Erschossen. Mein Vater!
Weinend.
Und Sie haben's gelitten! Wo haben sie ihn hin? Wo sind sie hin? Wo bin ich? Pedro!
Sie fällt wieder in den Sessel.
Gonzalo.
Mein Kind! Mein Kind!
Zu Camillen und Sibyllen.
Steht ihr da! Guckt ihr zu! Hier, Sibylle, hier meine Schlüssel, hol meinen Balsam droben. Camille, geschwind in Keller, vom stärksten Wein! Claudine! mein Kind!
Claudine hebt sich ohnmächtig, ohne zu sprechen, reicht ihrem Vater die Hand und sinkt wieder hin. Gonzalo geht verwirrt bald zu, bald von ihr.
Sebastian kommt.
Er hat sich durchgeschlagen, wütend wie der Teufel! Du sollst uns nicht müde machen. Gonzalo, ich bitte dich.
Gonzalo.
O meine Tochter!
Sebastian.
Es ist der Schreck. Sie erholt sich wieder. Willst du mir deine Bedienten erlauben, deine Pferde? Ich will ihm nach.
Gonzalo.
Mach, was du willst.
Claudine.
Sebastian.
Sebastian.
Auf Wiedersehn, Fräulein.
Claudine.
Pedro! Er ist tot?
Sebastian.
Sie ist verwirrt, pflegt sie, ich muß fort.
Ab.
Gonzalo sie zum Sessel führend.
Beruhige dich, Engel.
Claudine.
Er geht. Und sagt mir nicht: ist er tot, lebt er?
Ach meine Knie, meine armen Knie! Mein Herz wird brechen.
Sibylle kommt.
Sibylle.
Hier der Balsam.
Claudine.
Gefährlich verwundet, sagtest du? In Sarossa?
Gonzalo.
Wer?
Sibylle.
Pedro.
Gonzalo.
Wie?
Sibylle.
Ach daß man nicht von Sinnen kommt über den Lärm und das Gewirre. Heiliger Gott! Da kommt Bastians Diener gesprengt, fragt nach seinem Herrn, und da er ihn nicht antrifft, hinterläßt er: Pedro sei gefährlich verwundet, in Sarossa im Wirtshaus, und fort! Und gleich darauf Sebastian mit Wache, unsern Gast zu fangen, der sich durchschießt und -schlägt. Und Nichtchen in Ohnmacht. Mir wird's blau vor den Augen. Setzt sich. Mir wird's weh.
Camille mit Wein.
Gonzalo.
Gib her. Trink einen Tropfen, Claudine! Gib Sibyllen ein Glas. Sie sieht auch wie ein Gespenst.
Camille.
Mir klappern die Zähne, wie im Fieber. Den Schrecken fühl ich Jahr und Tag in den Gliedern.
Gonzalo.
Trink ein Gläschen! Reib dir die Schläfe mit dem Balsam. Reib, Sibylle.
Camille setzt sich.
Ich halt's nicht aus.
Claudine.
O mein Vater! Pedro gefährlich verwundt. Sebastian wollte mich nicht hören!
Gonzalo.
Es hat's ihm niemand gesagt.
Camille.
In dem Lärm, in der Angst!
Claudine.
Ohne Hilfe vielleicht.
Gonzalo.
Du machst dir's zu fürchterlich vor. Ein Stich in den Arm, ein Ritzchen: Liebes Kind, einem Manne, was ist das? Sei ruhig! Ich will einen nach Sarossa sprengen.
Camille.
All Eure Leute und Pferde sind mit Sebastianen.
Gonzalo.
Verflucht.
Claudine.
O, aus dem Dorf drüben.
Sibylle.
Ja, wer soll bei Nacht übers Wasser? Die Fähre steht drüben: ihr hört ja, es ist alles fort.
Gonzalo.
Bis morgen gedulde dich, Liebchen, und geh jetzt zu Bette.
Claudine.
Laßt mich noch einen Augenblick. Bis sich das Blut gesetzt hat. Ich könnte jetzt nicht schlafen. Aber! die Augen fallen Euch zu. Sorgt für Eure Gesundheit.
Gonzalo.
Laßt mich.
Claudine.
Ihr werdet mich beruhigen!
Gonzalo.
Nun denn! Nichten, ihr wacht mir aber bei ihr. Ich bitt euch, verlaßt sie nicht! Morgen mit dem frühsten sollst du Nachricht von Pedro haben. Weckt mich, Nichten, gegen Morgen. Gute Nacht. Lieb Mädchen, leg dich bald. Leucht mir, Camille. Gute Nacht.
Mit Camille ab.
Claudine. Sibylle.
Sibylle nach einer Pause.
Der Kopf möchte mir zerspringen. Die Knie sind mir wie geradbrecht. Auf solch einen Tag solch eine Nacht!
Claudine.
Ich kann euch nicht zumuten, zu wachen, Nichten.
Sibylle.
Aber Euer Vater?
Claudine.
Laßt; der soll nichts erfahren. Geht hinauf legt euch wenigstens auf die Betten. Nur in Kleidern, es ist doch immer Ruh. Ihr seid alle wach, eh mein Vater, und dann – Laßt mich nur!
Camille kommt.
Sibylle.
Nichtchen will, wir sollen schlafen gehn.
Camille.
Lieb Nichtchen! Gott lohn's! Ich halt's nicht aus.
Sibylle.
Wir begleiten dich zuerst ins Bett.
Claudine.
Laßt's nur. Ich bin ja hier gleich neben an. Und muß mich noch erst erholen.
Sibylle und Camille.
Gute Nacht denn.
Claudine.
Gute Nacht.
Sibylle und Camille ab.
Bin ich euch los? Darf ich dem Tumult meines Herzens Freiheit lassen? Pedro! Pedro! wie fühl ich in diesen Augenblicken, daß ich dich liebe! Ha, wie das all drängt und tobt, die verborgne, mir selbst bisher verborgne Leidenschaft! – – Wo bist du? – und was bist du mir? – Tot, Pedro! – Nein! verwundet! – Ohne Hilfe! – Verwundet? – Zu dir – zu dir! – Mein Schimmel, der du mich so treu auf die Falkenjagd trugst, was wärst du mir jetzt! Mein Kopf! Mein Herz! Es ist nicht kühn, es ist nichts –
Auf dem Tisch die Gartenschlüssel findend.
Und diese Schlüssel? Eine Gottheit sandte mir sie! – Durchs kleine Pförtchen in Garten, hinten die Terrasse hinunter; und in einer halben Stunde bin ich in Sarossa! – Die Herberge? – Ich werde sie finden! – Und diese Kleider? Die Nacht? – Hab ich nicht meines Vettern Garderobe noch da? Paßt mir nicht sein blaues Wams wie angegossen? – Ha, und seinen Degen! – Die Liebe geleitet mich; da sind keine Gefahren! – Und auf dem Wege? – Nein, ich wag's nicht! So allein! Und wenn deine Nichten erwachen und dein Vater? – – Und du, Pedro, liegst in deinem Blute! Dein letzter Atemzug ruft nach Claudinen! Ich komme, ich komme! – Fühle, wie meine Seele zu dir hinüberreicht! – An deinem Bette liegen, um dich weinen, wehklagen möcht ich, Pedro! – Nur daß ich dich sehe; deine Hand fühle, daß dein Puls noch schlägt; daß ein schwacher Druck mir sage, er lebt noch, er liebt dich noch! – Ist niemand, der ihn verbinde? der das Blut stille?
Herz, mein Herz,
Ach, will verzagen!
Soll ich's tragen,
Soll ich fliehn,
Soll ich's wagen,
Soll ich hin?
Herz, mein Herz,
Hör auf, zu zagen;
Ich will's wagen,
Ich muß hin!