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Die Schlacht

Um diese Zeit brannten im nordischen Heerlager die Wachtfeuer.

Die Sommerschwüle flog schläfrig durch die Zelte der Edlen. Und in den Reihen der Krieger erhob sich mancher bewehrte Mann und horchte in das tiefe Dunkel der Nacht.

Es war etlichen, als reite im Schutze der Wälder und Hügelketten ein feindlicher Heerhaufe heran. War auch, als dröhne die Erde von anstürmenden Kriegern.

Die Nachtwachen schritten durch die Reihen der Schlafenden.

»Was ist?« rief einer, den dumpfes Grollen geweckt hatte.

»Es geht ein fernes Wetter nieder!« antwortete der Wächter und schritt seinen Gang.

»Das Wetter wird daheim das Korn auf den Feldern dreschen,« sagte der andere auf dem Stroh.

»Auch gut,« antwortete ein dritter, »so braucht ihr es nicht in die Scheuer zu fahren, wenn ihr heimkommt!«

»Heimkommen?« fragte der vom Stroh und gähnte. »Es ist schon, als könnte das nimmer wahr werden.«

Über den Bergen, die gen Süden lagen, leuchteten die Wetter – die gleichen Wetter, die der Amme mit dem Söhnlein ihrer Herrin auf ihrem mühseligen Wandergange den Weg erhellten.

Und als das fliegende Feuer des Himmels in der Ferne nicht mehr brannte, dämmerte der Morgen herauf. Der war taukühl und klar.

Aber – wie die Pfeile von dem goldenen Bogen der aufgehenden Sonne, so flogen die Geschosse der Dänen von den Hügeln in das Lager der Schotten.

In eines Augenblickes Frist hatten die Führer Reiter und Fußvolk gesammelt.

Allenthalben wurden die Wälder der Hügelsäume lebendig. In unermeßlichen Scharen brach der Däne die Hänge des Gebirges hernieder und fiel unter dem Heulen der Hörner in die Reihen der Schotten.

Da war Grymme Borkenbart. Der hatte das falbe Roß zwischen den Schenkeln, und sein langes, rotes Haar flatterte um seine Schläfen wie Flammen. Wo Grymme Borkenbart erschien, erschien der Sieg.

Riesige Helden reckten sich auf den vierschrötigen Dänenrossen. Die Erde erzitterte unter den Hufen der schnaufenden Tiere.

In festgeschlossenen Zügen erwarteten die Schotten die ehernen Haufen der Dänen. Es war, als wären die trutzigen Tannen des Hochwalds zu dänischen Helden geworden und aufgestanden, die Männer des eigenen Landes zu verderben. So zogen die Feinde die Hänge der Hügel hernieder.

Ein Regen von Geschossen aller Art brach dröhnend auf die Schilder der Schotten. Unter den dumpfen Klängen der Schlachtdrommeten rückten sie vor. Aber der Tod stand in ihren Reihen und rang mit den Besten und warf sie in den Staub.

William Malcolm, der Alte, war schon gefallen, über seine Leiche wichen zurück, die unter dem Feldzeichen der Malcolm fochten.

Immer weiter wichen die Schotten. Immer unaufhaltsamer drangen die Feinde vor. Schon dachten sie an den Sieg – denn wie sollte die immer kleiner werdende Streitmacht ihnen widerstehen? Aber noch im Schutze der Nacht hatte die Hälfte des Schottenheeres das Lager verlassen, um auf Schleichwegen den Dänen in den Rücken zu fallen. Zu früh kam der Angriff der Feinde, und fast schien es, als sollte die List der Schotten ihr Verhängnis werden; denn nur in halber Stärke konnten sie dem Überfalle begegnen.

Auf einmal – da brach droben aus dem Tann der Hügel ein Haufe dänischer Männer in wilder Flucht; es war die Nachhut, die sich zum Ersatz im Walde verborgen gehalten hatte. Und hinterdrein stürmten schottische Krieger. An der Spitze dieser ritt einer mit wehendem Helmbusch auf aschgrauem Roß. Das war John Malcolm.

Wilder und unaufhaltsamer spie der Wald ungeahnte Heerhaufen über den Feind. Der linke Flügel der Dänen, dem John Malcolms siegreicher Angriff gegolten hatte, stürmte in wilder Flucht zu Tale. Schon geriet das Mitteltreffen in Unordnung. Da warf Grymme Borkenbart seine Scharen wider dir eigenen Horden, damit er ihrer Flucht Einhalt gebiete.

Aber inzwischen sammelten sich zum Angriffe, die auf Seiten der Schotten schon im Weichen gewesen waren, und fielen dem Feinde in den Rücken, der seine Streitmacht gegen John Malcolm und seine siegenden Scharen schickte.

Mann stand nun gegen Mann. Die Schilde dröhnten, die Schwerter klangen, die Speere sausten, und die Drommeten riefen ihre dumpfen Töne über das rauchende Gefild.

Da schlug John Malcolm dem grimmen Borkenbart das Schwert in die Stirn, daß er starb.

Aber noch ehe der Siegesruf in den Reihen der Schotten verstummt war, sprang schon ein Strom Blutes über die Brustwehr des jugendlichen Ritters: eine feindliche Klinge im Halse, sank er vom Roß und war tot.

Wie der goldhaarige Douglas den Edelsten der Malcolm fallen sah, sprengte er aus den Reihen der Sieger an die Spitze und rief seine Scharen an Stelle John Malcolms zum Sturm.

Von allen Seiten brachen die Schotten in die verwirrten Schwärme der Feinde. Da rauchte die Erde vom Herzblut sterbender Männer.

Was dem Ansturme der Schotten zu entrinnen vermochte, stob in wilder Flucht zu Berge und floh zu den Schiffen.

Aber die, die eingeschlossen waren – denn die Heerzüge der Schotten hatten nun auch den Saum des Bergwalds gewonnen – standen in kampfgewaltigem Viereck. Sie wollten siegen oder sterben. Keiner dachte an Ergebung.

Doch ›siegen oder sterben‹ war auch die Losung auf Seite der Schotten.

Und die Dänen warfen verzweifelt noch einmal den Tod in die Reihen der Sieger.

Das Roß des Douglas stieg im Kampf, ein kurzes dänisches Schwert im Herzen, und wälzte sich im Staube.

Neben seinem gestürzten Pferde stand Archibald Douglas. Der Helm ward ihm vom wehenden Haare geschlagen. Da traf ihn ein Schwerthieb und spaltete ihm die Stirne, die noch die rote Narbe der alten Wunde trug. Mit einem qualvollen Schrei fuhr er von hinnen. Sie hatten ihn alle lieb gehabt.

Wie die Männer ringsum auch diesen Tapferen fallen sahen, da war kein Halten mehr. Marschalk Glenalvon, dem sie im Kampfe den linken Arm zerschlagen hatten und dem das Schwert entglitten war, weil er mit der Rechten den Zügel hielt, ließ diesen Zügel fallen und zwang sein Roß fortan mit den Schenkeln. Dann forderte er des toten Douglas blutige Klinge. Einer reichte ihm das Schwert hinauf.

Alsbald ließ er die Hörner zum letzten Angriff blasen; und die Schotten fielen in den Feind wie das leibhaftige Sterben.

Was von den Dänen nicht fiel, das stürzte sich in die eigenen Schwerter. Da sank Herluf Drolle, der Stärkste nach Borkenbart. Isern Olaf und Harald, der Blauzahn, küßten den blutigen Grund. Sven Krackebeen ging mit wildem Fluch in den Tod, und ihm nach fuhren die besten der dänischen Männer.

Endlich sank die Nacht, und der Sonne purpurnes Licht leuchtete über die blutrote Erde des Schlachtfeldes.

In diesem letzten Lichte des Tages überstiegen die Reste des siegreichen Schottenheeres den Rücken der Hügel.

Der schmale Küstenstrich hinter dem Bergwald – eine Dünenreihe, auf der Strandhafer wuchs – ward einsam, und das Licht des Sommermondes warf sein schimmerndes Silber darüber.

Die Wachtfeuer wurden angebrannt. Weit draußen auf See standen vereinzelte Segel abziehender Dänenschiffe. Andere, die hinter den Kliffen oder in den Buchten gelegen hatten, trieben seefertig vom Strande.

Der Sieg war den Schotten. Aber die Blüte der Männer beider Heere lag gebrochen im Sande vor dem kaledonischen Tann.


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