Ludwig Frahm
Minschen bi Hamborg rüm
Ludwig Frahm

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Poppenbüttler Markt.

              Rungholt ist reich und wird immer reicher,
Kein Korn mehr faßt selbst der größeste Speicher. –
Die Sänften tragen Syrer und Mohren
Mit Goldblech und Flitter in Nasen und Ohren. –
Auf allen Märkten, auf allen Gassen
Lärmende Leute, betrunkene Massen.

Disse Versen ut Liliencron sin Gedicht »Trutz, Blanke Hans!« sünd mi ümmer infolln, wenn ik wat von't Poppenbüttler Markt hört oder sehn hev. Wo man an den schönen Septemberdag, nämlich Mittwoch nah Maria ehr Geburt, in en Ort, mag sien, wer dat will, henkeem, dar kreeg man keen annere Minschen to sehn as ole Fruens mit Gicht in de Been oder Mannslüd, de nich von ehren Posten kamen kunn' oder en annere Weltanglupung harrn. De annern weern all' hen. Welke Straten in Hamborg un Altna schüllt, as mi von en glovwürdigen Mann mal vertellt worden is, gänzlich as utstorven west sien.

Up mehrere Plätz in Hamborg stünn' grote Wagens, halv so grot as en gatlich Schipp, prat to de Afffahrt. Alle Straten nah Poppenbüttel weern den ganzen Dag, von'n fröhen Morgen an, mit Minschen beseiht. Wenn man denn jemand frag': »Na, ok 'n beten to Markt?«, denn kreeg man ümmer de Antwort: »Ja, dat is je man eenmal in't Jahr, un man is dat so von Jugend an gewohnt worrn, dat man dar nich fehlen dörvt.«

To köpen un to verköpen harrn man de wenigsten Minschen wat. Swien-, Koh- un Peermarkt weern all to Middag lerrig. De paar Schosters harrn to Middag utverköfft, de Küper weer sin Bütten un Ammers los, un en paar annere Handwarkers harrn ok all to Hus föhren un ehr Geld tellen kunnt.

Wat dar nah weer, dat weer »Rungholt«: Dree Tingeltangels, twee Riederbahns, twee Luftschaukels, dree »Ossenköpp«, wo man sin Knöv meeten kunn, veer »Jakobs ut Amerika«, de de armen Fruens un Kinner dat Geld mit ehr billige War, de gar nich wahren wull, ut de Tasch locken, dörtein Aaltelten, wo man nich blot de mit Öl blankmakten Aal köpen, sünnern ok mit »unter die Sieben und über die Virrzehn« för en Nickel een' so grot as en Daumen gewinn' kunn, Kokenboden, wo brune, geele un witte Koken in jeden Gröt un Dickde to hebben weern, dat Hänsel un Gretel ehr Hex sik dar en lütten Pallast harr ut upbuen kunnt, Speelsaken in lange Baßars, Wagens vull Kokusnöt, Wiendruven un riepe Beeren, Scheettelten, wo man Kalkpiepen tweischeeten un wille Tiern de Ogen ut'n Kopp flitzen kunn, Smietbälle, Ringsmieten, Wahrseggers, twee Kaspers, een sogar mit lebennige Figuren, all' weern se dar. Un jede Telt un Bod harr eenen oder mehrere Utröpers un söch de annern to öwerdüven un to öwerdöveln. Ik hev mal mit den Dichter von dat Gedicht von »Trutz, Blanke Hans!« in Rahlstedt tosamseeten. As toveel üm uns snackt un wogt würr, dat wi gar keen Ruh tom Snacken harrn, steek he in dree Automaten in jeden en Groschen. Dat geev ok ungefähr so'n Larm aff as up't Poppenbüttler Markt.

Am dullsten höll dat up de Ohrn, bi de Akrobaten, de mit grote isern Kugels hantiern, bi de Herren von'n Hippodrom, vör de Telt, wo Riesendamen un Dwarkmannslüd, grote Slangen un en Swien mit söß Been to sehn weern.

Un disse Kraftproven von Minschenstimm', Trompeten, Becken, Bumstrummeln un Klocken ward utfogt dörch en halv Dutz Nudelkastens bi Morritaten-Biller un dörch de hunnert Kinner ehr Musikdinger, Fleuten, Holtknarren un Blickquarren.

Twüschen dissen Larm swevt un drängt sik nu de Dusende von Minschen up un dal, krüz un quer. So üm halvig Nahmiddag is de Glanzpunkt dar, denn kümmt een Wagen achter den annern an. De Strat is so vull, dat man dar nich röwer kamen kann. Ik hev ümmer de Hambörger Kutschers un ehr Peer mehr bewunnert as den ganzen Hippodrom, dat dar keen Minschen tweipeddt un toschannmahlt worrn sünd. All' de Schandarms sünd von wied un siet tosamropen, üm Ornung to holn. Awer ok de Muskanten ut de ganze Umgegend sünd tosamströmt, üm Danßmusik to lewern. In fiev Saals un twee Telten ward danßt. Hunnert Paar danßt oder schuvt, wenn't Gewog to dull ward. Alle Ogenblick is en Stück to Enn', un denn heet dat »'nsülben!« De Mann mit de holle Hand geiht stännig ümher un sammelt in.

De Danßsaal bugt sik ünner de Last von de Damen. Dar sünd veele twüschen, de dat mit en Tweehunnertpünner licht upnehmt. Wi hebbt de groten Brickwagens woll mit de Damen mit de groten Höt ankamen sehn. De Wagenfeddern leegen platt up de Assen.

Alle Wirtschaften un Krög sitt proppenvull Minschen. De Beerhahns staht nümmer still. De Fruenlüd an de Kaffeekeetels sünd rot as Indianers. Liekers klemmt sik noch de dicke Mann dörch, de Bräzel verköpen un de Deerns, de Pepermüntpletten utknobeln laten wüllt. Liekers weet de Vijolenstrieker mit sin Tamburin-Mamsell rintoslängeln, de Harfenrieters, de Okarinokünstlers un de Kinner un Halfstarken mit Ansichtskorten.

Up eenmal ward dat in eenen Saal still. En Dam fehlt de gollen Uhr, un as sik nu de Herrn üm ehr egen bekümmert, sünd noch mehr verswunn' un Geldbörsen darto. Dar ward snackt von en groten, eleganten Herrn un von en lütte swarte Dam. Awer de sünd narms to finn', un de Muskanten hebbt keen Tied: »'nsülven!« Noch is de Dag nich ganz verswunn', so flammt de ersten Papierlüchten up. De Ersten, de sik up'n Heimweg makt, sünd de Lahmen un Blinn', de mit ehrn Nudelkasten un Apen, witte Müs un teen nie Leeder för en Groschen an de Stieg huken. Se möt sehn, dat se mit en Fahrwark to Hus kamt. Nahher is dar keen Platz mehr. Dat Geschäft bringt ok nix mehr, denn dat Mitleid is blot dar, wenn annere Lüd dat Almosen seht. Uterdem ward dat gefährlich för lütt Lüd, denn dar kamt ümmer mehr, de Brallers, Bratschers un Dunekerl speelt. Ok ehrbare Lüd makt sik mit Kind un Kegel ut'n Stoff. Dusend Radlers sökt ehr Rad nah, welke fehlt un welke sünd verwesselt.

Hüt nimmt keen Minsch licht wat krumm. Wer nich en goden Schubs verdreegen kann un to grote Höhnerogen hett, mutt sik nich to Markt begeven. Liekers entsteiht hier un dar en Slägerie, so dat de Weert in Sorgen kümmt un de Polizei nog to stüern hett.

Wenn't ganz düster is, mutt jeder sehn, dat he in'n Lichtschien blivt, sünst kann he de schönsten Anfall beleven oder kriggt Ding' to sehn, wo een' de Haar bi krupen ward.

Mit Gesang un Gejohl treckt nu en Wagen nah den annern weg. Man will ja ok noch ünnerwegs mal inkieken. Binah in jedes Weertshus an de Hauptstraten ward ok noch Poppenbüttler Markt fiert. En ole Nahwer hett mi mennigmal vertellt, in von Essens Gaarn, de nu »Viktoria« in Barmbeck heet, harrn se morgens dat veele Sülwergeld in Mulln rutdragen.

Den annern Dag staht blot noch en paar Boden up den Platz. De Egendömers staht öwernächtigt ümher.

Veele Kinner sökt mank all' dat Papier, de Aalhüt un Zigarrenstummels nah Geld; denn de Nickels hebbt gestern bi veele Minschen loser in de Tasch seeten, as se sünst to dohn pleggt. –

Grad so as dat grote Undeert in't Weltmeer dörch eenen Slag mit sin' Steert Rungholt versacken leet, so hett dat annere Undeert, de Krieg, mit sin Gewalt dat Poppenbüttler Markt de Luft affkneepen, un wi schüllt raden, ob dat jemals wedder up de Been kümmt.

 

 


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