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XI.

HERRSCHAFT DES CLAUDIUS · NIEDERLAGE DER GOTEN SIEG, TRIUMPH UND TOD DES AURELIAN ZENOBIA

 

Während des Trauerspieles, das die Regierungsjahre des Valerian und Gallienus darboten, hatte das Römische Reich unter der Soldateska, den Tyrannen und den Barbaren gleichermaßen massiv zu leiden und wäre daran beinahe zugrunde gegangen. Seine Rettung hatte es einer Reihe großer Herrscher zu danken, welche sämtlich aus der kriegslüsternen Provinz Illyrien stammten. Innerhalb von nur dreißig Jahren obsiegten Claudius, Aurelian, Probus, Diocletian und seine Mitregenten über äußere und innere Feinde, stellten die militärisch-disziplinierte Stärke der Grenzbesatzungen wieder her und verdienten sich so den Ehrentitel der ›Erneuerer der Römischen Welt.‹

 

AUREOLUS TOD DES GALLIENUS

Der Sturz des verweichlichten Alleinherrschers ebnete den Helden den Weg zu seiner Nachfolge. Das Volk macht in seiner Empörung Gallienus für alle seine Kalamitäten verantwortlich, und in der Tat waren sie in erster Linie auf seine verschwenderische Hofhaltung und eine gleichgültige Regierungstätigkeit zurückzuführen. Auch ging ihm jedes Ehrgefühl ab, welches doch sonst für fehlende Herrschertugenden aufkommen muss; aber solange er sich wenigstens des Besitzes von Italien sicher sein durfte, vermochten Siege der Barbaren, der Verlust einer Provinz oder gar ein allgemeiner Aufruhr ihn aus seiner dämmernden Behaglichkeit nicht aufzuschrecken. Endlich jedoch trug die mächtige Armee, die am Oberlauf der Donau stationiert war, ihrem Befehlshaber Aureolus den kaiserlichen Purpur an; da dieser seine begrenzte und wenig einträgliche Herrschaft über die Berge Rhätiens gering achtete, überquerte er die Alpen, nahm Mailand ein, bedrohte Rom und forderte Gallienus auf, über die Herrschaft Italiens das Schwert entscheiden zu lassen. Der Kaiser, verärgert über diese Ungehörigkeit und durch die unmittelbare Gefahr wohl auch irgendwie beunruhigt, legte plötzlich jene geheimen Kräfte an den Tag, welche intermittierend seine apathische Gesamtgebarung belebten. Er zwang sich von dem Luxus seines Palastes los, ward an der Spitze einer Armee unter Waffen gesichtet und überquerte den Po, seinem Feinde zu begegnen. Der verderbte Name Pontirolo Pons Aureoli, 13 Meilen von Bergamo und 32 von Mailand. Vgl. Cluver, Italia antiqua, Bd. 1, p. 245 bewahrt immer noch die Erinnerung an eine Brücke über die Adda (Etsch), welche während des Feldzuges für beide Seiten ein militärisches Objekt von äußerster Wichtigkeit gewesen sein muss. Der Usurpator aus Rhätien erlitt eine völlige Niederlage nebst einer gefährlichen Verwundung und zog sich nach Mailand zurück. Die Belagerung dieser Großstadt schloss sich unmittelbar an; die Mauern wurden mit allem damals verfügbaren Kriegsgeräte bestürmt; und Aureolus, der sich der einheimischen Kräfte nicht eben sicher sein mochte und auf Unterstützung von außen nicht hoffen konnte, zog vorzeitig schicksalhafte Konsequenzen aus dem Scheitern seiner Rebellion.

Seine letzte Möglichkeit bestand darin, zwischen den Belagerern Zwietracht zu säen. Er ließ in ihrem Lager Verleumdungen ausstreuen sowie die Aufforderung an die Truppen, sich ihres unwürdigen Herren zu entledigen, der das öffentliche Wohlergehen seinen Prassereien und das Leben selbst der wertvollsten Untertanen dem leisesten Verdacht aufopferte. Diese Ränke des Aureolus erzeugten unbestimmte Furcht und Abgunst unter den wichtigsten Offizieren seines Gegners. Heraclianus, der Prätorianerpräfekt, Marcianus, ein General von Rang und Ansehen, und Cecrops, der Kommandeur einer dalmatischen Gardetruppe verschworen sich. Der Tod des Gallienus ward beschlossen, und der Notwendigkeit ungeachtet, zunächst die Belagerung Mailands zu vollenden, nötigte die mit jeder Verzögerung wachsende Gefahr sie dazu, zunächst die Ausführung ihres kühnen Vorhabens zu beschleunigen. Zu später Stunde, während sich der Kaiser noch den Freuden der Tafel widmete, wurde plötzlicher Alarm gegeben, dass Aureolus an der Spitze seiner Truppen einen Verzweiflungsausfall unternehme; Gallienus, dem es zumindest an persönlichem Mut niemals gebrach, sprang von seinem Seidenlager auf, bestieg sein Pferd, ohne die Zeit damit zu verlieren, sich zu bewaffnen und die Garde zu sammeln und ritt in vollem Galopp dorthin, wo er den Angriff vermutete.

 

GALLIENUS' TOD 20. MÄRZ A.D. 268

Umzingelt von seinen echten und seinen heimlichen Feinden, empfing er in dem nächtlichen Scharmützel kurz darauf von unbekannter Hand den tödlichen Pfeil. Bevor Gallienus verschied, veranlasste ihn eine Aufwallung von Patriotismus, einen würdigen Nachfolger zu bestimmen, und sein letzter Wunsch war es, dass die imperialen Würden dem Claudius übergeben würden, der zurzeit eine Armeeabteilung in der Nähe von Pavia befehligte. Die Verfügung wurde mit Genauigkeit bekannt gemacht und von den Verschwörern ohne Anstände umgesetzt, hatten sie sich ihrerseits doch ebenfalls auf Claudius als Nachfolger geeinigt. Die Nachrichten vom Tode des Kaisers nahm die Truppe voller Missvertrauen und Murren auf, bis sich das erstere verflüchtigte und das zweite durch ein Handgeld von zwanzig Goldstücken pro Soldat beschwichtigt werden konnte. So stimmten sie denn in die Wahl ihres neuen Kaisers ein und anerkannten überdies seine Verdienste. Zum Tod des Gallienus siehe Trebellinus Pollio in der Historia Augusta, Galliene 14; Zosimos 1,14; Zonaras 12,25; Eutropius 9,11; Aurelius Victor, Epitome 33 und Caesares 33. Ich habe sie miteinander verglichen und kompiliert, bin aber in der Hauptsache Aurelius Victor gefolgt, der wohl die besten Quellen besaß.

 

CLAUDIUS II

Das Dunkel, welches die Herkunft des Claudius umgab – einige läppische Schmeicheleien haben sie später zu schönen gesucht –, Einige halten ihn, schnurrig genug, für einen illegitimen Sohn des jüngeren Gordian. Andere wieder verweisen auf die Provinz Dardania, um seine Abkunft von Dardanao und den alten troianischen Königen zu erweisen. ist als Nachweis für seine geringe Abstammung allemal hinreichend. Mit Sicherheit können wir nur sagen, dass er aus einer der Provinzen stammt, welche an die Donau grenzen; dass er seine Jugend unter Waffen verbrachte und dass ihm sein aufrechter Mut Zuneigung und Zutrauen des Decius einbrachte. Senat und Volk sahen in ihm einen vorzüglichen Offizier, dem man auch die höchste Verantwortung übertragen könne, und tadelten mit dieser Einschätzung zugleich Valerians Mangel an Aufmerksamkeit, der ihn auf dem untergeordneten Rang eines Tribunen belassen hatte. Bald darauf zeichnete aber auch der Kaiser persönlich Claudius' Verdienste aus, indem er ihm zunächst zum General und Kommandeur über alle Truppen in Thrakien, Moesien, Dacien, Pannonien und Dalmatien ernannte, ihn dann zum Präfekten über Ägypten und Prokonsul von Afrika machte mit der gewissen Aussicht auf das Konsulat. Durch seine Siege über die Goten verdiente er sich eine von Senat gebilligte Ehrenstatue und bewirkte zugleich, dass Gallienus mit einer Gefühlsmelagne auf ihn sah, in welcher sich Angst und Scheelsucht die Waage hielten. Es war ausgeschlossen, dass ein aufrechter Soldat einen derart unfähigen Herrscher achten oder vor ihm seine berechtigte Geringschätzung verborgen halten würde. Einige unbedachte Äußerungen des Claudius wurden dem Herrscher auf dem Dienstwege zuhetragen. Das Antwortschreiben des Kaisers an einen Offizier seines Vertrauens malt seinen eigenen Charakter und die Zustände jener Läufte in den grellsten Farben: ›Es gibt nichts, was mir mehr Besorgnis zu bereiten imstande wäre als die Nachricht, die ich aus deiner letzten Depesche Notoria, eine offizielles Periodikum, welches der Kaiser von den frumentarii oder Agenten aus den Provinzen erhielt. Hiervon später mehr. entnehmen musste, dass nämlich unser Freund und Vater Claudius sich infolge einiger bösartiger Einflüsterungen von uns entfremdet habe. Bei deiner Treue, versuche alles, ihn zurück zu gewinnen, aber behandle die Angelegenheit mit aller Diskretion; lasse es unter keinen Umständen den dakischen Legionen zu Ohren kommen; sie sind bereits verärgert, und dies nun möchte ihren Zorn noch mehr aufreizen. Ich für meine Person werde ihm einige Geschenke übersenden: lasse es dir angelegen sein, dass er sie freudig in Empfang nimmt. Vor allem aber darf kein Verdacht in ihm aufkeimen, ich könnte von seiner Unklugheit erfahren haben. Die Furcht vor meinem Zorn könnte ihn sonst zu Verzweiflungstaten verleiten.‹ Historia Augusta, Claudius 17. Gallienus beschreibt Silbergeschirr, Kleidung u.a. wie einer, der dieses glanzvolle Gewerke schätzt und sich darauf versteht. Diesen Bettelbrief, mit dem der Monarch um das Wohlwollen eines missvergnügten Untertanen warb, begleiteten beträchtliche Geschenke: eine gehörige Summe Geldes, eine üppige Garderobe und wertvolle Gold- und Silberteller. Mit solcherart Kunstgriffen also besänftigte Gallienus die Verdrossenheit seines illyrischen Generals und zerstreute zugleich dessen Besorgnisse; und so zog während der restlichen Regierungszeit Claudius sein gefürchtetes Schwert immer nur für seinen Herrn, den er gründlich verachtete. Endlich jedoch dienten ihm die Verschwörer den blutigen Purpur des Gallienus an; aber er hielt sich nicht in ihrem Lager auf und war bei ihren Sitzungen nicht zugegen gewesen; und wenn er dem Unternehmen auch seinen Beifall nicht versagte, können wir dennoch zuversichtlich annehmen, dass er völlig unwissend war. Julian (Oratio I, p. 6) versichert, dass Claudius auf recht-, ja heiligmäßige Weise die Herrschaft erlangt habe. An der Objektivität eines Verwandten müssen uns indessen Zweifel erlaubt sein. Zum Zeitpunkt seiner Thronbesteigung war Claudius vierundfünfzig Jahre alt.

 

CLAUDIUS REGIERUNG SEINE MILDE UND GERECHTIGKEIT

Die Belagerung von Mailand wurde fortgesetzt, und Aureolus musste bald entdecken, dass ihm aus seinen erfolgreichen Ränken nur ein Gegner mit weitaus größerer Entschlossenheit entstanden war. So bemühte er sich denn, jetzt mit Claudius einen Partnerschaftsvertrag auszuhandeln. ›Sage ihm,‹ so der Kaiser, festen Sinnes wie eh, ›dass er derlei Vorschläge dem Gallienus hätte machen sollen; er hätte sie sich möglicherweise mit Geduld angehört und einen Kollegen akzeptiert, der genauso erbärmlich ist wie er selber.‹ Historia Augusta, Claudius 5. Über Aureolus' letzte Niederlage und die Umstände seines Todes bestehen einige geringfügige Ungereimtheiten. Diese schroffe Zurückweisung und das Scheitern eines letzten Angriffes veranlassten Aureolus endlich, sich und die Stadt auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Das Militärgericht erkannte auf die Todesstrafe, und Claudius willigte nach kurzem Bedenken ein. Auch der Senat nahm sich eifervoll der Sache des neuen Herrschers an. Man stimmte, möglicherweise sogar aufrichtig, für Claudius; und da sein Vorgänger sich nachgerade als Feind der bewährten Ordnung erwiesen hatte, hielt man unter seinen Freunden und Verwandten im Namen der Gerechtigkeit furchtbare Musterung. Dem Senat wurde das undankbare Amt überlassen, die Strafen zu verhängen, und der Kaiser selbst beanspruchte für sich das Vergnügen und das Verdienst, durch persönliches Eingreifen eine Generalamnestie zu bewirken. Aurelius Victor, Gallienus. Das Volk verlangte lauthals nach der Verurteilung des Gallienus. Der Senat beschloss, dass seine Verwandten und sein Sklave kopfüber die gemonianischen Stufen herabgestürzt werden sollten. Einem besonders niederträchtigen Finanzbeamten wurden die Augen ausgerissen, während er befragt wurde.

Diese ungewöhnliche Milde legt von Claudius' wahrem Charakter weniger Zeugnis ab als eine eher nebensächliche Begebenheit, bei der er ersichtlich nur der Stimme seines Herzens folgte. Die häufigen Aufstände hatte nahezu jedermann in irgendeiner Weise zum Verräter werden lassen, und fast jedes Landgut hatte unter Konfiskationen zu leiden gehabt; Gallienus hatte sich oft großzügig gezeigt, indem er das Eigentum seiner Untertanen unter seine Offiziere verschleuderte. Am Tage der Thronbesteigung des Claudius fiel ihm eine alte Frau zu Füßen nieder und klagte bitterlich, dass einer der Generäle des verstorbenen Kaisers ihr ohne Rechtsgrund einen beträchtlichen Teil ihres väterlichen Erbes fortgenommen habe. Dieser General nun war Claudius selbst, der demnach von den Verderbnissen jener Tage auch nicht ganz frei war. Der Kaiser errötete, aber er rechtfertigte dennoch das Vertrauen, das die Frau in seinen Gerechtigkeitssinn gesetzt hatte. Sein Schuldeingeständnis sowie ein sofortiger und großzügiger Ersatz waren Sache eines Augenblickes. Zonaras, 12,26.

 

ARMEEREFORM GOTENEINFALL

Zu dem dornenreichen Geschäft der Wiederherstellung der alten Reichsherrlichkeit, welches Claudius sich auferlegt hatte, gehörte zuallererst die Notwendigkeit, in der Armee den Geist der Ordnung und des Gehorsams neu zu beleben. Mit der Autorität, die nur einem gestandenem Befehlshaber zu eigen ist, führte er ihnen vor Augen, dass die Lockerung der Disziplin eine lange Serie von Aufruhr und Unordnung hervorgerufen habe, deren Auswirkungen die Soldaten mittlerweile selbst zu spüren bekommen hätten; dass ein Volk, bis aufs Blut ausgeplündert und völlig apathisch, nicht weiterhin einer mächtigen Armee die Mittel für ihren Luxus oder wenigstens für die normale Verpflegung werde bereitstellen können; dass jeder Einzelne infolge der Militärdiktatur unter erhöhtem Risiko zu leben gezwungen sei, da Herrscher, die auf ihrem Throne bebten, ihr Überleben durch die bedenkenlose Hinopferung jedes missliebigen Untertanen zu retten bereit seien. Den Schaden, den unkontrollierte Willkür hervorrufe, so der Kaiser weiter, müssten am Ende die Soldaten mit ihrem eigenen Blute begleichen, folgten doch auf ihre umstürzlerischen Kaisererhebungen regelmäßig Bürgerkriege, welche die Blüte der Legionen dahinrafften, entweder auf dem Schlachtfeld oder infolge des zügellosen Missbrauchs ihres Sieges. In den lebhaftesten Farben entwarf er ihnen ein Bild von dem erschöpften Staatsschatz, dem erbarmungswürdigen Zustand der Provinzen, von den ungenierten Übergriffen raubsüchtiger Barbaren und endlich auch davon, dass der römische Name der Welt zum Ekel geworden sei. Gegen die Barbaren werde er die ersten Anstrengungen der römischen Waffen richten. Tetricus möge noch für eine Weile den Westen regieren, Zenobia sich des Ostens erfreuen. Zonaras erwähnt bei dieser Gelegenheit den Postumus; aber die Senatsprotokolle belegen (Historia Augusta, Claudius 4), dass Tetricus schon Kaiser der westlichen Provinzen war. Diese Thronräuber seien seine persönlichen Feinde; doch sei es ihm ferne, sich privatem Rachegedanken zu überlassen, solange er nicht das Reich gerettet habe, dessen drohender Untergang, man beugte ihm denn rechtzeitig vor, Armee und Volk unfehlbar zerschmettern würde.

 

EINFALL DER GOTEN A.D.269 IHRE NIEDERLAGE

Die verschiedenen germanischen und samartischen Völker, die unter dem Banner der Goten fochten, hatten inzwischen nämlich eine Streitmacht aufgestellt, die noch fürchterlicher war als alles, was bis dahin das Schwarze Meer verlassen hatte. An den Ufern des Dnjestr, einem der großen Ströme, die in dieses Binnenmeer münden, zimmerten sie eine Flotte von zwei-, womöglich sogar sechstausend Schiffen; Die Historia Augusta nennt die kleinere, Zonaras die größere Zahl. Seine sprudelnde Phantasie vermochte Montesquieu, der letzteren den Vorzug zu geben. diese Anzahl, wie unglaubwürdig sie auch sein mag, hätte niemals ausgereicht, die angeblichen dreihundertundzwanzigtausend Barbaren zu befördern. Wie hoch auch immer die wirkliche Zahlenstärke der Goten gewesen sein mag, die Wirkung und der Ausgang des Unternehmens standen in einem schlechten Verhältnis zu den gewaltigen Zurüstungen. Während der Bosporus-Passage wurden die offenbar unkundigen Lotsen durch die Strömungsverhältnisse überfordert; und als sich die Masse der Schiffe in der engen Wasserstraße verkeilte, wurden viele von ihnen gegeneinander oder an den Strand geworfen. Die Barbaren machten einige Ausfälle auf das europäische und asiatische Festland; aber das offene Land war ja nun bereits geplündert, und von den befestigten Städten, an die sie sich heranmachten, mussten sie sich mit Schande und Verlust zurückziehen. Mutlosigkeit und die Tendenz zur Auflösung machten sich breit unter dem Schiffsvolk; einige Stammeshäuptlinge segelten nach Zypern und Kreta ab, aber die Hauptstreitmacht, die etwas festeren Sinn bewahrt hatte, ging schließlich am Fuße des Athosgebirges vor Anker und begann mit der Belagerung von Thessaloniki, der reichen Hauptstadt der makedonischen Provinzen. Ihre Angriffe, die sie mit hitzigem Mute, aber nicht eben nach den Regeln der Kriegskunst vortrugen, wurden alsbald durch Claudius gestört, welcher sich in Eilmärschen dem Schauplatz nahte, der die Anwesenheit eines kriegserprobten Herrschers an der Spitze der verbliebenen Streitmacht des Reiches erforderte. Sofort brachen die Goten, welche es nach offener Feldschlacht verlangte, die Belagerung von Thessaloniki und ihr Feldlager ab, ließen ihre Flotte an Athos-Vorgebirge zurück, durchstürmten das makedonische Hügelland, begierig, dem letzten Verteidiger Italiens zu begegnen.

 

STANDHAFTIGKEIT DES CLAUDIUS IN BEDRÄNGTER LAGE

Wir besitzen den Originaltext eines Briefes, den Claudius in diesem historischen Augenblick an den Senat und das Volk gerichtet hat. ›Patres conscripti‹, schrieb der Kaiser, ›wisst, dass dreihundertundzwanzigtausend Goten in römisches Territorium eingedrungen sind. Sollte ich siegen, so wird eure Dankbarkeit mein schönster Lohn sein. Sollte ich fallen, so denkt daran, dass ich das Erbe des Gallienus anzutreten hatte. Das ganze Land liegt erschöpft und ausgeplündert. Wir müssen jetzt kämpfen, nachdem ein gerechter Zorn den Valerian, Ingenuus, Regillianus, Lollianus, Posthumus, Celsus und tausend andere gegen Gallianus rebellieren ließ. Uns fehlen nun Pfeile, Schilde, Speere. Das Mark des Reiches, Gallien und Spanien, ist von Tetricus besetzt, und wir erröten darüber, dass die Bogenschützen des Ostens unter dem Banner der Zenobia vereinigt sind. Was immer wir erreichen werden, ist deshalb aus sich selbst heraus groß‹. Trebellinius Pollio in der Historia Augusta, Claudius 7. Die melancholische Seelenstärke, die aus diesen Zeilen spricht, lassen einen Helden erkennen, der sich in sein Schicksal gefunden hat, sich der Gefahr bewusst ist und der dennoch in sich selbst genügend Rückhalt findet.

 

SIEG ÜBER DIE GOTEN

Die nun folgenden Ereignisse übertrafen seine Erwartungen und die der ganzen Welt. Durch einen vollständigen Sieg befreite er das Reich von seinen barbarischen Feinden, und die Nachwelt ehrte ihn hierfür mit dem Beinamen des Claudius Goticus. Die wirre Geschichtsschreibung dieses ungewöhnlichen Krieges Historia Augusta zu Claudius, Aurelian, Probus; Zosimos 1,42; Zonaras 12,26; Aurelius Victor, Epitome; Victor junior, Caesares; Eutropius 9,11; Eusebios, Chronica. lässt leider nicht zu, dass wir die Abfolge und genaueren Umstände seines Feldzuges zuverlässig rekonstruieren können; aber, ein wenig Phantasie zugestanden, können wir dieses außergewöhnliche Drama in drei Akte untergliedern. – I. Die Entscheidungsschlacht wurde bei Naissus ausgetragen, einer Stadt in Dardanien. Zunächst mussten die römischen Legionen vor der schieren Überzahl und wegen anderer Widrigkeiten zurückweichen. Ihr Untergang war bereits besiegelt, hätte nicht ihr Feldherr in kluger Voraussicht genau zum richtigen Zeitpunkt für Entsatz gesorgt. Eine große Heeresabteilung, die plötzlich aus den verborgenen und unwegsamen Pässen der umliegenden Berge hervorbrach – hier hatte sie auf seine Anordnung hin Stellung bezogen – griff die siegreichen Goten im Rücken an. Dieser verheißungsvolle Augenblick wurde durch die weiteren Maßnahmen des Claudius ausgebeutet: er belebte seinen Truppen den Mut, ordnete ihre Stellung neu und ließ die Barbaren von allen Seiten attackieren. Fünfzigtausend Mann, so heißt es, sollen in der Schlacht bei Naissus gefallen sein. Mehrere ansehnliche Abteilungen der Barbaren, die ihren Rückzug mit schweren, beweglichen Wagen deckten, zogen sich vom Ort des Grauens zurück, oder besser: entkamen ihm.

II. Vermutlich haben einige unüberwindliche Schwierigkeiten, etwa die Erschöpfung oder der Ungehorsam auf Seiten der Sieger Claudius daran gehindert, an einem Tage den Untergang der Goten zu vollenden. Der Krieg griff auf die Provinzen Mösien, Thrakien und Makedonien über und verzettelte sich in eine lose Folge von Märschen, Überfällen und Scharmützeln zu Lande und zu Wasser. Niederlagen, die die Römer gelegentlich wohl auch erlitten, waren gewöhnlich der Feigheit oder überhastetem Handeln zuzuschreiben; aber die überlegene Feldherrenkunst des Kaisers, seine umfassenden Kenntnis der Region, seine wohlerwogenen Maßnahmen und die geschickte Auswahl von Unterbefehlshabern stellte doch in den meisten Fällen den Sieg seiner Waffen sicher. Die unermessliche Beute bestand zum größten Teil aus Vieh und aus Sklaven. Auserlesene gotische Jugendliche wurden in die kaiserlichen Truppen eingereiht, die anderen in die Sklaverei verkauft; und so groß war die Zahl der weiblichen Gefangenen, dass jeder Soldat zusätzlich zu seinem Anteil auch noch zwei bis drei Frauen erhielt. Aus diesem Umstand mögen wir schließen, dass die Eroberer es nicht nur auf Plünderei abgesehen hatten, sondern auch mit Siedlungsplänen umgingen: Selbst auf ihren See-Unternehmungen wurden sie von ihren Familien begleitet.

III. Der Verlust ihrer Flotte, die entweder gesunken oder römische Beute war, hatte den Goten den Rückzug abgeschnitten. Ein riesiger Kreis römischer Vorposten, mit Bedacht verteilt und mit Nachschub wohlversehen, konzentrierte seinen Vormarsch immer mehr auf ein Zentrum hin und drängte so die Barbaren in die unwegsamsten Gebiete des Hämusgebirges, wo sie zwar geschützt, aber von jedem Nachschub abgeschnitten waren. Während des folgenden, sehr schweren Winters wurden sie von den Truppen des Kaisers belagert, und Hunger, Krankheit, Flucht und schließlich auch das Schwert lichteten beständig ihre Reihen. Als der Frühling kam, stand nur noch eine kleine, zum Tode entschlossen Mannschaft unter Waffen, das Überbleibsel jener gewaltigen Heeresmacht, die zuvor in der Dnjestrmündung an Bord gegangen war.

 

TOD DES CLAUDIUS QUINTILIUS' KURZES GASTSPIEL

Die Seuche, die unter den Goten so furchtbar gewütet hatte, wurde schließlich auch ihren Bezwingern zum Verhängnis. Nach zwei kurzen, wenn auch ruhmreichen Regierungsjahren verschied Claudius zu Sirmium, von den Tränen und Segenswünschen seiner Untertanen begleitet. Im letzten Stadium seiner Krankheit berief er die wichtigsten Staatsbeamten und Militärs zu sich und anempfahl in ihrem Beisein Aurelianus, Folgt man Zonaras, legte Claudius ihm noch vor seinem Tod den Purpur an; aber diesem einzigartige Vorkommnis widersprechen andere Autoren, als dass sie es bestätigten. einen seiner Generäle, als den geeignetsten Nachfolger, der zugleich die besten Voraussetzungen mitbringe, den großen Plan zur Reife zu bringen, den er lediglich ins Leben rufen durfte. Die Tugenden des Claudius, sein Mut, seine Umgänglichkeit, sein Gerechtigkeitssinn und seine Besonnenheit, schließlich auch die Liebe zu seinem Land: dies alles reiht ihn in die kurze Liste derjenigen Kaiser, die den Glanz des römischen Purpurs gemehrt haben. Diese Tugenden wurden mit besonderem Eifer und Behagen von den Hofschreibern aus dem Zeitalter Constantins hervorgehoben, welcher der Urenkel des Crispus war, Claudius' älterem Bruder. Rasch lernte die Stimme der Schmeichelei es hervorzuheben, dass die Götter, die den Claudius so früh von der Erde abberufen hätten, seine Verdienste und Frömmigkeit dadurch belohnten, dass sie seine Familie mit dem ewigwährenden Herrscherrecht beschenkt hätten. Vgl. die Vita des Claudius von Trebellinius Pollio und die Reden des Mamertinus, Eumenius und Iulianus; dazu Iulianus, Caesares p.313. Bei Iulianus war es nicht Schmeichelei, sondern Aberglaube und Eitelkeit.

Jener Göttersprüche ungeachtet gedieh diese Flavische Familie (welchen Namen anzunehmen sie für gut befunden hatte) erst zwanzig Jahre später zur Blüte, während die Größe des Claudius für seinen Bruder Quintilius den sofortigen Untergang bedeutete, denn er besaß weder die Selbstbescheidung noch den Mut, sich in das Privatleben zurückzuziehen, zu dem ihn der Patriotismus seines Bruders verurteilt hatte. Ohne zu zögern und nachzudenken nahm er in Aquileia den Purpur an sich, wo er über beträchtliche Truppenkontingente befehligte; und wenn seine Herrschaft auch nur siebzehn Tage währte, so reichte die Zeit doch hin, dass er eine Bestätigung durch den Senat erhielt und in seiner Truppe eine Meuterei erlebte. Sobald er hörte, dass die mächtige Donauarmee die bewährte Stärke des Aurelianus mit kaiserlichem Purpur geschmückt habe, sank er vor dem Ruhm und der Größe seines Gegners in den Staub, ließ sich die Pulsadern durchtrennen und entzog sich so weislich der ungleichen Auseinandersetzung. Zosimos 1,47. Die Historia Augusta, Claudius 12, sagt ihm einige Tugenden nach und berichtet, dass er wie Pertinax von einer marodierenden Soldateska ermordet wurde; folgt man Dexippus, starb er an einer Krankheit.

 

AURELIANUS' ERFOLGREICHE REGENTSCHAFT

Inhalt und Zielsetzung dieses Werkes gestatten es uns nicht, jedwede Maßnahme eines Herrschers nach seiner Thronbesteigung in allen Einzelheiten auszubreiten, geschweige denn die verschiedenen Fügungen seines privaten Lebens darzulegen. Wir halten deshalb nur fest, dass der Vater des Aurelian ein Bauer aus Sirmium war, der ein kleines Gut aus dem Besitz des Senators Aurelianus zur Pacht hatte. Sein militärisch veranlagter Sohn meldete sich früh als einfacher Soldat zur Armee, arbeitete sich Schritt für Schritt zum Centurio empor, zum Tribun, zum Legionspräfekten, zum Lagerinspektor, zum General, oder, wie es damals hieß, zum Grenzfürsten; endlich wurde er während der Gotenkriege in das wichtige Amt des kommandierenden Generals der Kavallerie befördert. In jeder dieser Karrierestufen zeichnete er sich durch unermüdliche Körperkraft Theoclius (Historia Augusta, Aurelian 13) bekräftigt, dass er an einem einzigen Tage achtundvierzig Sarmatiner mit eigener Hand getötet habe und in verschiedenen späteren Treffen neunhundertundfünfzig. Diese heroischen Kraft-Taten wurde von den Soldaten bewundert und in ihren ungehobelten Liedern gefeiert, deren Kehrreim lautete: mille, mille, mille occidit . [Tausend, tausend, tausend / hat er umgelegt]. aus, durch straffe Disziplin und durch Erfolg. Kaiser Valerian ernannte ihn zum Konsul, welcher ihn in dem prahlsüchtigen Sprachduktus jener Zeit den Befreier Illyriens, den Wiederhersteller Galliens und den Rivalen der Scipionen nennt. Auf Empfehlung des Valerianus adoptierte Ulpius Crinitus, ein Senator von höchstem Rang und Blutsverwandter Traians, den pannonischen Bauern, gab ihm seine Tochter zur Frau und befreite mit seinem großen Vermögen Aurelian von dem Zustande der ehrbaren Armut, die er unbeschadet überstanden hatte. Acholius (in der Historia Augusta, Aurelian 13) beschreibt eine solche Adoptionszeremonie, wie sie in Byzanz in Gegenwart der des Kaisers und den Großen der Krone durchgeführt wurde.

 

AURELIANS STRENGE REGIERUNG

Aurelians Herrschaft dauerte lediglich vier Jahre und neun Monate; aber jeder Moment dieser kurzen Zeitspanne war durch irgendeine besondere Tat unvergänglich. Er beendete die Gotenkriege, strafte die Germanen ab, welche Italien heimsuchten, entwand Gallien, Spanien und Britannien den Händen des Tetricus und zerstörte die stolze Monarchie, welche Zenobia im Osten auf den Trümmern des heimgesuchten römischen Reiches errichtet hatte.

Es war in erster Linie die nachdrückliche Aufmerksamkeit, die Aurelian noch den geringsten Erfordernissen des Dienstes widmete, welche seinen Waffen diese ununterbrochene Folge von Siegen bescherte. In einem Brief an einen subalternen Offizier legt er mit Bestimmtheit seine diesbezüglichen Vorstellungen dar, welchen Geltung zu verschaffen er ihm auferlegte, wenn er denn an dem Amte eines Militärtribunen oder an seinem Leben noch weiteres Interesse habe. Spielen, Saufen und Wahrsagerei waren strengstens untersagt. Aurelian erwartete von seinen Soldaten, dass sie sich bescheiden, nüchtern und eifrig aufführten; dass ihre Waffen ständig in gepflegtem Zustande, ihre Schwerter scharf und ihre Kleidung und Pferde zu jedwedem sofortigen Einsatz bereit seien; dass sie ehrbar und in Züchten in ihren Quartieren leben sollten, ohne die Kornfelder zu ruinieren oder auch nur ein Schaf, ein Huhn oder eine Weintraube zu stehlen und ohne ihren Quartiergebern Salz, Öl oder Brennholz abzufordern. ›Die öffentliche Großzügigkeit,‹ fuhr der Herrscher fort, ›sorgt hinreichend für ihren Sold; die Quelle ihres Wohlergehens sollten feindliche Beute und nicht die Tränen der Provinzbewohner sein.‹ Historia Augusta, Aurelia 7. Dieser Brief stammt in seiner lakonischen Kürze mit Sicherheit aus der Hand eines Soldaten; es ist durchsetzt mit militärischen Redensarten und Fachausdrücken, von denen mehrere nur unter Schwierigkeiten zu verstehen sind. Ferramenta samiata wird von Salmasius zutreffend erklärt: Das erste Wort bezeichnet alle Arten von Angriffswaffen, im Gegensatz zu arma, Verteidigungswaffen. Das zweite Wort meint scharf, gut geschliffen. Ein einziges Beispiel möge dienen, die Strenge, um nicht zu sagen, die Grausamkeit des Aurelian zu veranschaulichen. Einer der Soldaten hatte die Frau seines Quartiergebers verführt. Der überführte Missetäter wurde an zwei Bäume festgebunden, die man gewaltsam zueinander herabgebogen hatte und, als man sie dann plötzlich losließ, in Stücke gerissen. Ein paar von solchen Beispielen riefen heilsames Entsetzen hervor. Aurelians Strafen waren fürchterlich; aber nur selten fand er Gelegenheit, dasselbe Vergehen mehrmals zu bestrafen. Sein eigenes Beispiel verlieh seinen Vorschriften Glaubwürdigkeit, und bis dato aufwieglerischen Legionen lernten einen Oberbefehlshaber fürchten, welcher gelernt hatte zu gehorchen und nun zu Recht das Kommando führen mochte.

 

FRIEDENSSCHUSS MIT DEN GOTEN

Der Tod des Claudius hatte den sinkenden Mut der Goten neuerlich belebt. Die Truppen, welche die Gebirgspässe am Haimos und die Donau zu bewachen hatten, wurden in Erwartung eines Bürgerkrieges abgezogen; und es klingt plausibel, dass die zurückgebliebenen Goten und Vandalen die günstige Gelegenheit beim Schopfe packten, ihre Siedlungen in der Ukraine aufgaben, die Flüsse überquerten und durch großem Zulauf die Masse ihrer plündernden Landsleute vermehrten. Diese vereinigten Horden trafen endlich auf Aurelian, und lediglich das Hereinbrechen der Dunkelheit beendete das ebenso blutige wie offene Gefecht. Zosimos 1,48. Zermürbt durch das unmessbare Leid, das man sich im Laufe von zwanzig Jahren Krieg gegenseitig zugefügt hatte, bequemten sich Römer und Goten zu einem dauerhaften und segensreichen Friedensschluss. Die Barbaren baten aufrichtig darum und die Legionen, denen diese wichtige Frage zur Entscheidung vorzulegen Aurelian klug genug gewesen war, stimmten von Herzen darein:

Die Goten stellten zweitausend Mann – größtenteils Kavallerie – als Hilfstruppen für die Römer ab und handelten im Gegenzug freien Abzug aus sowie freien Marktverkehr unter kaiserlicher Oberaufsicht bis an die Donau. Dieser Vertrag wurde mit nachgerade religiösem Eifer eingehalten, so dass einmal, als sich eine Gruppe von fünfhundert Mann aus Lust am Plündern aus dem Lager entfernt hatten, der König – oder der General – der Barbaren anordnete, dass die schuldigen Anführer gebunden und mit Pfeilen erschossen werden sollten, welches Opfer die Heiligkeit ihrer Verträge wiederherstellen sollte. Es ist indessen nicht auszuschließen, dass die Voraussicht des Aurelian, der sich Söhne und Töchter der gotischen Stammeshäuptlinge als Geiseln ausbedungen hatte, zu dieser friedlichen Gesinnung ebenfalls beigesteuerte. Die Jungmannen ließ er im Gebrauch römischer Waffen einüben, wobei dies in seiner Nähe stattfinden musste, den Maiden hingegen ließ er eine liberal-römische Erziehung angedeihen und stiftete dadurch, dass er sie mit seinen wichtigsten Offizieren verheiratete, zwischen beiden Völkern die engsten und zärtlichsten Verbindungen. Dexippos (Excerpta legationum, p.19) berichtet von dem Vorgang, als seien es Vandalen. Aurelian verheiratete eine der gotischen Damen mit seinem General Bonosus, welcher es im Trinken mit den Goten aufnehmen und ihnen so einige ihrer Geheimnisse ablauschen konnte.

 

DIE PROVINZ DAKIEN

Aber das wichtigste Detail wurde in dem Vertrag nicht ausdrücklich festgehalten, sondern stillschweigend vorausgesetzt. Aurelian zog die römischen Truppen aus Dakien ab und verzichtete zugunsten der Goten und Vandalen auf diese große Provinz. Historia Augusta, Aurelian 39; Eutropius 9,15; Sextus Rufus 9; Lactantius, De mortibus persecutorum 9. Die handgreiflichen Vorteile, die in dieser Verkürzung der römischen Grenzen lag, machten ihm seinen beherzten Entschluss leicht und halfen ihm über die äußerliche Schmach hinweg. Die dakischen Untertanen, die diese abgelegenen Provinzen verließen, welche sie ohnehin weder kultivieren noch verteidigen konnten, mehrten die Bevölkerungsstärke der Länder südlich der Donau. Ein fruchtbarer Landstrich, welchen die wiederholten Barbareneinfälle in eine Wüste verwandelt hatten, ward ihrem Fleiße anvertraut, und in dem Namen der neuen Provinz Dakien lebte die Erinnerung an Trajans Eroberung fort. In dem alten Lande gleichen Namens indessen blieb noch eine beträchtliche Anzahl Alteingesessener zurück, welche ein Auswandern mehr fürchteten als die Ankunft ihrer neuen gotischen Herren. Die Bewohner der Walachei (Rumänien) bewahren bis heute noch viele Spuren der lateinischen Sprache und haben sich zu allen Zeiten ihrer römischen Herkunft gerühmt. Sie sind von Barbaren umgeben, aber entschieden nicht mit ihnen vermischt. Vgl. d'Anville über Dakien in Mémoires de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, Bd.30.

Diese verkommenen Römer waren auch weiterhin dem Imperium, dem sie die Treue aufgekündigt hatten, nutzbringend, indem sie ihren Eroberern die erste Bekanntschaft mit dem Ackerbau, den nützlichen Künsten und den Annehmlichkeiten des kultivierten Lebens vermittelten. Zwischen den gegenüberliegenden Donauufern entstand allmählich eine Annäherung des Handels und der Sprache; und nachdem sich Dakien erst einmal als eigenständiger Staat etabliert hatte, wurde es zu einem der zuverlässigsten Bollwerke gegen die Einfälle der Wilden aus dem Norden. Die mittlerweile sesshaften Barbaren bildeten schon aus Eigeninteresse eine Art Bündnis mit Rom, und eine beständige Beziehung dieser Art mag zu aufrichtiger und fruchtbringender Freundschaft heranreifen. Diese buntscheckige Einwohnerschaft, welche das antike Dakien besiedelte und sich allmählich zu einem einzigen großen Volke vermischte, anerkannte endlich des Gotenvolkes höheren Ruhm und Ansehen und beanspruchte für sich die – wenn auch nur eingebildete – Ehre einer skandinavischen Abkunft. Zugleich festigte die hübsche, wiewohl rein zufällige Ähnlichkeit mit dem Namen der Geten in den leichtgläubigen Goten die naive Überzeugung, dass bereits in unvordenklichen Zeiten ihre eigenen Vorfahren in Dakien Wohnsitze gehabt, dort von Zamolxis Weisung empfangen und die siegreichen Waffen des Sesostris und Darius aufgehalten hätten. Siehe Jordanes, Getica 1. Die Vandalen hingegen siedelten zwischen den Flüssen Marisia und Crisia (Maros und Körös, Nebenflüssen der Theiss) in kurzlebiger Unabhängigkeit.

 

KRIEG GEGEN DIE ALAMANNEN

Während also Aurelians ebenso energische wie durchdachte Kriegsführung die illyrische Grenze wiederherstellte, verletzten die Alamannen Dexippos, fr.25; Zosimos 1,49; Vopiscus, Aurelian 18 in der Historia Augusta. Wenngleich die Nomenklatur dieser Autoren uneinheitlich ist (Alamanni, Juthungi und Marcomanni), bezeichnen sie dennoch ersichtlich dieselben Völkerschaften und denselben Krieg; es bedarf jedoch einiger Sorgfalt, sie miteinander in Einklang zu bringen und zu deuten. die Friedensvereinbarungen, die entweder Gallienus erschachert oder Claudius diktiert hatte und eilten, durch ihre ungeduldige Jugend zusätzlich befeuert, zu den Waffen. Vierzigtausend Reiter erschienen auf dem Plan, Cantoclarus entscheidet sich hier mit der ihm eigenen Genauigkeit für die Übersetzung ›dreihunderttausend‹ und verstößt dadurch gegen beides, den Sinn und die Grammatik. und das Fußvolk übertraf sie noch um das Doppelte. Wir dürfen als ein Beispiel für schlechten Geschmack hier mitteilen, dass Dexippus für die Leichte Infanterie der Alamannen termini technici verwendet, die ausschließlich für die griechische Phalanx passen. Die ersten Objekte ihrer Raubbegierde waren einige Städte an der rhätischen Grenze; als aber mit ihren Erfolgen auch ihre Hoffnungen wuchsen, zog sich bald eine Spur der Verwüstung von der Donau bis zum Po. Bei Dexippus lesen wir vorläufig Rhodanus; aus wohlerwogenen Gründen verbessert Herr de Valois zu Eridanus..

 

A.D. 270

Dem Kaiser erhielt vom Einfall und – fast gleichzeitig damit – vom Rückzug der Barbaren Kunde. Er stellte eine schlagkräftige Truppe zusammen und marschierte unentdeckt und in Eile am Saume der hercynianischen Wälder entlang; die Alamannen, unter ihrer italienischen Beute wankend, erreichten die Donau ohne den geringsten Argwohn, dass auf dem gegenüberliegenden Ufer und in günstiger Stellung sich eine römische Armee verborgen halte, bereit, ihren Rückmarsch abzufangen. Aurelian wog die Barbaren noch mehr in ihrer verhängnisvollen Sicherheit und gestattete ihrer halben Streitmacht, die Donau ohne Störung und ohne flankierende Maßnahmen zu überschreiten. Ihre Lage und ihre Verblüffung schenkten ihm einen leichten Sieg; sein wohlüberlegter Angriff vergrößerte darüber hinaus seinen Vorteil. Er hatte die Legionen halbkreisförmig aufgestellt, ließ die beiden Spitzen dieses Halbmondes die Donau überqueren und nach einem plötzlichen Schwenk zum Zentrum die Nachhut des germanischen Feindes angreifen. Wohin auch immer die Barbaren in ihrer Verwirrung ihre Blicke wandten, sie erblickten entweder ein verwüstetes Land, einen tiefen und reißenden Strom oder einen siegreichen und gnadenlosen Feind.

Unter diesen denn doch hoffnungslosen Bedingungen standen die Alamannen nicht länger an, um Frieden nachzusuchen. Aurelian empfing ihre Unterhändler an der Spitze seines Lagers und mit allem verfügbaren kriegerischem Pomp, der nur irgend Roms Größe zur Schau stellen mochte. Die Legionen waren angetreten, gewappnet, wohlgeordnet und in finsterem Schweigen. Die Oberbefehlshaber waren, zu Pferde und mit den Insignien ihres Ranges versehen, zu beiden Seiten des kaiserlichen Thrones aufgereiht. Dahinter wurden auf langen, silberbeschlagenen Spießen die geheiligten Bildnisse des Kaisers und seiner Vorgänger, Kaiser Claudius II war sicherlich darunter; wir wissen indessen nicht, bis zu welchem rückwärtigen Zeitpunkt man diese respekteinflößende Maßnahme trieb; falls sie bis zu Cäsar und Augustus gereicht haben sollte, muss dies ein sehr einschüchterndes Schauspiel abgegeben haben; eine lange Galerie von Herren der Welt! ferner die Legionsadler und endlich, in goldenen Lettern eingraviert, die diversen Verdienste der Legion gen Himmel gereckt. Als Aurelian seinen Sitz eingenommen hatte, belehrten seine mannbare Würde und sein erhabenes Erscheinungsbild die Barbaren, Vopiscus in der Historia August, Aurelianus 6. wie sie der Person und dem Purpur ihres Besiegers geziemend zu begegnen hätten. Schweigend sanken die Botschafter nieder in den Staub. Man hieß sie sich erheben, es ward ihnen zu sprechen verstattet. Mit Hilfe von Dolmetschern versuchten sie zunächst, ihre Treulosigkeit klein und ihre Heldentaten groß zu reden, verbreiteten sich ausführlich über den Unbestand des Glückes und den Vorteil des Friedens und verlangten mit viel Selbstvertrauen, für das der Zeitpunkt indessen übel gewählt war, beträchtliche Geldmittel als Preis für ihre Heerdienste, die sie den Römern bei dieser Gelegenheit anboten. Die Antwort des Kaisers fiel herrisch-schroff aus. Ihr Angebot könne er nur verachten und über ihr Ansinnen sich nur empören; er ließ die Barbaren wissen, dass sie in den Kriegskünsten ebenso unbedarft seien wie in den Regeln des Friedens; er entließ sie schließlich mit der Versicherung, dass sie nur zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen hätten: sich ihm auf Gnade und Ungnade zu ergeben oder seinen allerhöchsten Zorn zu riskieren. Dexippos lässt ihn eine ausgetüftelte und weitausschweifende Rede halten, würdig eines griechischen Sophisten. An die Goten hatte Aurelian eine abgelegene Provinz darangegeben; diesen vertragsbrüchigen Barbaren zu trauen oder zu verzeihen war hingegen äußerst heikel, hatten sie doch mit ihrer Machtfülle Italien selbst in dauernden Alarmzustand versetzt.

 

ALAMANNEN IN ITALIEN...

Unmittelbar nach diesen Friedensverhandlungen muss irgendeine unerwartete Notlage die Anwesenheit des Kaisers in Pannonien erforderlich gemacht haben. Er übertrug seinen Offizieren, die Unterwerfung der Alamannen zu vollenden, sei es durch das Schwert, sei es durch das zuverlässigere Mittel des Aushungerns. Aber schon oft hat die Verzweiflung in ihrer Bedrängnis über die schläfrige Zuversicht eines sicheren

Erfolges triumphiert. Da den Barbaren der Weg über die Donau und am römischen Lager vorbei unmöglich war, durchbrachen sie die Sperren hinter ihrem Rücken, welche nur schwach oder zu nachlässig bewacht waren; und mit unglaublicher Zähigkeit, aber auf anderem Wege als zuvor drangen sie erneut in die Berge Italiens. Historia Augusta, Aurelian 18. Aurelian, der den Krieg schon längst beendet wähnte, erhielt nun die ärgerliche Nachricht, dass die Barbaren entkommen seien und sich in der Gegend von Mailand übel aufführten. Die Legionen erhielten Weisung, so schnell es bei diesen schwerfälligen Truppenkörpern eben gehen mochte, der raschen Flucht dieses Feindes zu folgen, dessen Infanterie und Kavallerie nahezu mit gleicher Beweglichkeit operierten. Einige Tage später eilte der Kaiser selbst herzu, Italien zu befreien; dies tat er an der Spitze einer auserlesenen Schar von Hilfstruppen (unter ihnen auch Geiseln und Kavallerie der Vandalen) und aller Prätorianer, welche im Kriege an der Donau gedient hatten. Dexippos, fr. 25.

 

...WERDEN VON AURELIAN BESIEGT

Da die leichten Truppen der Alamannen das gesamte Gebiet zwischen Alpen und Apennin überflutet hatten, war das unablässige Bemühen von Aurelian und seinen Offizieren darauf gerichtet, ihre zahllosen Detachements aufzuspüren, zu attackieren und zu verjagen. Neben diesem zählebigen Kleinkrieg werden auch noch drei bemerkenswerte Großgefechte überliefert, in welche die Hauptstreitkräfte beider Völker jeweils verwickelt waren. Aurelius Victor, Epitome 35. Die Ausgänge waren höchst unterschiedlich. In der ersten Schlacht bei Placentia erhielten die Römer eine derartig empfindliche Niederlage, dass nach den Worten eines Chronisten – eines fanatischen Parteigängers von Aurelian – der Untergang des Reiches unmittelbar bevorstand. Vopiscus in der Historia Augusta, Aurelian 21. Die listenreichen Barbaren hielten sich im Walde verborgen und brachen bei Einbruch der Dunkelheit gegen die Legionen vor, welche, wie es scheint, infolge eines langen Marsches erschöpft und von aufgelöster Ordnung waren. Gegen die Wucht ihres Angriffes gab es keinen Widerstand. Nach einem fürchterlichen Gemetzel jedoch versammelte der Kaiser seine Truppen und rettete in einem gewissen Umfang ihre Waffenehre. Die zweite Schlacht ward bei Fano in Umbrien geschlagen; es war just die Stelle, an der fünfhundert Jahre vorher Hannibals Bruder sein Schicksal ereilt hatte. Der kleine Fluss – besser wohl: Wildbach - Metaurus ist in die Unsterblichkeit eingegangen, weil sich ein Historiker wie Livius und ein Dichter wie Horaz seiner angenommen hatten. So weit also waren die Germanen auf der Via Aemilia und Flaminia bereits vorgedrungen, begierig, die schutzlose Herrin der Welt zu schänden. Aber der stets auf die Sicherheit Roms bedachte Aurelian war ihnen bereits auf den Fersen und fand hier den Ort, ihnen eine vollständige und nicht wieder gutzumachende Niederlage beizubringen. Sie ist in einer Inschrift festgehalten, die sich bei Pesaro gefunden hat. S. Gruter, Inscriptiones 286,3. In einer dritten und letzten Schlacht bei Pavia wurden auch noch die flüchtigen Überreste ausgetilgt, und Italien war erlöst von den Einfällen der Alamannen.

 

BAU DER AURELIANISCHEN MAUERN

Furcht war noch immer die Mutter des Aberglaubens gewesen, und jedwede neue Kalamität drängt Sterbliche in ihrer Angst dazu, durch allerlei Vorkehrungen den Grimm ihres unsichtbaren Feindes abzuwenden. Obgleich nun der beste Schutz des Staates Aurelians Mut und Feldherrentüchtigkeit waren, so war doch zu dem Zeitpunkt, als man die Barbaren stündlich vor den Toren Roms erwartete, die öffentliche Bestürzung derart weit gediehen, dass man im Anschluss an einen Senatsbeschluss die Sibyllinischen Bücher zu Rate zog. Selbst der Kaiser riet zu dieser heilsamen Maßregel, sei es aus Gründen der Staatsklugheit oder aus religiösen Rücksichten; auch schalt er den Senat wegen dessen Bedachtsamkeit ›Man könnte meinen,‹ so seine Worte, ›ihr hättet euch in einer Kirche der Christen und nicht im Tempel aller Gottheiten versammelt.‹ und bot jede Mitwirkung an, welches Opfer an Geld, Tier, Gefangenen welcher Nation auch immer die Götter begehren mochten. Dieses großzügigen Angebotes ungeachtet hat offenbar kein Mensch mit seinem Blute für die Sünden des römischen Volkes büßen müssen. Die sibyllinischen Bücher empfahlen vielmehr Zeremonien unschuldigerer Natur, Prozessionen etwa mit Priestern in weißen Gewändern, begleitet von Jungfrauen- und Knabenchören; Reinigung der Stadt und benachbarter Landstriche; schließlich Opfer, deren wirkmächtiger Einfluss es den Barbaren unmöglich machen sollte, den Boden zu betreten, auf welchem die Rituale vollzogen wurden. So kindisch, für sich genommen, diese Dienste am Aberglauben auch waren, für den glücklichen Ausgang in diesem Kriege waren sie mitverantwortlich; und wenn die Alamannen in der Entscheidungsschlacht bei Fano auf Seiten Aurelians eine Geisterarmee imaginierten, so brachte ihm diese eingebildete Unterstützung ganz reale Vorteile. Vopiscus (Historia Augusta, Aurelian 19 und 20) gibt aus den Senatsprotokollen ausführlichen Bericht über diese Rituale.

 

BEFESTIGUNG ROMS

Indessen: wie fest auch immer das Vertrauen sein mag, das man in derlei virtuelle Schutzwehr setzt, die Erfahrungen der unmittelbaren Vergangenheit und eine gewisse Rest-Skepsis hinsichtlich der Zukunft bestimmten die Römer, auf Schutzwälle von gröberer Natur und handfesterem Material zu sinnen. Romulus' Nachfolger hatten Roms Sieben Hügel mit einer Mauer von mehr als dreizehn Meilen Länge umzirkt. Plinius, Naturalis Historia 3,5. Um diese Angabe zu illustrieren, wollen wir hier anmerken, dass der Coelius für lange Zeit ein Eichenhain war, der Viminal von Kopfweiden überwuchert wurde und der Aventin im IV. Jhdt. als leeres und vereinsamtes Rückzugsgebiet diente; dass der Esquilin bis in die Zeiten eines Augustus eine ungesunde Begräbnisstätte war und dass die zahlreichen Geländeunebenheiten des Quirinal, von denen die Alten erzählen, hinreichend beweisen, dass er nicht bebaut gewesen sein kann. Lediglich das Kapitol und der Palatin waren die ursprünglichen Siedlungsgebiete des römischen Volkes. Dieser Gegenstand würde allerdings eine eigene Anhandlung erforderlich machen. Für die Bedürfnisse eines noch sehr jungen Staates könnte eine solch riesige Anlage überdimensioniert wirken; sie war indessen erforderlich, um ein weitläufiges Acker- und Weidegebiet gegen die wiederholten und unerwarteten Überfälle der Nachbarstämme aus Latium zu schützen, jenen Dauer-Feinden der jungen Republik. Als Rom an Bedeutung zunahm, wuchsen auch die Stadt und ihre Einwohnerzahl; der leere Raum füllte sich, man durchbrach den mittlerweile nutzlosen Wall, siedelte auf dem Marsfeld und legte entlang den öffentlichen Straßen weite, schöne Vorstädte an. Exspatiantia tecta multas addidere urbes, sagt Plinius. [Mit der Ausbreitung der Häuser viele Städte hinzufügen]. Die Länge der neuen, von Aurelian begonnenen und von seinem Nachfolger Probus vollendeten Mauern gab die volkstümliche Schätzung mit fünfzig Meilen an; Historia Augusta, Aurelian 39,2. Lipsius und Isaac Vossius verfechten diese Zahl mit Eifer. genaueres Nachmessen hat diese Angabe auf einundzwanzig Meilen präzisiert. Vgl. Nardini, Roma antiqua, 1,8. Sie aufzufahren war ein großes, aber auch recht trübseliges Geschäft, denn die Notwendigkeit, die Hauptstadt auf diese Weise zu schützen, war ein deutlicher Hinweis auf den Niedergang der Monarchie. Den Römern aus glücklicheren Läuften, die die Sicherheit des Reiches bei der Armee aufgehoben wussten, Tacitus, Historiae 4,23. hatte die Vorstellung, es könne jemals notwendig werden, den Sitz des Reiches gegen ausländische Barbareneinfälle ausgerechnet auf diese Weise zu sichern, noch sehr, sehr fern gelegen. Über die Aurelianischen Mauern s. Vopiscius in der Historia Augusta, Aurelian 21 und 39; Zosimos 1,49; Eutropius 9,15; Aurelius Victor, Aurelian; Victor Iunior, Aurelian; Chroniken von Eusebios, Hieronymus und Hydatius.

 

AURELIAN UND ZWEI GEGENKAISER

Claudius' Sieg über die Goten und Aurelians Erfolg über die Alamannen hatten die alte Überlegenheit der römischen Waffen über die Völker des Nordens wieder hergestellt. Dem letzteren dieser martialischen Herrscher blieb es auch aufgespart, Tyrannen im Inneren zu züchtigen und die auseinander fallenden Glieder des Reiches neuerlich zusammenzuführen. Obwohl von Volk und Senat als rechtmäßig anerkannt, war seine Herrschaft nur noch auf Italien, Afrika, Illyricum und Thrakien beschränkt, während Gallien, Spanien, Britannien, Ägypten, Syrien und Kleinasien sich immer noch im Besitze von zwei Rebellen befanden, welche als einzige von Vielen den Gefahren ihrer Stellung bis dato entgangen waren; und um dieser Schande Roms eine weitere hinzuzufügen: Diese rivalisierenden Throne hielten Frauen besetzt.

 

AUFEINANDER FOLGENDE THRONRÄUBER IN GALLIEN

In rascher Folge waren Könige in Gallien emporgekommen und wieder untergegangen. Die strenge Tugendhaftigkeit eines Posthumus diente lediglich dazu, seinen Untergang zu beschleunigen: Nach der Unterdrückung eines Mitberbers, der den Purpur zu Mainz angenommen hatte, verweigerte er seinen Truppen die Plünderung dieser empörerischen Stadt; und so wurde er im siebenten Jahr seiner Herrschaft das Opfer ihrer frustrierten Habsucht. Sein Mitbewerber war Lollianus oder Aelianus, wenn diese Namen denn dieselbe Person bezeichnen. Vgl. Tillemont, Histoire des empereurs, Bd.3, p.1177. Der Tod des Victorinus hatte weniger achtbare Ursachen. Die exzellenten Fähigkeiten dieses Herrschers Die Charakterisierung dieses Herrschers durch Iulius Aterianus (Historia Augusta, Tyrannen 6) verdient eine Wiedergabe, da sie ausgewogen und unparteiisch erscheint: Victorino, qui post Iunium Posthumum Gallias rexit, neminem existimo praeferendum; non in virtute Trajanum; non Antoninum in clementia: non in gravitate Nervam: non in gubernando aerario Vespasianum; non in censura totius vitae ac severitate militari Pertinacem vel Severum. Sed omnia haec libido et cupiditas voluptatis mulierariae sic perdidit, ut nemo audeat virtutes eius in literas mittere quem constat omnium iudicio meruisse puniri. [Nach meiner Einschätzung ist dem Victorinus, welcher nach Iunius Postumus über Gallien herrschte, niemand vorzuziehen: weder an Tapferkeit Traian; noch an Milde Antoninus; noch an Würde Nerva; noch in der Finanzpolitik Vespasian; noch an asketischer Lebensführung oder soldatischer Tugend Pertinax oder Severus. Aber alle diese Vorzüge hat er durch seinen Geschlechtstrieb und sein Verlangen nach Frauen derart zunichte gemacht, dass sich niemand getraute, seine Vorzüge schriftlich darzustellen, da er doch nach allgemeiner Auffassung nur Strafe verdiente]. wurden überdunkelt von einem ungezwungenem Geschlechtstrieb, den er bis an die Grenze zur Gewalttätigkeit auslebte, die bürgerlichen Gesetze oder wenigstens die der Liebe ungescheut missachtend. Er vergewaltigte die Frau der Attitianus, eines actuarius oder Heeresagenten. Historia Augusta, Tyrannen 6. Er wurde zu Köln von einer Rotte gehörnter Ehemänner totgeschlagen, deren Rachetat sich ehrsamer ausgenommen hätte, wenn sie seinen unschuldigen Sohn verschont hätten. Nach der Ermordung so vieler tapferer Herrscher ist es nachgerade überraschend, dass eine Frau für längere Zeit die ungebärdigen Legionen Galliens an der Kandare hielt, besonders da sie die Mutter jenes unglückseligen Victorinus war. Mit Hilfe von Geld und allerlei Ränken war es Victoria gelungen, Marius und Tetricus auf dem Thron zu installieren, um dann mit männlicher Energie durch jene zwei Marionetten zu regieren. In ihrem Namen wurden Kupfer-, Silber- und Goldmünzen geprägt; sie nannte sich Augusta und Mutter der Legionen. Ihre Macht endete zusammen mit ihrem Leben; aber ihr Leben wurde möglicherweise durch den undankbaren Tetricus verkürzt. Trebellius Pollio widmet ihr einen eigenen Beitrag unter den Dreißig Tyrannen. Historia Augusta 30.

 

REGIERUNG UND ENDE DES TETRICUS

Als Tetricus auf Betreiben seiner ambitionierten Patronin mit königlichen Insignien angetan wurde, war er Statthalter der schläfrigen Provinz Aquitanien, zu welchem Amt er nach Eignung und Ausbildung geschickt war. Er regierte dann vier oder fünf Jahre über Gallien, Spanien und Britannien als Gegenkönig und gleichzeitig als Sklave einer ausgelassenen Armee, vor der ihm bange war und die ihn verachtete. Der Mut Aurelians eröffnete ihm endlich die Aussicht auf ein besseres Schicksal. So riskierte er es schließlich, dem Kaiser seine trübselige Lage zu offenbaren und ihn zu beschwören, einen glücklosen Gegner zu erlösen. Wäre diese Geheimkorrespondenz in die Hände der Soldaten gelangt, so hätte dies Tetricus zuverlässig das Leben gekostet; auch konnte er unmöglich das Szepter des Westens ablegen, ohne sich selbst zu verrate. So täuschte er einen drohenden Bürgerkrieg vor, führte seine Truppen gegen Aurelian ins Feld, stellte sie taktisch denkbar ungünstig auf, verriet dem Feinde seine eigenen Kriegslisten und wechselte mit ein paar handverlesenen Freunden gleich zu Beginn der Schlacht ins gegnerische Lager über. Obwohl die abtrünnigen Legionen durch diesen unerwarteten Verrat ihres Herren in heillose Unordnung gerieten, verteidigten sie sich mit dem Mute der Verzweiflung, bis schließlich alle Mann für Mann niedergemacht waren. Trebellius Pollio in der Historia Augusta, Tyrannen 5; Vopiscus in der Historia Augusta, Aurelian 26 und 32; die beiden Victor, Viten des Gallienus und Aurelian; Eutropius 9,13; Eusebios, Chronica. Von allen diesen Autoren verlegen nur die beiden letzten (diese aber mit hoher Wahrscheinlichkeit) den Untergang des Tetricus vor den der Zenobia. Herr de Boze (in den Mémoires de l'Académie des Inscriptions, Bd.30) will ihnen nicht folgen und Tillemont (Histoire des empereurs, Bd. 3, p. 1189) getraut sich nicht. Ich war hier gerechter als der eine und beherzter als der andere. Diese Schlacht, ebenso blutig wie erinnerungswürdig, fand in der Nähe von Chalons in der Campagne statt. Die Bundesgenossen dieser Rebellenarmee, Franken und Bataver, Victor Iunior über Aurelian. Eumenius erwähnt Batavicae, woraus einige Autoren unbedenklich Bagaudicae machen wollen. überredete oder nötigte der Kaiser zum Rückzug über den Rhein und stellte so den allgemeinen Frieden wieder her. Aurelians Macht wurde vom Antoniuswall bis zu den Säulen des Herkules anerkannt.

Seit dem Beginn der Regierungszeit des Claudius hatte die Stadt Autun es gewagt, ganz auf sich gestellt, den abtrünnigen Legionen Galliens Widerstand zu leisten; nach siebenmonatiger Belagerung stürmten und plünderten sie die unglückliche Stadt, Eumenius, Panegyricus 4,8. die durch Aushungern bereits bis zum Äußersten geschwächt war. Lyon hingegen hatte sich mit außergewöhnlicher Hartnäckigkeit Aurelian widersetzt. Wir lesen von einer Bestrafung Lyons, Vopiscus in der Historia Augusta, Firmus 13. Bis in die Tage Diokletians wurde Autun nicht wiederaufgebaut. Siehe Eumenius, De restaurandis scholis. aber von einer Belohnung für Autun ist nirgendwo die Rede. Dies sind indessen die Gesetze des Bürgerkrieges: Erlittenes Unrecht wird nie vergessen, wohl aber bewährte Treue. Rache trägt Zinsen, Dankbarkeit macht Unkosten.

 

CHARAKTERISTIK DER KÖNIGIN ZENOBIA VON PALMYRA A.D. 272

Kaum hatte Aurelian Person und Provinzen des Tetricus sichergestellt, wandte er sich gegen Zenobia, die weithin berühmte Königin von Palmyra im Osten. Das mittelalterliche Europa hat mehrere berühmte Frauen hervorgebracht, die die Last der Krone mit Auszeichnung trugen, auch ermangelt unser gegenwärtiges Zeitalter solcher ausgezeichneten Charaktere nicht. Lassen wir einmal die zweifelhaften Verdienste einer Semiramis unberücksichtigt, dann ist Zenobia vermutlich die einzige Frau, deren überlegener Geist sich aus der sklavischen Trägheit befreit hat, die ihr die Konvention und die Natur des Orients aufgenötigt haben. Nahezu alles, was über Wandel und Wesen von Odaenathus und Zenobia gesagt wird, ist ihren Viten aus der Historia Augusta von Trebellius Pollio entlehnt. (Tyrannen, 15 und 30.) Sie beanspruchte, von den makedonischen Königen Ägyptens abzustammen, kam an Schönheit ihrer Ahnfrau Kleopatra gleich und übertraf genannte Herrscherin in puncto puncti Sie gewährte ihrem Gemahl die Beiwohnung nur um der Nachkommenschaft willen; sah sie sich in ihren Hoffnungen getäuscht, wiederholte sie erst in der folgenden Periode den Versuch. und an Mut deutlich. Zenobia galt als die liebreizendste und zugleich tapferste ihres Geschlechtes. Sie hatte eine dunkle Hautfarbe (wie doch solche Quisquilien erwähnenswert scheinen, wenn von einer Frau die Rede ist!); ihre Zähne waren weiß wie die Perlen, und ihre großen schwarzen Augen funkelten von ungewöhnlichem Feuer, welches indessen gut mit ihrem außergewöhnlichen Liebreiz harmonierte. Ihre Stimme war von kräftigem Wohlklang. Ihren Verstand hatte sie durch zusätzliche Studien geschärft. Sie war mit der lateinischen Sprache nicht unvertraut, beherrschte aber auch das Griechische, Syrische und Ägyptische mit vergleichbarer Vollendung. Für ihren eigenen Gebrauch hatte sie eine Epitome zur Geschichte des Orients verfasst, und im privaten Kreis hatte sie unter Anleitung des feinsinnigen Cassius Longinus die Schönheiten von Platos und Homers Werken miteinander verglichen.

Diese vielseitige Frau hatte sich mit Odaenathus vermählt, einer wahren Heldennatur; er hatte sich aus kleinen Anfängen zum Herrscher des Ostens emporgearbeitet. Wenn gerade kein Krieg zu führen war, frönte Odaenathus mit Leidenschaft der Jagd; mit Eifer stellte er den wilden Wüstenbewohnern nach, den Löwen, Panthern und Bären; und Zenobias Enthusiasmus für diesen gefahrvollen Zeitvertreib war um Nichts geringer als der seine. Sie war gegen Ermüdung unempfindlich, verachtete den Gebrauch von Kutschen, trat üblicherweise nur zu Pferde und in Kriegstracht auf und marschierte bisweilen sogar zu Fuß an der Spitze ihrer Truppen. Odaenathus' Erfolg schrieb man größtenteils ihrer unvergleichbaren Klugheit und ihrer Fortune zu. Die glänzenden Siege über den Großkönig, den sie zweimal bis vor die Tore von Ktesiphon gehetzt hatten, legten den Grundstein zu ihrer gemeinsamen Macht und Reputation. Die Armeen, die sie befehligten, und die Provinzen, die sie gerettet hatten, mochten keine anderen Befehlsgeber anerkennen als ihre beiden unbesiegbaren Herrscher. Senat und Volk von Rom hatten Achtung vor der Ausländerin, welche ihren gefangenen Kaiser gerächt hatte, und sogar Valerians dumpfsinniger Sohn anerkannte in Odaenathus so etwas wie einen Standesgenossen.

 

SIE RÄCHT DIE ERMORDUNG IHRES MANNES

Nach dem erfolgreichen Feldzug gegen die gotischen Plünderer Asiens kehrte der Herr Palmyras nach Emesa in Syrien zurück. Im Felde unbesiegt, wurde er hier von einer Hofkabale zu Fall gebracht, und seine große Liebhaberei, die Jagd, wurde zur Ursache oder gab doch wenigsten den Anlass für seinen Tod. Historia Augusta, Tyrannen 15; Zosimos 1,39; Zonaras 12,24. Letzterer ist klar und glaubwürdig, die anderen ungeordnet und widersprüchlich. Der Text von Synkellos ist entweder verderbt oder purer Unfug. Sein Neffe Maeonius hatte, vorwitzig genug, den Speer vor seinem Onkel geschleudert; belehrt und ermahnt, ließ er gleichwohl nicht von dieser Ungehörigkeit ab. Odaenathus war somit herausgefordert, als Monarch wie auch als Sportsmann: er nahm ihm sein Pferd weg, was unter den Barbaren für die tiefste Demütigung gilt, und steckte den kecken Knaben für kurze Zeit in Arrest. Der Vorfall war bald vergessen, nicht aber die Strafe; und so ermordete Maeonius inmitten eines großen Festgelages mit Hilfe einiger wagemutiger Genossen seinen Onkel. Zusammen mit ihm wurde auch Herodes umgebracht, Odaenathus', wenn auch nicht Zenobias Sohn, ein Jüngling von sanfter und zärtelnder Gemütsart. Odaenathus und Zenobia hatten ihm oftmals aus der feindlichen Beute Schmucksteine und Spielsachen geschickt, welche er mit ungemessener Freude empfing. Allerdings brachten diese Mordtaten Maeonius nur einen kurzfristigen Genuss der Rache. Er hatte sich kaum den Augustustitel zugelegt, als Zenobia ihn auch schon dem Gedächtnis ihres Mannes zum Opfer gebracht hatte. Zenobia stand unter dem vollkommen unbegründeten Verdacht, beim Tode ihres Mannes die Hand im Spiel gehabt zu haben.

 

REGIERUNG DER ZENOBIA

Mit Hilfe seines treuesten Freundes besetzte sie sogleich den verwaisten Thron und regierte fünf Jahre lang Palmyra, Syrien und den Osten mit männlicher Kompetenz. Mit dem Tode des Odaenathus erlosch auch jene Anerkennung, welche der Senat ihm als Person hatte zukommen lassen; indessen jagte seine kriegsbewährte Witwe, die den Senat genauso wenig ernst nehmen mochte wie Gallienus, einen gegen sie abgesandten römischen General nach Europa zurück, Historia Augusta, Galliene 13. wobei dieser beides verlor, sein Heer und sein Ansehen. Nicht durch die kleinen Unberechenbarkeiten, welche die Regierung einer Frau so oft mit Überraschungen würzen, sondern durch die einsichtigsten Maximen politischen Handelns war Zenobias straffe Regierungstätigkeit geprägt. Wenn es angebracht war zu verzeihen, dann konnte sie durchaus ihren Wallungen gebieten; war Strafe not, konnte sie der Stimme des Mitleids Schweigen auferlegen. Ihre straffe Haushaltsführung grenzte an Geiz; aber bei allen passenden Gelegenheiten zeigte sie sich prunkliebend und freigebig. Arabien, Armenien und Persien, die Nachbarstaaten, fürchteten ihren Zorn und suchten ihre Gunst. Dem Herrschaftsgebiet des Odaenathus, welches vom Euphrat bis nach Bythinien reichte, fügte seine Witwe das Erbe ihrer Väter hinzu, das volkreiche und fruchtbare Königreich Ägypten. Kaiser Claudius anerkannte ihre Verdienste und war's zufrieden, wenn sie das Ansehen des Reiches im Osten bewährte, während er mit den Goten genug zu tun hatte. Die Zeugnisse über ihre Verdienste siehe in der Historia Augusta, Tyrannen 30; zur Eroberung Ägyptens Zosimos 1,44. Indessen lag in Zenobias Aufführungen eine gewisse Zweideutigkeit; auch ging sie wahrscheinlich mit dem Plan um, eine selbständige und feindliche Monarchie zu errichten. Sie vermischte die volksnahen Bräuche der römischen Kaiser mit der Prachtentfaltung der Höfe Asiens und erwartete von ihren Untertanen die gleiche Verehrung, wie man sie etwa den Nachfahren des Kyros entgegenbrachte. Sie ließ ihren drei Söhnen Timolaus, Herrenianus und Vaballathus Die ersten beiden waren, so nimmt man an, bereits vor dem Krieg gestorben. Dem letzteren übertrug Aurelian eine kleine Provinz in Armenien sowie den Königstitel; einige seiner Medaillen existieren heute noch. Vgl. Tillemont, Histoire des empereurs 3, p.1190. eine römische Erziehung angedeihen und führte sie oftmals im Purpur den Truppen vor. Sich selbst behielt sie den beeindruckenden, wenn auch leeren Titel einer Königin des Morgenlandes vor.

 

KRIEG AURELIANS GEGEN ZENOBIA A.D. 272

Nachdem Aurelian nach Asien übergesetzt hatte – gegen eine Feindin, die bloß ihr Geschlecht zum Gegenstand der Verachtung hätte machen können – genügte bereits seine Anwesenheit, in der Provinz Bythiniens den Gehorsam wiederherzustellen, welcher durch Zenobias Ränke und Waffen ins Wanken geraten war. Zosimos, 1,50. An der Spitze seiner Legionen nahm er die Unterwerfung Ancyras entgegen und eroberte Tyana nach vergeblicher Belagerung durch den Verrat eines treulosen Bürgers. Das großmütige, wiewohl heftige Temperament des Aurelian überließ den Verräter dem Grimm der Soldaten: nur abergläubische Verehrung veranlasste ihn, die übrigen Landsleute des Philosophen Apollonios Vopiscus überliefert uns einen echten Brief (Historia Augusta, Aurelian 23 und 24) und eine zweifelhafte Vision des Aurelian. Apollonios war etwa zu derselben Zeit wie Jesus Christus geboren; sein Leben (das des Erstgenannten, NB!) wird von seinen Schülern auf so märchenhafte Weise überliefert, dass wir unmöglich entscheiden können, ob es sich um einen Weisen handelt, einen Schwindler oder einen Fanatiker. mit Nachsicht zu behandeln. Antiochia wurde bei seinem Nahen aufgegeben, bis der Kaiser durch entsprechende Erlasse die Flüchtlinge zurückgerufen hatte und allen Generalpardon zusicherte, die mehr aus Notwendigkeit als aus freien Stücken in den Diensten der Königin von Palmyra gestanden hatten. Diese unerwartete Milde versöhnte viele Syrer, und bis vor die Tore Emesas begleiteten die Segenswünsche der Bevölkerung den Schrecken seiner Waffen. Zosimos 1,52.

Zenobia hätte ihrem Ansehen einen schlechten Dienst erwiesen, wenn sie tatenlos dem Herrscher des Westens sich ihrer Stadt auf weniger als hundert Meilen zu nähern gestattet hätte. In zwei großen Schlachten entschied sich hier das Schicksal des Ostens; so ähnlich sind sie sich in ihrem allgemeinen Verlauf und in vielen Einzelheiten, dass wir sie kaum auseinander halten können außer durch die Feststellung, dass die erste in der Nähe von Antiochia Bei einem Dorf namens Immae. Eutropius, Sextus Rufus und Hieronymus erwähnen nur diese erste Schlacht. geschlagen wurde, die zweite bei Emesa. Vopiscus, Historia Augusta, Aurelian 25, erwähnt nur die zweite Schlacht. Vor beiden Gefechten hob die Königin von Palmyra ihren Soldaten durch ihre persönliche Anwesenheit den Mut und beauftragte mit der Durchführung ihres Schlachtenplanes den General Zabdas, welcher bereits bei der Eroberung Ägyptens Proben von militärischem Talent abgelegt hatte. Zenobias zahlreiche Truppen setzten sich überwiegend aus leichten Bogenschützen und schwerer, eisengepanzerter Reiterei zusammen. Roms mauretanische und illyrische Kavallerie war außerstande, den wuchtigen Attacken solcher Gegner zu widerstehen. Sie ergriff die Flucht, in echter oder vorgetäuschter Unordnung, beschäftigt die palmyrischen Reiter mit kräftezehrenden Verfolgungen und aufreibenden Einzelkämpfen und löste allmählich diese unüberwindliche, aber schwerfällige Reitertruppe auf. Mittlerweile hatten die leichtbewaffneten Bogenschützen ihre Pfeile verschossen und standen plötzlich ohne Deckung jedem Angriff der römischen Infanterie offen. Aurelian hatte hierzu die Veteranenarmee bestimmt, welche bis dahin am Oberlauf der Donau stationiert war und deren Mut im Kriege gegen die Alamannen sich mehrfach ausgezeichnet hatte. Zosimos 1,50-53. Sein Bericht über die beiden Schlachten ist klar und erschöpfend. Nach der Niederlage von Emesa war es Zenobia unmöglich, noch eine dritte Armee aufzustellen. Bis zu den Grenzen von Ägypten hatten die von ihr abhängigen Nationen sich der Fahne des Siegers angeschlossen, der den wackersten seiner Generäle, Probus, entsandte, Ägypten zurück zu erobern. Palmyra war die letzte Zuflucht für die Witwe des Odaenathus. Sie zog sich hinter die Mauern ihrer Hauptstadt zurück, ließ alle Anstalten zu einer verbissenen Gegenwehr treffen und erklärte mit der Festigkeit, zu der nur Heldinnen imstande sind, dass der letzte Augenblick ihrer Regentschaft mit Bestimmtheit auch der letzte ihres Lebens sein würde.

 

PALMYRA

Inmitten der unfruchtbaren arabischen Wüste erheben sich einige Flecken kultivierten Landes wie Inseln in einem Meer von Sand. Selbst der Name Tadmor, oder Palmyra, wie diese Oase im Syrischen bzw. Lateinischen genannt wird, steht für die Palmenwälder, die jener kargen Region Schatten und sattes Grün spenden. Die Luft ist hier sauber und der Boden, den unschätzbare Wasserquellen durchfeuchten, bringt sogar Früchte und Getreide hervor. Ein Ort mit so einzigartigen Vorteilen, der dazu noch verkehrsgünstig zwischen Persischem Golf und Mittelmeer Plinius hat errechnet, dass sie 537 Meilen von Seleukia und 203 von der nächstgelegenen syrischen Küste entfernt lag; Bei dieser Gelegenheit (Naturalis Historia 5,21) gibt er eine kurzgefasste, vorzügliche Beschreibung von Palmyra. gelegen ist, wurde schon bald von den Karawanen aufgesucht, welche Europas Nationen in großem Umfang mit den Waren Indiens versorgten. So wuchs Palmyra allmählich zu einer reichen und unabhängigen Stadt heran; dadurch, dass sie zwischen der römischen und parthischen Monarchie mit Hilfe der wechselseitigen Vorteile des Fernhandels gleichsam vermittelte, beließ man sie in ihrer bescheidenen Stellung der politischen Neutralität, bis die kleine Republik infolge der Eroberungen Trajans zur Schutzbefohlenen Roms wurde und über einhundertundfünfzig Jahre in der ebenso untergeordneten wie ehrsamen Rolle einer Kolonie prosperierte. Während dieser friedvollen Epoche geschah es auch, wenn wir denn den wenigen erhaltenen Inschriften trauen können, dass das reiche Palmyra jene Tempel, Paläste und Porticos in griechischen Stil errichtete, deren Ruinen, verstreut über mehrere Quadratmeilen, die Neugier moderner Reisender erregt haben. Am Ende des letzten Jahrhunderts haben einige englische Reisende von Aleppo aus die Ruinen Palmyras entdeckt. Unsere Neugier wurde seither von den Herren Wood und Dawkins auf bessere Weise zufrieden gestellt. Zur Geschichte von Palmyra können wir die meisterliche Abhandlung von Dr. Halley in den Philosopical Transactions zu Rate ziehen (Bd.3, p. 518). Neuer Glanz fiel auf das Land, als Zenobia und Odaenathus den Thron bestiegen hatten, und eine Zeitlang war Palmyra eine Nebenbuhlerin von Rom: der Ausgang dieses Wettbewerbs indessen war fatal, und der Reichtum von Generationen wurde einem kurzen Augenblick des Ruhmes aufgeopfert. Vopiscus, Historia Augusta, Aurelian 26.

 

BELAGERUNG VON PALMYRA DURCH AURELIAN

Auf seinem Zuge durch die Sandwüste zwischen Emesa und Palmyra fielen die Araber beständig dem Kaiser Aurelian beschwerlich; auch gelang es ihm nicht, sein Armee und insbesondere die Bagage gegen jene fliegenden Banden behender und beherzter Räuber zu schützen, welche sich den Moment für ihre Überfälle mit kluger Berechnung wählten und die Legionen in ihrem langsamen Marschtempo oft genug foppten. Die Belagerung Palmyras war dahingegen weitaus schwieriger und wichtiger, und der Kaiser, der die Angriffe beständig forcierte, ward von einem Pfeil verwundet. ›Das römische Volk‹, so der Kaiser in einem erhaltenen Brief, ›redet mit Geringschätzung von dem Kriege, den ich gegen ein Weib zu führen habe. Es kennt weder den Mut noch die Macht der Zenobia. Es ist unmöglich, alle ihre Zurüstungen für diesen Krieg aufzuzählen, ihre Wurfgeschosse, Pfeile und jede Art von Schleuderwaffen. Jeder Fußbreit ihrer Mauern ist bestückt mit balistae, und ihre Kriegsmaschinen werfen Feuer. Die Angst vor Bestrafung hat ihr den Mut der Verzweiflung eingegeben. Ich vertraue indessen Roms Schutzgottheiten, die bisher alle meine Unternehmungen begünstigt haben.‹ Ich war bemüht, aus einer sehr unsicheren Chronologie das wahrscheinlichste Datum zu bestimmen. Da in ihm bezüglich des göttlichen Schutzes und des Ausgangs der Belagerung gleichwohl Zweifel nagten, hielt Aurelian es für klüger, günstige Kapitulationsbedingungen anzubieten: der Königin einen glanzvollen Rücktritt; den Bürgern ihre althergebrachten Vorrechte. Seine Vorschläge wurden jedoch starrköpfig zurückgewiesen und die Ablehnung mit zusätzlichem Hohn vergiftet.

 

DER KAISER WIRD ZUM HERREN PALMYRAS

Zenobias guter Mut wurde genährt durch die Hoffnung, dass über ein Kurzes der Hunger die römischen Truppen zum Rückmarsch durch die Wüste nötigen werde; ferner durch die naheliegende Annahme, dass die Könige des Orients und insbesondere der persische Monarch sich für die Verteidigung ihrer natürlichsten Verbündeten stark machen würden. Aber Aurelians Kriegsglück und seine Hartnäckigkeit überwanden jedes Hindernis. Der Tod Sapors, der in diese Zeit fiel, entzweite den persischen Kronrat, und die gelegentlichen Detachements, die Palmyra helfen sollten, wurden eine bequeme Beute der römischen Waffen. Andererseits trafen aus allen Teilen Syriens Karawanen im römischen Lager ein, welches noch zusätzlich durch die zurückkehrenden Truppen verstärkt wurde, die unter Probus erfolgreich in Ägypten gefochten hatten. Da nun entschloss sich Zenobia zur Flucht. Sie bestieg das schnellste ihrer Dromedare Historia Augusta, Aurelian 28; Zosimos 1,55. Obwohl das Kamel ein schwerfälliges Lasttier ist, wird das Dromedar – es ist von gleicher oder doch wenigsten verwandter Art – von Asiens und Afrikas Völkern bei allen Gelegenheiten eingesetzt, bei denen Schnelligkeit erforderlich ist. Die Araber versichern uns, dass es an einem Tage soviel Land durcheilt, wie ihre flinkfüßigsten Pferde in acht oder zehn Tagen. Vgl. Buffon, Histoire Naturelle, Bd. 9, p. 222 und Shaw's Travels, p.167. und hatte bereits, sechzig Meilen von Palmyra entfernt, das Euphratufer erreicht, als sie von leichten Reitern Aurelians ergriffen und als Kriegsgefangene dem Kaiser vorgeführt wurde. Ihre Hauptstadt ergab sich kurz darauf und wurde mit unvermuteter Milde behandelt. Die Waffen, Pferde und Kamele, ein immenser Schatz von Gold, Silber, Seide und Edelgestein wurde dem Eroberer ausgeliefert, welcher eine nur aus sechshundert Bogenschützen bestehende Garnison zurückließ, nach Emesa zurückkehrte und hier eine Zeitlang die Belobigungen und Bestrafungen vornahm, die nach Beendigung dieses bemerkenswerten Krieges fällig wurden, eines Krieges, durch welchen alle diejenigen Provinzen erneut in den Gehorsam gegenüber Rom gezwungen wurden, welche seit der Gefangennahme Valerians ihre Gefolgschaft aufgekündigt hatten.

 

ZENOBIAS HALTUNG

Als die syrische Königin Aurelian vorgeführt wurde, fragte er mit strenger Betonung, wie sie sich denn habe erkühnen können, dem römischen Kaiser in Waffen zu begegnen? Zenobias Antwort war eine wohlberechnete Mischung aus Respekt und Standfestigkeit. ›Weil es mir unmöglich war, in einem Aureolus oder Gallienus einen römischen Kaiser wahrzunehmen. Dich allein kann ich als meinen Eroberer und Herrscher anerkennen.‹ Trebellinus Pollio in der Historia Augusta, Firmus 30,23. Da jedoch weibliche Stärke insgemein erkünstelt ist, ist sie auch nur selten von Dauer. Zur Stunde des Gerichts verließ Zenobia ihr guter Mut; sie erbebte vor dem zornigen Gelärme der Soldateska, die nach ihrer sofortigen Hinrichtung lechzte, vergaß Kleopatra, die sie als ihr Vorbild ausgegeben hatte und rettete ihr Leben, indem sie, schandbar genug, ihren eigenen Namen und ihre Freunde opferte. Ihren Ratgebern schob sie die Schuld an dem hartnäckigen Widerstand zu; auf deren Haupt lenkte sie Aurelians Rachegelüste. Unter den zahlreichen und vermutlich unschuldigen Opfern ihrer Furcht befand sich auch Cassius Longinus, und sein Ruhm wird länger dauern als der der Königin, die ihn verriet, und der des Tyrannen, der ihn zum Tode verurteilte. Kreativität und Bildung machen auf ein rohes Soldatengemüt keinen Eindruck, aber die Seele des Longinus haben sie erhoben und geadelt. Ohne einen einzigen Klagelaut folgte er seinem Henker, bemitleidete nur seine unglückliche Herrin und tröstete schließlich noch seine tiefbetrübten Freunde. Vopiscus in der Historia Augusta, Aurelian 30; Zosimos 1,56.

Aurelian hatte auf seinem Rückmarsch von den Eroberungen des Ostens bereits die Meeresstraße zwischen Europa und Asien überquert, als die Nachricht seinen Zorn erregte, dass die Bewohner Palmyras den Gouverneur und die von ihm dortselbst stationierte Garnison massakriert hätten, und dass neuerlich die Fahne der Empörung emporgezogen sei. Ohne den geringsten Verzug wandte er sich wiederum gegen Syrien. Antiochia wurde durch sein rasches Nahen in Alarm versetzt, und die hilflose Stadt Palmyra bekam seinen geballten Zorn zu spüren. Wir besitzen einen Brief von Aurelian, in welchem er erwähnt, Historia Augusta, Aurelian 31. dass Greise, Frauen, Kinder und Bauern in diesem fürchterlichen Gemetzel umgekommen seien, welches doch allein dem bewaffneten Widerstand galt; und obgleich danach sein wichtigstes Anliegen die Wiedererrichtung des Sonnentempels gewesen zu sein scheint, muss er doch so etwas wie Mitleid mit den Trümmern Palmyras empfunden haben, so dass er ihren Bürgern den Wiederaufbau und den Verbleib in ihrer Stadt zugestand. Aber Zerstören ist leichter als Aufbauen. Die Heimstatt des Handels, der Kunst, der Zenobia geriet allgemach in Vergessenheit, wurde zu einer bedeutungslosen Festung und endlich zu einem staubigen Kaff. Die heutigen Bewohner Palmyras, dreißig oder vierzig Familien etwa, haben ihre Lehmhütten im weiten Hofraum einer prächtigen Tempelanlage errichtet.

 

DIE REBELLION DES FIRMUS

Eine weitere, letzte Aufgabe blieb dem unermüdlichen Aurelian noch vorbehalten: einen gefährlichen, obschon ganz unbekannten Rebellen zu unterwerfen, der sich während der Revolte zu Palmyra am Nilufer erhoben hatte. Firmus, der sich selbst stolz Freund und Verbündeten von Odaenathus und Zenobia nannte, war eigentlich nichts anderes als ein wohlhabender ägyptischer Kaufmann. In den Jahren seines Indienhandels hatte er innige Beziehungen zu den Sarazenen und Blemyern geknüpft, durch deren Wohngebiete an den beiden Ufern des Roten Meeres ihm bequemer Zugang nach Oberägypten ermöglicht wurde. Die Ägypter wiegelte er mit Freiheitsversprechungen auf und fiel an der Spitze einer aufgehetzten Menge in Alexandria ein, wo er sich den kaiserlichen Purpur antat, Münzen schlagen und Edikte ergehen ließ sowie eine Armee auf die Beine stellte, welche er, so seine etwas vollmundige Ankündigung, allein mit seinen Einkünften aus dem Papyrushandel zu unterhalten imstande sein werde. Diese Truppen leisteten gegen das zornige Herannahen eines Aurelian nur schwächliche Gegenwehr. Unnötig zu sagen, dass Firmus gesucht, ergriffen, gefoltert und hingerichtet wurde. So mochte denn Aurelian den Senat, das Volk und sich selbst dazu beglückwünschen, dass er in weniger als drei Jahren den allgemeinen Frieden und die Ordnung im Römischen Reich wiederhergestellt hatte. Siehe Vopiscus in der Historia Augusta, Aurelian 32 und Firmus 5. Als ein Beispiel von Luxus wird genannt, dass er Glasfenster besaß. Seine Körperkraft und sein Appetit waren beachtlich, insgleichen sein Mut und sein Gewandtheit. Aus Aurelians Brief können wir zuverlässig entnehmen, dass Firmus für ihn der letzte der Rebellen und Tetricus mithin schon unterworfen war.

 

TRIUMPH DAS WEITERE SCHICKSAL VON TETRICUS UND ZENOBIA

Seit der Gründung Roms hat wohl kein General sich redlicher einen Triumph verdient als Aurelian; und mit mehr Prachtentfaltung ist denn auch noch nie einer begangen worden. Siehe auch die Beschreibung von Aurelians Triumph bei Vopiscus. Er berichtet von den Einzelheiten mit seiner üblichen Freude am Detail, die aber in diesem einen Fall zufällig von Nutzen ist. Zwanzig Elefanten eröffneten ihn, es folgten vier Königstiger und danach mehr als zweihundert der seltsamsten Tiere aus allen vier Weltgegenden. Dann kamen sechzehnhundert Gladiatoren, die für das grausame Gemetzel im Amphitheater vorgesehen waren. In genauer Symmetrie und auch in kunstreicher Unordnung wurden nun die Schätze Asiens, die Waffen und Symbole der unterworfenen Nationen und das großartige Staatsgewand der syrischen Königin vorgeführt. Die Gesandten der entlegensten Länder, von Äthiopien, Arabien, Persien, Baktrien, Indien und China, deren Gewänder alle durch Kostbarkeit oder seltsamen Zuschnitt merkwürdig waren, unterstrichen noch den Ruhm und die Macht des römischen Kaisers, welcher dem Publikum außerdem die Geschenke zeigte, die man ihm gemacht hatte, insbesondere eine größere Anzahl von Goldkronen, Gaben dankbarer Gemeinden. Eine große Anzahl zähneknirschender Kriegsgefangener legte Zeugnis ab für Aurelians Siege, Goten, Vandalen, Sarmaten, Alamannen, Franken, Gallier, Syrer und Ägypter. Jedes Volk war durch eine besondere Inschrift leicht auszumachen, und die Bezeichnung Amazone wurde zwölf besonders kriegerischen Heldinnen aus dem Volke der Goten appliziert, welche man in Waffen Bei den Barbaren-Nationen haben Frauen sehr oft an der Seite ihrer Männer gefochten. Aber es ist nahezu ausgeschlossen, dass jemals eine Gesellschaft von Amazonen in der Alten oder Neuen Welt existiert hat. gefangen genommen hatte.

Aber jedermann hatte, ohne diese Masse von Gefangenen weiter zu beachten, sein Augenmerk auf den Kaiser Tetricus und die Königin aus dem Morgenland gerichtet. Der Erstere trug ebenso wie sein Sohn, den er zum Augustus ernannt hatte, gallische Beinkleider, Der Gebrauch von Braccae, Hosen, galt in Italien als eine gallische, barbarische Sitte. Die Römer hatten jedoch große Fortschritte in diese Richtung gemacht. Zu Lebzeiten des Pompeius galt es als ein Zeichen von Krankheit oder Verweichlichung, an den Beinen und Oberschenkeln fasciae oder Beinbinden zu tragen. Unter Trajan blieb dieser Brauch den Reichen und Verwöhnten vorbehalten; erst allmählich nahmen ihn auch untere Bevölkerungsschichten an. Siehe eine sehr interessante Bemerkung von Casaubon zu Sueton, Augustus 82. eine safrangelbe Tunica und eine purpurne Robe. Die liebreizende Königin war in Bande von Gold geschlagen; ein Sklave half ihr die Kette tragen, die um ihren Nacken geschlungen war, und unter der Riesenlast der Edelsteine schwanden ihr nahezu die Sinne. Sie schritt dem Prachtwagen voran, auf dem in Rom als Siegerin einzuziehen sie einst gehofft haben mochte. Ihm folgten zwei weitere Wagen, üppiger ausgestattet, mit Odaenathus und dem persischen Monarchen. Der Triumphwagen des Aurelian (einst hatte er einem Gotenkönig gehört) ward von vier Hirschen oder Elefanten gezogen. Höchstwahrscheinlich die erstgenannten; die letzteren, die man auf Medaillen abgebildet findet, beziehen sich nur auf einen Sieg im Osten. Die angesehensten Vertreter aus dem Senat, dem Volk und der Armee beschlossen diese festliche Prozession. Grenzenlos die Freude, das Staunen und die Dankbarkeit, die den Jubel des Volkes anschwellen ließen; die Genugtuung des Senates indessen wurde umwölkt durch den Auftritt des Tetricus; konnte man sich doch eines indignierten Murrens nicht enthalten darüber, dass der hochfahrende Kaiser einen Römer und darüber hinaus ein Mitglied des Magistrats der öffentlichen Schande ausgesetzt hatte. Calpurnius' Dictum (Eclogae 1,50) ›Nullos ducet captiva triumphos‹ [Als Gefangene wird sie keine Triumphe mehr feiern] enthält, da auf Rom gemünzt, eine überdeutliche Anspielung und Kritik.

 

AURELIANS VERHALTEN GEGEN TETRICUS UND ZENOBIA – SEINE PRACHTLIEBE

Wenn Aurelian auch bei der Behandlung seiner glücklosen Gegner auf die Einflüsterungen seines Stolzes hätte hören können, so verhielt er sich ihnen gegenüber doch mit großherziger Milde, die man bei den Eroberern der Antike gemeinhin nicht findet. Fürsten, die erfolglos ihren Thron und ihre Freiheit verteidigt hatten, wurden oftmals im Gefängnis erwürgt, sobald der pompöse Triumphzug das Kapitol erreicht hatte. Diese Usurpatoren jedoch, die sich zusätzlich zu ihrer Niederlage auch noch die Schuld des Verrats aufgeladen hatten, durften den Rest ihres Lebens in Wohlstand und achtbarer Zurückgezogenheit verbringen. Der Kaiser stellte Zenobia ein hübsches Landhaus in Tibur – oder Tivoli – zur Verfügung, zwanzig Meilen von der Hauptstadt entfernt; die syrische Königin wandelte sich allgemach zu einer römischen Matrone, ihre Töchter heirateten in vornehme Familien ein, und ihre Familie überdauerte das fünfte Jahrhundert. Trebellius Pollio in der Historica Augusta, Tyrannen 30; Hieronymus, Chronica; Prosper Tiro, Chronica; Baronius nimmt an, dass Zenobius, Bischof von Florenz aus der Zeit des Ambrosius, aus ihrer Familie stammt.

Tetricus und sein Sohn erhielten ihren Rang und ihr Vermögen wieder. Sie ließen auf dem Caelius einen großartigen Palast erbauen und luden, sobald er fertiggestellt war, Aurelian zum Gastmahl. Bei seinem Eintreten wurde er aufs angenehmste mit einem Gemälde überrascht, welches ihre eigentümliche Geschichte darstellte: Sie wurden darauf abgebildet, wie sie dem Kaiser eine Bürgerkrone und das Szepter von Gallien überreichten und im Gegenzug aus seinen Händen die Insignien senatorischer Würden empfingen. Später wurde der Vater mit der Statthalterschaft Lucaniens Vopiscus in der Historia Augusta, Aurelian 39,1; Eutropius 9,13; Aurelius Victor junior. Trebellius Pollio in der Historia Augusta, Tyrannen 24 indessen sagt, dass Tetricus zum corrector (›Statthalter‹) über ganz Italien installiert wurde. betraut, und Aurelian, der den abgedankten Monarchen bald zu seiner engeren Umgebung und Freundschaft zählte, fragte ihn einst im Vertrauen, ob es nicht erstrebenswerter sei, eine Provinz in Italien zu verwalten als jenseits der Alpen das Szepter zu fuchteln? Der Sohn blieb lange Zeit ein angesehenes Senatsmitglied; niemand aus der römischen Nobilität genoss bei Aurelian oder einem seiner Nachfolger größeres Ansehen. Historia Augusta, Tyrannen 25.

So lang und bunt war Aurelians pompöser Triumphzug, dass er, ob er schon mit der Morgendämmerung begonnen hatte, in seiner erhabenen Langsamkeit das Kapitol nicht vor der neunten Stunde erreichte; und Nacht war es, als der Kaiser zu seinem Palast zurückkehrte. Die Feierlichkeiten wurden danach verlängert durch Zirkusspiele, Tierhetzen, Gladiatorengemetzel, Schiffskämpfe und Theateraufführungen. Armee und Volk erhielten großzügige Donative, und verschiedene Einrichtungen, die der Stadt nützlich und segensreich waren, trugen dazu bei, Aurelians Ruhm Dauer zu verleihen. Ein beträchtlicher Teil seiner orientalischen Beute wurde den römischen Göttern geweiht; das Kapitol sowie jeder andere Tempel erglänzte infolge seiner splendiden Frömmigkeit; allein der Sonnentempel erhielt fünfzehntausend Pfund von Gold. Zosimos 1,61. Er errichtete in ihm die Statuen von Baal und Sol, die er aus Palmyra entfernt hatte. Im vierten Jahre seiner Regierung wurde der Tempel geweiht, aber begonnen wurde mit dem Bau sicherlich kurz nach seiner Thronbesteigung. Dieser, von einzigartiger Architektur, wurde vom Kaiser neben dem Quirinal errichtet und kurz nach seinem Triumph dieser Gottheit geweiht, die Aurelian stets als den Vater seines Lebens und seines Glücks verehrt hatte. Seine Mutter war eine nachgeordnete Priesterin in einem Sonnentempel gewesen; die besondere Verehrung der Lichtgottheit hatte der Bauernsohn gleichsam mit der Muttermilch eingesogen; und die Dankbarkeit über jeden Sieg und jeden weiteren Karriereschritt in seiner Laufbahn festigte diesen Aberglauben. In Vopiscus, Historia Augusta, Aurelian 5 siehe die Vorzeichen seines Glückes. Seinen Briefe und Medaille zeigen seine Verehrung der Sonne, was auch in den ›Caesares‹ des Iulian erwähnt wird. S. Spanheims Kommentar, p. 108.

 

UNRUHEN IN ROM

Aurelians Waffen hatten die auswärtigen und inneren Feinde Roms besiegt. Es wird uns versichert, dass aufgrund seiner durchgreifenden Strenge Verbrechen und Faktionen, schädliche Ränke und verderbliche Nachsicht, welche ja immer die Folgeerscheinungen einer schwachen oder brutalen Regierung sind, in der römischen Welt fast vollständig ausgerottet wurden. Vopiscus in der Historia Augusta, Aurelian 37. Wenn wir uns jedoch vergegenwärtigen, um wie viel schneller ein Verderben sich ausbreitet, als es zurückgedrängt werden kann und uns zugleich daran erinnern, dass man das Staatswesen in mehr Jahren verkommen ließ als die kriegsreiche Regierungszeit des Aurelian Monate zählte, müssen wir eingestehen, dass die wenigen kurzen Friedensintervalle für die Titanenarbeit einer durchgreifenden Reform unmöglich ausreichen konnten. Sogar sein Versuch, das Münzwesen wieder in Ordnung zu bringen, löste eine fürchterliche Gegenreaktion aus. Die Verärgerung des Kaisers hierüber klingt in einem seiner Privatbriefe an: ›Wahrlich,‹ schreibt er, ›die Götter haben beschlossen, dass mein Leben ein einziger Feldzug sein sollte. Ein Aufruhr innerhalb Roms hat jetzt zu einem äußerst ernsten Bürgerkrieg Anlass gegeben. Die Arbeiter der Münze haben sich von Felicissimus aufhetzen lassen – diesem Sklaven habe ich im Finanzwesen einen wichtigen Posten anvertraut – und sich offen empört. Wir haben dies mittlerweile abgestellt, aber siebentausend meiner Soldaten haben bei dieser Auseinandersetzung ihr Leben verloren, und zwar diejenigen, die sonst in Dacien und an der Donau stationiert sind.‹ Historia Augusta, Aurelian 38. Aurelian schilt diese Soldaten ›Hiberi, Riparienses, Castriani, Dacisci‹. [Hiberer, Uferbesatzung, Garnisonstruppen, Daker]. Andere Autoren, die diese Fakten bestätigen, versichern uns, dass diese Insurrektion sich kurz nach Aurelians Triumph ereignete; dass die Entscheidungsschlacht am Cälius ausgetragen wurde; dass die Arbeiter der Münze das Geld verfälscht hatten; und dass der Kaiser das Vertrauen der Öffentlichkeit nur dadurch wiederherstellte, dass er gutes Geld in Umlauf brachte anstelle des schlechten, welches man das Volk in die Schatzhäuser zurückbringen ließ. Zosimos 1,61; Eutropius 9,14; Aurelius Victor.

 

ANMERKUNGEN ZU DEN VORFÄLLEN

Wir könnten uns mit damit zufrieden geben, von diesem außerordentlichen Ereignis einen schlichten Bericht abzuliefern, aber wir können nicht verhehlen, wie widersprüchlich und unglaubwürdig er uns in seiner überlieferten Form erscheint. Die Münzverschlechterung passt nun allerdings ausgezeichnet zu der unfähigen Verwaltung des Gallienus; und auch dies klingt wahrscheinlich, dass die Falschmünzer das Gerechtigkeitssinn des Aurelian zu fürchten hatten. Aber die Schuld und der Vorteil dabei waren doch auf ganz wenige beschränkt; und so ist es schwer vorstellbar, durch welche kunstreichen Ränke denn diese Wenigen ein Volk, das sie betrogen hatten, hätten aufhetzen sollen gegen einen Kaiser, den sie verraten hatten. Wir sollten füglich erwarten, dass diese Verbrecher derselben öffentlichen Wertschätzung sich erfreut hätten wie etwa die Berufsdenunzianten oder die anderen Handlanger staatlicher Willkür; und dass die Münzreform ein ebenso populärer Vorgang gewesen wäre wie etwa die öffentliche Verbrennung ihrer dubiosen Schuldbücher, die der Kaiser auf dem Traiansforum vornehmen ließ. Historia Augusta, Aurelian 38; Aurelius Victor.

Zu jenen Zeiten, als man die Prinzipien der Volkswirtschaft nur unzureichend durchschaute, mochte man ein löbliches ökonomisches Ziel gegebenenfalles auch durch grobe und unüberlegte Maßnahmen zu erreichen trachten; aber eine vorübergehende Verstimmung hierüber kann ja wohl kaum einen ernsthaften Bürgerkrieg ausgelöst haben. Wiederholte und unerträgliche Steuern, die auf Grundbesitz oder dem Lebensnotwendigen lagen, können allenfalls diejenigen zu Widerstand aufreizen, die ihre Heimat nicht verlassen können oder wollen.

Völlig anders jedoch liegt der Fall, wenn, durch welche Maßnahmen auch immer, der Wert des Geldes wiederhergestellt werden soll. Das vorübergehende Übel ist infolge der anhaltenden Vorteile bald vergessen, der Verlust wird von der Mehrheit getragen; und sollten ein paar wohlhabende Einzelpersonen spürbare Einbuße an ihrem Vermögen erleiden, dann büßen sie so, wie ihr Reichtum an Wert verliert, auch selber Einfluss und Bedeutung ein, welche sie ihrem Besitz zu danken haben. Wenn Aurelian sich dazu entschloss, die wahren Hintergründe der Erhebung zu verschleiern, so konnte seine Münzreform für die Parteiungen Roms, die bereits ebenso mächtig wie unzufrieden waren, nur einen dürftigen Vorwand für ihre Erhebung liefern.

Rom, obschon längst nicht mehr frei, war durch Parteienhader zerrissen. Das Volk, für das der Kaiser – selbst ein Plebejer – immer eine besondere Zuneigung empfunden hatte, lebte in beständiger Entzweiung mit dem Senat, der Ritterschaft und der Prätorianergarde. Bereits vor Aurelians Rückkehr aus Ägypten war Streit ausgebrochen. Siehe Vopiscus, der (Historia Augusta, Firmus 5) einen originalen Brief zitiert. Nichts Geringeres als die geheime Verbindung dieser drei Stände, der Einfluss des ersten, der Reichtum des zweiten und die Waffen des dritten Standes hätten soviel Macht entwickeln können, dass sie es mit den Veteranenlegionen von der Donau in einer Entscheidungsschlacht hätten aufnehmen können, welche unter Führung ihres kriegstüchtigen Herrschers immerhin den Westen und Osten des Reiches wiedererobert hatten.

 

GRAUSAMKEIT DES AURELIAN

Welche Ursache oder Zielsetzung diese Rebellion auch immer gehabt haben mag, die man mit so geringer Wahrscheinlichkeit den Arbeitern der staatlichen Münze anhängen wollte: Aurelian beutete seinen Sieg mit gnadenloser Härte aus. Vopiscus in der Historia Augusta, Aurelian 38; beide Victor, Eutropius 9,14. Zosimos 1,43 erwähnt nur drei Senatoren und legt ihren Tod vor den Krieg im Osten. Bauer und Soldat, der er war, war seine Seele nicht so leicht zu erweichen, und er konnte Folter und Tod ohne Gemütsbewegung mit ansehen. Da er von Kindesbeinen den Umgang mit der Waffe gewohnt war, bedeutete ihm das Leben des einzelnen Bürgers allzu wenig; er bestrafte die geringsten Vergehen nach militärischen Grundsätzen und übertrug die strenge Lagerzucht mit leichter Hand auf die Zivilverwaltung. Sein Gerechtigkeitssinn hatte oftmals etwas Blindwütiges; und wann immer er seine oder die öffentliche Sicherheit gefährdet sah, kümmerte er sich nicht um Beweise und Verhältnismäßigkeit von Strafen. Die grundlose Empörung, mit der ihm die Römer seine Dienste dankten, verbitterte ihn aufs Äußerste. Die achtbarsten Familien waren plötzlich schuldig oder verdächtig. Die blutige Verfolgung atmete den Geist der Rache, und für einen Neffen des Kaisers endete sie tödlich. Die Henker waren ihres Amtes müde (wenn wir an dieser Stelle den Ausdruck eines zeitgenössischen Dichters aufgreifen dürfen), die Gefängnisse waren verstopft und der Senat beweinte den Tod oder die Abwesenheit seiner edelsten Mitglieder Nulla catenati feralis pompa senatus / Carnificum lassabit opus; nec carcere pleno / Infelix raros numerabit curia Patres. Calpurnius Eclogae 1, 60. [Kein Leichenzug des in Ketten gelegten Senates / wird den Scharfrichter seines Tuns müde werden lassen; noch wird bei gefülltem Gefängnis / die unglückliche Kurie nur noch wenige Senatoren zählen]. Gegenüber dieser Versammlung führte sich Aurelian mit ebensoviel Hoffahrt wie Grausamkeit auf. Die Einschränkungen bürgerlicher Einrichtungen kannte er entweder nicht, oder sie kümmerten ihn nicht; er verschmähte es, seine Macht durch einen anderen Rechtstitel als das Schwert begründet zu sehen, und herrschte mit dem Recht des Eroberers über ein Reich, welches er gerettet und zugleich unterworfen hatte. Folgt man dem jüngeren Victor, so trug er zuweilen das Diadem. Auf Medaillen liest man Deus und Dominus.

 

ERMORDUNG AURELIANS A.D. 274

Einer der klügsten Herrscher in der Nachfolge Aurelians hat bemerkt, dass seines Vorgängers Talente sich besser für die Führung einer Armee als die Regierung eines Staates schickten. Es war dies die Beobachtung von Diokletian. Siehe hierzu Vopiscus zur Historia Augusta, Aurelian 44. Im vollen Bewusstsein der Fähigkeiten, mit denen ihn die Natur und seine Erfahrungen ausgestattet hatten, zog er nur wenige Monate nach seinem Triumph erneut ins Feld. Es schien rätlich, das noch ungebärdige Temperament einiger Legionen in einem auswärtigen Kriege zu hobeln, und der persische Großkönig, nach wie vor froh seines Sieges über Valerian, bot weiterhin der Majestät Roms ungestraft die Stirn. An der Spitze einer Armee, welche nicht so sehr durch die Zahl als vielmehr die Kriegszucht seiner Mannschaft furchtbar war, gelangte der Kaiser bis an die Meeresstraße, welche Europa und Asien scheidet. Hier nun allerdings machte er die Erfahrung, dass die größte und unbeschränkteste Macht nur schwachen Schutz bietet gegen das, was Verzweiflung vermag. Einer seiner Sekretäre war der Erpressung beschuldigt worden, und Aurelian hatte deshalb Drohungen gegen ihn ausgestoßen; und es war wohl bekannt, dass Aurelians Drohungen nur sehr selten leere Rede blieben. Die letzte Hoffnung des Delinquenten bestand darin, die führenden Armeeoffiziere an seiner Gefahr oder doch wenigstens an seiner Furcht teilhaben zu lassen. Sorgfältig fälschte er die Handschrift seines Herren und zeigte ihnen, dass sie auf einer langen Blutliste verzeichnet waren, ihre eigenen Namen unter den zum Tode Verurteilten. Ohne Arg und ohne Überprüfung des Betruges kamen sie überein, ihr eigenes Leben durch die Ermordung des Kaisers zu retten. Auf dem Marsch zwischen Heraklea und Byzanz wurde Aurelian unversehens von den Verschwörern angegriffen, da ihr Rang ihnen das Recht gab, sich in seiner Nähe aufzuhalten; nach kurzer Gegenwehr fiel er von der Hand des Mucapor, eines Generals, dem er immer seine Zuneigung und sein Vertrauen geschenkt hatte. So starb er, von der Armee betrauert, von Senat verabscheut und von der Allgemeinheit anerkannt als kriegstüchtiger und glücklicher Herrscher und als erfolgreicher, wenn auch strenger Reformer eines verwahrlosten Staatswesens. Vopiscus zur Historia Augusta, Aurelian 35; Zosimos 1,65; Eutropios 9,15; die beiden Victor.


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