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Diese Species der großen Menschen-Menagerie des Vaterlandes ist ungemein verbreitet. Man findet sie in allen Städten zu Hunderten, oft zu Tausenden. Der eine Philister ist immer dummer als der andere: dies ist ihr merkwürdiges Hauptkennzeichen. Außer diesem sind aber noch folgende:
| a) | Der Philister ist entweder von Adel und thut sich auf diese Alfanzerei noch etwas zu Gute, oder Beamter, oder er hat ein Geschäft, welches ihn anständig ernährt. |
| aa. | Auch hat er mehrere Jungen, von deren Klugheit er gern und oft erzählt. |
| b) | Der Philister ist zufrieden und sieht deshalb nicht ein, wozu Neuerungen sind. |
| bb. | Der Philister sagt sehr deutlich »Gesegnete Mahlzeit!« |
| c) | Der Philister hat früher bei dem Worte Freiheit etwas Angenehmes empfunden; er hat sogar verbotene Bücher gelesen und sich heimlich gefreut, wenn die Despotie verdammt und verhöhnt wurde. Nachdem die Freiheit aber angebrochen, ist sie ihm viel zu unruhig. |
| d) | Im innersten Herzen wünscht sich der neue deutsche Philister wieder unter den Soldaten-, Beamten- und Polizei-Schutz der absoluten Monarchie zurück. Er spricht dies aber, wie ein Ehrenmann, nicht offen aus, sondern fürchtet sich, daß man ihm in's Gesicht lache. |
| e) | Der Philister lebt bereits in einem freien Staate, sieht sich aber bei dem Worte Freiheit noch immer um, ob es Niemand gehört hat. |
| ee. | Unter Jemand versteht der Philister Polizei, weshalb er sich immer umsieht, ob es Niemand gehört hat. |
| f) | Da der neue deutsche Philister zu leben hat, so hat er kein Herz für das Elend der Arbeiter, Landleute und kleinen Bürger. |
| ff. | Trotzdem giebt er alle Monat zwei Groschen an die Armen. |
| g) | Der Philister hält dieselbe Zeitung, welche sein Vater gehalten hat. |
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| h) | Unter Republik versteht der Philister Mord und Todtschlag. |
| i) | Wenn der Philister von einer Volksversammlung hört, so vergräbt er sein Geld. |
| ii. | Er hätte übrigens, wie er zu seiner Frau äußert, Nichts dagegen, wenn seinem reichen Concurrenten einmal die Fenster eingeworfen würden. |
| k) | Er nennt Jeden Ausländer, der nicht »im Orte« geboren ist. |
| l) | Falls der neue deutsche Philister gegen seinen Willen in ein politisches Gespräch geräth, so entscheidet er sich bei allen höheren Staatsfragen durch die einfachen Worte: »Nur keine Aufregung!« |
| m) | Der Philister ist immer sicher. Sobald ihm Gegengründe fehlen, greift er zu seiner ausgebildeten Fähigkeit: grob und roh werden zu können. |
| n) | Wenn der Philister irgend eine Satyre liest, so fühlt er immer sich getroffen. |
| nn. | In Folge dieser Empfindung schimpft er. |
| o) | Unter Freiheit der Presse versteht der Philister, daß Jeder so denken soll, wie Er. |
| oo. | Daß er gar nicht denkt, daran denkt er nicht. |
| p) | Er kann noch immer nicht die Juden für gleichberechtigt halten. |
| q) | Unter Ordnung versteht der Philister die ganze volle Nichtswürdigkeit der alten Zustände. |
| qq. | Seine Frau ist ganz derselben Meinung. |
| r) | Wenn der Philister mit seinem Vetter allein ist, so leugnet er Diesem nicht, daß in der Regierung und in der Kommune noch viele Uebelstände sind. |
| s) | In der Haushaltung des Philisters hat es der Hund viel besser als die Dienstboten. |
| t) | Er ist immer sehr glücklich, wenn er vom »Pöbel« sprechen kann. Diesen sucht er unter sich. |
| u) | Am widerwärtigsten ist dem Philister das Geniale, Poetische, dagegen ißt er Erbsen und Sauerkohl sehr gern. |
| v) | Als Wähler ist er nur im Zweifel, welchen hochgestellten Beamten er wählen soll. |
| w) | Der Staat ist dem Philister etwas Auswendiges. Er gilt ihm als Frack, den er nur bei feierlichen Gelegenheiten anzieht. |
| ww. | Trotzdem fällt ihm nicht ein, daß ein alter Frack ausgeklopft und gebürstet werden und man zuletzt einen neuen haben muß. |
| x) | Aus Besorgniß vor einer Unruhe macht der Philister Unruhen. |
| y) | Der Philister ist gewöhnlich so trocken ernst, daß man in seiner Nähe nach Luft schnappt. Oder er lacht über Rohheiten. |
| yy. | Thränen kennt er nicht. |
| z) | Das Hauptkennzeichen bleibt aber: Ein Philister ist immer dummer als der andere. |
| zz. | So ist es! |