Adolf Glaßbrenner
März-Almanach
Adolf Glaßbrenner

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Neueste Nachrichten
für deren Wahrheit nicht eingestanden wird.

Frankfurt a. M. Der Bundestag, welcher am 9. März 1848 die Herbeiziehung von Vertrauensmännern beschloß und am 13. Juli d. J. seine letzte Sitzung hielt, beabsichtigt, sich in diesen Tagen in einen siebenköpfigen Drachen zu verwandeln, in dessen Gesichtern fünf ein kleines Mündchen, zwei dagegen das große Maul haben sollen. – Unser Reichskriegsminister v. Peucker trifft bereits alle nothwendigen Vorbereitungen zu einer entscheidenden Schlacht gegen das deutsche Volk.

Stern Venus. Die Posten vom Jupiter sind heute ausgeblieben, wodurch die Papiere bedeutend gesunken sind. Wassermann-Krebs hielten sich 87¾.

Sibirien. Der hiesige demokratische Verein hat sich für Aufhebung des Belagerungszustandes erklärt, sobald – durch strenge Gesetze gegen Presse, Vereinigung und Aufruhr die Ruhe des Staates garantirt ist.

Neapel. Unser neuer, höchst geschmackvoll eingerichteter Galgen ist fertig. Es sind keine Kosten gespart, ihn in einer, seinem hohen Zwecke entsprechenden Weise auszustatten. Die Stufen sind mit purpurnem Sammet überzogen. – Ganz Europa sieht in diesen Tagen einem freudigen Ereignisse entgegen.

Genf. Die fromme Gräfin Landsfeld ist zur Fürstin Ludovika Pegasus erhoben worden. Aus Dankbarkeit hat Ihro Durchlaucht der jetzigen bairischen Krone ihre Reitpeitsche übersendet.

Finnischer Meerbusen. Hier wurde vor Kurzem das Gerücht verbreitet, in Deutschland hätte im vorigen Jahre eine Revolution stattgefunden.

Hohenzollern-Hechingen. Unsere Regierung hat, um dem Lande die unnützen Druckkosten zu sparen, beschlossen, das »Hohenzollern« wegzulassen. – Wir sind hier sehr gespannt auf die Begebenheiten, welche sich in Preußen vorbereiten.

Meklenburg. Unserm Volke wurde in einem heut erschienenen Erlasse der Wohnsitz und das Niederlassungs-Recht gekündigt, da Meklenburg fortan zu einer Adels-Kolonie benutzt werden soll. Da der arme, bedauerswerthe Adel in den andern gebildeten Ländern Europa's nächstens mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden soll, so dürfte diese Maßregel eine sehr gerechtfertigte genannt werden.

Oldenburg. Um unsern, uns so theuern Fürsten zu erhalten, haben wir ihm eine Civilliste von 180,000 Thaler und ein absolutes Veto gegeben. Wir gestehen ein, daß wir namentlich die 180,000 Thaler dem ärmern Theile der Einwohner gern gespart hätten, aber es war nicht zu machen. Ohne diese 180,000 Thaler hätten wir keinen Fürsten mit einem absoluten Veto erhalten und unser braves Volk wäre sich selbst überlassen gewesen.

Kopenhagen. Gestern ist hier durch Vermittlung des preußischen Consuls eine Kiste Champagner angekommen.

Hannover. Seine Majestät der König ist noch immer consequent.

Teltow. (Von unserm gewöhnlichen Correspondenten). Heil Dir im Siegerkranz!

Großer Bär. Unser Wilhelm ist in Teltow zum Mitglied der ersten Kammer gewählt worden.

Ostsee. Unsre Stockfische haben sich erklärt, dänisch bleiben zu wollen.

Mailand. Auf dem Corso francesco wurde gestern das östreichische Ministerium vom Bamabba (Pöbel) und den Lioni's (Edelleuten) in effigie aufgehängt. Wir bedauern das sehr.

Großer Belt, Kleiner Belt. – Hier wird nicht gebissen.

Wien. Unser neuer Kaiser erwirbt sich fortwährend die Liebe seines getreuen, glücklichen Volkes. – Gestern wurden 10 Bürger erschossen, welche sich allerdings nicht ganz vorsichtig über einige Regierungsmaßregeln ausgedrückt hatten; 20 Andere verschwanden. – Die Verbindung mit Rußland und die wieder aufgenommene Freundschaft mit Metternich ist ein neuer Beweis von der aufrichtigen Gesinnung unsres erhabenen Adels. Wir werden nicht versäumen, bei erster Gelegenheit unsern Dank bei allen Mitgliedern desselben persönlich abzustatten. Die monarchische Staatsform ist gesichert.

London. Ihre Majestät die Königin Victoria, welche sich vor Kurzem herablassend nach dem Befinden Irlands erkundigten, erhielten gestern die etwas mysteriöse Antwort: »Immer nicht so, wie Eure Majestät fast immer

Petersburg. Die von dem bekannten Techniker Glaßbrenner im Jahre 1847 erfundene und hier bereits eingeführte »Dampf-Prügel-Maschine« bewährt sich außerordentlich. Da die Zahl der zu Prügelnden täglich mit der beginnenden Aufklärung wächst, so hätte ohne diese Maschine dem Staatsbedürfniß keinesweges entsprochen werden können. Seine Majestät der Kaiser haben dem Erfinder Allerhöchstihr Portrait mit Brillanten zustellen lassen. Das Portrait ist bereits zurückgekommen.

Deutschland. Gestern erhielt der hier sich aufhaltende diesjährige März vom vorjährigen ein Schreiben, in welchem sich nur das Wort »Schwachkopf!« befand.

Ocean. Vom 10. März. Hier hat es gestern ein gräßliches Unglück gegeben. Die deutschen Arbeiter, welche an der Ausbesserung der Sonnenlinie beschäftigt waren, forderten höheren Lohn. Der im Auftrage der deutschen Centralgewalt hierselbst anwesende reichsmarinirte Jordan wollte sie durch eine Rede beruhigen, in der er ihnen die Zustände schilderte, welche durch die nicht ohne Belohnung gebliebenen Anstrengungen seiner Partei jetzt im Vaterlande erreicht sind. Kaum hatte er seine sehr gehaltvolle Rede zu Ende gebracht, so stürzten sich sämmtliche Arbeiter in's Meer.

Mond. † Vor einigen Tagen, als wir eine totale Finsterniß hatten, erfreuten wir uns des Besuches des deutschen Unterstaatssekretairs Bassermann. Derselbe gefiel sich hier zuerst sehr wohl, besuchte mehrere öffentliche Vergnügungsörter und klatschte lauten Beifall, als er in unserm Cirque olympique das beliebte »schnelle Umsatteln« der dortigen Künstler mitansah. Plötzlich aber reiste Herr Bassermann wieder hinunter, indem er sich an eine eben abgehende Sternschnuppe anklammerte. Einige schreiben diesen eiligen Entschluß dem Aufhören der Finsterniß und dem Zunehmen des Mondes zu. Andere erzählen: neben ihm im Hôtel habe ein Republikaner logirt, der einen lebhaften Traum gehabt hätte.

Pecking. Unser Kaiser hielt gestern eine große Parade vor dem Hoho-Thore ab. Auf Commando des Oberschuhputzers (hier die höchste militairische Charge) schrieen die Soldaten 3½ Mal Hurrah. Die Liebe des Volkes zu seinem Herrscher ist dadurch auf's Unzweifelhafteste festgestellt.

Carlsbad. Unsre Stadt ist in voller Arbeit für den hierselbst in diesen Tagen stattfindenden Congreß allerhöchster und höchster Personen. Derselbe wird des Princips wegen in zwei Kammern stattfinden. In der ersten werden der Kaiser von Rußland und Oestreich, die Könige von Preußen, Baiern, Dänemark, und die Herren Windischgrätz, Metternich und Wrangel sitzen; in der zweiten die Herren Klempner Loeff, Dr. A. Schubert aus Dramburg, v. Vincke, Louis Schneider, Bassermann, Thadden-Trieglaff, Prediger Sydow, v. Abel, v. Radowitz und Assessor Wagner.


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